Traurig

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 3.126 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Andreas_Nausa.

  • Hallo,

    heute wurden wir Zeuge eines traurigen Phänomens.

    Beim Besuch eines Parks im Südharz fanden wir unter einer blühenden und super toll riechenden Silberlinde (Tilia tomentosa) hunderte toter Hummeln.







    Im Netz fand ich dann die Erklärung:

    die Tiere sind auf dem Weg zu ihrer Nahrungsquelle verhungert!

    Die Silberlinde ist eine spät blühende Linde und die Tiere verbrauchen auf dem Weg zu ihr mehr Energie als sie dann dort tanken können.

    Auch ist die Konkurrenz mit anderen Blütenbesuchern zu groß und sie können deshalb zu wenig Nektar aufnehmen.

    Wieder ein Beispiel für das Insektensterben, aber dieses Mal haben wir das hautnah gesehen.

    Sehr bedrohlich und traurig.

    Laßt also in Euren Gärten möglichst spätblühende Pflanzen, auch sogenannte Unkräuter stehen, damit die Hummeln noch Nahrung finden!


    Liebe und traurige Grüße

    Ulla

  • Hallo Ulla,


    das konnten wir schon vor über 20 Jahren in unserem Schulhof bei den über 100jährigen Linden beobachten. Die Schüler haben daraufhin die fast leblosen Hummeln eingesammelt und auf Tellerchen mit Zuckerwasser gelegt. Ein Teil der Hummeln kam durch Nahrungsaufnahme wieder zu Kräften und flog weg.

    Vielleicht bis zur nächsten Linde....


    Unser Vereinsmitglied Karl-Heinz Baumann hatte damals einen vielfach prämierten und sehenswerten Film über Hummeln produziert "Königin für einen Sommer".

    Von ihm hatte ich dann auch die Erklärung erhalten.


    Ich gebe zu, das Bild der vielen toten Hummeln auf dem Boden hat sich auch bei mir fest eingeprägt.


    Gruß

    Peter

  • Hallo Ulla,


    traurig ja. Allerdings sind die Silberlinden mWn auch Neophyten... Und da ist das Problem zu suchen.


    Liebe Grüße,

    Steffen

  • Hallo Ulla, anfangs, als die toten Hummeln vor 2-3 Jahrzehnten in Berlin unter den Silberlinden lagen, nahm man noch an, dass die Bäume eine für Hummeln giftige Substanz besäßen. Inzwischen weiß man es besser. Ein Baum, der nicht hierher gehört. So ist das oft, wenn sich Menschen der Tragweite ihrer Eingriffe in die Natur nicht bewußt sind. Hier gibts zwar kaum noch Fichten und glücklicherweise keine einzige Silberlinde, dafür hummelt es gerade wie verrückt an Disteln, Oregano und anderen Blüten. Ich habe den Eindruck, es gibt dieses Jahr deutlich mehr Käfer, Hummeln und Wildbienen als sonst. Dafür allerdings weniger Großfalter.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo,


    ich kann Claudias Beobachtungen bestätigen. Schmetterlinge sind dieses Jahr rar, Hummeln und Co. tummeln sich hier Mengen.


    So ganz nebenbei, es könnte mal etwas regnen, wir trocken hier aus...


    Grüße,

    Steffen

  • Allerdings sind die Silberlinden mWn auch Neophyten... Und da ist das Problem zu suchen.

    Grundsätzlich können Neophyten ein Problem sein.


    In diesem Fall ist das Problem aber die immer weitere Industrialisierung der Landwirtschaft, die auf Grasanbauflächen (früher "Wiesen" genannt) keine Blütenpflanzen mehr zulässt.


    Die Grenze zwischen insektenfreundlich oder nicht läuft nicht entlang der Grenze einheimisch oder nicht, auch wenn das auch von Naturschutzverbänden manchmal behauptet wird.


    Gerade für Gärten sind Blütenpflanzen der östlichen und nordamerikanischen Steppen oft die bessere Wahl, weil sie 1. besser an den aktuellen Klimawandel angepasst sind und sie 2. bis zum Herbst blühen, während sich die klassischen einheimischen Wiesenblumen an eine Mahd im Sommer angepasst haben, und zu diesem Zeitpunkt bereits reife Samen haben müssen.


    Und einige der "Neuen" (nicht alle) sind absolute Insektenmagneten, wie der Kandelaber-Ehrenpreis (Veronicastrum), das Brandkraut (Phlomis). Zierlauch (Allium), oder Rasselblume (Catananche).


    Im übrigen wandern ja gerade auch Insekten von Süden ein, was bei einer Verschiebung der Klimazonen ganz normal ist. Warum sollte das bei Pflanzen anders sein?


    Wolfgang

  • Hallo Ulla, anfangs, als die toten Hummeln vor 2-3 Jahrzehnten in Berlin unter den Silberlinden lagen, nahm man noch an, dass die Bäume eine für Hummeln giftige Substanz besäßen. Inzwischen weiß man es besser. Ein Baum, der nicht hierher gehört.

    Mir scheint die Schlussfolgerung, dass Neophyten das Problem seien, in diesem Fall etwas vorschnell.


    Bevorzugt gepflanzt wird die Winter-Linde (Tilia cordata), die als mittelgroßer Baum auch in schmaleren Straßen noch Raum findet.

    Ich habe auch unter denen schon oft Hummeln aufgesammelt und zum Nachtanken in andere gerade blühende Pflanzen umgesetzt.

  • Hallo,


    wie man sieht, es ist eben alles nicht so einfach. Ich finde es gut, wenn sich Leute über so etwas Gedanken machen.

  • Gerade für Gärten sind Blütenpflanzen der östlichen und nordamerikanischen Steppen oft die bessere Wahl, weil sie 1. besser an den aktuellen Klimawandel angepasst sind und sie 2. bis zum Herbst blühen, ....

    Grundsätzlich ist dies nicht die verkehrteste Ausgangsbasis für entsprechende Anpflanzungsüberlegungen bei Gehölzen. So habe ich z.B. meine letzten Gehölzanschaffungen auch unter diesem Gesichtspunkt getroffen, dabei aber die Insektenfreundlichkeit noch davor gestellt und auch die Frühblüher mit einbezogen.


    Und da gibt es bei dieser Sorte an Gehözen zum Glück eine große Bandbreite an Auswahl. Ich hab mich zuletzt u.a. für Styphnolobium japonicum - hierzulande bekannt als Honigbaum, Schnurbaum, Perlschnurbaum od. Japanischer Perlschnurbaum, Cercis chinensis, dem Chinesischen Judasbaum, und Tetradium daniellii var. hupehensis, dem von mir hier kürzlich gezeigten Bienenbaum ( hilmgridd ) entschieden.


    Mit ein bissl Recherche, fachmännischem Rat u.Hilfe kann man bei sich, sofern man die Möglichkeiten hat, entsprechende Gehölze anpflanzen. Dass ich dann noch im Vorgarten, Hof u. im Zier- u. Nutzgarten sowie auf der Streuobstwiese noch viel, viel mehr an bienen-, hummeln- u. insektenfreundlichen Pflänzlein habe, wie u.a. Lavendel, Salbei, koreanische Minze, hat sich bei den Bienen- u. Hummelvölkern gut herumgesprochen - jedes Jahr. ^^


    Schönen Montagabend u. Viele Grüße.

    »Experts do not exist,

    we all are beginners

    with greater or lesser knowledge.«

    Luis Alberto Parra Sánchez


    Gnolmokratisches:

    100 PCs Startkapital - 4 PCs (2023 an Boletaceae bei KiZaRü/Psathyrella-Challenge verloren) u. - 21 PCs (2024 an Schwarzhex hilmgridd gespendet) = 75 PCs in stock

  • Hallo Ulla, anfangs, als die toten Hummeln vor 2-3 Jahrzehnten in Berlin unter den Silberlinden lagen, nahm man noch an, dass die Bäume eine für Hummeln giftige Substanz besäßen. Inzwischen weiß man es besser. Ein Baum, der nicht hierher gehört.

    Mir scheint die Schlussfolgerung, dass Neophyten das Problem seien, in diesem Fall etwas vorschnell.


    Bevorzugt gepflanzt wird die Winter-Linde (Tilia cordata), die als mittelgroßer Baum auch in schmaleren Straßen noch Raum findet.

    Ich habe auch unter denen schon oft Hummeln aufgesammelt und zum Nachtanken in andere gerade blühende Pflanzen umgesetzt.

    Hallo Cratie,

    Neophyten sind kein generelles Problem, manchmal sind sie sogar nützlich. Aber schön wäre es, vorher eine Risikoabschätzung zu machen.

    Wo es nur Silberlinden ohne anderes Begleitgrün gibt, gibts keine Alternativen für Hummeln. In Berlin hat sich ja einiges getan inzwischen. Dachbegrünungen, bunte Balkone, manchmal sogar blühende Vorgärten oder Höfe, da gibts inzwischen sogar Imker in Mitte.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


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  • Hi,


    nicht heimische Pflanzen werden grundsätzlich von Bestäubern wie polylektischen Bienen (also solchen, die nicht nur an einer Gattung oder Art Pollen sammeln) schon genutzt. Für Nektar eh. Unser Fokus auf Bestäuber vergisst halt leider häufig, dass es noch viel mehr Insekten u.ä. gibt, die nicht auf die Blüten gehen, sondern Blätter fressen oder Pflanzensäfte saugen u.v.m. Das sind im übrigen viel mehr Arten als bei den Bestäubern. Und da ist es wohl oft so, dass die exotischen Pflanzen nicht als Nahrung wahrgenommen werden. Oft stehen nicht heimische Pflanzen auch besonders gesund und prächtig im Beet aus dem Grund, dass keiner an ihnen frisst. Kein natürlicher Gegenspieler da, also volle Kraft voraus...


    Das mit den Hummeln hat mir mal ein Fachmann erklärt, leider kriege ich das nicht mehr sicher rekonstruiert. Ich meine mich aber zu erinnern, dass es darum ging, dass um diese fortgeschrittene Zeit im Jahr, die natürliche Lebenszeit der Hummeln langsam auch an ihr Ende kommt. Hummelweibchen werden wohl nur einige Wochen alt. Das natürliche Blütenangebot der heimischen Pflanzen geht auch deutlich zurück. Und die Silber-Linden sind dann eben nochmal ein unwiderstehlicher Magnet, wo sich alle sammeln. (das aber wiegesagt ohne Gewähr)


    Dass wir das Blühangebot bis in den Herbst durchziehen müssten, soll wohl eher auf Imker zurückzuführen sein. Für deren Honigbienen ist das sicher sinnvoll. Die können dann weiter Wintervorrat sammeln, den ihnen die Imker vorher genommen haben. Die heimischen Bienenarten sind an die natürlichen Blühzeiten angepasst, die die ebenfalls heimischen Pflanzen haben (Googlesuche "Ko-Evolution"). Viele Arten sind mit dem Brutgeschäft "durch" und könnten auf das nächste Jahr warten.

    Für Wildbienen sind Honigbienen im Übrigen auch Nahrungskonkurrenten. Sie sind zwar effektive Bestäuber, die diese Leistung auch gut erfüllen. Im Sinne des Artenschutzes darf man sie aber durchaus kritisch betrachten.


    Ich will nix verteufeln, und finde Dogmatismus im Garten oder so auch unangebracht. Regeln könnte das eh die Natur am besten selber, wenn wir unsere Landnutzung endlich etwas ändern würden und am besten größere Gebiete wieder sich selbst überlassen würden.


    Friedliche Grüße

    Peter

  • Ich habe 10 Jahre in Aachen gelebt, wo es einige von Linden gesäumte Straßen gibt. Da lagen auch immer hunderte tote Hummeln umher. Kein schöner Anblick!

  • Heute morgen habe ich eine geschwächte, flugunfähige Hummel aus einer die ganze Zeit über sehr rege besuchten Himbeere geholt und zum Nachtanken auf eine einzelne Lavendel-Nachblüte gesetzt, die sich zum Glück gerade geöffnet hatte.


    Das Problem sind wohl gar nicht die Linden oder die Himbeere als solche, sondern dass Hummeln ihre gewohnte Nektarquelle weiterhin anfliegen, auch wenn diese erschöpft ist.

  • Zitat

    Das Problem sind wohl gar nicht die Linden oder die Himbeere als solche, sondern dass Hummeln ihre gewohnte Nektarquelle weiterhin anfliegen, auch wenn diese erschöpft ist.

    Dann müsste man tote Hummeln doch an allen möglichen Orten finden - sie liegen aber immer unter Linden... soweit ich das beobachten konnte.

    Surely it is our responsibility to do everything within our power to create a planet

    that provides a home not just for us, but for all life on Earth.”


    David Attenborough

  • Wer einen Garten oder Platz für größere Kübel hat, kann eventuell eine "Immerblühende Mandelweide" (Salix triandra"Semperflorens") pflanzen. Es handelt sich um einen männlichen Genet, der nach der eigentlichen Frühjahrsblüte bis Ende des Sommers weitere Kätzchen bildet, so dass Bienen und Hummeln dort noch Nektar finden. Scheint bei Imkern beliebt zu sein. Die Pflanze lässt sich wie alle Weiden sehr einfach aus Spross-Stecklingen ziehen. Diese können in Wasser bewurzelt oder einfach im Herbst in den Boden gesteckt werden (wenn sie keine Blätter mehr haben).