Hallo Mikropilz-Fans,
nachfolgend möchte ich ein paar selten gezeigte Arten aus der Gattung Orbilia (Knopfbecherchen) vorstellen, von denen es kaum Dokumentationen im Netz gibt, was sicherlich an deren Kleinheit, relativen Seltenheit, speziellen Standorten und auch daran liegt, dass viele der Arten erst in Zottos Monografie 2020 beschrieben wurden.
https://ps.mnhn.lu/pub/Baral_et_al_2020_Monograph_Orbiliomycetes_Part_I.pdf
https://ps.mnhn.lu/pub/Baral_et_al_2020_Monograph_Orbiliomycetes_Part_II.pdf
3 der 4 Arten, die ich zeige, wurden von Torsten Richter gefunden, ich hab die Proben dann zur fotografischen Dokumantation erhalten, ein Fund stammt aus meinem eigenen Garten.
Orbilia cardui
Dies dürfte die häufigste der hier vorgestellten Arten sein, wächst gerne an allen möglichen Krautstängeln, ich hatte sie schon an Brennnessel, Springkraut und hier an Goldrute (Solidago).
O. cardui hat recht kleine Sporen mit einem rundlichen SB (Spore Body), der mit einem winzgen Kanal mit der Sporenspitze verbunden ist. Dazu kommen Exsudatkappen an den Marginalzellen.
Hier ist bei der dritten Spore von links in der unteren Reihe eine Besonderheit zu erkennen: Normalerweise sitzen die SBs im oberen, breiteren, gerundeten Teil der Sporen, hier hat sich einer in den unteren, schmaleren Teil der Spore "verirrt". Sowas passiert, ist aber sehr selten zu beobachten, Zotto beschreibt dieses Phänomen auch in seiner Monographie. Das ist aber keineswegs bestimmungsrelevant, dennoch interessant zu sehen.
Orbilia ungulata
(2 Standortfotos von Torsten)
Wieder an Solidago, auch diese Art wächst an allen möglichen Krautstängeln. Auch diese Art hat ziemlich kleine Sporen, aber völlig anders geformte SBs als z.B. cardui. Typisch ist neben den Sporen mit ihren SBs auch das Vorhandensein von SCBs (Soluble cytoplasmic bodies, das sind die rundlichen bis unregelmäßig strich- und quaderförmigen Zellkörper, die man in den Zellen des Excipulums hier häufig sieht; in KOH lösen sie sich auf, daher die Bezeichnung als "soluble"), dies unterscheidet die Art von der von den Sporenmerkmalen ähnlichen O. vitalbae, die aber zudem oft stärker gefärbt ist, etwas größere Mikrostrukturen hat und lieber, aber nicht nur, an Holz wächst.
Orbilia ebuli
Die letzte Art hier an Solidago ist eine sehr selten berichtete. O. ebuli wächst nicht nur, wie der Name vermuten lässt, an Sambucus ebulus, auch wenn sie das auch häufig tut. Leider war die Probe hier makroskopisch nicht mehr top in Schuss, aber die Mikromerkmale waren intakt. Von diesen seltenen Arten lohnt es sich, jeden Fund zu dokumentieren.
Orbilia siculispora
Dies ist nun die Art aus meinem eigenen Garten. Vermutlich ist sie gar nicht so selten, aber wächst als trockenheitsliebende Art an Standorten, die normalerweise kein Pilzsucher gezielt ansieht: Frei hängendes, häufig trockenfallendes, gut durchmorschtes Holz, also z.B. am Baum ansitzende tote Äste, alte Stämme mit viel zerklüfteter Rinde, etc.
Hauptsächlich ist diese Art von Ulmus bekannt, hier an einem in 3 Meter Höhe ansitzenden Ast eines Apfelbaums (Malus domestica), von dem ein Stück bei feuchter Witterung abgebrochen ist, an dem Stück waren die Becherchen durch die dukle Färbung des Holzes mal gut zu erkennen. Makroskopisch denkt man hier nicht sofort an eine Orbilia, es gibt aber durchaus viele Arten, auch einige bei uns, die so aussehen.
Mikroskopisch recht auffällg durch die Sporen mit einem abrupten Knick an der Basis. Das haben aber auch wieder mehrere Arten. Die Paraphysen haben hier viele kleine Guttulen, was die Funde an Ulmus von Zotto et. al nicht hatten. Dagegen hatte eine slowakische Kollektion an Populus ebensolche Paraphysen. Ob das nun ein Hinweis auf mehrere Arten ist oder nicht, müsste genetisch verifiziert werden. Es gibt als auch nach Zottos Mega-Monografie noch genug offene Fragen bei dieser Gattung, auch bei heimischen Arten.
Wer so etwas nachsuchen möchte, am besten bei feuchter Witterung oder unmittelbar nach Regenfällen an sonst eher trockenliegenden Krautstängeln oder gleich an exponiertem Totholz schauen. Die Arten halten Trockenheit recht gut aus, besonders siculispora, aber da gibt es viele weitere, einige hab ich z.B. hier schon mal gezeigt:
anlässlich des kürzlichen Erscheinens der Orbilia-Monografie von Zotto und Mitwirkenden möchte ich hier ein paar Funde von diesem Jahr vorstellen.
Vor allem aber möchte ich einmal zeigen, in welchen Habitaten man suchen muss, um Arten zu finden, die zwar relativ verbreitet oder sogar recht häufig sind, aber kaum gefunden werden, weil sich kaum jemand solche Standorte ansieht.
Es geht dabei primär um Trockenstandorte, die…
Bei Trockenheit selbst kann man auch ganzjährig suchen, aber viele Apothezien von Orbilia werden so klein, dass sie selbst mit Lupe dann schwer auszumachen sind, auffälligere gibt es natürlich auch, auch aus anderen Gattungen, z.B. Patellaria, Durella, Capronia, Exarmidium, Hysterium, Hysteropatella, Pragmopora, Triblidiopsis, Cryptodiscus, Karstenia, Propolis, Melittosporiella, etc.
Ganz zu schweigen von den vielen Anamorphen und Flechten.
Es gibt also immer genug zu finden, zumindest wenn man keine Ansprüche an die Größe der Pilze stellt.
Viele Grüße
Matthias