Coprinoider Pilz

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  • Hallo Pilzfreunde!


    Zur Zeit ist pilzlich leider recht wenig geboten.

    Beim letzten Spaziergang war außer einem Bovisten nur ein Einzelfruchtkörper eines coprinoiden Pilzes zu finden, den ich mir genauer anschauen wollte.

    Ich dachte, die Bestimmung wäre nicht allzu schwierig - aber das Thema ist weit komplexer, als ich gedacht.


    Von der Funstelle habe ich kein Foto gemacht.

    Der FK wuchs als Einzelfruchtkörper auf dem Boden am Fuße eines alten Baumstumpfes.

    Das Mycel mag durchaus von den Wurzeln zehren - oder eben nicht.

    Der Pilzstiel saß jedenfalls nicht auf Holz auf, ich konnte ihn mit dem Messer aus der Erde hebeln.

    Bild 1 Fundsituation unterhalb Laubholzstubben im Eichenwald


    Bild 2 Hut ist tief gefurcht und ockefarben, der Stiel heller


    Bild 3 Der Stielspitze haftet Erde an, das Myzel ist weißlich, nicht gelb; Stiel beflockt


    Bild 4 Pilz auf Millimeterpapier: Hut 2,5cm breit, 6cm hoch; keine Violetttöne


    Bild 5 Die schwärzlich besporten Lamellen sind angeheftet; der Stiel ist 4-5mm dick, hohl.


    Bild 6 Blick auf Lamellenansatz, Lamellen mit sehr großen, ellipsoiden Pleuroystiden


    Bild 7 Blick zwischen die Lamellen mit Pleuroystiden; Lamellen sind nicht zerfließend


    Bild 8 Blick von unten an tief gefurchte/geriffelte Hutkante


    Bild 9 Sporen aus Sporenabwurf; die Sporen haben angedeutet Mitraform (vielleicht eher rhombisch?) und einen großen Keimporus (und ev. 2. kleinem Keimporus gegenüber an der Spitze?)

    Abmessungen etwa 8,0-9,5 x 5-6 x 4-5 µm


    Bild 10 Reife, glatte, dickwandige, braune Sporen aus Sporenabwurf (1000x in Wasser; Ölimmersion)


    Lamellen-Quetschpräparat:

    Bild 11 abgelöste Pleurozystide in Wasser (100x)


    Bild 12 Pleurozystide 400x in Wasser


    Bild 13 Pleurozystide 400x in Wasser


    Bild 14 Sporen unterschiedlicher Reifegrade auf Lamellenoberfläche


    Bild 15 gequetschte Huthaut mit kugelförmigen und gestreckten Zellen, gelb pigmentiert


    Bild 16 flaschenförmige Pileozystiden


    Bild 17 vermutlich gelbe Velumschuppen von der Hutoberfläche



    Eigenschaften:


    Fundplatz in Eichenwald neben Lauubbaumstubben auf Erde


    Makroskopische Merkmale

    Hut

    - Durchmesser 2,5 cm

    - Glockenform

    - Färbung weiß-ocker

    - Hut stark geriffelt/gewellt

    - Hutfleisch dünn

    Lamellen

    - Lamellen sind nicht zerfließend

    - weißlich, durch Sporenpulver schwarz verfärbt

    Sporenpulverfarbe

    - schwarz

    Stiel

    - keine Ringzone

    - weißlich

    - Durchmesser 4-5 mm

    - beflockt


    Mikroskopische Merkmale

    - Sporengröße 8,0-9,5 x 5-6 x 4-5 µm

    - Sporen braun, dickwandig, glatt

    - Sporen rhombisch / mitraförmig

    - Sporen mit Keinporus; 1,5-2,0 µm groß

    - Sporen mit großer zentraler Guttole

    - gelbe Velumreste auf Huthaut (?) = runde flache Zellen in Klumpen

    - Pleurozystiden elliptisch, um 125 x 60 µm

    - Pileozystiden flaschenförmig


    Die angehefteten Lamellen und mitraförmigen Sporen weisen zu Coprinellus, wenn ich das richtig verstehe.

    Die Fruchtkörper der Gattung Coprinellus sind ocker bis rotbraun, Pileozystiden vorhanden, Velum körnig oder flockig, ohne Haare oder Seten

    Andererseits sollen die Lamellen zerfließen, was ich nicht beobachten konnte.

    Der FK schrumpelt langsam trocknend ein.


    Ursprünglich dachte ich ganz banal an einen abgewaschenen Glimmertintling, aber der ist es sicher nicht.

    Mit dem hier im Forum verlinkten, recht komplexen Melzer-Schlüssel "Key to coprinoid species (Coprinellus, Coprinopsis, Parasola)" komme ich über

    1* "Veil and/or true pileocystidia present" zu

    3 "Pileipellis is a hymeniderm, veil and pileocystidia can be present together or one of these elements is missing" zu

    4 "Veil mainly consisting of globose or subglobose, not or only slightly encrusted cells, if strongly encrusted, pileocystidia present", unter anderem mit der Abbildung von beige-orangenen globosen Einzelzellen, zu

    Part 2.1

    1 "Pileocystidia present" zu

    2 "Pleurocystidia present" zu

    4 Auswahl zwischen pakistanischen Funden, einmal sogar mit grünlichem Hut?

    Passt nicht!


    Ich hätte wohl besser alle Zystidentypen vermessen müssen.

    Bestimmt interpretiere ich etwas im Schlüssel falsch!

    z.B.: Ist die Sporenform rhombisch oder mitraförmig (wird im Schlüssel gar nicht gefragt)?


    Hat jemand einen Tipp zum Thema?


    LG, Martin

  • Hi,


    Coprinellus Sect. Micacei passt aus meiner Sicht. Warum soll es nicht Micaceus sein? Stielbereifung gecheckt? Wenn nicht Micaceus, dann Saccharinus.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Hallo Martin,


    hier hätte ich keine Zweifel an C. micaceus. Wenn man dem Schlüssel folgt, dürfte der keine Pileozystiden haben. Bist du sicher, dass das Pileozystiden sind und keine Velumstrukturen, die du gesehen hast? Das kann ich selbst nicht so gut beurteilen, aber ansonsten passt alles.


    Viele Grüße

    Emil

  • Hallo Stefan und Emil,


    vielen Dank für eure Antworten!

    Am sehr fasrigen Stiel entdecke ich keine Zystiden (das spricht gegen C. micaceus).


    Laut Schlüssel gilt:

    - beide vorgeschlagenen Sektionen haben mitriforme Sporen, d.h. die gezeigten Sporen sind tatsächlich mitriform!

    - beide Sektionen haben keine Pileozystiden (hatte ich zwar anders gesehen, bin aber trotzdem richtig in Teil 2.1 abgebogen - doppelt falsch wird richtig, hihi)

    - Die Lamellen welken im reifen Stadium, zerfließen nicht. Passt - hatte ich aber anders erwartet.

    - Pleurocystiden (Bilder 6,7,11-13) sind vorhanden:

    Blick von Hutoberseite (Huthaut abgezogen) auf Lamellenwände mit Pleurozystiden



    Da ich keine Caulozystiden finde, lande ich im Schlüssel über {Teil 2.1: 1*-7* (Pl.zy. vorh.) - 8* (Cau.zy. fehl.) - 11 (Sp.mitrif.) } bei Coprinellus saccharinus.

    Coprinellus micareaus ist aber weitaus häufiger, Caulozystiden nicht zu sehen, heißt noch nicht, dass sie nicht da sind oder waren.

    Ic hverbuche den Fund also wie ursprünich vermutet unter C. micareus.

    Ich habe mich durch den Versuch durch Schlüsseln zu bestätigen, in die Irre führen lassen.


    Ich lerne:

    Sporen sind mitriform


    Hier also keine Pileozystide (vgl. Bild 16), sondern irgend etwas anderes


    Ich hoffe, beim nächsten Pilz der Gattungsgruppe wird's besser klappen!


    LG und nochmals danke euch beiden,

    Martin