Peltigera-Verdächtiger gestellt

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 1.193 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Thorwulf.

  • N'abend an alle Flechten-Freunde/-innen,


    eigentlich hab ich noch genug an Pilzfunden zum Abklären vor mir auf dem Tisch, aber diese Flechte fand ich heute inmitten von div. Wiesenkeulen u. sonstigen Saftlingen und hätte gerne gewusst, was dies für eine Art sein könnte.


    Fundort: ehemaliger Kieselschiefer-Steinbruch

    Habitat/Biotop/Fundstelle: Moosabschnitt im offenen Feld mit Wiesencharakter in einer Abbruchgrube, am Boden

    Weitere Ökologie: Wiese mit div. Saftlingen, im nächsten Umfeld/direkter Nachbarschaft v.a. Keulen


    Ich vermute aufgrund der Fk. und der Fundstelle eine Peltigera-Flechte, und wäre geneigt den Fund arbeitshypothetisch als P. membranacea anzusprechen, vor allem weil ich mit der Lupe feine Äderchen an den Lappen ausmache und die Unterseite dieser etwas heller erscheint. Es käme hier aber wohl auch noch Peltigera canina und vermutlich noch ein paar weitere Peltigera-Arten infrage.


    Wer von Euch Flechten-Kennern (evtl. KaMaMa ) hätte möglicherweise ein paar Ratschläge/Hinweise für mich zur weiteren Aufklärung?


    Danke u. Beste Grüße Marcel







    »Experts do not exist,

    we all are beginners

    with greater or lesser knowledge.«

    Luis Alberto Parra Sánchez

  • Hallo Marcel,


    der Verdächtige ist als Peltigera überführt!


    Du musst jetzt die die Unterseite genau anschauen, dazu möglichst weit bis zur Thallusmitte von Moos etc. vorsichtig freizupfen.

    Hier Rhizinien (Länge, Farbe, Form) und Adern (Farbe, Verteilung, ...) prüfen.

    Natürlich auch die Oberseite kontrollieren: feucht gibt sie einen Hinweis auf die Algenpartner (dunkel/grau Cyanos; grün Grünalgen) und trocken auf Filz mit der Lupe prüfen.

    Hat die Flechte Sorale oder Isidien?

    Apothecien hat sie jedenfalls, das kann man auf den Fotos erkennen.


    Probier doch mal den italienischen Online-Schlüssel aus.

    Der Schlüssel gibt dir vor, was du prüfen musst.


    LG, Martin

  • Hallo Marcel,


    es ist eine Peltigera. Aber eine ganz kleine, man sieht kaum was. Die wachsen sonst gern formatfüllend. Vom Biotop her, kann man P. membranacea wohl ausschließen, die mag es deutlich feuchter als "Kiesgrube". Was man nicht sieht, ob es Adern gibt (unterseitig), und ob die Oberseite glatt ist oder leicht filzig - sie sieht glatt aus, aber wenn man nur so ein kleines Stück hat, ist das schwer zu beurteilen. Die Rhizine würde ich vom Typ her als büschelförmig (fascicular), am Ende auffasernd ansehen. Man erkennt, dass Apothecien wachsen, aber die eine die etwas größer ist, zeigst Du nur von der Rückseite (Bild 1, links am Rand). Jedenfalls welche vom sattelförmigen Typ.


    Vom Biotop her kämen einige Arten in Frage, davon würde ich didactyla ausschließen, die hat eigentlich nur zusammengerollte Apothecien. P. canina hat ganz andere Rhizinen.

    Bleiben P. rufescens (die sollte eigentlich andere Rhizinen haben), P. ponojensis (sehe ich noch nichts, was dagegen spricht), P. monticola (von der ich noch nicht genau weiß, was das ist) und eventuell P. malacea (die hätte unten keine Adern und wäre dunkel, die kenne ich auch nicht).


    Ein Bild mit den Adern könnte weiterhelfen. Und Peltigeras entsprechen selten den Vorstellungen, die diverse Schlüssel von ihnen suggerieren ...


    LG, Bernd

  • Hallo Bernd,


    was hältst du denn z.B. von P. hymenina? ==Gnolm4

    Die Unterseite, zumindest der Apothecien auf den Fotos, wirkt rosa/ocker, die Ränder salatartig aufgebogen.

    Sie kommt im Moos über z.B. Schiefer vor, wie ich lese.


    Jetzt muss Marcel erst mal genauer die Eigenschaften herausarbeiten und prüfen!


    LG, Martin

  • Hallo Martin u. Bernd,


    ich bin zunächst schon mehr als froh, dass ich hier als absolutes Flechten-Greenhorn in der richtigen Flechten-Gattung unterwegs bin. Bei manchen Pilzfunden bzw. bei der Bestimmung ist es schon oft eine echte Herausforderung, aber bei Flechten bin ich da noch weiiiiiiit abgeschlagen.


    Euren sehr sachdienlichen Hinweisen zu meinem Fund werde ich nachgehen. Äderchen hatte ich jetzt nur an der Lappenoberseite ausgemacht, aber ich schaue mir die Aufsammlungen nun noch etwas genauer an. Apothecien sind wenige vorhanden, evtl. sind diese aber noch im Frühstadium des Auftretens?


    Ein spannender Flechtenfund, aber auch die Keulchen in der Nachbarschaft waren mindestens genauso interessant u. elegant. Wären was für Elisabeth Aretah gewesen.


    LG Marcel



    »Experts do not exist,

    we all are beginners

    with greater or lesser knowledge.«

    Luis Alberto Parra Sánchez

  • Da Du in der Nachbarschaft der Tschechen wohnst, ist deren gute Seite auch zu empfehlen. Die Arten, sowie die einzelnen Bilder lassen sich benutzerfreundlich gut durchblättern.

    https://dalib.cz/en/taxon/info/Peltigera%20rufescens Zudem haben die Verbreitungskarten, während die Flechtenkarten für DE bankrott sind, oder so ...


    LG, Bernd

  • Ja, P. hymenina kann man ebenfalls nicht ausschließen.


    Das was mit Adern gemeint ist, gibt es nur auf der Unterseite. Die beigefarbenen erhabenen Strukturen sind die Adern/veins.

    Oberseits hat man nur Trockenrisse oder manchmal aderähnliche Vertiefungen, die aber diagnostisch nicht so wichtig sind. Die sind jedenfalls nicht gemeint.

    LG, Bernd

  • Hallo Ihr beiden,


    Eure Hinweise zu meinem Peltigera-Fund waren für mich wirklich äußerst hilfreich. :daumen:


    Die nähere Untersuchung ergab hierbei noch Folgendes: Die Oberseite der Lappen ist absolut glatt und so kahl wie beinahe mein Kopf; und dies was ich hier gestern für feine Äderchen gehalten habe, sind wohl eher feine kleine Risse dort. Von Isidien ist da keine Spur. Auch Aufbrüche kann ich hier keine erkennen.


    Sporen weiß, wurmartig u. recht lang (ca. 30 µm) und vierzellig.


    An der Unterseite kann ich - wenn auch nicht sehr deutlich - diese von Bernd im Post zuvor gezeigten Adern in einem orangebraun ausmachen.


    Die Rhizinen sind jedenfalls sehr schön deutlich weiß und nicht verzweigt.


    Berücksichtigt man Habitat, Ökologie und Eure Hinweise hierzu wäre ich bei dieser Salat-Blattflechte P. hymenina, nur der Dryades-Schlüssel bringt mich noch auf ein, zwei andere mögliche Kandidaten, wobei da das Habitat eher untypisch wäre.


    Die nächste Literaturbestellung ist nun definitiv der neue Kirschbaum & Wirth. :P ;)


    Danke Euch nochmals für all Euren Input hierbei u. schönen Sonntag noch - Marcel

    »Experts do not exist,

    we all are beginners

    with greater or lesser knowledge.«

    Luis Alberto Parra Sánchez

  • Hallo Marcel,


    aus Interesse habe ich mir den neuen K&W zugelegt.


    Die knappen aber guten einleitenden Kapitel wurden um ein kurzen Text zu lichenicolen Pilzen erweitert.

    Die Gattungsbezeichnungen (Caloplaca-Sippen, Scytinium, Lecanora-Sippen, etc.) wurden aktualisiert und im Buch wurden einige weitere Flechten aufgenommen.

    Da es sich um eine Neuauflage handelt, ist der Textinhalt im Wesentlichen identisch geblieben und natürlich sehr informativ und gut.


    Dir 3.Auflage ist ein paar cm höher und breiter.

    Der Schriftsatz ist (etwa) gleich groß geblieben, das Zeilenabstand wurde dafür größer, zweispaltiger Blocksatz wurde eingeführt, wodurch das Auffinden der einzelnen Absätze (= Flechten) auf den Seiten schwieriger wird.

    Einige Bilder wurden vergrößert, andere verkleinert - teilweise so klein, dass darauf man kaum mehr was erkennt (z.B. Piccolia ochrophora).

    Das mag der realen Flechtengröße zwar näher kommen, ist der Erkennbarkeit aber nicht hilfreich.


    Das Buch ist wie der Vorgänger in Lebensräume (z.B. freistehende Bäume, Bergwälder, Saure Böden, ...) einteilt, was das Auffinden von Flechten durch Blättern erleichtern mag.

    Im Vorgänger waren die Lebensräume am Schnitt farblich markiert und leicht aufzufinden.

    Dieses Merkmal wurde bei der neuen Auflage fallengelassen, was ich schade finde.

    Auch die zugehörige Lebensraumeinteilung mit Seitenangeabe im Umschlag wurde weggelassen.


    Die Erweiterung auf mehr Flechten ist sicher gutzuheißen, alle anderen Änderungen finde ich unnötig.

    Sie machen das Buch keinesfalls besser, eher im Gegenteil - aber das ist sicher Geschmackssache.

    Die ältere Ausgabe ist im wohl bekannten, gut sortieren Fachhandel ("M.-S.") noch erhältlich und günstiger als die neue Auflage.


    LG, Martin


    2. Auflage:


    3. Auflage:


    Einbände:

  • Hallo Marcel


    Keulchen 2 schaut nach Clavaria krieglsteineri aus.


    LG, Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

    -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

    Chips: 72

  • Ohje, wenn ich hier lesen, bekomm ich wieder Lust aufs Flechtenbestimmen :)

    Ich hab zwar die genannten Bücher, trau mich aber immer noch nicht ran....

    Na mal schauen, vielleicht kommt ein Mutschub, dann werde ich berichten. Toll,

    Marcel, dass Du da jetzt auch Versuche startest!

    Grüßle Hilmi

    Liebe Grüße aus dem Vogtland

    die Schwarzhex

    :gwinken: Sandra

    (PC 100 - 10 (fürs APR 2020) = 90 - 15 (APR 21) = 75-10 (APR22) = 65 + 7 (APR 22 Auflösung) - 5 (Rätsel-Gedicht)= 67 - 10 (APR 23) = 57 + 5 Gnanzierung = 62 - 10 (Ast-Wette gegen Björn) = 52 )

  • Hi Sandra,

    Marcel, dass Du da jetzt auch Versuche startest!

    was soll ich machen? Ich treffe mittlerweile überall auf interessante Flechten und muss da auch meine Nase mit reinstecken. Ist einfach auch zu spannend und faszinierend und gibt's halt bei der Pilzsuche noch mit dazu. ;)


    Komme aber bei den Flechten ganz schnell an meine Grenzen und bin echt heilfroh, dass es da aber hier im Forum den einen und anderen Experten/-in gibt, der immer ein paar gute Tipps u. Ratschläge für weitere Abklärungen und Aufklärungen hat.


    LG Marcel

    »Experts do not exist,

    we all are beginners

    with greater or lesser knowledge.«

    Luis Alberto Parra Sánchez