Täublinge

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  • Hallo!


    Im Wald ist gerade nichts los, weil seit zu langer Zeit kein Regen fällt.

    Ich gestern war mal in den Bergen oberhalb des Neckarbeckens unterwegs, wo Sandstein ansteht und der Boden sauer ist.

    Eichen-Rotbuchen-Hainbuchen-Laubwald mit vielen eingestreuten Kiefern und Lärchen.

    Bild 1


    Jede Menge Scleroderma citrinum - Funde inkl. Pseudoboletus parasiticus sprechen für den sauren Boden!

    Bild 2 Doppel-Erstfund und Nachweis für saueren Boden:

    Scleroderma citrinum (Sporen unterbrochen netzig ornamentiert, Peridie sehr dick um 1cm, kein Scheinstiel) mit parasitischem Röhrling Pseudoboletus parasiticus ==Gnolm11



    Gefunden habe ich ferner einige wenige Täublinge:

    Vielleicht hab jemand Lust, die drei Funde anzuschauen, bei ersten und dritten der Täublinge konnte ich ein Bestimmung durchführen, bei der zweiten Art bin ich ahnungslos.

    Die Sporenbilder erspare ich euch, mit Lugol bekomme ich das Ornament nicht kontrastreich eingefärbt.



    1) Russula velenovskyi - Die Bestimmung halte ich eigentlich für schlüssig:
    In einem Bereich mit Birken fanden sich Exemplare von mittelgroßen, weinroten Täublingen mit oranger Hutmitte.

    Größe: 8cm Höhe und Hutdurchmesser, Stiel 1,5-2cm dick.

    Auffällig sind die roten Lamellenkanten am Hutrand!

    Auch der Stiel zeigt an der Basis stellenweise schwachen Rotschimmer, KOH-.

    Der Stiel ist weich, im Inneren markig gefüllt.

    Das Mark rollt sich beim Schneiden - wie bei einer frischen Semmel - zu einer Kugel zusammen.

    Der Pilz riecht unauffällig (nicht unangenehm) und schmeckt mild.

    Das Sporenpulver ist orange-gelb (hätte ich bei diesen Lamellen viel heller erwartet).

    Die Huthaut ist weit abziehbar und deckt darunter rötliches Pilzfleisch frei.

    In der Huthaut befinden sich um 100µm lange, rötlich gefüllte Dermatozystiden.

    Das Sporenornament ist deutlich und leicht netzig verbunden, etwa A2/A3.

    Sporengröße: 7,5-8,5 x 5,8-7 µm²

    Die Lamellen sind sehr spröde und splittern sofort.

    Ich möchte deshalb Russula velenovskyi, den "Ziegelroten Täubling" vermuten.


    Bild V1 Rote Russula bei Birken, Eichen, etc.


    Bild V2


    Bild V3 Rote Lamellenkanten, crmeweiße Lamellen


    Bild V4 Sporenabwurf gelb-orange, Stiel rötlich


    Bild V5 Rot gefüllte Dermatozystide



    2) Unbestimmter Täubling

    Ein ganzes Stück weiter fand ich einen sehr kleine, fuchsbraune Russula auf der Rückegasse.

    Rotbuchen und Eichen umher, sehr nah bei den Kartoffelbovisten (Bild 2) und der Russula cf. ionochlora (s.u.) gefunden.

    Geruch unauffällig, Geschmack mild.

    Größe: Hutdurchmesser nur 4cm, Pilzhöhe ebenso 4cm.

    Huthaut matt, trocken.

    Auffallend sind die weichen, geschmeidigen, cremefarbenen Lamellen. Sie splittern kaum, sondern biegen sich unter den Fingern.

    Das Sporenpulver ist creme-weiß (ich schätze Ib).

    Das Sporenornament besteht aus ganz schwach vernetzten Warzen, (B2?).

    Sporengröße: 6,8-8,3 x 6,0-6,5 µm²


    Hier komme ich auf keine passende Täublingsart.

    Die weichen Lamellen sollten vermutlich stark eingrenzen.

    Muss ich die Huthaut mikroskopieren?

    Bild B1 Brauner Täubling auf Waldweg


    Bild B2 Lamellen creme-weiß und weich, nicht splitternd


    Bild B3


    Bild B4 Hut im Tageslicht


    Bild B5 Sporenpulver



    3) Russula ionochlora

    Ein paar Meter weiter finde ich ein Einzelexemplar eines frisch umgestoßenen Pilzes, eine Russula mit schwarz-violetter Huthaut.

    Der Pilz interessiert mich schon wegen der sehr dunklen Huthaut, im Wald wirkte sie schwarz.

    Eichen und Rotbuchen stehen in der Nähe.

    Der Pilz hat mittlere Größe: der Hut hatte um 8cm Durchmesser , der Stiel misst 8cm Länge und 2cm Dicke.

    Flache Fraßstellen am Hut sind violett gefärbt.

    Huthaut glänzend glatt und dreckverklebt.

    Geruch unbedeutend, Geschmack mild.

    Die Lamellen sind cremeweiß, ohne untermischte Lamelletten und sehr brüchig.

    Die Huthaut lässt sich weit abziehen (>50%) und gibt violettes Fleisch frei.

    Der weiße Stiel ist schwammig weich.

    Das Sporenpulver ist weiß bis ganz hell cremefarben (Ia/Ib).

    Das Sporenornament ist deutlich verbunden, ich würde B2/B3 schätzen.

    Sporengröße: 8,0-9,0 x 6,5-7,0 µm²

    Trotz aller fehlender Grüntöne und der überaus dominanten "Violettnote" komme ich beim Schlüsseln zu R. grisea / R. ionochlora.

    Da R. grisea eher größer sein soll und dunkleres Spp haben soll, tendiere ich zu R. ionochlora - ob's stimmt?


    Bild I1 Umgestoßene Russula


    Bild I2 Huthaut dunkelviolett, Fraßstellen violett, Lamellen cremeweiß und spröde, Huthaut dreckverklebt


    Bild I3 Stelle nach Abziehen der Huthaut


    Bild I4 Sehr helles Sporenpulver


    Ob zumindest eine Bestimmung zutrifft?

    Täublinge finde ich zunehmend spannend!


    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    die Bestimmung zu 1. mit R. velenovskyi erscheint mir schlüssig, wobei ich mit "Das Sporenpulver ist orange-gelb" nichts anfangen kann, lieber wäre mir die Angabe mit der Romagnesi Farbbezeichnung gewesen.

    Der nächste Schritt wäre bei mir die Überprüfung sind denn die Dermatozystiden incrustiert?


    Bei deinem 2. Täubling könnte ich mir wegen der Bereifung des Hutes (dein Bild B1) gut R. velutipes vorstellen, auch die rauhe-beflockte Oberfläche auf Bild B3 suggestiert mir das. Ob dieser Arbeitsname stimmt, müsste eine Sulfovanillin Probe (EDIT: auf dem Stiel) gemacht werden, dies färbt dann hell eosinrot an. Dass dieser Täubling incrustierte Primordialhyphen haben kann, zeigt die Bereifung des Hutes an.


    Dein 3. Täubling bei Eiche kann gut R. atropurpurea sein. Ist zwar schwach schärflich, ich merke davon allerdings auch selten was.

    Vergleiche mal mit dem.


    Natürlich ist das nur mein Eindruck nach den Bildern und bestimmt meldet sich noch ein weiterer zu deinem Thema.

    Versuche immer soviel makroskopische Information zu erfassen wie es geht, erst dies zeigt dir den Weg weiter...

    Toll, dass sich immer mehr Täublings-Interessenten einfinden


    Grüsse

    claus

  • Hallo Claus,


    vielen Dank für deine Antwort!

    Das hilft sehr.



    ad 1)

    Es freut mich, mit R. velenovskyi vermutlich richtig zu liegen. :gbravo:



    ad 2)

    R. aurora/velutipes ist eine gute Idee, der Pilz sieht recht ähnlich aus und soll tatsächlich weiche Lamellen haben.

    Einen einwärts gebogenen Hutrand glaube ich auch sehen zu können.

    SV habe ich leider nicht im Sortiment, kann ich also nicht testen.

    Mittlerweile sind die Pilze ohnehin knochentrocken.

    Interessant ist vielleicht die frische Stielbasis im Wald, als der Stiel noch nicht berührt war.

    Er soll eine "netzflockig bepuderte Stielspitze" (Wikipedia) haben.

    Mit dem Begriff kann ich nichts anfangen.

    Bild B6 Brauner Täubling direkt nach Auslösen aus Substrat noch mit stark fasrigem Stiel



    ad 3)

    Da bin ich ein wenig enttäuscht, mit dem mutigen Tipp - trotz tief violettem Hut ohne Grüntöne - auf R. ionochlora falsch zu liegen.

    Ich war u.a. auf diese Idee gekommen, da neben den anderen von mir angegebenen, zur R. ionochlora passenden Merkmalen, insbesondere das Fleisch unterhalb der Huthaut violett ist. :gkopfkratz:

    Das stand in der Übersichtstabelle (Lyschik) und im hiesigen Russula-Feldschlüssel von Bernd nur bei wenigen Arten und bei R. atropurpurea wird dieses Merkmal gar nicht erwähnt - oder ist das trivial und nicht erwähnenswert?

    R. atropurpurea agg. passt natürlich schon vom Namen her prima, allerdings hatte ich gar keine Schärfe feststellen können.

    Das kann aber an den Wasabi-Nüssen gelegen haben, die ich nicht allzulange zuvor gegessen hatte. :gzwinkern:

    Er soll ja auch schwarzviolett daherkommen!



    Die Farbwerte nach Romgnesi für das Sporenpulver kann ich leider nicht angeben, da ich die entsprechende Tabelle nicht habe.

    Was ich versucht habe, war ein Vergleich mit den Farben im Pilzrad in FoTE.

    Ob das was bringt, weiß ich nicht, ich kann es aber mal einstellen, vielleicht hilft das.

    Falls du auch das (gedruckte) Buch haben solltest, und die Exemplare alle identisch gedruckt sind, wäre so ein objektiverer Vergleich mit realen Farben denkbar.


    LG, Martin


    Sporenpulver auf farbtafelartigen Vergleichsbildern:

    Bild V6 Sporenpulver zu Russula 1 (R. velenovkyi) auf Pilzrad aus FoTE


    Bild B7 Sporenpulver von Pilz 2 (ev. R. velutipes) auf Pilzrad aus FoTE


    Bild I5 Sporenpulver von Pilz 3 (ev. R. atropurpurea) auf Pilzrad aus FoTE

  • Interessant ist vielleicht die frische Stielbasis im Wald, als der Stiel noch nicht berührt war.

    Er soll eine "netzflockig bepuderte Stielspitze" (Wikipedia) haben.

    Mit dem Begriff kann ich nichts anfangen.

    Hallo Martin,


    nochmals zu Pilz Bild 2, zum Begriff für "netzflockig bepuderte Stielspitze" füge ich dir mal das folgende Bild ein.

    Im günstigsten Fall sieht man so einen "flockigen-rauhen" Stiel, hier ausnahmsweise auch gleich ein "bereifter Hut" mit dabei


    natürlich kann beides auch komplett fehlen, dann hilft bei einer Vermutung wie im nächsten Bild das Sulfovanillin auf dem Stiel.


    Das war aber nach deinen Bildern her nur reine Spekulation von mir, du hattest den Pilz in der Hand, nicht ich.

    Du siehst wie wichtig es ist, die Makromerkmale eines Fundes zusammen zu tragen, inklusiv möglichem Baumpartner.


    Nach dem Sporenabwurf beginnt das Bestimmen, da hilft das "Pilzrad in FoTE" mit seiner Farbspanne vielleicht in eine Gattung zu kommen, aber für eine Artbestimmung per Bestimmungsschlüssel ist zwingend der Romagnesi-Farbcode erforderlich, egal in welchem Buch.

    Da hilft kein creme/ocker/gelb weiter.


    Ich finde die PDF-Übersichtstabelle (Sebastian L.) und den Russula-Feldschlüssel (Bernd) sehr hilfreich, evtl. Voraussetzung: Romagnesi-Farbcode.


    Viel Erfolg weiterhin


    claus

  • Hallo Claus,


    vielen Dank für das Foto zum Erklären des flockig-Frauen Stiels und die erläutern Worte.


    Ich weiß, dass die von dir genannten Pilzarten nur Vorschläge zu meinen Funden sind und die richtige Bestimmung ausschließlich von mir, den Finder durchgeführt werden kann.

    Trotzdem sind solche Vorschläge sehr hilfreich für Lernende, wie mich.


    Eine Farbtabelle mit dem Romagnesi-Code versuche ich zu finden, er scheint sehr hilfreich in der Kommunikation über die Farbnuancen der Täulingssporen zu sein. Ohne ihn wird es schnell umständlich.


    LG, Martin