Lacrymaria-Frage

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  • Hallo miteinander!


    Vor einer Woche war ich auf einer eher mageren Wiese rund um einen Sportplatz auf dem Ulmer Hochsträß unterwegs:

    Dort gab es in irren Massen diese kleinen Saumpilze, Gruppen mit 50 – 100 Stück, alle paar Meter solche Cluster – siehe Fotos, immer eher am Rande der Wiesenfläche Richtung Waldrand, aber schon im Gras, auf mehreren Arealen rund um das Sportplatzgelände. Es sind also insgesamt etliche Tausende von Fruchtkörpern.


    Makroskopisch klar der Tränende Saumpilz, auch 4 Tage später mit etlichen reifen Frk. – Hut-Ø max. 4,5 cm, Gesamthöhe max. 7 cm! Weil ich Lacrymaria lacrymabunda eigentlich als deutlich größeren Pilz kenne, zwar gesellig in Gruppen, aber nicht in solcher dichtwachsender Menge, habe ich mal eine Lamelle unters Mikro gelegt: Die Sporenform (zitronenförmig), -ornament (grobwarzig) sowie die Cheilo- und Pleurocystiden (lang + leicht kopfig, büschelig) passt alles zu Lacrymaria lacrymabunda.


    In dieser Form habe ich den Tränenden Saumpilz noch nie gesehen: Gibt es da vielleicht eine Variante/Form, die so klein und massenhaft auftritt? Habt Ihr La. la. schon mal in dieser "Ausführung" gesehen? Oder muss ich nur mein Artkonzept anpassen?


    Viele Grüße – Rika






    4 Tage später:


    Cheilos (Zoom aus 320x):


    Pleuros (Zoom aus 320x):

  • Hallo Rika


    Um sicher zu sein, müsste man die Sporen mit 100x Vergrösserung sehen. Da gibt es Unterschiede beim Ornament, das kann stärker oder schwächer sein.

    Für pyrotricha sind mir die meisten FK zu wenig orangebraun.

    Es könnte auch glareosa sein, oder halt doch eine normale lacrymabunda.


    Gruss Raphael

  • Hallo Beli,


    auch L. pyrotricha sollte größer sein, und ich kenne diese auch nur in losen Gruppen, nicht in dieser ungeheueren Anzahl. Wie unterscheidest Du die beiden Arten – nach der Farbe? Mikroskopisch gleichen sie sich ja sehr... Hier ein Vergleichsfoto von einem letztjährigen Lacrymaria pyrotricha Fund.


    Viele Grüße – Rika


  • Hallo Raphael,


    La. glareosa (flachwarzig) hatte ich wegen des grobwarzigen Sporenornaments eigentlich ausgeschlossen. Allerdings würde da die Größe der Frk. mit Ø 4 cm passen. Laut Bon würden sie i.d.R. auf Nadelholzstümpfen wachsen, was hier in keinem Fall zutrifft. Aber die Masse der Frk. ließe sich auch mit La. gla. nicht erklären...


    Viele Grüße – Rika

  • Hallo Rika


    L. glareosa habe ich noch nie auf Stümpfen gefunden. Immer im Gras, gerne an sandig-kiesigen Stellen, oft zu hunderten.

    Der deutsche Name "Alpiner Saumpilz" ist übrigens Schwachsinn, weil die Art gar nicht typisch für arktisch/alpine Regionen ist (dort aber auch vorkommen kann).

    Kiesliebender Saumpilz wäre zutreffender.


    Aber eben, die Warzen sollten kaum sichtbar sein:


    L. lacrymabunda im Vergleich dazu:


    Wenn du grobe Warzen gesehen hast, ist es wohl L. lacrymabunda. Der Anzahl Fruchtkörper und deren Grösse würde ich nicht zu viel Bedeutung beimessen.

    Die Anzahl kann aufgrund idealer Wetterbedingungen so sein, und die Grösse aufgrund der Bodenzusammensetzung.


    Gruss Raphael

  • Hallo Raphael,


    merci für Deine Sporen-Vergleichsbilder! Und die weiteren Infos – ja, im MOSER steht "subalpin" – das kann ich also getrost streichen, aber immerhin liegt die Fundstelle auf 600 mNN. Im Prinzip hätte mir L. glareosa schon gut gefallen, so von der Größe her. Und der Hoffnung, dass es bei dieser Art vllt. normal wäre, in rauen Menge zu fruktifizieren. Aber:


    Die groben Warzen kannst Du sogar bei der 320x Vergrößerung gut sehen – klicke auf das 2. Mikrobild, dann unten im Bild ganz rechts auf "Originalversion aufrufen", diese kannst Du mit (achje – ich habe eine Mac-Tastatur – gleich rechts neben der Leertaste "Space":) "Apfel" und "+" beliebig vergrößern, in Kombination mit "-" wieder verkleinern.


    Die L. pyrotricha waren übrigens an einer vergrasten Rückegasse im Fichtenforst. L. lacrymabunda finde ich normalerweise an sehr feuchten Wegrändern, gern schon im Matsch. Es hat einiges geregnet in den letzten 2 Wochen – die Wiese stand aber nicht unter Wasser. Vielleicht so eine Art von "Legenot", falls sie in den letzten Jahren es wettertechnisch nicht geschafft haben zu fruktifizieren...


    Aber nochmal meine penetrante Nachfrage: Hat schon mal jemand so ein Massenaufkommen gesehen?


    Gute Nacht – Rika

  • Hallo

    Aber nochmal meine penetrante Nachfrage: Hat schon mal jemand so ein Massenaufkommen gesehen?


    Gute Nacht – Rika

    Ich habe Massenaufkommen schon gesehen


    Ex Hanf Feld , nach dem Hanfernten . Sehr große Feld , Pilze ohne ende durch ganze Feld , Hunderte - Tausende ???

    Sehr viel kleinere Fruchtkörper als bei Lacrymaria lacrymabunda .


    weiter wegen pyrotrycha

    L. pyrotrycha junge und relativ junge Fruchtkörper haben nicht so rötliche Hut , Feuerhutfarbe kriegt in alter


    ein beispiel , typische pyrotrycha Hutfarbe , Fundort Kroatien


    -


    dein Bild , ich meine deine Pilze langsam bekommen rötliche Hutfarbe


    ?thumbnail=1


    LG

  • Hallo Beli,


    vielen Dank für Deine Infos + Bilder!


    Ja, in Deinem Link zum November 2020 ist es auch ein Massenaufkommen  :thumbup: zu sehen, sogar mit richtig büscheligem Wuchs. Ob das wirklich eine der drei Lacrymaria-Arten ist, die wir in Mitteleuropa kennen, bin ich mir nicht sicher. Deine kroatischen Hüte sind "relativ" wenig gestriegelt / weniger Haarfasern als ich von L. lacrymabunda kenne. Auch von der Stielnatterung ist (fast) nichts zu sehen ––> L. pyrotricha glaube ich hier nicht – vergleiche mal mit der orange-roten Natterung von meinen pyrotricha-Beispielbild. Auch nicht gerade typisch ist dieser büschelige Wuchs – dass die Stiele an der Basis miteinander verwachsen sind, kenne ich so nicht, war auch meinen Jetzigen nicht der Fall.


    Was die Farben angeht: Bei meinem aktuellen Fund waren die jungen Frk. ziemlich orange-braun – da hätte ich pyrotricha noch für möglich gehalten. Aber bei den aufgeschirmten Exemplaren waren die orange-rotbraunen Farben praktisch komplett verschwunden. Also genau umgekehrt zu Deiner Beobachtung.


    Fazit: Egal, was für eine genaue Lacrymaria-Art in unser beiden Fällen vorliegt – sie können in ungeheuren Mengen frukifizieren!


    LG – Rika

  • Hallo Flämmli,


    merci für die Bildtafel!

    Den Ludwig habe ich leider nicht – es bezieht sich 95.1 A bis C alles auf L. lacrymabunda?! Als Hutgrößen sind vermutlich irgendwas von 3 bis 8 (10) cm angegeben, vermute ich mal. Dass es ganze Populationen mit Hut-Ø < 5 cm geben kann, war mir bis zu diesem Fund nicht klar. Steht im Text vielleicht auch was über solch massenhaftes Auftreten?


    Viele Grüße – Rika

  • Wenn ich mir die Tafeln von Ludwig zu Lacrymaria lacrymabunda anschaue, dann scheint es tatsächlich solche kleine Formen zu geben.

    Hallo zusammen


    Den Ludwig kann man für Lacrymaria nur bedingt verwenden, weil er damals alle drei Arten vermischt hat.

    Inzwischen ist genetisch abgesichert, dass es sich um drei verschiedene Arten handelt.


    Gruss Raphael

  • Hallo,


    Larrson & Örstadius haben im Jahr 2013 diverse Lacrymaria-Sequenzen in die Genbank hochgeladen:

    Agaricineae internal transcribed spacer 1, partial sequence; 5.8S ribo - PopSet - NCBI

    In ihren Papers gehen sie auf Lacrymaria aber nur oberflächlich ein, auch im neuen Buch (FNE 6) schliessen sie die Gattung aus.


    Die Italiener haben einen Schlüssel erstellt. Der ist eigentlich öffentlich zugänglich aber die Webseite funktioniert im Moment nicht richtig.

    Ich hänge ihn hier mal an.


    Gruss Raphael

  • Hallo Raphael,


    Zitat

    Den Ludwig kann man für Lacrymaria nur bedingt verwenden, weil er damals alle drei Arten vermischt hat.

    Inzwischen ist genetisch abgesichert, dass es sich um drei verschiedene Arten handelt.


    Gruss Raphael


    dann bedeutet dies wohl, dass Ludwig in etwa L. glareosa unter Abb. 95.1 B (vergl. die Größe zu 95.1 A) und L. pyrotricha unter 95.1 C (wg. der deutlichen + farbigen Stielnatterung) abgebildet haben könnte?!


    Gute Nacht – Rika

  • hm, das ist schwierig nur anhand der Bilder zu interpretieren. Diese Arten sind recht variabel...


    L. pyrotricha habe ich noch nie gefunden. Ludwigs Kollektion E könnte farblich dazu passen, vielleicht auch Kollektion B.

    L. glareosa findet man oft an sandig-kiesigen, vegetationsarmen Stellen. Das und die Statur der Fruchtkörper könnten zu Ludwigs Kollektion C passen.


    Makroskopisch ist das so eine Sache:

    L. glareosa hat oft schon jung eine dunklere Hutmitte und meistens einen kaum behangenen Hutrand. Aber das sind keine verlässlichen Merkmale.

    Die Farben sind sehr variabel. Hier einige Beispiele (alle aus dem gleichen Habitat):


    tonfarbene Exemplare, aber mit dunkler Hutmitte, wenig Velum


    Freudig gefärbte Exemplare, ganz wenig Velum


    Mehr braune Exemplare, wieder mit deutlicher Scheibe (sequenzierte Kollektion)


    Grössere Exemplare mit viel Velum


    Gruss Raphael

  • Hallo Raphael,


    merci für Deine Vergleichsbilder mit Erläuterungen!

    So langsam bekomme ich eine Vorstellung zur Unterscheidung, auch wenn ich L. glareosa noch nie gefunden habe. Auf Deinen Bildern finde ich es auffällig, dass hier diese schwärzlichen langen Fasern (Zotteln) Richtung Hutrand fehlen, die L. lacrymabunda im älteren Zustand recht deutlich hat. Gerade bei älteren Frk. gibt schon Farbunterschiede, finde ich ––> L. glar. hat mehr braun-gelbe Töne, alte L. lacr. so einen Touch ins grau-ockergelbe. Sieht es nur durch die dunklere Hutmitte so aus oder sind Deine L. glar. wirklich leicht gebuckelt? Das kenne ich von L. lacr. nämlich nicht.


    Gute Nacht – Rika