Squamarina cartilaginea - knorpelige Schuppenkruste

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 553 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von KaMaMa.

  • Servus zusammen,

    letzens habe ich seit langer Zeit mal wieder eine Flechte eingesteckt. Sie lachte mich auf dem "Gipfel" eines Riffkalkfelsens im oberpfälzer Jura an und war so auffällig, dass ich einen Bestimmungsversuch wagen wollte. Der Standort war vollsonning, Wind-, Regen- und Schnee- exponiert. Ein Flechten Wellnessort also...



    Der Thallus war ca 3-4x10cm, pastellgrün, lappig und jung weiss berandet. Aufgrund der Dicke, leichten Brüchigkeit und bogenförmigen Wuchsform vermute ich, dass er schon älter sein müsste. Wie viele Jahre so ein Thallus einer Krustenflechte werden kann weiß ich aber nicht- weiß das jemand von euch?



    Die Apothecien sind hell- bis fuchsbraun, jung ebenfalls weiss-, alt schwarz berandet. Abgestorbene Apothecien schwärzend. Bis 3-4mm.





    Will man Flechten bestimmen kommt man um den Tüpfeltest nach Wirth nicht herum. Klingt trivialer als es ist, muss ich sagen.


    Man sieht keine Reaktion bei K und C und eine Gelbfärbung bei P (in den ersten Minuten hatte sich nichts gezeigt, das Foto ist erst nach 10min aufgenommen worden und ist somit wohl ungültig, weil die Rx rasch auftreten muss?)


    Auf den Thallus ein paar Tropfen der Chemikalien aufzutragen ist nicht ja nicht schwer, aber es wird auch der Test des "Marks" verlangt...

    Dank KaMaMa weiss ich nun: um an das begehrte Mark zu gelangen muss die ganze Algenzucht weg, darunter liegt das Hyphengeflecht aka Mark.

    Mein Plan einen schönen Schnitt durch einen Thalluslappen zu machen und dann unter dem Mikroskop die Reagenzien durchzuziehen musste ich wegen der Bröseligkeit leider verwerfen.

    Zum Glück ist mir bei der Aktion ein Lappen aber so schräg zerbrochen, dass Mark freigelegt wurde- worauf ich natürlich gleich losgetüpfelt habe.


    Hier trat die Rx bei P sofort schwefelgelb auf, die K und C blieben weiss. Man sieht oben rechts die grüne Algenschicht.

    Damit scheidet Squamarina lentigera aus, die sich auf P negativ verhält.


    Mikroskopisch haben Flechten auch durchaus was zu bieten finde ich.

    Apothecienquerschnitt in Wasser:



    Plantage rundlicher (Grün-)algen


    Richtig bunt wirds mit Lugol, da färbt sich das gesamte Hymenium blau:



    Sporen glatt mit ca 15 etwa gleichgroßen Vakuolen


    (12.2) 14.3 - 16.4 (16.6) × (5.6) 5.7 - 6.4 (6.7) µm

    Q = (2) 2.1 - 2.7 (2.8) ; N = 10


    Die knorpelige Schuppenkruste ist wohl ein typischer Vertreter auf exponierten Kalkfelsen tieferer und mittlerer Lagen in Süd- und Mitteleuropa, die man geläufig als -Jura bezeichnet.

    Vielleicht wär das mal eine Möglichkeit für Climbingfreak beide Hobbies zu verbinden?


    Viele Grüße,

    Ingo

  • Die knorpelige Schuppenkruste ist wohl ein typischer Vertreter auf exponierten Kalkfelsen tieferer und mittlerer Lagen in Süd- und Mitteleuropa, die man geläufig als -Jura bezeichnet.

    Vielleicht wär das mal eine Möglichkeit für Climbingfreak beide Hobbies zu verbinden?


    Viele Grüße,

    Ingo

    Hi,


    klettertechnisch bin ich fast nur in Sachsen/Böhmen unterwegs. Klettern im Kalk liegt mir nicht so. ;)


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Hallo Ingo,


    herzlichen Glückwunsch zu den schönen Fund!

    Von den Squamarinen gibt es in D-A-Ch offenbar vier Arten. Eine der schönsten hat du wohl nun gefunden.


    Das Problem mit dem Mark hat du also souverän gelöst. Da hilft bei dieser Gattung die hohe Dicke des Thallus mit.

    Die Färbung mit P ist meines Wissens nach relativ beständig, ein paar Minuten warten verändern da nix. Auf die Oberfläche des Thallus trägt man das Reagenz auf, wenn man eine Reaktion des Cortex erwartet und sehen möchte. In deinem Fall braucht es halt so lange, weil nicht der Cortex reagiert, sondern die Medulla tief darunter und erst nach einer ganzen Weile die Verfärbung bis zur Oberfläche hochdiffundiert ist und die Oberfläche färbt. Um zu erkennen, wo die Reaktion stattfindet, hilft eben nur ein irgendwie gearteter Querschnitt, den man dann gezielt untersucht.


    Da fällt mir auf, das ich wieder mal in die Schwäbische Alb fahren sollte, da gibt's auch tolle Flechten.


    LG Martin

  • Servus Stefan,

    Klettern im Kalk liegt mir nicht so. ;)

    Da verpasst du aber was! Ich denke wenn Du Dich mal ein paar Tage darauf einlässt läuft das auch!

    Aber klar mit dem Elbsandstein vor der Tür muss erstmal was landschaftsmäßig mithalten können...



    Danke Martin,

    ich hab mich auch über diese schöne Flechte gefreut und toll, dass sogar die Bestimmung geklappt hat, was für mich eher die Ausnahme sein dürfte.

    In deinem Fall braucht es halt so lange, weil nicht der Cortex reagiert, sondern die Medulla tief darunter und erst nach einer ganzen Weile die Verfärbung bis zur Oberfläche hochdiffundiert ist und die Oberfläche färbt.

    Ja, das habe ich auch vermutet, man sieht auch, dass das Gelb deutlich grünlicher erscheint als beim direkten Test im Mark, weil es eben noch durch die Algenschicht durch muss.


    Da fällt mir auf, das ich wieder mal in die Schwäbische Alb fahren sollte, da gibt's auch tolle Flechten.

    Das glaube ich Dir gerne! Ich war früher hin und wieder dort um "Steine zu klopfen". Also an geologischen Aufschlüssen nach Fossilien zu suchen. Eine sehr schöne Gegend, auch makroskopisch!


    Viele Grüße Ingo

  • Hallo Ingo,


    aus gegebenen Anlass habe ich dein erstes Foto mal genauer analysiert:

    Google Lens erkennt an dem Foto (Suchergebnis mit deinem Foto, bin gespannt, ob das Ergebnis von Dritten so abrufbar ist - probier mal!) die Felsformation "Kletterfelsen bei Schönhofen" / Nittendorf.

    Eine weitere kurze Recherche bei Wikipedia bestätigt meinen Verdacht, dass du da im Dolomit (Delta-/Epsilon- und Bretterdolomit - was auch immer das genau ist) herumgekraxelt bist.

    Dolomit allerorten!


    LG, Martin