Alter Perlpilz? Nein! => Amanita porphyria

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 1.369 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Proletus Edulis.

  • Hallo!


    Beim Gang durch einen fichtendominierten Waldabschnitt mit moosigem Boden und buschigem Unterwuchs fand ich eine einzelne, ältliche, weißliche Amanita, mit hell bräunlicher Huthaut ohne Schuppung, die ich zum Bestimmen mitnahm.

    Bild 1 Waldabschnitt mit Fichtendominanz


    Bild 2 Pilzfund: Amanita voll aufgeschirmt, Hut ohne Flocken (ev. abgewaschen), Rand schwach gerieft


    Nachdem ich das Moos vorsichtig beiseite gedrückt hatte, wurde ein Stiel mit Ring erkannbar:

    Bild 3 Seitenansicht; oberer Stielabschnitt mit Ring, im Moos liegen links vom Stiel Fetzen, verm. Ringreste.


    Beim Haraushebeln aus dem Untergrund tauchen lappige weiße Häute auf, die ich erst für Fetzen eine Volva hielt, aber ev. doch zum Ring gehören.

    Leider ließ ich diese Fetzen unbeachtet liegen.

    Im Bild 4 sind diese Fetzen noch zu erkennen.

    Bild 4 Amanita ausgegraben, Basis knollig mit rübenartiger Spitze, oberer Stielabschnitt wirkt hellgrau genattert


    Bild 5 Ein leichtes Röten an der Stielbasis!


    Mit der Zuordnung von Gerüchen habe ich es nicht so.

    Meine Frau riecht einen süßlichen Geruch, ich denke an Kartoffeln und rieche promt frische, junge Kartoffeln - nicht aber muffigen Kartoffelkeller.


    Weitere Bilder im Tageslicht aufgenommen.

    Bild 6 Etwa 15cm hoch, Stiel dünn (< 1cm), Hut 8cm Durchmesser, Zwiebelknolle 2cm breit

    Der Ring hängt unter dem oberen Stielfdrittel.


    Bild 7 Die Ringmanschette ist gerieft! Der Stiel oberhalb hellgrau genattert.

    Der Stiel ist ganz oben gerieft, bzw. Lamellen mit feinem Zahn herablaufend.


    Bild 8 Knolle mit rübenartiger Wurzel, angebrochen. Das Röten (Bild 4/5) ist mittlerweile verschwunden und kommt auch nirgend neu.

    Der Untere Stielbereich ist dunkler als oben, mehr grau als weißlich


    Bild 9 Blick auf Lamellen - Lamellen nicht wirklich frei, sondern sehr, sehr dünn bis Stiel weitergehend und dort herablaufend


    Bild 10 Hutoberseite mit cremebrauner Färbung, Rand leicht gerieft


    Bild 11 Sporen farblos, tropfenförmig, 8-9 x 6-7 µm groß


    Ich habe eine Weile gerätzelt, was hier vorliegen könnte - bis mit das schwache Röten an der Stielbasis auf den Aufnahmen im Wald auffiel.

    Könnte es sich um einen alten Perlpilz handeln, der nur sehr wenig rötet, wie ich vermute?


    LG, Martin

  • Servus Martin,


    vorneweg, ich bin selbst noch Anfänger, aber ich arbeite gerne an Bestimmungen mit, weil ich dabei auch viel lerne 😊


    Für mich spricht gegen einen Perlpilz, dass der Ring nicht sehr deutlich gerieft ist (zumindest auf dem Photo), und dass keinerlei Rötung an der verletzten Stelle überhaupt des Ringes erkennbar ist.


    Ein Schnittbild hätte hier wahrscheinlich schnellere Klarheit gebracht was Rötung und Madenbefall angeht.


    Einen Kandidaten, den ich gerne mit in den sprichwörtlichen Ring werfen möchte, ist der amanita eliae (Isabellfarbener Wulstling).

    Folgende Merkmale sprechen dafür:


    Lachsrosa Schein zwischen den Lamellen

    Lamellen frei/fast frei

    Stiel jung auf ganzer Länge bräunlich schuppig-flockig

    Hutand deutlich gerieft

    Knolle mit nur geringer Verdickung

    Ring häutig+flüchtig, oft oberhalb leicht gerieft


    Was dagegen spricht:

    eigentlich im Laubwald zu finden, aber auf Deinem Photo sind ja auch Buchen und junge Laubbäume.


    Bin mal gespannt, was die Experten sagen.

  • Hallo Martin


    Ich bin zwar alles andere als ein Experte, aber meine Idee war hier Amanita porphyria. Ob die Mikromerkmale passen, habe ich jetzt nicht geschaut, ich habe nur makroskopisch beurteilt. Bin auch schon gespannt, was die Experten meinen.


    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Hallo, ich würde ebenfalls für den Porphyrbraunen plädieren.


    VG Ulla

  • Hallo Proletus Edulis, Benjamin, ibex und Ulla, lamproderma !


    Vielen Dank für die wertvollen Anregungen, denn die beiden Pilzarten, die ihr nennt, hatte ich nicht auf dem Schirm.


    Noch eine Anmerkung vorneweg:

    Ich kann mit Lugol keine Amyloidität der Sporen nachweisen!

    Das liegt aber vermutlich am Testen mit Lugol.

    Ich hatte bereits getestet und vergessen das Ergebnis anzugeben.

    Da A. rubescens, A. porphria und selbst A. eliae amyloide Sporen haben sollen, habe ich den Objektträger nochmal aus dem Abwurfgläschen gefischt und mit den verbliebenen Sporen den Test nochmals mit 3 Tropfen Lugol wiederholt: a-b-s-o-l-u-t negativ: die Sporen sind in Lugol inamyloid, kein Hauch von Blau oder Violett.

    Es könnte am Lugol liegen, ich glaube, die Pilzler testen immer mit Melzers oder Baralscher Lösung.

    Mit Lugolscher Iod-Lösung habe ich auch bei der Dekoration von Täublingssporen echte Probleme.

    Würde ich also nicht zu ernst nehmen... :gkopfkratz:


    A. rubescens war mehr eine Verzweiflungs-Idee, weil mir nicht besseres einfiel und der Pilz hier sehr häufig vorkommt - wenngleich seine Hochzeit schon einem Monat zurückliegt.

    Zudem könnte auf dem Bildern eine, wenn auch ganz schwache, Rötung/Bräunung vorliegen.

    An anderen, sonst typischerweise rötenden Stellen, fehlt die Rötung, ein starkes Gegenargument!


    Zu A. eliae recherchiere ich: er hätte deutlich längere, verm. ellipsoide Sporen (10-13 x 6-8), damit sollte er eigentlich schon ausscheiden, oder?

    Er kommt - wie du, P. edulis, schon schriebst - eher an bei Laubbäumen, ev. auch an Kiefer, vor.

    Der Geruch sollte unbedeutend sein, mein Fund riecht eher intensiv süßlich, kartoffelig.

    Die Lamellen sollten ferner über den Hutrand kammartig (!) hervorstehend sein - das ist hier meiner Meinung nach nicht der Fall.

    Zudem gilt diese Pilzart auch noch als selten.


    Prinzipiell scheint A. porphyria erst mal besser zu passen:

    Tatsächlich sind allerdings rundliche Sporen angegeben, die Abmessungen könnten grob passen.

    Gehen die tropfenförmigen Sporen in Bild 11 als rundlich durch?

    Ansonsten soll A. porphria eine dicke, zwiebelartige Knolle ohne Spitzchen (nicht rübenartig) haben.

    Mein Pilz hatte eindeutig ein Rübenspitzchen unter der schlanken Knolle (Bild 6+8).

    Abgesenen von der spitzigen Knolle passt eigentlich alles, von sauren Boden unter Fichten bis hin zu Hutfärbung, schwach geriefter Ring, etc. - sogar der Kortoffelgeruch würde passen.

    Zudem gilt der Pilz als häufig und gemäß dessen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von mir findbar, lt. DGfM in meiner Gegened sogar kartiert.

    Vielleicht hat noch jemand eine weitere Idee, die ich prüfen könnte, ansonsten lege ich den Fund als A. cf. porphyria ab.


    Vielen lieben Dank für eure Beiträge, jeder davon ist lehrreich für mich!


    LG, Martin

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Alter Perlpilz?“ zu „Alter Perlpilz? Nein! => A. cf. porphyria“ geändert.
  • Hallo Martin,


    m.E. kannst Du das "cf." weglassen, schon allein vom Makroskopischen her. Der Perli ist zwar mordsvariabel, aber einen soo langen + dünnen + grau genatterten Stiel hat der nicht. Und der Isabelfarbene ist ein deutlich stattlicherer Pilz. Erst gestern fand ich eine ganze Menge Prophyrgraue in einem saueren Fichtenjungforst – die sahen aus wie Deiner, nur noch ein bisschen jünger, manche mit Velumresten (grauen Flocken) auf dem Hut, manche auch oben kahl.


    Viele Grüße – Rika

  • Hallo Rika,


    wenn das also so sicher ist, streiche ich das confer natürlich gerne.


    Vielen Dank,

    Martin

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Alter Perlpilz? Nein! => A. cf. porphyria“ zu „Alter Perlpilz? Nein! => Amanita porphyria“ geändert.
  • Hallo,


    ja, der Porphybraune kommt dieses Jahr auch sehr, sehr häufig vor. Quasi überall, wo ich Pilze fand, steht er auch mit herum. Und wenn er im Moos wächst, dann wird der Stiel auch so lang, wie in Deinen Bildern zu sehen.


    Grüße,

    Steffen

  • Hallo Steven,


    die Frage, die sich da auftut, ist, auf welchen Reiz der Pilzfruchtkörper da im Moos reagiert und sich stärker steckt.

    Verfügt er über chemische (Anwesenheit bestimmter Nachbarpflanzen über best. Moleküle im Boden), taktile oder gar optische Rezeptoren irgendwelcher Art, um zu erkennen, wann der Hut oberhalb der umgebenden Moos/Krautschicht steht?


    Grüße, Martin

  • Hallo Martin,


    gute Frage, woran der FK das merkt. Sicherlich, ist nur meine Vermutung, spielen viel Faktoren mit.


    Fest steht, die FK wollen möglichst über den Bewuchs hinausragen, damit die Sporen weggeweht/verteilt werden können.

    Das sieht man z. B. auch beim Maronenröhrling, wenn der im Moos oder Gras wächst, die Stiele sind erstaunlich lang.


    Grüße,

    Steffen