Liebe Pilzfreunde.
Nachdem ich euch bereits im April (Teil 1) und Juni (Teil 2) mitgenommen habe in die Wistinghauser Senne, soll es nun mit einem dritten, vorerst finalen Beitrag, weitergehen.
Zum wiederholten Mal waren Meike und Michael mit vollem Einsatz bei der Sache, um die ein oder andere Dungprobe in diesem großartigen Weidegebiet zu sammeln.
Da die Rinderkoppel während des Exkursionszeitraumes mit Jungbullen besetzt und infolgedessen nicht zugänglich war, konzentrierten sie sich auf das Gebiet mit den Exmoor-Ponys.
Aufgesammelt wurde dieses Mal alter, z.T. bereits stark zersetzter Dung. Zwar war dadurch die Artenvielfalt weniger reichhaltig als bei den vorherigen Proben, allerdings konnten drei auf alten Dung spezialisierte Arten entdeckt werden, die bisher noch nicht für das Gebiet nachgewiesen wurden.
Bevor ich zu den Pilzen komme, wollen wir, wie in den vorherigen Beiträgen auch, zuerst einen Blick auf die fleißigen Landschaftsgestalter und Substratproduzenten werfen.
Exmoor-Ponys bei der „Arbeit“.
Taurusrind, eine Abbildzüchtung des Heckrindes mit dem Ziel, sich optisch dem ehemals heimischen Auerochsen (Ur) wieder anzunähern.
Meike & Micheal kommentieren das nächste Bild folgendermaßen.
„Schaut mal in den Rucksack, da gehört schon eine gewisse Schmerzfreiheit dazu...Ponykacke und Brötchen nebeneinander“.
Nun aber zu den Pilzen. Beginnen möchte ich mit Podospora austrohemisphaerica, einer „alten“ Bekannten.
Der Wiederfund dieser bereits in Teil 2 vorgestellten äußerst seltenen Art lässt darauf schließen, dass sie in der Senne einen Verbreitungsschwerpunkt hat.
Ein häufiger Dungbesiedler und ebenfalls in Teil 2 bereits gezeigt ist Schizothecium vesticola.
Charakteristisch sind die kleinen, ein- bis zweizelligen Squamufolien am Perithecienhals (siehe Bild 2).
Für den nächsten Pilz lasse ich einen der beiden Finder zu Wort kommen.
„Neben mir ein Häufchen Dung...Nanu, was sind denn da für kleine weiße Pilzchen drauf. Kurz geguckt, für wenig interessant gehalten und weiter gegangen. Ein paar Meter weiter kam mir Poronia punctata in den Sinn... Also wieder zurück...wo war jetzt dieser Sch...Haufen. Den Blick immer am Boden, bis mir dann irgendwann auffiel wie nah mittlerweile die Ponys waren. Die waren aber wenig interessiert und gingen weiter ihren Dingen nach. Und als ich schon die Hoffnung aufgegeben hatte und einfach wieder weiter wollte, lag der bekannte Haufen plötzlich da.
Fix die Pilzlein unter die Lupe genommen und tatsächlich es war Poronia punctata. Da war die Freude groß.“
Poronia punctata, die Kleinsporige Porenscheibe, war dann auch ein Neufund für die Wistinghauser Senne!
Und erfreulicherweise wurde sowohl die Nebenfruchtform (Anamorphe) als auch die sich aus ihr entwickelnde Hauptfruchtform (Teleomorphe) gefunden!
Beginnende Entwicklung der Perithecien.
Reifer Fruchtkörper mit mehreren Perithecien + Ascus (vier Sporen normal entwickelt, vier unreif bzw. geschädigt).
Ebenfalls neu für die Senne und vermutlich für NRW ist Hypocopra stephanophora. Auch diese Art benötigt aufgrund ihres Fruchtkörperbaues eine längere Entwicklungszeit und wird demzufolge nur an altem Dung gefunden. Typisch sind einzellige, einseitig leicht abgeflachte Sporen mit einer kurzen Keimspalte sowie das Vorkommen mehrerer Perithecien in einem großflächigen Stroma. Die Species ist laut Pilze-Deutschland lediglich mit vier Funden hierzulande bekannt (Sachsen-Anhalt und Thüringen)!
Horizontalschnitt durch das Stroma.
Eine große Überraschung war für mich der Fund eines weiteren Pilzes der Xylariaceae (Holzkeulenartige).
Es handelt sich um Podosordaria tulasnei, an dessen gestieltem Stroma sich im oberen Bereich die Perithecien entwickeln. Sitzt der Fruchtkörper anfangs noch tief im Substrat…
…so schiebt er sich bald wie ein Turm aus diesem heraus und ist dann kaum zu übersehen.
Laut Nordic Macromycetes (Vol. 1, Ascomycetes) kann der Pilz bis 6 cm groß werden, hier waren es nur wenige Millimeter.
Hier ein Schnittbild.
Die Asci sind +/- uniseriat, während die Sporen eine durchgehende Keimspalte aufweisen.
Diesen interessanten Pilz kannte ich bisher nur von Leporidendung (Hase, Kaninchen).
An Dung von Equiden (Pferdeähnlichen) sind mir keine Aufsammlungen bekannt!
Wenn man sich mit den Pilzen auf tierischen Hinterlassenschaften beschäftigt, trifft man hin und wieder auch das ein oder andere Tierchen an.
Meist handelt es sich dabei um Fadenwürmer (Nematoden), Springschwänze, Kugelspringer oder Zweiflügler.
Hier eine winzige Mücke (wegen der wenig geaderten Flügel vermutlich eine Zuckmücke). Im Hintergrund Poronia punctata.
Abschließend ein Kugelspringer (ältere Aufnahme). Sieht gefährlich aus, ist aber völlig harmlos und vor allem total winzig.
Fazit: Bei dieser Aufsammlung konnten 11 Pilzarten an Dung entdeckt werden, von denen fünf neu für das Gebiet waren. Damit erhöht sich die Gesamtartenzahl der bisherigen drei Untersuchungen auf 45 Coprophile! Als Höhepunkte schätze ich ein Pyxidiophora grovei (D-Erstfund), Hypocopra stephanophora und Pseudombrophila ripensis (jeweils neu für NRW) sowie den seltenen Tintling Coprinopsis foetidella, außerdem die bisher wenig bezeugten Arnium macrotheca, Podospora austrohemisphaerica und Sporormia fimetaria. Und natürlich Poronia punctata und Podosordaria tulasnei.
Wie immer danke ich Meike und Michael ganz herzlich für für das Zuschicken der Proben und dafür, dass ich ihre Fotos verwenden durfte.
Mittlerweile sind bereits weitere Exkursionen in das Gebiet geplant und man darf gespannt sein, ob sich auch zukünftig neue Arten einfinden.
Vielen Dank allen, die sich von der Thematik nicht abschrecken ließen und gemeinsam mit uns einen Blick in die Welt der coprophilen Pilze gewagt haben!
Liebe Grüße vom Nobi