Spätes Wiesenfeuerwerk

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 887 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Wutzi.

  • Hallo zusammen,

    eigentlich sollte es Frost geben in der letzten Nacht. Also habe ich noch einmal eine Wanderung zu meiner neu entdeckten Saftlingswiese unternommen, auch in der Hoffnung auf Wiesenkorallen, die ich noch nicht kenne. Letztere gab es nicht, Frost erfreulicherweise auch nicht. Aber Prächtige Saftlinge - Hygrocybe splendidissima und Granatrote Saftlinge - Hygrocybe punicea waren noch einmal zur Höchstform aufgelaufen. Bilderbuchmäßig in großen Trupps standen sie nebeneinander. Noch immer mit jeweils hunderten Fruchtkörpern. Eine für mich neue Art konnte ich auch entdecken. Leider kann ich sie ohne Mikroskop gerade nicht festnageln. Aber höchstwahrscheinlich habe ich Hygrocybe miniata - den Mennigroten Saftling gefunden. Außerdem gab es Zähe Saftlinge - Gliophorus laetus, Honigsaftlinge - Hygrocybe reidii und einige wenige Gliophorus psittacinus- Papageiensaftlinge. Die Wiesen- und Jungfernellerlinge waren nicht mehr fotogen. Dafür waren Goldgelbe Wiesenkorallen in zahlreichen Trupps vorhanden.

    Einige andere Wiesenpilzen suchen noch nach einem Namen. Die zeige ich in einem anderen Beitrag.

    1. Hygrocybe punicea - der Granatrote oder Größte Saftling macht seinem Namen alle Ehre. Die Hüte hatten vielfach über 10 cm Durchmesser.


    1a


    1b Im Alter, bei Regen und unter Sonneneinstrahlung blasst er aus. Der Pilz behält aber immer diese warmen roten Farbtöne.


    1c Auch die Stiele verblassen im Alter von Rotorange zu Ocker bis Orangeocker.


    1d


    1e


    2. Auch Hygrocybe splendidissima bringt es auf dieser Wiese zu einer erstaunlichen Größe von 8cm Hutdurchmesser. Die Hutfärbung und auch der Stiel weisen jedoch ein ganz anderes, sehr intensives kühleres Rot auf und auch der Habitus ist anders als bei H. punicea.


    2a Die Stiele scheinen mitunter etwas verbeult und sind oft gekrümmt.


    2b


    2c


    2d


    2e Viel ist nicht zu erkennen auf dem Wimmelbild. Aber bei genauer Betrachtung erschließt sich das Ausmaß der Saftlingsvorkommen auf dieser Wiese ein wenig.


    2f Ob die oft verbeulten Hüte etwa von das Wachstum behindernden Grashalmen herrühren, kann ich nicht sagen. Jedenfalls sind diese unregelmäßigen Hutformen auffällig. H. punicea hat dagegen meist regelmäßig geformte Hüte. edit: Beim durchforsten meiner alten Fotos ist mir aufgefallen, dass es durchaus einige wenige ebenmäßig gewachsene H. splendidissima gibt. Vermutlich ist die Erklärung für die Verkrümmungen einfach und diese Art wird stärker von hinderlichen Grashalmen und Kräutern deformiert als H. punicea.


    3. Papageiensaftlinge - Gliophorus psittacinus: Sehr schleimige Gesellen, ebenso wie


    4. Gliophorus laetus - Zähe Saftlinge


    5. Hygrocybe reidii - der Honigsaftling ist im Gegensatz zu seinen Vorgängern eine trockene Art. Gestern war sogar der Honiggeruch wahrnehmbar.


    6. Diese Art war mir bislang noch nicht aufgefallen. Vielleicht ist sie einfach nur unterm Radar der zahllosen roten Riesen geflogen. Meine Arbeitsthese ist Hygrocybe miniata - Mennigroter Saftling. Was denkt Ihr?


    7. Abschließend Clavulinopsis helvola - Goldgelbe Wiesenkeule. Davon gab es noch zahlreiche ansehnliche Exemplare. Leider fanden sich keine weiteren Keulchen oder Korallen.



    Danke fürs Mitkommen. Bin gespannt auf eure Kommentare.

    Lieben Gruß


    Claudia


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  • Hallo Claudia,


    da soll noch einmal jemand sagen das Saftlinge selten wären. Bei mir ist da nicht soviel los.


    Danke fürs Zeigen dieser Schönheiten.


    VG Jörg

  • Gerne Jörg,

    für mich ist es auch ganz schön, auf diese Weise das Erlebte zu rekapitulieren. Ich denke auch, dass nicht die Saftlinge selten sind, sondern ihre Habitate. Blöderweise ist der Naturschutz fast ausschließlich auf den Schutz der Fruchtkörper bedacht.

    Wenn selbsternannte Landschaftspfleger, die dafür Fördermittel kassieren, dass sie einmal jährlich die Magerwiesen mähen, diese Wiesen mit Mist düngen, zerstören sie das Habitat auf Jahrzehnte. Das interessiert offenbar niemanden. Unsereins braucht eine Ausnahmegenehmigung, schon um einen einzigen Saftling zu untersuchen, um die Art zu bestimmen und zu kartieren. Verrückte Welt!

    Lieben Gruß


    Claudia


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  • Hallo Claudia,


    hat Dich schon mal jemand nach dieser Ausnahmegenehmigung gefragt? Meinst Du, dass die Leute, die Dich von Amts wegen danach fragen dürften, in der Lage sind, einen Saftling zu erkennen? Betrifft diese super-duper-totale Verbot nicht nur die Gattung Hygrocybe? Von der man, mit etwas gutem Willen und Literaturstudium fast alle Arten wegbewegen kann in neu kreierte Gattungen?


    ach ja, die bösen Landwirte mit ihrem Mist. Anstatt sich über den einen Landwirt zu freuen, der bisher anscheinend alles richtig gemacht hat, kommt gleich wieder das Ärgern über all die anderen. In vielen Fällen braucht ein Landwirt schon ein sehr dickes Fell, um immernoch kleinteilige Wiesen zu bewirtschaften und einen kleinen Viehhof zu führen. Die GAP möchte alle Höfe industrialisieren, konsolidieren - also die kleinen weg und die großen so groß, dass das Vieh auf keine Weide mehr passt. Dann hat man reine Stallhaltung mit Sojafutter aus dem Amzonasgebiet. Und es braucht gar keine Wiesen und Weiden mehr. Zudem möchte die EU ja das fleischfressen am liebsten ganz abschaffen, dann gibt es gar kein Vieh mehr. Der Umwelt zuliebe sozusagen


    LG, Bernd

  • Hallo Bernd, nö. So ist das leider nicht und darum gehts mir auch nicht. Es geht um die Rechtslage im Allgemeinen. Die mag ja gut gemeint sein, aber sie ist eben nicht gut genug, um Habitate zu schützen. Und es geht um den Vollzug. Hier in einem konkreten Fall auf meiner bis vor 3 Jahren ergiebigsten und artenreichsten Magerwiese. Ich hatte dort einen Ortstermin mit dem Bäuerlein und einer Vertreterin der Artenschutzbehörde, nachdem der Bauer im Frühjahr Mist auf die Wiese verbracht hatte. Beim Ortstermin habe ich dem Landwirt die Situation erklärt. Er düngt weil er sich so höhere Erträge erhofft. Er hat die Wiese gepachtet und sich dabei aber verpflichtet, einmal im Jahr zu mähen ohne Dünger aufzubringen. Ihm wurden Fördermittel in Aussicht gestellt, wenn er die Wiese nachhaltig bewirtschaftet, um die Mindererträge auf der Magerwiese zu kompensieren.

    Ein Jahr lang hat das funktioniert. Dann hat er wieder Mist ausgebracht. Das war dann das Ende der seltenen Magerwiesenpilze. Auf meinen Hinweis an die Artenschutzbehörde wurde mir mitgeteilt, dass die Fördermittel durch die Landwirtschaftsverwaltung ausgegeben würden und der Artenschutz hier machtlos sei. Das ist doch ein Stück aus dem Tollhaus, wenn Gelder für den Naturschutz ausgegeben werden und der Begünstigte dann die Natur zerstört, ohne von Amts wegen eingeschritten wird.


    Auch die mittlerweile in "neu kreierte wegbewegte Gattungen" wegbewegten Hygrocybe-Arten unterliegen weiterhin dem Artenschutz. Was ich hier in meinen menschenleeren Regionen treibe, bekommt niemand mit und schon gar nicht die Untere Naturschutzbehörde. Da hast du Recht. Aber mein Pilzlehrer hatte tatsächlich mit der Unteren Naturschutzbehörde ziemlichen Stress mit dem Artenschutz. bis hin zur Androhung erheblicher Bußgelder. Und nicht etwa, weil er Granatrote Saftlinge für die Pfanne gesammelt hätte. Es ging darum, dass er sich ganz korrekt verhalten wollte und hatte einen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung gestellt.


    Es gehört zwar nicht hier her, aber die Idee, den Fleischkonsum insbesondere den von Billigfleisch aus der industriellen Massentierhaltung einzuschränken, finde ich übrigens ganz hervorragend. Damit ist ja nicht intendiert, die kleinen und nachhaltiger wirtschaftenden Höfe platt zu machen. Und schon gar nicht, die bäuerliche Landwirtschaft auf Wiesen und Weiden abzuschaffen.


    Aber ich gebe dir insofern Recht, dass gute gemeinte Vorhaben regelmäßig durch die Macht und den Einfluss der großer Lobbyverbände fast immer unterwandert werden. Diese Lobbyverbände missbrauchen an sich gute Vorhaben, um ihre eigene wirtschaftliche Interessen durchzusetzen. Es wäre also geboten, die Strukturen dieser Lobbyverbände transparent zu machen und Regeln zu schaffen, mit denen eine Einflussnahme der Großen zu Ungunsten nachhaltig wirtschaftender Landwirte unterbunden werden kann.

    Weniger Fleischkonsum und Abschaffung der industriellen Massentierhaltung sind m.E. mehr als überfällig - aus gesundheitlichen, klima-, naturschutz-, umwelt- und tierschutz Gründen. Ach so ja, Arbeitsplätze gibts natürlich auch mehr bei den kleinteilig wirtschaftenden Landwirten. Eigentlich gibts außer den Gewinnen in der industriellen Tierproduktion und dem Wunsch nach minderwertigem Billigfleisch keinen vernünftigen Grund, daran festzuhalten. Aber eigentlich sind beides keine vernünftigen Gründe, also weg damit.

    Lieben Gruß


    Claudia


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  • Hallo Claudia,


    es ganz erschließt sich mir nicht, warum man Mist auf Wiesen ausbringen sollte. Mist gehört auf Äcker, um dann zügig untergepflügt zu werden. Ansonsten geht doch alles wertvolle im Mist stiften. Jauche vielleicht. Vielleicht ging es aber auch nur um Flächen, damit der Mist entsorgt werden kann? Der klassische Hof hatte Vieh und Pflanzenbau, womit sich Futter, Streu und Mist im Kreislauf ergänzten.


    Wenn die EU naturfreundlichere Viehwirtschaft haben würde wollen, dann könnte sie die Auszahlungen entsprechend gestalten. Für Vieh nur in der Höhe, wie auch angemessen Weide und Wiesen vorhanden ist. Auszahlungen gestaffelt nach Größe, je mehr Vieh desto geringer der Betrag pro Tier usw. usf. Da mit Verboten beim Verbraucher anfangen zu wollen ist absurd. Und in der Landwirtschaft gibt es ohnehin keine Marktwirtschaft, nicht in der EU. Da ist die EU Politik viel zu dominant, sehr regulierend, ohne indessen Planungssicherheit zu geben. Doch, die Idee ist genau die, die kleinen Höfe plattzumachen [dazu braucht man nur Politikern zuzuhören oder EU paper zur CAP zu lesen - in Neusprech heißt plattmachen dann natürlich "Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit"]. Irgendwann wird es aber auch den größeren Höfen an den Kragen gehen, damit die in irgendwelche börsennotierten Zockerfirmen aufgehen können. Dann ist der Landwirt nur noch Pächter einer Franchise ...


    Und was Lobby angeht, in manchen Ländern heißt das Korruption und ist ganz böse, in anderen Ländern heißt das Lobby und ist voll demokratisch.


    LG, Bernd


  • Hallo Bernd,

    warum der Bauer die Wiese düngt, darfst du mich nicht fragen. Vermutlich tut er das, damit das Gras besser wächst. Fakt ist, dass er es tut, obwohl er informiert wurde, dass das für die Artenvielfalt tödlich ist.


    Ich glaube, dass die EU-Agrarpolitik zu komplex ist, um sie hier zu diskutieren. Im Gegensatz zu dir sehe ich die negativen Ursachen für die kleinen Höfe eher bei den Lobbyisten und Verflechtungen der Industriellen Landwirtschaft und ihrem Einfluss auf die politischen Entscheider. Aber in der Wirkung macht es sicher keinen Unterschied.

    Lieben Gruß


    Claudia


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