Unbekannte koralloide Flechte, P+rot => Kleiner, steriler Thallus v. Cladonia fimbriata

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 1.121 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von KaMaMa.

  • Hallo!


    Folgende sterile Flechte fand ich diese Woche auf Birnbaumborke (Südausrichtung, mittlere Stammhöhe).

    Bei der Einordnung der Flechte in eine Gattung tue ich mich schwer.

    Ich bin mir nicht sicher, wie man diesen Thallus bezeichnen muss, ist er sorediös, isidiös, schuppig, (grob) leprös, koralloid?

    Handelt es sich um Gonizysten? Die Form der Körnchen variiert von schuppig bis kugelig.

    Ich denke, dass die kräftige rote P-Reaktion beim Eingrenzen helfen muss.

    Die Teilschlüssel für sterile Flechten orientiern sich erst nach dem morphologischen Aufbau, was in diesem Fall unübersichtlich ist.


    Der Baum war Teil einer Obstbaum-Alle neben einer Gasstätte kurz unterhalb des Gipfels des Katzenbuckels, eines erloschenen Vulkaschlots im südlichen (Buntsandstein-)Odenwald.

    Auf der Borke des Baumes fanden sich nebe der gesuchten Flechte auch P. acetabulum, H. scalaris, A. punctata, P. tiliacea, L. carpinea, P. tenella etc.

    Zumindest an der Borke der benachbarten Birnbäume ferner P. serrana, P. submontana, P. polycarpa, C. concolor, C. xanthostigma u.a.

    Bild 1 Birnbäume unterhalb des Katzenbuckel-Gipfels (Gipfel 626m)

    Bild 2 U.a. die ockerfarbene H. scalaris war regelmäßig auf der Birnbaumborke zu finden


    Folgendes Borkenstück habe ich als Probe mitgenommen.

    Um diese Flechte dreht sich die Anfrage:

    Farblich erinnert die Flechte an H. scalaris...

    Bild 3 Flechte mit koralloid-isidiös anmutender Oberfläche (Farbe sehr änhlich zu H. scalaris)


    ... ist aber völlig anders strukturiert.

    Der Thallus besteht aus sehr weichen, annähernd kugeligen bis schüppchenartigen Untereinheiten, die sich zu einem schwammig-koralloid-schuppigem (?) Thallus zusammensetzen.

    Ein wie auch immer gearteter randlicher Übergang fehlt, die Flechte endet abrupt.

    Bild 4 Schuppiger Flechtenthallus zuoberst ocker, tiefer grün, zwischen den Schuppen weiß


    Bild 5 Kugelige, isidienartige Strukturen neben schuppigen Strukturen


    Bild 6 Dreifarbiger Thallus (weiß-grün-braun). Die braunen Stellen reagieren P+rot


    Bild 7 Einzelne Algenpakete schimmern durch die Oberfläche


    Der Thallus ist sehr dick (um 1mm), locker-luftig und sehr weich:

    Bild 8 Querschnitt durch Thallus, schwammartiger Aufbau


    Bild 8 Querschnitt durch Thallus, der (wozu auch immer) allmählich in die Höhe zu wachsen scheint.


    Die Tüpfeltests ergeben:

    K+ gelblich, stellenweise braun

    C+/- (gelb)

    P+ rot an den bräunlich berindeten, obersten Thalluspartien

    Bild 9a P+ orange-rot


    Bild 9b einige Minuten später: P+ rot


    Bild 10 C+/- schwach gelb(lich) an einigen Stellen, die mit einem Taschentuch aufgenommene Flüssigkeit färbt den Zellstoff nur sehr schwach gelb


    Die K-Reaktion ist makroskopisch kaum zu beurteilen, weswegen ich sie unter dem Mikroskop wiederholt habe:

    Bild 11 Reaktion mit KOH: K+gelb/rotbraun. Flechte blutet gelb in die Lauge aus. Teile färben sich kräftig orangebraun.


    Erinnert jemanden von euch der Fund an irgend eine bekannte Flechte?


    LG, Martin

  • Nachtrag:


    Ich bin mir sicher, die Lösung gefunden zu haben, die Antwort kann so nahe liegen...

    P+ orange-rot hätte mich gleich stutzig machen sollen! ==Gnolm12

    Auf den Birnbäumen leben auch Cladonien!


    Auf einer anderen Rindenprobe finde ich folgenden kleine Thallus:

    Wiederum ein relativ kleiner Thallus mit genau diesem Habitus, aber jetzt auch mit kleinen Podetien!

    Bild N1 Gleicher Thallus-Typ mit gestieltem, bäunlichem Fruchtkörper

    Reaktionen sind P+ orange-rot, K- (nicht gezeigt).


    Bild N2 Eine Cladonia!


    Bild N3 Habitus und Chemie sprechen für C. fimbriata (gleichmäßig soredlöse Podetien, unberindet)


    Ausgreifte C. fimbriata waren natürlich auch zu finden.

    Bild N4 Feinsorediöse Cladonia fimbriata an bemoostem Eichenstamm knapp über Bodenniveau


    Jetzt weiß ich endlich, wie eine noch kleine und sterile C. cf. fimbriata aussieht! ==Gnolm4 ==Gnolm5


    LG, Martin

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Unbekannte koralloide Flechte, P+rot“ zu „Unbekannte koralloide Flechte, P+rot => Kleiner, steriler Thallus v. Cladonia fimbriata“ geändert.
  • N'abend Martin,

    Jetzt weiß ich endlich, wie eine noch kleine und sterile C. cf. fimbriata aussieht! ==Gnolm4 ==Gnolm5

    ich hab heute bei einer Exkursion auch solche ähnlich aussehenden Exemplare gefunden, in einem Laub-Nadelmischwald, in einem Schlagflur inmitten vom Moos an Wurzelausläufern von Baumstubben. Sehen für mich sehr nach dieser Trompetenflechte aus oder was meinst Du als Mann vom Fach?


    Ich werde sie mir noch etwas näher anschauen. Interessiert mich jetzt.


    LG Marcel





    »Experts do not exist,

    we all are beginners

    with greater or lesser knowledge.«

    Luis Alberto Parra Sánchez

  • Hi,


    so weit ich weiß, gehen Cladonien nur mit DC sicher zu bestimmen. Lasse mich allerdings gerne eines besseren belehren.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Hallo zusammen!


    Cladonia fimbriata würde ich in deinem Fund, Marcel, auch sehen wollen.


    Ein paar Cladonien gehen wahrscheinlich schon (noch) makroskopisch zu bestimmen.

    C. fimbriata gehört meines Wissens dazu.

    Zitat aus Wirth-Hauck-Schultz (Die Flechten Deutschlands, 2013): "C. fimbriata ist an den regelmäßig geformten, trompetenähnlichen, gänzlich fein sorediös 'bestäubten' Podetien recht gut kenntlich."

    Zumindest damals schon rein makroskopisch und noch ohne jede Chemie.


    Natürlich braucht man meist beim Cladonien-Schlüsseln zumindest die Tröpfeltest-Chemikalien zur Hand.

    Dünnschicht-Chromatographie ist aber bei einigen Sippen nötig.

    Das wird sogar im Schlüssel für die Gruppe C. pyxidata/grayi explizit erwähnt ("Ohne chemische Untersuchung nicht bestimmbar.").

    Oder, um zumindest um Chemotypen zu unterscheiden, die teilweise (noch) aber gar keine eigenen Namen haben - das wird sich in naher Zukunft bestimmt noch ändern.

    Grauenhaft wird es sowieso, wenn keine Podetien vorliegen, da lässt man besser gleich die Finger weg.


    Marcel, wenn ich mir die Fotos im Detail ansehe, frage ich mich allerdings, ob sich da nicht womöglich etwas ganz anderes dazwischen gemogelt hat:

    Eventuell der verschollene Grünsporer Novolomoa grinchii mit flockig-bereiftem Stiel und Ringzone.

    Lamellen frei - so frei, dass sie Ausgang haben.

    Hauptsächlich in aufgelassenen Wolpertingernestern gefunden.

    Ich dachte, die kämen nur im tiefsten Bayern vor... g:D


    LG, Martin

  • N'abend Martin,

    Dünnschicht-Chromatographie ist aber bei einigen Sippen nötig.

    ok, ich schick Dir dafür sehr gerne meine heutige Aufsammlung. ^^ ;)


    Aber m.E. spricht wirklich so einiges Makroskopische für diese Art (Cladonia fimbriata). Das Podetium ist hohl, die Oberfläche der Fk. ist fein mehlig, die Blättchen sind eindeutig hellgraugrünlich, und die pokal- sowie gleichförmigen Fk. sind wohl auch arttypisch.


    Wäre mein Perser von dieser Flechte.


    Grünsporer Novolomoa grinchii mit flockig-bereiftem Stiel und Ringzone.

    [...]

    Hauptsächlich in aufgelassenen Wolpertingernestern gefunden.

    Is'n Ding. Kommen die jetzt auch schon hier ins Thüringer Vogtland, wohl noch als invasive Art. Kann denn diese Art auch mit Habitaten der Hanghühner (Gallus gallus conatus)? g:D :gzwinkern:


    LG Marcel

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    Luis Alberto Parra Sánchez

  • Hallo / N'abend miteinander,


    bei einem Abstecher gestern in meinen Hauswald mit einem Gast fand ich auf einem Baumstubben Trompetenbecheriges. Weil wir beide dort aber auf der Suche nach etwas anderem waren und auch schon die Zeit etwas drängte, konnte ich mir diese Flechten gestern nicht weiter anschauen.


    Also bin ich da heute nochmals kurz hin und schaute mir diese kleinen Flechten nochmals etwas genauer und in Ruhe an.


    Ich vermute, dass ich da wieder auf die Trompetenflechte Cladonia fimbriata gestoßen bin, was auch schon von der Ökologie u. dem Habitat gut passen würde, denn meinen Erstfund von dieser Flechtenart hatte ich unweit von dort, in einem Schlagflur-Abschnitt.


    Der Baumstubben mit diesen Kerlchen befindet sich auf einem kleinen offenen Trampelpfad, der nur in die ganz andere Richtung vom ersten Fundort geht/führt.


    Auffallend ist wiederum die durchgehend knäuelig-körnige Oberfläche der Podetien, die dann unmittelbar in Apotheticien übergehen.


    Meine nächste Anschaffung wird dann p-Phenylendiamin sein, damit ich solche Funde auch mal chemisch abprüfen kann.


    Any clues or objections?


    Beste Grüße Marcel






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    Luis Alberto Parra Sánchez

  • Hallo Marcel,


    ein wichtiges Kennzeichen neben der von ganz unten bis in die Becher hinein, durchgängig sehr feinmehlig-sorediösen Oberfläche der Podetien bei C. fumbriata ist der mehr oder minder abrupte Übergang vom Stiel in den Becher.


    Beides scheint mir hier gegeben.


    LG, Martin



    Merke: Fimbriata taugt für sektliebenden Zwergerl, die anderen Becherflechten sind reserviert für die Weissbiertrinker darunter. ==Gnolm17

  • N'abend Martin,

    Merke: Fimbriata taugt für sektliebenden Zwergerl, die anderen Becherflechten sind reserviert für die Weissbiertrinker darunter. ==Gnolm17

    werde ich mir merken, aber da hast Du nur noch nicht die Sektgläser gesehen, die meine Frau hat. Da könnte man Weissbier einschenken. ==Gnolm7


    Für mich ist diese Flechtenart aber somit ab sofort die Zwergensekt-Flechte. ==Gnolm13


    LG Marcel

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    Luis Alberto Parra Sánchez

  • KaMaMa

    Etwas Offtopic zum Schmunzeln:


    Interessant ist auch die Begegnung mit Speisepilz-Sammlern an solch einem Fundort, also wenn man so in der Früh vor einem Baumstubben mit kaum erkennbaren Flechten-Fk. kniet und da durch eine Lupe schaut.


    O-Ton von heute:


    Speisepilz-Sammler: "Was gibt's denn dort Interessantes?"


    Ich: "Flechten."


    Speisepilz-Sammler: "Kann man die etwa auch Essen?"


    Ich: "Vielleicht, aber da möchte ich gerne dabei sein, bis Sie Ihren Korb damit voll haben."


    ==Gnolm7

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  • Ja, genau!


    Preisfrage: Wie viele rote Cladonien muss man wohl für eine Portion "Rote Grütze" abernten? :gkrass:


    Martin