Pilzkenntnisse erwerben…wie?

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 1.354 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Daniel224.

  • Liebe Pilzfreunde,


    es ist vielleicht eine dumme Frage, aber ich möchte gerne meine Pilzkenntnisse erweitern, aber ich komme nicht weiter. Ich lerne hier unheimlich viel, vielen Dank dafür an alle 🥰. Was ich bisher weiss, habe ich aus Büchern oder von meinen Grosseltern (daher weiss ich, welche Pilze ich sicher essen kann).


    Nun stehe ich hier in Pilz-Vielfalt, sammele die essbaren Pilze, die ich sicher kenne (also Steinpilze, Rotkappen, Pfifferlinge etc.). Soweit so gut, aber darüber hinaus kann ich keine Pilze sicher bestimmen, erkennen oder ausfindig machen, um was es sich handelt.


    Ich habe mehrere Pilzbücher, aber es gibt kein Werk, wo ich gezielt nachschlagen kann. Zum Beispiel: Ich finde einen roten Pilz. Was ich noch erkennen kann, sind Lamellen, eventuelle Verfärbungen bei Verletzung oder Luftkontakt. So finde ich aber niemals in einem Buch den Pilz, um ihn näher bestimmen zu können.


    Wie habt ihr euch tiefere Kenntnisse angeeignet, um Pilze sicher bestimmen zu können? Was kann ich noch tun?


    Danke und Liebe Grüsse,

    Toni

  • Hallo Toni,

    Wie habt ihr euch tiefere Kenntnisse angeeignet, um Pilze sicher bestimmen zu können? Was kann ich noch tun?

    Kenntnisse, Wissen u. Erfahrung kommen über die Zeit und insbesondere durch ständige Übung sowie Austausch mit Fachleuten/alten Hasen. Aber letztlich lernt man bei Pilzen nie aus, weil dafür ist dieser Bereich einfach zu groß, manches auch in ständiger fachlicher (mykologischer) Neusortierung, aber dies macht es ja gerade sehr interessant u. spannend, wie ich finde.


    LG Marcel

    »Experts do not exist,

    we all are beginners

    with greater or lesser knowledge.«

    Luis Alberto Parra Sánchez

  • Hallo Toni,


    grundsätzlich haben meine beiden Vorredner natürlich absolut Recht.

    Ich denke, dass du aber schon auch gern ein paar Tipps hättest, wie man dazu besser kommen kann.

    ich bin wie du noch in der Lernphase, vielleicht bringen dir meine bisherigen Erfahrungen etwas.


    Grundsätzlich kommt man irgendwann in eine Sackgasse, wenn man seine Pilzkenntnisse unsystematisch erweitert.

    Sprich, man sollte versuchen, möglichst Ordnung ins Chaos zu bekommen.

    Pilze lassen sich nämlich anhand ihrer Merkmale sortieren, und zwar in zunächst in mehrere große Gruppen.

    Jede dieser Gruppen zerfällt dann wieder in Gruppen, und so weiter, bis man bei einer einzelnen Art angekommen ist.

    Wichtig finde ich, dass man als Anfänger nicht versucht, die wissenschaftliche Systematik zu lernen, sondern dich auf Formgruppen konzentrierst (das, was dabei an System in deinem Kopf entsteht, ist dann soweit von der wissenschaftlichen Systematik nicht weg).


    Ein bisschen machst du das sicher schon: Du betrachtest einen Pilz, und schaust dir, wenn er Röhren hat, nicht sämtliche Blätterpilze durch.

    Wenn du einen Blätterpilz hast, kann man die wiederum unterteilen, und zwar anhand ihrer Sporenfarbe.


    Sinnvoll fand ich für mich dabei, jetzt genau diese Gruppen von "oben nach unten" zu lernen.

    Also erstmal erkennen, ob ein Pilz ein Blätterpilz, ein Röhrling, ein Porling etc ist.

    Dann jede Gruppe betrachten, und dort die nächste Ebene Gruppen lernen: Wenn du weisst, dass du einen Röhrling hast, dann kann das ein "Dickröhrling" im weiteren Sinne, ein "Schmierröhrling" oder etwas Ausgefallenes sein.


    Wichtig ist, dass man nicht versucht, jeden Pilz gleich zu Anfang ganz genau zu bestimmen, da kommt man in den Wald und nicht mehr raus.

    Wenn du einen Blätterpilz sicher erkennen kannst (davon gehe ich aus ;) ), nimm dir als nächstes vor, die Blätterpilze, die du findest, in die einzelnen Sporenfarbengruppen einzuordnen. Und so weiter. So kannst du einen Pilz immer weiter auf kleinere Gruppen eingrenzen.


    Mit der Ordnung hier meine ich übrigens nicht die biologische Systematik mit Ordnungen, Familien, Gattungen usw., sondern Formgruppen.


    Wie kommst du dabei am besten weiter?

    Mir haben mehrere Dinge geholfen:


    - Dieses Poster von Rita Lüder: https://syntropia.de/poster-pi…tik-digital-p-116658.html

    Hier sieht man die einzelnen Gruppen grafisch schön angeordnet. Kritiker werden einwenden, dass die Systematik veraltet ist - stimmt. Die Formgruppen, um die es mir hier geht, bleiben aber bestehen (solange die Pilze sich nicht ändern ;) )

    Das Poster gabs auch mal kostenfrei als PDF irgendwo im Web.


    - Bücher, die genau solche Formgruppensystem lehren.

    Da habe ich meinen Allzeitfavoriten von Rita Lüder: "Grundkurs Pilzbestimmung" . Das obige Poster bezieht sich auf dieses Buch.

    Weiter hast du Glück, dass eben ein meiner Meinung nach sehr gutes (wenn auch nicht billiges) Werk von Winkler erschienen ist: "Pilze Mitteleuropas".

    Für Porlinge komme ich mit Dörfelt: "Die pileaten Porlinge Mitteleuropas" sehr gut zurecht.


    - Pilzkurse: Ich hatte vor einigen Jahren einen 5-tägigen Kurs an der VHS Schrobenhausen mitgemacht, den ich sehr empfehlen kann, wenn die Möglichkeit dazu besteht. Ich denke, dass es aber mehr oder weniger Deutschlandweit da gute Kurse gibt. Vielleicht kann dir da ein anderer Forist mehr dazu sagen.


    - Langsam vorwärts gehen: Ich versuche bei jedem Gang in der Natur, ein bis zwei Pilze mit heimzubringen, und soweit zu bestimmen, wie möglich. Manchmal komme ich nur zu "Weisssporer", letztens hatte ich ein paar Wiesenpilze, die gar nicht gesport haben - da bin ich nicht mal bis dahin gekommen. Manchmal komme ich ziemlich sicher bis auf eine Art. Ahaerlebnis dieses Frühjahr waren beispielsweise einige Trichterlinge, wie ich dachte. Nachdem ich sie mit heim genommen hatte, zeigten sie aber rosafarbenes Sporenpulver und ich konnte den ziemlich sicher bis zum Mehlräsling bestimmen.


    - Nicht entmutigen lassen: Wenn du wie oben auf Mehlräsling kommst, und du andere nach Bestätigung frägst, wirst du oft Sachen wie "Das ist aber gar keine Art, sondern ein Artenkomplex" hören. Ignoriere das, freu dich, dass du das Ganze auf einen "Artenkomplex" eingrenzen konntest. Und wenn es einmal nur "Weisssporer" ist, ist das ja auch ein Erfolg.

    Viele Pilze lassen sich ohne zusätzlichen technischen Aufwand nun mal nicht genau bestimmen. Oder dir fehlt eben noch die Erfahrung zu wissen, wie genau "spermatisch" riecht.


    Daneben lohnt sich jeder Kontakt mit Leuten, die sich besser auskennen, als man selbst natürlich. Die Mitgliedschaft und rege Teilnahme von Veranstaltungen von Pilzvereinen hilft da ungemein. Auf einem der Vereinsabenden wurde bspw. auch mal ein Risspilz vorgelegt - so habe ich gelernt, wie ein "spermatisch" riechender Pilz riecht.


    Im Winterhalbjahr gab es daneben die letzten Jahre auch immer "Onlinevorlesungen" der ÖMG und BMG, die sehr zu empfehlen sind - im Winter hat man ja eh sonst nichts zu tun ausser vielleicht ein paar Porlinge zu bestimmen ;)


    Das war viel Text, ich hoffe, er ist verständlich, nicht zu konfus und abschweifend, stellt keine zu kontroversen Theorien auf ;) und wird dir im Idealfall noch etwas helfen.


    Viele Grüße

    Michael

  • Danke, Vidar…vielen, vielen Dank für deine Mühe. Das war sehr, sehr hilfreich!


    Liebe Grüsse,

    Toni

  • Hallo Toni,

    es ist neulich ein Buch herausgekommen, das deine Fragen meiner Meinung nach zu 100% abdeckt: GUTHMANN/HAHN, Die Pilze Deutschlands. Ich habe es letzte Woche von vorn bis hinten durchgelesen. Dieses Buch solltest du dir unbedingt anschaffen, es ist nicht ganz billig, aber wirklich gut.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Hallo

    Ich vermute, dass es hier mehr um Speisepilze geht. Und um die giftigen "Verwechseler", die gehören unbedingt dazu! Da ist es immer ideal, mit einer Pilzführung durch erfahrene Sammler oder PSV praktische Kenntnisse zu erwerben. Bücher sind aber auch sehr sinnvoll.

  • Hallo

    Ich vermute, dass es hier mehr um Speisepilze geht. Und um die giftigen "Verwechseler", die gehören unbedingt dazu! Da ist es immer ideal, mit einer Pilzführung durch erfahrene Sammler oder PSV praktische Kenntnisse zu erwerben. Bücher sind aber auch sehr sinnvoll.

    Moin Uwe,


    ja, bisher ging es nur um Speisepilze, aber von Jahr zu Jahr bin ich faszinierter von dieser Art, der Vielfalt. Ich möchte einfach gern wissen, welcher Pilz da vor mir steht, ob essbar oder nicht.


    Pilzverein werde ich mal schauen, vielleicht findet sich ja was.


    Liebe Grüsse,

    Toni

  • Hallo Toni,

    es ist neulich ein Buch herausgekommen, das deine Fragen meiner Meinung nach zu 100% abdeckt: GUTHMANN/HAHN, Die Pilze Deutschlands. Ich habe es letzte Woche von vorn bis hinten durchgelesen. Dieses Buch solltest du dir unbedingt anschaffen, es ist nicht ganz billig, aber wirklich gut.

    FG

    Oehrling

    Moin,

    vielen Dank auch von mir für deinen Buchtipp. Werde ich mir auch unbedingt mal anschauen. Fachliteratur kostet eben etwas, da steckt auch eine große Menge Arbeit dahinter.


    LG

    Daniel