Hallo zusammen!
In Le Guilvinec, in der Bretagne, steht in unmittelbarer Nähe zum Meer eine hölzeren Barrikade an einem Fußweg in praller Sonne.
Bild 1 Straße am Strand mit Einfahrten und Fußwegen zu den Privathäusern
Vor dem Zuweg führt eine moderat befahrene, kleine Straße am Strand entlang.
Die Oberseite der Barrikade ist mit Blatt- und Krustenflechten bewachsen, was mein Interesse geweckt hat.
Von der Schranke konnte ich keine Proben entnehmen, weswegen nur Fotos vorliegen.
Dennoch habe ich versucht, die vorgefundenen Flechten zu sortieren und würde mich über Anregungen und Korrekturen von eurer Seite freuen.
Beim Versuch, die Flechten zu bestimmen habe ich mich natürlich an Standort und Substrat orientiert und phototrophe bis heliotrophe, mäßig acidophile, mäßig nitrophile Flechten gesucht.
Bild 2 Aufsicht auf Barrikade
Bild 3 Blattflechten in praller Sonne auf trockenem Holz, eng anliegend: großflächig wachsend, die gelbgrüne und feinsorediöse Flavoparmelia soredians.
F. soredians bevorzugt mäßig sauere Substrate an lichtreichen Orten im warmen, milden, atlantischen Lagen.
In der Westbretagne ist die Flechte auf Rinde und Silikat sehr häufig anzutreffen.
Bild 4 Eine missgestaltete, graue Parmelia sulcata mit netzförmigen Pseudocyphellen und zusammenwachsenden Punktsoralen zwischen Flavoparmelia soredians.
P. sulcata ist eine sehr häufige vorkommende Flechte, denn sie besitzt eine sehr breite ökologische Amplitude (d.h. wächst an sehr vielen unterschiedlichen Orten auf unterscheidlichen Substraten), ist photophil, mäßig nitrophil und kann auch auf sauren Substraten vorkommen.
Bild 5 Andere Stelle mit F. soredians und P. sulcata
Bild 6 Neben den Blattflechten eine auffällige, lecanorine Krustenflechte mit körnig-weißem Thallus, glänzend schwarzen Apothecienscheiben mit verbeultem Rand.
Eigentlich ist damit schon alles klar. Trotzdem überlegte ich zuerst, ob eine typisch rinden-/holzbewohnende Lecanora wie z.B. L. pulicaris vorliegen könnte...
Bild 7 ... bei genauerer Betrachtung meine ich aber, dass hier nur Tephromela atra in Frage kommt.
Diese Flechtenart ist ebenfalls auf den Silikatfelsen in Küstennähe sehr häufig anzutreffen.
T. atra gilt als phototphil und acidophil, sollte sich hier auf der Vertikalfläche des Holzbalkens wohl fühlen.
Bild 8a Tephromela atra hier mit schwarzem Vorthallus (links im Bild). Auch gelbe Krustenflechten finden sich auf dem Holzbalken.
In der unmittelbaren Nähe des Feuchtigkeit spendenden, breiten Risses wirkt die gelbe Flechte vital(er).
Weiter weg werden Thallus und Apothecien schnell schwärzlich.
Bild 8b Stelle mit leuchtend gelbem Thallus neben Riss im Holz.
Schuppig wirkender, gelber, nicht zu dicker Thallus, schmutzig gelbe Apothecien mit gelbem Rand:
Hier könnte Candelariella vitellina in Frage kommen. Auch diese Flechte ist häufig und kommt auf saurem Gestein wie auch auf Holz vor.
(Ein gelbe Caloplaca kann ich aber ohne KOH nicht ganz ausschließen.)
Wirklich interessant ist vor allem eine Krustenflechte mit weiß-grauem Lager und roten Apothecien:
Bild 9 Rotfrüchtige Caloplaca s. lat.
Bild 10 Die jungen Apothecien der Flechte haben einen etwas helleren Rand, der später abdunkelt und sich farblich der Apothecienscheibe annähert.
Der Thallus ist rissig areoliert, fast weiß mit einem feinen Graugrünstich.
Ich könnte mir hier Blastenia ferruginea (ehem. Caloplaca) vorstellen, eine heliophile, acidophile Art, die in wintermilden Tieflandregionen auf Rinde vorkommen soll.
Die sehr ähnliche B. crenularia wächst auf leicht basischem bis basenreichem Gestein.
Insbesondere über eure Meinung zur Caloplaca (Blastenia ferruginea) würde ich mich freuen!
LG, Martin