Hallo ans Forum!
Gestern bin ich meine Berliner Proben weiter durchgegangen und durfte Interessantes entdecken.
Was ich beim ersten Betrachten für Ansammlungen von Trentepohlia-Algen halten wollte, stellte sich als die Flechte Piccolia ochrophora heraus.
Die streng kreisförmige Form der Strukturen (Bild 2) machte mich zu Recht stutzig!
Fundstelle war ein ein Pappelstumpf, etwa 1,5m hoch, mit leicht abzulösender Borke.
Bild 1 Pappelstumpf auf dem Unigelände Adlershof in Berlin
Ein Stückchen Borke wanderte in meiner Tasche mit zu Lupe und Mikroskop.
In einem der Borkenrisse zwischen X. parietina, P. orbicularis und Lecania spec. befinden sich gelb-orange Apothecien auf einem unscheinbaren, weißlichen Thallus:
Bild 2 Lupenbild: Weißlicher Thallus und gelb-orange, stark bereifte Apothecien der Größe 150-400 µm (oben im Bild: Streichholzkopf)
Das sieht schon ohne Mikroskop sehr nach Piccolia ochrophora aus, die ich bislang nicht kannte.
Frei nach DFD:
Es handelt sich dabei um die einzige Art dieser Gattung, die in Mitteleuropa vorkommt und gilt hierzulande als ziemlich selten.
Ander Arten der Gattung leben in (sub)tropischen Regionen.
Die Flechte soll in lichten Wäldern und an freistehenden Bäumen die weiche Borke von Holunder, Pappel oder Weide bevölkern.
Sie sei vom Flachland bis in die submontanen Regionen in ganz Deutschland zu finden.
Weitere Eindrücke:
Bild 3 Lupenbild: Ein Teil der Apothecien scheint einen dünnen, gelben hochstehenden Rand zu besitzen, mithin sind sie biatorin berandet.
Bild 4 Lupenbild von Piccolia ochrophora
Bild 5 Lupenbild: Leicht gewölbtes Apothecium mit "grober", oranger Bereifung
Bild 6 Lupenbild von Piccolia ochrophora
Die Apothecienscheibe, genauer das Epihymenium, reagiert mit KOH kräftig purpurrot.
Unter dem Mikroskop ist die Flechte recht interessant wegen ihrer mit sehr vielen Sporen gefüllten Asci:
Bild 7 Quetschprobe des Hymeniums in Wasser. Die Asci sind mit sehr vielen kugelförmigen, hyalinen Sporen angefüllt
Der Algenpartner sind coccoide Grünalgen.
Das Hymenium ist farblos und 50-60µm dick.
Die Asci sind keulig mit Durchmessern um 15µm, Länge um 55µm.
Paraphysen sind stark verzweigt mit Durchmessern von 1,5-2,0µm, die Enden leicht verdickt auf 2,5-3,0µm.
Das Hymenium ist J+ blau, amyloid.
Bild 8 Hymenium von Piccolia ochrophora in verd. KOH: Asci
Bild 10 Probe in verd. KOH => Epihymenium rot
Bild 11 Verzweigte Paraphysen von Piccolia ochrophora (in verd. KOH)
Diese kleine Flechte hat sogar einen dt. Namen: "Zimtflechte".
Aufgrund ihrer Winzigkeit glaube ich allerdings nicht, dass dies eine überkommene Bezeichnung aus dem Volksmund sein kann!
LG, Martin