Gelörch und mehr

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 2.571 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Clavaria.

  • Hallo zusammen


    Es sieht nach einem super Pilzfrühling aus. Endlich nicht zu trocken, für die Jahreszeit ist die Artenvielfalt viel besser als die letzten Jahre.

    Gestern und heute konnte ich einige schöne Sachen finden, die ich euch nicht vorenthalten möchte.


    1: Eine Becherlorchel

    In einem Auwald wuchs Helvella leucomelaena in grossen Mengen.


    Sporen nichtssagend wie meistens bei Helvella.


    2: Eine Scheibenlorchel

    Diese schöne Gruppe wuchs auf einem liegenden Birkenstamm.

    Wir erwartet unreif, vermutlich ist es Gyromitra ancilis, sie liegen nun zum Nachreifen im Kühlschrank.


    3: Eine Grubenlorchel

    Auch unreif, aber makroskopisch bestimmbar. Helvella fusca, eine nicht ganz alltägliche Lorchel.


    4: Verpeln

    Verpa bohemica gab es reichlich.


    Ganz reif waren sie nicht, aber die riesigen Sporen waren bereits zu sehen.


    5: Ein Porling

    Ich blicke nicht mehr durch welcher Name gerade gültig ist. Lentinus ciliatus? Naja der Mai-Porling mit seinen Mini-Poren, ihr wisst schon was ich meine.


    6: Ein Trichterling

    Mit diesen auffallenden Rhizoiden war die Bestimmung schon im Feld möglich: Rhizocybe (Clitocybe) vermicularis.

    Der deutsche Name ist wohl Lärchen-Trichterling, was irreführend ist, er kann auch mit anderen Nadelbäumen. Hier bei Pinus.


    Die Schwester-Art Rhizocybe pruinosa hätte grössere Sporen.


    7: Ein Schwindling/Rübling

    Das ist ein schwieriger Fall... eine sichere Bestimmung habe ich noch nicht. Ich tendiere zum Hügel-Schwindling, Marasmius collinus.

    Der soll gemäss Ludwig bevorzugt auf Hügeln wachsen, das war hier nicht so. Ich denke das ist auch kein hartes Merkmal.

    Er wuchs auf einem Ruderalplatz neben einem Forstbetrieb.

    Aber der Stiel ist mir zu zäh, deshalb ziehe ich auch sehr untypische Nelkenschwindlinge in Betracht.

    Dagegen spricht das büschelige Wachstum, es gab noch dichtere Büschel die ich nicht fotografiert habe.

    Geruch unangenehm cristatoid, sicher nicht nach Bittermandeln.


    Die Sporen würden gut zu M. collinus/oreades passen. An der Lamellenschneide gab es einige zystidoide Elemente, aber keine eindeutigen Cheilozystiden. HDS hymeniform.


    Hat jemand eine Meinung dazu?


    8: Ein Stielbovist

    Die wuchsen in einem kargen Trockenrasen. Ich denke es ist einfach Tulostoma brumale.


    Die Sporen haben kleine, aber noch erkennbare Warzen.


    Beim Capillitium fallen die stark verdickten Septen auf.



    9: Ein Schleimer

    Ich denke der ist einfach, obwohl ich keine Ahnung von Schleimpilzen habe. Reticularia lycoperdon.


    Sporen netzig-stachelig.


    10: Aprilpilze

    Mit seinem Mehlgeruch kaum zu verwechseln, der Maipilz, Calocybe gambosa.



    Und ja, Morcheln gab es auch, ich war aber zu faul um sie zu fotografieren.


    Danke fürs Mitkommen... Korrekturen/Ergänzungen willkommen.


    Viele Grüsse

    Raphael

  • Salü Raphael,


    Deine Scheibenlorchel (Nr. 2) könnte die Schildförmige Scheiben-Lorchel (Gyromitra parma, Syn. Discina parma) sein, da sie augenscheinlich auf Laubholz wächst. Der Größte Scheibling (G. perlata, Syn. Discina ancilis) bevorzugt Nadelholz... wobei es angeblich auch jeweils "Fremdgeher" geben soll. Insofern ist das Mikro schon angesagt.


    Viele Grüße – Rika

  • Hallo zusammen


    Die Scheibenlorchel (2) reift inzwischen seit über zwei Wochen in meinem Kühlschrank.

    Langsam bilden sich Sporen, ganz reif sind sie aber nicht noch nicht.


    Die Sporenanhängsel deuten bereits jetzt darauf hin, dass es weder G. ancilis noch G. parma ist.

    Ich warte noch etwas bis es mehr reife Sporen gibt, vor allem für eine saubere Messung.

    Mit der aktuellen Messung würde ich in Christoph's Schlüssel bei G. geogenia landen, aber die wächst nicht auf Holz und hat noch stumpfere, nicht konische Anhängsel.



    Gruss Raphael

  • Hallo Raphael,

    die Schildförmige Scheibenkorchel - Gyromitra parma wächst bei uns meist auf Birke. Deshalb vermute ich bei Dir auch diese Art.

    Leider braucht sie immer lange ehe die Sporen wirklich ausgereift sind.


    LG Ulla

  • Hallo Raphael,


    im Moment sehen Deine Sporen ziemlich nach ancilis/perlata aus. Lothar Krieglsteiner beschreibt in seiner HP bei der Vorstellung von Gyromitra parma, dass G. ancilis auch auf Laubholz, am liebsten auf Birke fruktifiziert, siehe: https://www.pilzkunde.de/index…z-des-monats-2017?start=8

    Die Überschrift heißt: "Pilz des Monats April 2017: Schildförmiger Scheibling (Gyromitra parma)"


    Vorhin habe ich mir den Gyromitra-EU-Schlüssel von Christoph angesehen – da ist im Schlüssel der Untergattungen (A) m.E. ein Fehler drin:


    1. Apothecien sessil oder mit stark reduziertem Stiel –> 2 –> 2*. Sporen in der Mehrzahl mit nur einem oder mit drei Öltröpfchen –> 8 (Gyromitra subgen. Discina)

    So kommt man aber nicht zu G. parma – die steht nämlich in einer anderen Untergattung... Dafür musste ich rückwärts schlüsseln, um festzustellen, wie man dorthin gelangt: man muss gleich bei der ersten Frage "gestielte Apos wählen"!!! Und dann passt die Frage 3 auch überhaupt nicht zu G. parma. Ich beschreibe mal den Weg:

    1*. Apothecien gestielt –> 3 –> 3*. Fertiler Fruchtkörperbereich mit Lappen/Zipfeln, hirnartig gewunden, helvelloid; Stiel nicht grubenlorchelartig; Sporen ornamentiert bis glatt –> 4 –> 4*. Sporen fast glatt bis stark ornamentiert, mit deutlichen Anhängseln oder Kalotten –> 6 –> 6(4). Sporen stachelig ornamentiert oder mit isolierten Anhängseln oder Dornen –> 25 (Gyromitra subgen. Carolinana)

    Dann weiter im Schlüssel der Untergattungen (B) bei Subgenius Carolinia:

    25* Apothecien sessil oder mit deutluch reduziertem Stiel –> 28 (Gyromitra sect. Parmae) –> ... 30 Gyromitra parma

    Ab Frage 25 kommt man also zum Ziel...

    Es sollten die ungestielten Arten der Untergattung Carolinia irgendwo zwischen den Fragen 2 und 8 rausgeschlüsseln werden... So wie derzeit funktioniert der Schlüssel nicht.


    Viele Grüße – Rika

  • Servus Raphael,

    Gyromitra geogenia kannst du denke ich ausschließen, die hat keine konischen Anhängsel.

    Gyromitra parma mit den stacheligen Anhängseln kannst du ebenfalls ausschließen.

    Für mich ist das eine G. ancilis.

    Ich hatte die G.ancilis auch schon auf Buche,

    Grüße

    Felli

  • Hallo zusammen


    Nun sind die Sporen der Gyromitra wirklich reif.


    Die Problematik wurde hier im Forum schon mehrmals diskutiert:

    Nach Christoph's Schlüssel landet man unweigerlicher bei G. warnei, weil die Sporen allesamt deutlich kürzer als 30 µm sind.

    Das soll aber eine nordamerikanische Art sein.

    Also wird es wohl trotz der zu klein geratenen Sporen und trotz des Standorts auf Birkenholz G. perlata/ancilis sein.



    Gruss Raphael

  • Hallo Raphael,


    das passt jetzt schon mit Gyromitra ancilis! Zur Sporengröße:

    • Im Kühlschrank nachgereift ist nie wie in der Natur, da können die Sporen auch mal kleiner bleiben.
    • Die Ascomyceten nehmen es mit ihren Sporenmaße eh nicht auf´s µ genau (was bei so großen Sporen prozentual auch nicht viel ist).
    • Du misst, wie ich sehe, meist etwas knapp, also Du setzt Deine Messpunkte eher innerhalb der Sporenhülle. Ich habe mal Deine oberste (mittige) Spore gemäß meiner Ansicht nachgemessen und komme per Dreisatz auf 27,4 µm Länge – das liegt im ganz normalen Bereich.

    Fazit: Du hast eine seltene LAUBHOLZ-ancilis gefunden und erfolgreich nachgereift! :thumbup:


    Viele Grüße – Rika

  • Servus Raphael,

    G.ancilis passt, lass noch ein wenig Jodlösung in deinen Sporenabwurf unterm Mikro laufen, dann wird das Ornament, falls es schon entwickelt ist - noch sichtbar.

    Nur Vollständigkeitshalber

    Grüße

    Felli

  • Hallo zusammen


    Ein Jahr später gibt es doch noch ein Update zu dem vermeintlichen Nelken-Schwindling (Nr. 7).


    Hier nochmal eine Nahaufnahme. Dort sieht man bei den beiden linken Fruchtkörpern, dass der Stielapex deutlich längsgefurcht ist.


    Hinzu kommen diese zystidenartigen Elemente an der Schneide, die man selbst mit gutem Willen kaum als Basidiolen oder herausragende Hyphen interpretieren kann.

    Das war für mich der Hauptgrund, Marasmius oreades anzuzweifeln.


    Aber es gibt tatsächlich eine Art, die sehr gut passt, und genau die kam bei der Sequenzierung raus:

    Marasmius fissipes (Maire) Singer ex Laskibar, Arrilaga & Bon 2003


    Eine gute Abbildung zum Vergleich gibt es in DocMyc 126:

    DM Tome XXXII – Fascicule 126 – SMNF

    (nachfolgende Bilder aus DocMyc):




    Es lohnt sich also, bei büschelig wachsenden, nelkenschwindlingsartigen Pilzen genauer hinzuschauen.

    Diese Stielfurchen scheinen ein konstantes Merkmal zu sein, an dem man die Art auch im Feld erkennen kann.

    Vermutlich ist die Art häufiger als angenommen, sie wird einfach meistens voreilig als Nelkenschwindling abgetan.


    LG Raphael