Risspilz mit Ähnlichkeit zu I. adaequatum

Es gibt 21 Antworten in diesem Thema, welches 2.237 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Ditte.

  • Hallo liebe Community,


    ich möchte euch gern einen unklaren Risspilz vorstellen. Der zuehli hat ihn gefunden. Nachdem klar war, dass er unklar ist, habe ich Depp ihn mitgenommen. :haue:



    Fundort ist über Kalk, Höhe etwa 550m. Begleitbäume sind Fagus, Quercus, Acer.

    Die Teile sind bis zu 10 cm hoch, wobei die letzten 2cm des Stiels dann um 90° gebogen sind, die Hüte bis zu ca. max. 6cm breit. Mehrere Stiele der Kollektion sind ähnlich geformt. Die Stielfasern sind dann außerdem etwas um die Stielachse gewunden. Der Stiel ist zur Spitze hin grob bereift, teils weißlich, aber auch mit Pigment an den Spitzen.

    Die groben Radialfasern des Hutes liegen bei den jungen FK auf weißlichem Grund. Der Hut ist jung kegelig-glockig und später ausgebreitet bucklig. Farblich zeigen die FK in allen Teilen Töne zwischen braun, ockerbraun und bordeauxrot. Die Hutmitte ist ockergelb. Die Lamellen sind jung schmutzigweiß, später gelbocker-ockerfarben. Die Lamellenschneiden sind dunkler und nicht ganz glatt. Lamellen sind untermischt mit Lamelletten. Der Geruch ist eindeutig spermatisch.


    mikroskopisch:


    Die Sporen sind bohnenförmig mit kleinem Apikulus und messen 9.5 - 11.4 (12) × 6.2 - 7.4 µm, Qe ist 1.6




    Cheilozystiden sind dünnwandig, reichlich vorhanden, septiert, teils mit Schnallen. Das Terminalelement misst im Schnitt 40x10 (bis 50) µm. Die (~2) Subelemente sind kurz, bis zu ca. 10 µm.

    Pigment ist sowohl in Zystiden, als auch Basidien teilweise vorhanden, teils sind derbe Inkrustationen intrazellulär erkennbar, teils sind die Zellen homogen eingefärbt. Die Basidien sind 4-sporig. Pleurozystiden sind nicht vorhanden.




    Caulozystiden sind ebenfalls teils pigmentiert



    Vielen Dank für euren Rat!


    Grüße

  • Hi,


    ich kann dir leider nicht raten, weil ich weder Ahnung von Risspilzen habe, noch Mikrobilder interpretieren kann. Aber ich möchte dir ein Kompliment machen zu deiner Dokumentation: ich finde das sehr übersichtlich und anschaulich gemacht. Die Mikrobilder mit den vorangestellten Erläuterungen könnten einen Lehrbuch entnommen sein. Wie du die Sporen in nebeneinander gestellten Einzelbildern präsentierst finde großartig. Für mich als Anfänger ist deine Dokumentation sehr lehrreich, so kann ich nachvollziehen, wie 4sporige Basidien und Caulozystiden im Präparat aussehen.


    LG Michael

    Schipse (Historie im Profil): 119-15 APR '24 :cursing: =104


    Warnhinweis

    Einmal editiert, zuletzt von Suku () aus folgendem Grund: Rächtschraipunk

  • Hi,


    ich sehe makroskopisch keinen Grund, warum der nicht zu dem I. adaquatum-Komplex gehören sollte.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Hallo Lukas, die Art gehört sicher zum Komplex um Pseudosperma adaequatum, wie Stefan schon sagte, allerdings gibt es hier bei uns zulande drei sehr ähnlich ausschauende Arten, nämich eben P. adaequatum, dann P. rhodiolum und schließlich die neu beschriebene Art P. vinaceum. Die sind sich alle drei mikroskopisch und makroksopisch sehr ähnlich und wachsen leider auch im selben Terrain. (Genetisch unterscheiden sie sich aber stark).

    Also jedenfalls sehen deine Hüte deutlich rosalich überhaucht aus, was für rhodiolum sprechen könnte. Typisch für die häufigste Art, P. adaequatu, sind oft deutlich gegabelte Caulozystiden, ich häng mal zwei entsprechende Bildausschnitte an, du kannst ja mal schauen, ob du solche findest....Herzlich Ditte

  • P. adaequatum, dann P. rhodiolum und schließlich die neu beschriebene Art P. vinaceum.

    Hallo Ditte,


    was mich daran irritiert sind die deutlich dunkel gefärbten Lamellenschneiden und der doch eher wenig obstige und mehr spermatische Geruch. Sind denn das Merkmale, die einen Hinweis geben könnten?


    Beste Grüße Harald

    Zwei Bilder habich auch noch:

  • Lieber Harald, auch adaequatum riecht oft eher spermatisch, die wachsen derzeit bei mir sehr häufig, und ich rieche immer daran. Und dass die Schneiden, der Hut und/oder aber der Stiel teilweise schwärzlich werden können, ist nicht ungewöhnlich.

    Was aber auf deinem ersten Foto wirklich sehr deutlich ist, ist dieses zarte Rosa der Hutoberfläche, was eben für rhodiolum typisch ist, aber teilweise auch bei vinaceum zu beobachten ist, für adaequatum aber eher untypisch ist. Die ist meist mehr oder weniger blass ockerlich außen und nur in der Mitte teilweise später intensiver rosa-rötlich oder rötlich. P. vinaceum hat wenn sie älter ist einen zunehmend intensiv weinroten Stiel, das seh ich bei deiner Kollektion nicht.

    Herzlich, Ditte

  • Hallo zusammen,

    ich hatte gestern zwei Kollektionen aus diesem Kreis. Ditte hatte mir bereits gesagt "leider sind deine Fruchtkörper nass, das heißt die Urfarbe seh ich nicht mehr" und mich auf diessen Forumsbeitrag hingewiesen.


    Der Tipp mit den Kaulos ist Gold Wert. Zwar sah ich zunächst nur einen Wust von langen septierten Monsterzystiden und die Suche nach Verzweigungen war unmöglich


    aber bei einem weiteren Präparat klappte es


    Normalerweise reicht es bei der Suche nach Kaulos ein hauchdünnes Fädchen vom Stiel abzuziehen, aber dann liegen die Zystiden kreuz und quer übereinander. Dann habe ich unter der Stereolupe ein Büschel Zystiden herausoperiert und es wurde besser.





    Interessant ist noch die Tatsache, dass es besonders zur Stielspitze hin auch erweiterte z. T. spindelige Endzellen gab


    Danke liebe Ditte für Deine immer bereitwillige und hochkompetente Hilfe

    LG Karl

    PS Sebastian_RLP schau mal

  • N'Abend allerseits!

    Also, ich habe zwar nur gezupft, nicht operiert, aber dennoch eine große Anzahl an Caulos abbilden können, hier eine Auswahl. Ich habe einige Bilder hochgeladen, weil ich nun gar nicht weiß, was da wie zu beurteilen ist. Geht es um das Vorkommen gegabelter Terminalglieder wie es laut deinem Beispiel verstanden hatte, Ditte, oder wie von Karl gezeigt? Oder geht es um eine Dominanz sogar solcher Caulozystiden? Ich habe explorativ sowohl Gabelungen weiter unten im Subsystem der Caulos gefunden, als auch an den Terminalelementen, aber jeweils nur sehr wenige.


    Ein paar ganz wenige zeigen auch eine Gabelung an den Terminalelementen. Es ist ein nur ein winziger Bruchteil der Caulos:



    Karls Fund ist nun sicher eine andere Art aus der Gruppe aufgund des starken Unterschieds im Aufbau der Caulos? Ist der Aufbau der Caulos bei mir nun ein Argument für oder gegen die eine oder andere Art?

    Weshalb ist diese Gruppe von Inosperma zu Pseudosperma gewechselt btw.?


    Vielen Dank euch allen!


    Lukas

  • Guten Morgen! Lieber Lukas, diese Gruppe ist von Inosperma zu Pseudosperma gewechselt, weil Ditte mit den Gedanken bei einer Pseudosperma-Art war, an der sie gerade gearbeitet hatte und daher Blödsinn geschrieben hat :S .... mit anderen Worten: BITTE schnell vergessen, denn adaequatum, rhodiolum und vinaceum gehören immer noch zu INOSPERMA! (Auch wenn mir diese ganze neue Gattungssplitterei gegen den Strich geht!)


    Was die Caulos angeht, ja, es geht darum, ob viele solcher gegabelten Caulos vorhanden sind und wie die aussehen. Bei adaequatum finde ich die jedesmal auf Anhieb, sie sind also häufig, und das Ganze wirkt irgendwie oft verwurschtelt. Bei rhodiolum gibts die auch, aber vergleichsweise selten, dafür findet man eher solche, wie ich sie jetzt anhänge, und insgesamt ist der Eindruck geordneter.

    Bei deinen neuen Fotos, Lukas, sieht es mir eher so aus, als hättest du nicht ganz oben, also direkt unterhalb der Lamellen gesucht, denn das ist wichtig. So sieht mir das mehr nach schlichten Stielhyphen aus, die allerdings nicht so aussehen, wie die von Karl gezeigten Caulos.

    Also, ich würde bei eurer Kollektion aus der Ferne sagen, cf. rhodiolum und bei Karl cf. adaequatum.


    Bei typischen Kollektionen ist die Unterscheidung schon makroskopisch einfach, ich hänge mal ein Foto eines typischen rhodiolum an, eines adaequatum und eines vinaceum. Aber leider kann adaequatum eben auch mehr rosa aussehen, und, leider!, alle drei Arten wachsen im selben Wald bei denselben Bäumen, häufig bei Fagus/Quercus, jedenfalls bei mir - und dann wirds kompliziert....aber was in der Welt ist, nahe betrachtet, schon einfach?

    In dem Sinne, herzlich, Ditte


    adaequatum:


    rhodiolum:


    vinaceum:

  • SMILE


    Naja, gibt ja auch etliche einfache Arten. Aber ich denke, in vielen Gattungen muss man sich damit abfinden, dass die Dinge längst nicht so einfach sind, wie man dachte. Iss halt so... Bei einer Briefmarkensammlung ist kein Pioniergeist, wie ich es jetzt mal nenne, nötig (denk ich jedenfalls), bei Pilzen schon. Aber genau das macht die Sache spannend (find ich jedenfalls).



  • Bei einer Briefmarkensammlung ist kein Pioniergeist, wie ich es jetzt mal nenne, nötig (denk ich jedenfalls), bei Pilzen schon. Aber genau das macht die Sache spannend (find ich jedenfalls).

    Jaja, da haste natürlich recht. Aber ich weiß gar nicht, ob ich alter konservativer Knochen noch den Pioniergeist in mir wachkitzeln kann.

    Wenn man Pilze in Zukunft nur per Sequenzierung bestimmen kann, wirds halt schwierig und der alte Elias Magnus Fries wird sich im Grabe wälzen.

    Spannend bleibts allemal...


    In diesem Sinne, ich denke man sich sich in Lehesten

    ==Pilz25 Harald

  • Hmm, ich nicht, dass man alles sequenzieren lassen muss, nur dann, wenn man eben die Zeit nicht aufbringt oder aufbringen kann, sich eingehend mit der jeweiligen Gattung zu beschäftigen. Ich denke also, dass man einfach viel mehr in eine bestimmte Gattung eingedacht sein muss, viel genauer hinschauen muss, um mit den wirklich schwierigen Artkomplexen klarzukommen, und da hilft auch der beste Schlüssel nichts. Wenn ich jetzt versuchen wollte eine Orbilia zu bestimmen, würde ich mich schon bei den ersten Schlüsselfragen völlig verirren. Gleiches bei Hebeloma. - Das liegt aber nicht am Schlüssel, sondern an mir. Ich müsste mich erst einmal richtig in die Gattung einsehen, eindenken, viele Kollektionen mikroskopieren und versuchen, einen Blick für die Unterschiede zu bekommen. - Ein einfacher Schlüssel bei schwierigen, artenreichen Gattungen, ist fein für den Anfänger, aber eben überhaupt nicht realistisch.

    Außerdem ist es bei Inocybe (und ich vermute mal auch bei den anderen nun sehr schwierigen Gattungen) so, dass man sich auf gute trockene Kollektionen mit jungen und reifen Fruchtkörpern konzentrieren muss - wo man eben alle nötigen Merkmale zur Verfügung hat. - In der Regel wird man dann zumindest bis zu der engen Gruppe gelangen, zu der die Art gehört. Und dann bleibt es eben bei "aff. sowieso". Ist doch auch was. Wenn man nun weiß, dass es bei adaequatum noch zwei andere Arten bei uns gibt, achtet man automatisch mehr auf die Farbgebung der Fruchtkörper. Und dann bekommt man irgendwann einen Blick dafür. Eine Kollektion vinaceum etwa hatte ich schon vor Jahren gefunden und sofort gesehen, dass die anders aussieht als adaequatum, weil sie eben sehr typisch war.

    Ich weiß nicht mal, ob sich Fries im Grabe wälzen würde oder einer der früheren Artautoren. Vermutlich haben Zeitgenossen von Fries über seine vielen Arten auch schon den Kopf geschüttelt. ABER: Schau dir an, wie ähnlich sich soluta und subcarpta sind, die kann auch ich oft nur sehr schwer auseinanderhalten, dennoch wurden sie schon viel früher als zwei Arten beschrieben. Und zwar ganz ohne DNA-Analyse. Und ich könnte dir noch etliche andere nennen....

    Man muss sich eben nur davon verabschieden, dass man mal eben die auf einem Waldgang gesammelten Pilze einfach so bestimmen kann.

    Ja, bis Lehesten! Ditte

  • Ach, das fällt mir dazu noch ein: Ich hab mir vor kurzem ein wissenschaftliches Buch über Ameisen gelauft, weil ich Ameisen in meinem Garten bestimmen wollte, so nach dem Prinzip: kann ja nicht so schwer sein! Pustekuchen! Dagegen ist das Bestimmen von Inocyben das reinste Zuckerschlecken. Ich bin nicht mal annähernd bis zur richtigen Gattung gelangt, weil schon die ersten Fragen mich komplett überforderten. Und als ich mich dann aufs Bildchen anschauen verlegte, kam jedesmal, wenn ich dachte, klar, die ist es, die sieht exakt so aus wie meine, kam dabei raus, die gibts nur in Island oder so (jetzt überspitzt gesagt). Schließlich hab ichs aufgegeben....

  • Vielen Dank Ditte und Karl!

    Ich habe noch einmal versucht, die Caulos besser darzustellen. Dazu habe ich schon unterm Bino die aus dem Stiel ragenden Elemente ganz oben am Stiel abgezupft und gequetscht, bzw auch versucht mit der Klinge abzuschneiden. Die OP wie Karl sie beschreibt, ist mir nicht gelungen. Leider sind die Teile auch schon nicht mehr ganz frisch und zudem ziemlich abgegrabbelt.



    Die zylindrischen bis keulenförmigen Endzellen sind also nicht die Caulozystiden, sondern die bauchigeren, birnen-, teils flaschenförmigen, teils auch kopfigen?

    Das wird wohl nichts mehr ändern, ist aber auch ein super Ergebnis, Inosperma cf. rhodiolum! Vielen Dank für die tolle Diskussion, das war alles sehr aufschlußreich für mich!

    Zwei allerletzte Fragen: Gehen die drei sehr ähnlichen Arten, die sich aber, wie du sagst, genetisch stark unterscheiden, als I. adaequatum Agg. durch?
    Und eine Sequenzierung wäre hier, wenn diese drei Arten sich stark unterscheiden, auf jeden Fall eindeutig und die ITS würde reichen? Da dieser Fund zu einem kleinen Projekt gehört, könnte man das schon machen. Bloß frisch müsste ich sie wohl nochmal besorgen.


    Beste Grüße


    Lukas

  • Gehen die drei sehr ähnlichen Arten, die sich aber, wie du sagst, genetisch stark unterscheiden, als I. adaequatum Agg. durch?

    Moin Lukas,


    für die Kartierung bleibt aktuell nichts anderes, weil die beiden anderen Arten noch nicht in der TaxRef-Liste enthalten sind.

    Wir können aber auf diesem Wege Frank ( Tomentella) bitten, die beiden Arten aufzunehmen.

    Inosperma rhodiolum (Bres.) Matheny & Esteve-Rav.

    Inosperma vinaceum Cervini, M. Carbone & Bizio


    Beste Grüße

    Harald

  • Hi Lukas, ja, das geht auf jeden Fall mit adaequatum agg. - das ist auf alle Fälle richtig.

    Übrigens fiel mir nachträglich noch ein, dass zwar die vinaceum neu beschrieben wurde, nicht aber die rhodiolum, die ja von Bresadola ist und adaequatum von Britzelmayr, das heisst, beides sind alte Arten, und die haben eben auch schon Unterschiede zwischen den beiden gesehen. Das bestätigt, was ich ja sage, dass die sich, wenn es schöne Kollektionen sind, schon voneinander unterscheiden lassen.

    Ich kann den neuen Fotos der Caulozystiden leider nicht viel entnehmen. Eine Sequenzierung würde sicher Klarheit darüber bringen, ob es nun adaequatum oder rhodiolum ist. An vinaceum glaub ich bei der Kollektion nicht.

    Herzlich, Ditte