Hymenopellis radicata - Grubiger oder Schleimiger Wurzelrübling

Es gibt 23 Antworten in diesem Thema, welches 2.116 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Uwe58.

  • Hallo,


    da es in den letzten zwei Wochen hie und da mal ein wenig geregnet hatte, bin ich gestern mal in den Wald und hoffte auf Pilzfunde.

    Viel war nicht los, eigentlich nur einige Kiefernbraun-Porlinge, aber auch ein mir bis dato unbekannter, auffälliger, weil überaus langstieliger Pilz.

    Der Pilz wuchs als verzeigtes Duo dicht an einer Rotbuche (?) aus der Laubstreu empor.

    Bild 1 Fundstelle mit > 27 cm langen Stielen (unterster Teil abgebrochen, er ging noch tiefer als ich erwartet hatte)


    Bild 2 Hut dünnfleischig, aufgespannt mit Buckelchen


    Bild 3 Lamellen weiß, orange überhaucht, weit ausgebuchtet angewachsen; Stiel verdreht fasrig, weiß, braun überhaucht und hohl


    Bis ich abends zuhause war, hatten sich die Lamellen bräunlich verfärbt.

    Der Geruch war unauffällig.

    Bild 4


    Bild 5


    Bild 6


    Bild 7


    Bild 8 Lamellen mit orangen kugeligen Zystiden


    Sporenpulver nach ergiebigem Abwurf ist weiß und inamyloid!

    Bild 9 Sporen in Wasser 13-14 x 9-10,5 µm


    Bild 10 Sporen inamyloid


    Nach dem Quetschen der Lamelle waren von den dicken Gloeozystiden nur noch Tropfen übrig...

    Sonstige Zystiden konnte ich nicht erkennen, nur Basidien und Sporen.

    Bild 11 Lamellen-Quetschpräparat mit orangen Tröpfchen (die Zystiden haben die Behandlung nicht überstanden)


    Dahalb habe ich versucht sie im Mikroskop im trockenen, ungequetschten Zustand abzulichten:

    Bild 12 Kugelige Gloeocystiden auf den Lamellen


    Könnte es sich hierbei um Hymenopellis radicata handeln, den Grubigen Wurzelrübling?

    Besonders schleimig kommt er mir nicht vor, das könnte allerdings am trockenen Wetter liegen.


    LG, Martin

  • Ich sehe hier auch Xerula radicata, Martin. :daumen:


    LG Marcel

    »Experts do not exist,

    we all are beginners

    with greater or lesser knowledge.«

    Luis Alberto Parra Sánchez

  • Hallo Marcel,


    vielen Dank für deine Antwort!

    Heißt der Pilz mittlerweile Xerula? Aha!

    Ein weiterer interessanter Punkt.


    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    was hast du denn von der Lamelle Mikroskopiert ?

    Auf der Lamellenschneide müsstest du Cheilozystiden finden und auf der Lamellenfläche jede Menge Pleurozystiden.

    Vergleichen kannst du mit diesem Portrait hier, dann kannst du auch mal den Stiel auf Kaulozystiden checken.

    Ich hatte Kongorot verwendet zum färben und konnte ohne Probleme die Zystiden finden, aber eventuell verhält sich das hier mit Wasser anders oder du hast zu stark gequetscht.


    VG : Thorben

  • Heißt der Pilz mittlerweile Xerula?

    Hallo Martin,


    in der Kartierung wird er (Wurzelnder Schleimrübling) als Xerula radicata angesprochen.


    LG Marcel

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    Luis Alberto Parra Sánchez

  • Hallo Thorben thorben96 ,

    Zitat

    was hast du denn von der Lamelle Mikroskopiert ?

    Das Mikroskopbild ist parallel zu Lamellenoberfläche gemacht, zeigt also wenn, dann Pleurozystiden.

    Die Lamellen sind voll davon, vgl. Bild 8 - über alle Lamellen gleichmäßig verteilt!

    Bild 13 Schrägaufsicht auf Lamellenoberfläche an Luft


    Seltsamerweise werden diese Strukturen in meiner Literatur für H. radicata nicht erwähnt.

    Sollten sie aber, da sie doch recht ungewöhnlich sind.

    Was ist das? Im von dir verlinkten Artikel tauchen diese zystidenartigen Strukturen auch nicht auf.

    Die Dinger sehen sowieso komisch aus, als ob mit orangem Öl gefüllte Kugeln auf korinthischen Säulen ruhen.

    Dass das Zeug beim Quetschen platzt, verstehe ich schon.


    Die Cheilozystiden, die du gezeigt hast, könnte ich für Basidiolen gehalten und übersehen haben, weil ich mich auf die gelben Kugeln konzentriert habe.

    Die stumpfen Pleurozystiden muss ich noch suchen, die sollte ich doch erkennen können!

    Jedenfalls entsteht durch die Kugeldinger der rosarote Farbton der Lamellen bei meinem Fundpilz, der mir schon im Wald aufgefallen ist (Bild 3).

    Aus diesem Grund hat mich die weiße Sporenpuverfarbe gewundert.

    Eigentlich hatte ich rötliche oder bräunliche Sporen erwartet.



    Hallo Uwe Uwe58 ,

    Zitat

    Auch ohne Mikroskop ist er das! Ganz typisch im Äußeren!

    da ich den Pilz nicht kannte/kenne schaue ich ihn mir genauer an, macht ja auch Spaß.

    Wenn man den Pilz erst kennt, so kann ich mir sehr gut vorstellen, dass er makroskopisch leicht ansprechbar ist!

    Aber da fehlt mir halt die Erfahrung.

    Vor allem die rötlichen Pünktchen auf den Lamellen haben mich irritiert und tun es noch immer...



    Hallo Marcel Thorwulf ,

    Zitat

    in der Kartierung wird er (Wurzelnder Schleimrübling) als Xerula radicata angesprochen.

    Gut, ich nenne den Fund entsprechend um.

    Wobei auf der Sporenbilder-Seite beim Pilzversin am Bachtel ganz unten auf der Seite steht: "Xerula radicata, Schleimiger Wurzelrübling, Neu: Hymenopellis radicata"

    Ist aber auch egal, es ist immer der gleiche Pilz gemeint.


    Nicht wundern, ich probiere zum ersten Mal das Zitieren.

    Aber so ganz hab ich das wohl noch nicht raus. :/


    LG, Martin

  • Hallo,


    ich nenne den auch noch Xerula radicata. Zwischendurch wurde der auch Oudemansiella radicata genannt, jetzt Hymenopellis radicata. Ich bleibe lieber bei Ersterem auch weil der Name sich viel besser merken läßt.


    VG Jörg

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Hymenopellis radicata - Grubiger oder Schleimiger Wurzelrübling (?)“ zu „Hymenopellis radicata - Grubiger oder Schleimiger Wurzelrübling“ geändert.
  • Die Dinger sehen sowieso komisch aus, als ob mit orangem Öl gefüllte Kugeln auf korinthischen Säulen ruhen.

     

    ==Gnolm13


    Deine Beiträge muss man oftmals zwei- u. dreimal lesen, weil sich dort hin u. wieder solche poetischen Perlen verstecken. :daumen:


    Entweder machst Du irgendwas in Marketing oder ähnlich Kreativem wie evtl. Kunst, Medien oder so etwas... g:D Und falls nicht, wäre sowas immer eine Option gewesen.... :gzwinkern:


    LG Marcel

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    Luis Alberto Parra Sánchez

  • Ich glaube, die gelb-orangen Kügelchen sind tatsächlich die passneden (angetrocknete) Pleurozystiden, wie Thorben sie gezeigt hat.

    Tatsächlich lassen sich die stumpf endenden Zystiden in großer Zahl in meinem Quetschpräparat finden.

    Im Kontrast zum Kongorot fallen die häufig im oberen Teil gelb-orange gefärbten Zystiden stark auf.

    Das rechte Exemplar erinnert sogar etwas an die "Kugel auf der dünnen Säule" in Bild 12.

    Bild 14 Bildersammlung Pleurozystiden (1000x in Wasser, mit Kongorot eingefärbt)


    LG, Martin

  • Hallo Marcel,


    oh je, mit Marketing bringst du mich zusammen? :gomg:

    Nicht liegt mir ferner, und das kommt nicht in Frage.

    Meine Herkunft und Metier sind grundanständig: Physik! g:-)


    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    auch wenn ich bei Physik für einen Moment immer kurz an Dürrenmatt denke ist diese Naturwissenschaft wie Biologie definitiv grundanständig. :daumen:


    Es soll ja aber auch dort jeweils kreative Köpfe geben.... ;)


    LG Marcel

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    Luis Alberto Parra Sánchez

  • Ja, Marcel,


    so ist das wohl!


    Aber jetzt sage ich "Gute Nacht" bis der Morgen erwacht wollen wir von Pilzchen träumen und anderen schönen Dingen...


    LG, Martin

  • Hallo,


    zur Frage, was der aktuell gültige lat. Namen eines Pilzes ist, folgend die von mir genutzten 2 Seiten:


    Mycobank


    Species Fungorum


    Dort den bekannten Namen eintragen, dann wird alles weitere gelistet. Und auch, was aktuell gültig ist.


    Grüße,

    Steffen

  • Hi,


    das kann man so leider nicht stehen lassen! Christoph hat das hier mal schön zusammengefasst.


    Noch! Eine echte Xerula wie X. pudens ist die Art leider nicht, da hier die Haare am Stiel fehlen! Früher oder später wird der Pilz entsprechend umbenannt werden müssen in der Tax-Ref-Liste.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Noch! Eine echte Xerula wie X. pudens ist die Art leider nicht, da hier die Haare am Stiel fehlen! Früher oder später wird der Pilz entsprechend umbenannt werden müssen in der Tax-Ref-Liste.

    Ja, so ist es oft, und es wird hier immer wieder neue Erkenntnisse geben und damit ändern sich auch Einsortierungen u. Benamsungen. Panta rhei. ^^


    Bis dahin halte ich mich beim Kartieren aber an die DGfM-Vorgaben - da kann ich ja auch nicht von abweichen. :P;)


    Schönen Abend noch u. LG Marcel

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    Luis Alberto Parra Sánchez

  • Hallo,


    dann bleibt die Frage bestehen, woher man den aktuell gültigen Namen einer Art erfährt.


    Die beiden von mir erwähnten Webseiten wurden mir unabhängig voneinander von 2 Mykologen, beim Besuch deren Lehrgänge, zum Herausfinden der aktuell gültigen Namen demonstriert.



    Grüße,

    Steffen

  • Hi,


    im Zweifel aus Fachzeitschriften. Aktuelle gültige Namen sind sowieso nicht soo wichtig. Wichtig ist, dass der Pilz so gut es geht eindeutig und richtig bestimmt wurde. Mit welchem Synonym er dann erfasst wurde ist dann mehr oder minder egal.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Moin,


    seit ich mich in diesem Forum bewege, ist mir häufig aufgefallen, dass für ein und denselben Pilz verschiedene lateinische Namen verwendet werden weil diese sich manchmal eben immer wieder mal ändern. Für mich als Nichtlateiner ist es sowieso schwierig, mich an lateinischen Namen zu orientieren (obwohl mir bewusst ist, dass nur diese gültig sind). Daher bin ich immer dankbar, wenn die Verfasser von Beiträgen in diesem Forum auch die gebräuchlichen deutschen Namen dazusetzen. Für mich hat das den Vorteil, dass ich sehr viel schneller erkennen kann, um welchen Pilz es sich handelt und ob mich das Thema wohl interessiert.

    Da mir keine umfangreiche Literatur zur Verfügung steht, richte ich mich nach den Angaben in meinem BLV Pilzführer von E. Gerhardt von 2021. Der ist ja immerhin noch ziemlich aktuell.


    Liebe Grüße

    Reinhard

  • Hallo Reinhard,

    die gebräuchlichen deutschen Namen dazusetzen.

    das wird beim angefragten Pilz ziemlich schwierig. Der heißt Wurzelnder Schleimrübling, Wurzelschleimrübling, Grubiger Wurzelrübling oder Schleimiger Wurzelrübling, je nachdem wen man fragt. Pablo ( Beorn) hat dem den passenden

    Namen "Lang und dünn" gegeben.


    VG Jörg

  • Aaaach!


    Das ist der berühmte "Pabloslangundünn"! Dem Begriff zumindest bin ich hier schon ein paar Mal begegnet.

    Nett, jetzt bekommt der Pilz auch für mich ein Gesicht!


    LG, Martin

  • ...

    Für mich als Nichtlateiner ist es sowieso schwierig, mich an lateinischen Namen zu orientieren (obwohl mir bewusst ist, dass nur diese gültig sind). Daher bin ich immer dankbar, wenn die Verfasser von Beiträgen in diesem Forum auch die gebräuchlichen deutschen Namen dazusetzen. Für mich hat das den Vorteil, dass ich sehr viel schneller erkennen kann, um welchen Pilz es sich handelt und ob mich das Thema wohl interessiert.


    Hallo Reinhard,


    na ja, das kann man auch etwas anders sehen. Wie Stefan am Beispiel des Schleimigen Wurzelrüblings schön zeigte, der Trivialnamen hat so seine Tücken. Da wo ich wohne, kennen angeblich alle den "Schusterpilz". Ich nicht. In unserer Familie ist der Begriff unbekannt.


    Stehen nur lat. Namen geschrieben, so ist der Leser quasi gezwungen, diesen in die Suchmaschine seines Vertrauens einzutippen, wenn er ihn nicht kennt. Das hat mMn einen Lerneffekt, welchen ich an mir selbst auch feststelle. Die lat. Namen prägen sich allein durch die Beschäftigung damit ein. Und irgendwann ertappt man sich dabei, das man diesen anstatt des Trivialnamens verwendet. Und das macht viel Sinn.



    Grüße,

    Steffen

  • dann bleibt die Frage bestehen, woher man den aktuell gültigen Namen einer Art erfährt.

    Hallo Steffen


    Ja eine solche Datenbank existiert leider nicht. Dies würde eine Art Gremium voraussetzen, die für jeden neu publizierten Namen entscheidet, ob dieser nun gültig ist oder nicht.

    So etwas gibt es jedoch nicht, ich finde es wäre auch nicht besonders sinnvoll. Schliesslich müsste sich dieses Gremium mit jeder einzelnen Publikation im Detail auseinandersetzen, um eine seriöse Entscheidung fällen zu können. Und das weltweit, in praktisch jeder Sprache...


    Es steht jedem Mykologen frei, Arten umzukombinieren, sofern er sich dabei an die nomenklatorischen Regeln hält. Diese untersagt unter anderem neue Namen, wenn die Umkombinierung der einzige Zweck ist (nomen superfluum). Es muss also immer einen wissenschaftlichen Hintergrund geben, der die Umkombinierung sozusagen notwendig macht.

    Ebenso steht es jedermann frei, einen Namen nicht zu akzeptieren und stattdessen einen älteren Namen zu verwenden.

    Ein älterer Name ist nämlich nicht falsch oder ungültig, sondern entspricht einfach nicht der neusten wissenschaftlichen Publikation.

    Beispielsweise akzeptiert der italienische Autor Voto die erst 2020 neu publizierten Gattungen Candolleomyces und Hausknechtia nicht, sondern verwirft sie als überflüssige Namen. Folgerichtig kombiniert er Arten dieser neuen Gattungen wieder zurück nach Psathyrella (hier: https://www.mycolobs-journal.org/Volumi/MycolObs02p09-09.pdf). Wer da nun recht hat, können wir Normalsterbliche nicht entscheiden.


    Also welchen Namen verwendet man, wenn man es möglichst richtig machen möchte? Ich wähle im Zweifelsfall den neusten, formell gültig publizierten Namen.

    Den findet man in der Regel in der Mycobank oder im Index Fungorum. Aber es ist eben nicht zwingend der Name, der dort als "gültig" markiert ist, sondern derjenige der neusten Publikation. Wenn man es noch "richtiger" machen will, kommt man nicht umhin sämtliche Fachliteratur zu diesem Namen zu konsultieren. Aber auch da bekommt man im oben genannten Beispiel von Candolleomyces candolleana keine Antwort, welcher Name wirklich richtig ist, sondern es stehen einfach zwei Meinungen im Raum und muss sich einer anschliessen.


    Gruss Raphael

  • na ja, das kann man auch etwas anders sehen. Wie Stefan am Beispiel des Schleimigen Wurzelrüblings schön zeigte, der Trivialnamen hat so seine Tücken. Da wo ich wohne, kennen angeblich alle den "Schusterpilz". Ich nicht. In unserer Familie ist der Begriff unbekannt.

    Hallo

    Es gibt nicht für alle Pilze einen Deutschen Namen. Es gibt aber Pilzbücher mit weit über 1000 Pilzarten. Die haben einen sehr geläufigen deutschen Namen. Den sollte man schon schreiben können. Nicht alle sind Pilzexperten oder wollen es auch nicht werden. Aber nur wissenschaftliche Namen verschrecken sicherlich neue Nutzer.