Athelia spec. als Moosparasit

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 1.616 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von GünterS.

  • Hallo zusammen!

    diese Moosfresser sind mir auf den letzen Touren mehrfach an verschiedenen Moosarten aufgefallen. Sie sind für die Moose 100% letal und offenbar ziemlich virulent da auch in augenscheinlich gesunden Mooskolonien zu finden. Mikroskopisch fand ich nur Hyphen, teils inkrustiert. Im Randbereich finden sich auf den infizierten Moosblättchen teilweise kleine leicht ablösbare weisse Kügelchen, mikroskopisch sind diese aber ebenfalls nur mit Hyphen gefüllt. Keine Konidien, keine Sporen. Kann es sein dass dieser Pilz sich einfach mit diesen Hyphenbällchen verbreitet?

    Hat jemand hierzu eine Idee? Oder einen Literaturvorschlag, in der ich suchen könnte? (im Ellis habe ich nix gefunden)



    viele Grüße Ingo

  • Hallo Ingo,


    mich hat das auch neugierig gemacht und habe in der Literatur und www ein wenig gesucht.

    Ich stelle daher hier mal ein paar links ein, die jedoch nicht ganz befriedigend sind. Möglicherweise können sie jedoch helfen bei der weiteren Suche ? Anclicken muss sie niemand.

    • https://blam-bl.de/images/Herz…ownloads/H22-Eckstein.pdf - Bryoparasitische Pezizales (Ascomycetes) der Gattungen Lamprospora, Octospora und Neottiella im Alten Botanischen Garten von Göttingen (Deutschland, Niedersachsen) -Jan Eckstein & Günter Eckstein (... ob die Moose dadurch absterben können, und derzeit nur keine Fruchtkörper sichtbar sind ? ...)
    • http://www.archive-for-bryology.com/Archive%2027.pdf - Zum Befall epiphytischer Moose von parasitischen Pilzen Albert Oesau - (bei Ingo sind es allerdings keine epiphytischen Moose ... Zitat " ... Untersuchungen im Obstbau (OESAU 2001) ermittelten als einen der wichtigsten Parasiten den Pilz Athelia epiphylla (Basidiomycota), der auch aus dem Forst bekannt ist (BUTIN 1979). Parasitisch lebende Pilze umgeben Moose mit ihren Myzelfäden und bilden dabei Haustorien aus, die in die Zellen der Wirte eindringen und sie abtöten (BUTIN 1989). ... )
    • https://www.zobodat.at/pdf/Mit…Muenchen_15_0175-0191.pdf - Moosbewohnende Ascomyceten II. *) Acrospermum Adeanum - P. Döbbeler
    • https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=43471.0 - Acrospermum adeanum: ein radikaler Bryoparasit ( ... auch hier nur bei epiphytischen Moosen ? ...)

    Grüße

    Günter


    PS: zwischenzeitlich hat Björn ja einen heißen Tip geliefert

    Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben. (A. Gide)

  • Hallo Björn und Günter, danke für eure Vorschläge! Ich werde mir das nochmal genauer anschauen. Ich vermute vom Gefühl her, dass es ein Basidiomycet ist. Athelia spec. klingt ganz interessant. Ich könnte nochmal versuchen ein Eindringen der Hypen in das Moos nachzuweisen. Und ich werde versuchen den Artikel von Butin (1989) aufzutreiben, denn alle anderen erwähnen nur einen Befall von Algen/ Flechten.

    VG Ingo

  • Hallo nochmal,

    inzwischen habe ich mehrere Kollektionen auf verschiedenen Moosen mikroskopiert und halte Athelia spec. für einen guten Arbeitsnamen. Weiter wird man denke ich bei solchen Gewebehäuten auf Moosen ohne Molekularbiologie nicht kommen da sie an diesen Substraten keine Basidien/Sporen ausbilden aber alle Athelia Schlüssel die ich finden konnte offenbar an Kollektionen an Holz/Rinde entworfen worden sind und zwingend auf Kenntnis der Basidien/Sporen aufbauen.

    Den o.g. Aritkel von Butin bzw. die Originalbeschreibung von Jülich (1972) konnte ich zwar nicht auftreiben aber in Corticaceae of Northern Europe (Hjortstam, Larsson& Ryvarden; 1987) wird auf Jülich bezug genommen. Es werden dort 10 Arten unterschieden, während einige von Jülich beschriebene Arten unter Athelia epiphylla eingeordnet werden. Auch die Eigenständigkeit von A. arachnoidea wird zumindest angezweifelt. Letztendlich in meinem Fall aus den o.g. Gründen irrelevant, da man an Moosen gar nicht in die Verlegenheit kommt dort mitzudiskutieren: hier gibt es kein Hymenium, Subhymenium oder Sterigmen, die man zählen könnte.

    Auch wenn ich das nirgends dezidiert gefunden habe vermute ich der Pilz verbreitet sich an Moos/Flechten asexuell über die vielfach gebildeten "Sklerotien" (die eingangs erwähnten weissen Kügelchen).

    Das Thema scheint auch nicht sonderlich beliebt zu sein unter den Mykologen wenn der aktuelleste Artikel zur Taxonomie gute 30 Jahre alt ist... Das wundert mich schon ein wenig wenn ich mir anschaue was das für ein häufiger Parasit an Moosen und Flechten ist, der nach Oesau ja bedeutenden Schaden auch an seltenen Moosen anrichtet. Zudem könnte ich mir vorstellen, dass eine genauere Erforschung des Infektionsmechanismus auch andernorts von Nutzen sein könnte, denn eine solche extreme Wirtsdiversität ist bei Parasiten sehr selten. Es werden anscheinend fast alle hier vorkommenden Moose, Lebermoose und Flechten befallen; Resistenzen sind bisher nicht bekannt. Das bedeutet er muss eine sehr alte, hochkonservierte Lücke im System ausnutzen. Und das mal so nebenbei, denn eigentlich könnte er auch saprotroph leben und Stöckchen knuspern. Ich finde das faszinierend ...und auch recht gruselig.


    Ein paar Bilder:

    von Hyphen umsponnenes Moosblättchen


    Kreuzungen


    teilweise inkrustierte Hyphen


    mit Schnallen



    mögliche Haustorien (Stellen an denen das Mycel die Wirtszellen befällt)




    Sklerotium



    Quetschpräparat eines Sklerotiums


    PS: Entschuldigt die Farborgie, nachdem ich noch nie Cortis mikroskopiert habe musste ich etwas ausprobieren was da am besten kommt. In Kombination mit Moos finde ich hat bwb eine gute Kontrastierung, da das Moos nicht angefärbt wird. Auf Kongo hätte ich auch verzichten können, kaum Mehrwert.


    Viele Grüße, Kommentare herzlich willkommen

    Ingo

  • Hallo Ingo,


    danke, dass du uns an deinen neuen Erkenntnissen und Bildern teilhaben lässt.


    Ich bin ja nun gar kein Kenner der Materie, sondern stolpere manchmal wie auch hier bei einem interessanten Thema in die Suche nach Informationen hinein. Ich teile im Folgenden auch noch ein paar Infos, die ich gefunden habe.


    Zu deinem Vorschlag Athelia spec. als Arbeitsnamen.

    Mir ist noch nicht endgültig klar, auch nach dem Lesen des Artikels von Oesau, ob dieser Weißrindenpilz denn tatsächlich großflächig die Moospflanzen zum Absterben bringt, oder mehr auf dem Moos, statt wie meistens auf der Baumrinde, Algen und Flechten verzehrt.

    Passende Bilder im Netz konnte ich nicht finden.

    Weißt du (oder Björn) genaueres darüber ?

    Die in deinen Mikrofotos gezeigten Schnallen und Inkrustationen der Hyphen würden nach den Infos des www ja zu Athelia spec. passen.


    Zwischenzeitlich fand ich noch eine tolle Seite: Bryophilous fungi - Fungi associated with bryophytes in the British Isles https://bryophilous.co.uk/ .

    Auf einer Unterseite findet man Hinweise zu größeren verfärbten Ringen im Moos und Fruchtkörpern in den Randzonen https://bryophilous.co.uk/look…ilous-fungi-in-the-field/ steht "Bryophilous fungi on epiphytic bryophyte hosts - Several species may be spotted in the field, especially necrotrophic parasites that kill their hosts and cause discolouration. Acrospermum adeanum, Bryocentria hypothallina, Ilyonectria sp., and Chromocyphella muscicola, for example, cause conspicuous discoloured necrotic rings on infected hosts, betraying the presence of tiny fruitbodies often near the edges of these rings. Note: many patches should be searched as some hosts will be long dead and without any obvious sign of the fungi that may have killed them in the past."

    (Zu den genannten Gattungen habe ich nichts weiter nachgelesen.)


    Aus meiner Moos-Literatur.

    In "Moose - Eine Einführung" von Frahm werden Parasiten/Krankheiten der Moose gar nicht erwähnt.

    In "Biologie der Moose" von Frahm gibt es ein ganz kleines Kapitel über Parasitismus. Zitat: "... können einige Flechten als auch Pilze auf Moosen parasitieren. Das betrifft nicht nur ein Überwachsen z.B. durch Flechten, sondern direkte Kontakte zwischen Pilz und Moos durch Ausbildung von Haustorien oder Apressorien (Poelt 1985). Unter den Pilzen parasitieren sowohl Ascomyceten (Döbbeler 1997) als auch Basidiomyceten auf Moosen. Sie dringen durch die Rhizoiden ein. Dabei sind die Parasiten wirtsspezifisch; ihr Befall führt aber nicht zum Tode der Wirtspflanze. ... "

    Das passt aber nicht zu den Fotos deines ersten Beitrages.


    Deine Färbungen finde ich doch gut gelungen. Besonders die blauen Hyphen auf dem Moosblatt sind sehr schön kenntlich.

    Dass man dabei oft etwas experimentieren muss schreibt auch Bernhard Kaiser, ein ausgewiesener Moosexperte, in https://www.mikroskopie-forum.…c=10968.msg79797#msg79797 , und gibt dort verschiedene weitere Hinweise.


    Grüße

    Günter

    Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben. (A. Gide)

    Einmal editiert, zuletzt von GünterS () aus folgendem Grund: kleine Korrekturen von Schreibfehlern und Formulierungen

  • Hallo Günter, schön dass du dich auch so für den Fall begeistern kannst!


    Mir ist noch nicht endgültig klar, auch nach dem Lesen des Artikels von Oesau, ob dieser Weißrindenpilz denn tatsächlich großflächig die Moospflanzen zum Absterben bringt, oder mehr auf dem Moos, statt wie meistens auf der Baumrinde, Algen und Flechten verzehrt.

    Passende Bilder im Netz konnte ich nicht finden.

    Man findet tatsächlich wenig zu Athelia und Moosen. Dennoch denke ich dass es sich schon um eine Infektion der Moose und keinen Kollateralschaden handelt, denn erstens konnte ich an einigen Stellen keine oder kaum Flechten zusätzlich zum Moos finden (die Biomasse des Mooses jedenfalls war deutlich größer), zweitens fand ich Hyphen direkt auf und in den Moosblättchen und drittens fand ich zumindest verdächtige Strukturen die ich für vereinbar mit sog. Haustorien halte, wie ich sie von zB. Octospora kenne (siehe Bilder oben). Zugegeben sind das nur Indizien- man müsste zum Beweis wohl Versuche mit Moosreinkulturen machen die man beimpft und beobachtet ob man sie infizieren kann.


    Danke für den Hinweis auf die tolle Seite "Bryophilous fungi"- die kannte ich noch nicht! Die dort als Verursacher derartiger Ringe aufgeführten Ascomyceten können wir ja ausschließen. Chromocyphella muscicola hatte ich mal auf einer bemoosten alten Buche finden können (aber leider nicht mikroskopiert), eine Verwechslung wäre bei fehlender FK Bildung wohl möglich, aufgrund der beim den obigen Funden vorhandenen "Sklerotien" (ich stelle das mal in "" da Sklerotien ja eigentlich Überdauerungsformen sind, in diesem Fall halte ich sie jedoch für die Verbreitungsvehikel) denke ich kann sie ebenfalls ausgeschlossen werden. Jedenfalls konnte ich nichts über Sklerotienbildung bei dieser Art finden.


    Bernhard Kaisers Seite im Mikroforum konnte ich leider nicht aufrufen, da ich dort (noch) nicht angemeldet bin. Vielleicht tue ich das mal, mit dem Gedanken hatte ich schon gespielt.


    In "Biologie der Moose" von Frahm gibt es ein ganz kleines Kapitel über Parasitismus. Zitat: "... können einige Flechten als auch Pilze auf Moosen parasitieren. Das betrifft nicht nur ein Überwachsen z.B. durch Flechten, sondern direkte Kontakte zwischen Pilz und Moos durch Ausbildung von Haustorien oder Apressorien (Poelt 1985). Unter den Pilzen parasitieren sowohl Ascomyceten (Döbbeler 1997) als auch Basidiomyceten auf Moosen. Sie dringen durch die Rhizoiden ein. Dabei sind die Parasiten wirtsspezifisch; ihr Befall führt aber nicht zum Tode der Wirtspflanze. ... "

    Das passt aber nicht zu den Fotos deines ersten Beitrages.

    Zu bryoparasitischen Ascomyceten gab es in den letzten Wochen zB hier oder hier im Forum einige Beiträge. Die Octo- oder Lamprosporas schwächen die Moose zwar, aber töten sie nicht wie im obigen Fall.


    Viele Grüße

    Ingo

  • Hallo Ingo,


    mein obiger link ins mikroskopie-forum war fehlerhaft, ist nun korrigiert.

    Vielleicht bringen dir die allgemeinen Infos dort nicht allzuviel, besonders nachdem ich nochmal "Saure Gurken und orange Becher" mir angeschaut habe.


    Grüße

    Günter

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  • Hallo Günter, nochmal Danke für den Link, er enthält für mich durchaus interessante Infos.

    Zb dass Herr Kaiser mit AFE fixiert und in Ethanol konserviert und das den Hyphen offenbar nicht schadet. Das wäre mal eine gute Alternative zum Exsikkieren, vor allem bei sehr kleinen und fragilen Fruchtkörpern. Der Verdünnung von bwb stimme ich voll und ganz zu, eine pure Anwendung führt oft zu starkem Verklumpen und Schrumpfung, ich verdünne daher meist 1:2 mit Wasser. Ich habe den Eindruck, dass Trypanblau nicht zu solcher Schrumpfung führt, allerdings ist es zur Färbung von etwaigen Sporenornamenten auch deutlich schlecher geeignet.

    Gruß Ingo

  • Hallo Ingo,


    nachdem ich mittlerweile las, dass du manchmal gerne mit Mikrotechnik und Färbungen experimentierst sowie dazu fachlichen Hintergrund besitzt, noch ein Nachschlag.

    Kennst du vielleicht schon das Kryptogamen-Praktikum - Anleitung zur mikroskopischen Untersuchung und Präparation der blütenlosen Pflanzen - für Studierende und Liebhaber von Schömmer ? Hier ist jedenfalls das pdf zu finden http://mikrohamburg.de/Schoemmer/Schoemmer.pdf.

    Eine Unzahl an Rezepten und Methoden.


    Grüße

    Günter

    Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben. (A. Gide)

  • ogni volta

    Hat den Titel des Themas von „Bryoparasitischer Hyphomycet?“ zu „Athelia spec. als Moosparasit“ geändert.