Inocybe mit kleinen knotigen Sporen

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 987 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von KaMaMa.

  • Hallo!


    Ich kann's nicht lassen und habe mir wieder einen Risspilz aus dem Wald mitgenommen.

    Die Fotos im Wald sind leider hart an der Schmerzgrenze, weil sich meine Kamera zu dem Zeitpunkt verstellt hatte.


    Die Pilze wachsen am Waldwegrand in einem Laubwald mit eingestreuten Nadelbäumen auf kalkigem Boden.

    Im bewussten Waldabschnitt dominierten m.W.n Laubbäume. insbes. Eiche, Buche und div., Edelhölzer wie Ahorn und Linde.

    Die Pilze "wurzeln" in der Erde zwischen kleinen Eichen- und Ahornpflänzchen.

    Zum Geruch weiß ich nicht viel zu sagen, am ehesten vielleicht süßlich (1 Tag später und schon deutlich angetrocknet).

    Bild 1 Pilzfund am Wegesrand


    Bild 2 Pilz mit ocker-braunem, gebuckeltem Hut, Lamellen braun, weitstehend, Stiel gelblich/hellbraun


    Zuhause ein paar Bilder am Fenster in Tageslicht:

    Bild 3 Hut sand- bis strohfarben, radialfasrig, grob abschuppend, Zentrum (Buckel) orange


    Bild 4 Durchmesser 5,5cm; Lamelletten vorhanden, Kaulozystiden nahe dem Lamellenansatz erkennbar


    Bild 5 Durchmesser Hut 5,5 cm, Stiel 0,75 cm; Höhe 6,5 cm.

    Hutfleisch weißlich, am Übergang zum Stielhellbraun, Stielfleisch gelblich. Schnittfläche verfärbt sich nicht.

    Stielbasis (sehr) schwach verdickt / knollig.

    Der durch das Schneiden erdverfüllte Hohlraum ist ein Fraßgang.


    Die Sporen würde ich als knotig bezeichnen:

    Bild 6a Sporen in Wasser. 7x5 µm große, elliptische Sporen mit knotigem Ornament: 6,3-7,0-7,7 x 4,6-5,0-5,4 µm²

    Wie messe ich hier richtig? Inkl. Knoten oder ohne?


    Bild 6b Sporen


    Gelb gefüllte, merulliode Pleurozystiden sind in großer Zahl zu finden:

    Bild 7a Lageniforme Pleurozystiden. Am Kristallschopf um 5µm Durchmesser, an dickster Stelle12-18µm.

    Länge etwa 55-60µm


    Bild 7b Die Pleurozystiden sind sehr dickwandig, um 2µm; zur Spitze hin noch deutlich dicker.


    Die Kaulozystiden am oberen Stielende sind sehr ähnlich, aber ohne gelben Inhalt:

    Bild 8a: merulliode Kaulozystiden, dickwandig mit ausgeprägtem Kristallschopf. Wandstärke um 1,5µm, zur Spitze hin dicker.

    Länge bis 70µm


    Bild 8b weitere Kaulozystiden


    Ich weiß nicht, ob es etwas besagt, aber heute - einen Tag nach dem Fund - sind die Lamellen etwas violett eingefärbt.

    Bild 9 Lamelle fast durchgetrocknet - mit Violettstich


    Beim Abgleichn mit FoTE passt am ehesten das I. mixtilis - Aggregat oder I. praetervisa.

    Bei I. praetervisa sollten die Sporen größer sein, für I. mixtilis passt mit die Stielbasis nicht:

    Bild 10a Stielbasis im Schnittbild: knollig oder nicht?


    Bild 10b Leicht verdickt mit zentralem Zapfen - gibt es sowas?


    Falls sich jemand zum Thema äußern möchte, würde ich mich natürlich sehr freuen.

    Den Pilz habe ich noch herumliegen, falls weitere mik. Intersuchungen hilfreich sein sollten.


    LG, Martin

  • Hi,


    du hast leider vergessen zu erwähnen ob der Stiel total bereift ist, oder nicht, bzw. habe ich das überlesen.


    In KOH mikroskopiert?


    Sporenmessung: das ist die Sporenform; kein Ornament! Ornamente sind Auflageruunge der Sporenwände. Hier ist die Sporenwand glatt.


    Ansonsten um die höckrigen Sporen ein Rechteck denken, so dass alle Knubbel darin enthalten sind und dann das gedachte Rechteck ausmessen.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Hallo Stefan,

    Climbingfreak


    danke für die Messanleitung!


    Ich hatte die Sporen in Wasser gemessen (Bilder 6).

    Die Sporen werden durch das Umrechteck ein bisschen größer, als von mir angegeben.

    Ich habe wieder in Wasser nachgemessen und komme auf korrigierten Sporenmaße:

    (7,5)7,5-8,0-8,4(8,5) x (5,0)4,9-5,4-5,8(6,2) µm bei N = 10; Q =1,5

    Die Sporen bleiben damit wohl immer noch zu klein für I. praetervisa agg., passen aber für das I. mixtilis-Aggregat.

    Die Sporenknubbel sind höher als 1µm (-1,5µm) und haben einen entsprechenden Durchmesser an der Basis (auch 1,0-1,5µm).

    Ich zähle 7-8 sichtbare Knötchen und würde die Anzahl für beide Seiten damit auf etwas wie 12-15 ansetzen.

    Die Stielbereifung liegt sehr dicht als Ring unterhalb der Lamellenansatzes vor (Bild 4)!

    Dort hatte ich die Probe für das Mikroskop entnommen, Stielhaut und Lamelle hatte ich in verdünnter KOH gequetscht (Bilder 7-8).


    Jetzt habe ich noch zwei weitere Stielhautstücke aus der Mitte und dem unteren Drittel des Stiels entnommen, um mikr. zu kontrollieren.

    Es gibt an beiden Stellen und damit über die gesamte Stiellänge tatsächlich Kaulozystiden.

    Deren Dichte ist aber nicht zu vergleichen mit der Menge am Lamellenansatz!

    "Bereift" würde ich das nicht nennen, es könnte für I. mixtilis agg. hinreichen: "The stem has cystidia along its entire length...".

    Die Sporengröße wäre für I. mixtilis passend.

    Eine markante Knolle sehe ich leider nicht.


    Ich könnte mit einen Pilz aus dem I.mixtilis-Aggregat vorstellen.

    Eine Schlüssel hierfür hätte ich gefunden von F. Esteve-Raventós und Oertel et al. (2018).

    Dort würde ich mich zu Inocybe occulta durchschlüsseln, der könnte vielleicht passen:

    "

    1) 1. Spores with Qm = 1.3–1.4, provided with clear and distinct protruding knobs (1–1.5 μm high)=> 4 ...

    4) Spores with Qm = 1.4–1.5, generally more heterodiametrical; pileus without a lardy aspect, slightly sticky in humid conditions, sometimes subhygrophanous => 5 ...

    5) Pileus darker, buff yellow, golden-yellow, orange-yellow or light brown, often with a subhygrophanous appearance; cystidia often with a sublageniform shape, often extending into a distinct neck, though sometimes variable, often > 50 μm long. — Widespread all over continental Europe, and also known from North America and Australia. . . . . . . I. occulta

    "


    Ich habe deshalb nochmals die Pleurozystiden- und Sporenvariabilität kontrolliert:

    Die Pleurozystidenlänge vaiiert deutlich, ich finde sogar (Ausreißer-)Exemplare mit bis zu 90µm Länge!

    Bild 11 Lamelle, Quetschpräparat


    Bild 12 Typische Pleurozystiden mit Wandstärke


    Was mich stört, ist die nicht erkennbar knollige Stielbasis.

    Vielleicht habe ich falsch geschnitten: Ich habe das Messer an der hartnäckig erdverklebten Stielbasis angesetzt und in Richtung Hut durchgeschnitten.

    Dabei verschmierte die Erde in die Schnittfläche hinein bis in den Fraßgang im Stiel und überdeckt vielleicht auch einen Teil der Stielbasis.

    Nächstes Mal schneide ich wohl besser in der anderen Richtung.

    Wie ist denn deine Meinung?


    LG, Martin

  • Meiner Meinung nach sind die sporen nicht richtig eckig, aber auch nicht ellipsoid, so ein Mittelding halt. Vielleicht hat das Bestimmungswert. Jedenfalls kenne ich die sporen von mixtilis und praetervisa höckeriger bzw. eckiger.

    Letztlich können aber momentan in Europa wohl nur drei bis vier Leute risspilze bestimmen.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Hallo Oehrling,


    vielen Dank für deinen erhellenden Beitrag!

    Die Gruppe ist riesig und unübersichtlich, so habe ich gelesen, aber dass es so schwierig ist, hatte ich nicht geahnt.

    Wenn die Risspilze nicht näher bestimmbar sind, dann belasse ich es natürlich dabei und widme mich anderen Pilzlein.


    Interessant sie trotzdem!


    LG, Martin

  • Hi,


    na ja, holen wir mal jemanden von den 3-4 genannten Risspilzexperten dazu. ==Gnolm15


    Ditte vielleicht hast du eine konkrete Idee dazu?

    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Servus Martin,


    es ist grundsätzlich erfreulich, dass sich noch Leute finden, die Risspilze nicht ignorieren. Ich würde dir aber trotzdem empfehlen, einzeln gewachsene Risspilze, noch dazu wenn sie schon alt sind, im Wald zu lassen. Die Risspilze sind eh schon schwer genug zu bestimmen. Der viele Aufwand macht nur bei vernünftigen Kollektionen mit ganz frischen Fruchtkörpern Sinn.


    Beste Grüße

    Hias

  • Hallo Matthias,


    du hast natürlich Recht, der FK hat seine beste Zeit gesehen, der Sporenabwurf war entsprechend mager.


    Aber ich freue mich immer, wenn ich etwas entdecke, und da kann auch bei den kleinen Braunen nicht immer vorbeigehen.

    Das sind ja durchaus hübsche Kerlchen, die durch ihre düstere Farbe ihr Dasein meist unerkannt fristen dürfen und nicht abgesammelt werden.


    Gerade ist außer Täublingen und Kartoffeln nicht so viel los im Wald. Ich glaube, ich wende vorerst mich wieder den Flechten zu.


    VG, Martin

  • Hallo Martin, wie Hias schon sagte: einzeln, alt - und, wie ich ergänze, obendrein noch durch Regen stark abgeriebene Hutoberfläche: da fehlen für die Bestimmung praktisch alle wesentlichen makroskopischen Merkmale, und dass der Stiel hohl war und die Farbe vom Stielfleisch... das ist bei einem solchen Zustand absolut nicht mehr aussagekräftig.

    Zur Mikroskopie kann ich dir nur sagen, dass, nach den beiden Fotos der Hymenialzystiden und vor allem der Caulozystiden zu schließen, das keine Art aus der mixtilis-Gruppe sein kann, weil die ganz grundsätzlich eine andere Form der Zystiden haben mit kurzen Hälsen, vor allem eben auch die Caulozystiden, die ich als einzige gut sehen kann.

    Es gibt wenige Arten mit ganz bereiftem Stiel, und zwar aus der xanthomelas-Gruppe, die recht kleine Sporen haben, wie etwa Inocybe antoniniana. Aber irgendwie tau ich den Maßen nicht recht, die du angegeben hast, wenn ich mir das Foto 7b anschaue, da kommen mir die Sporen im Verhältnis zur Zystide doch recht groß vor. Und wie nun die eigentliche Form der Hymenialzystiden ist, seh ich nicht auf den zwei Fotos. Aber, wie gesagt, ich würde mir zum Bestimmen eine schöne frische Kollektion suchen. ;)

    Herzlich Ditte

  • Hallo Ditte,


    vielen lieben Dank für die ausführlichen Erläuterungen!

    Ja, der Pilz ist alt, das, aber vieles andere mehr habe ich kennen können, nicht zuletzt durch deine Erklärungen.

    Insofern hast sich das schon gelohnt!


    Nochmals Danke an alle!


    LG, Martin