Infundibulicybe - oder doch nicht? => Lepista cf. nuda (alt)

Es gibt 21 Antworten in diesem Thema, welches 1.958 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von KaMaMa.

  • Hallo zusammen!


    Gestern sammelte ich einen übersteckt aufgespannten, breit trichterförmigem, mittig schwach gebuckelten Pilz aus der Laubstreu unter Eichen und Rotbuchen auf.

    Der Hut ist wachsartig und glatt, schwach hygrophan und zeigt eine bräunliche Färbung.

    Der Hutrand ist etwas nach unten eingrollt.

    Die Huthaut reagiert nicht mit Farbänderung, insbes. nicht braun mit KOH (20%).

    Die cremefarbenen, dicht stehenden Lamellen sind ausgebuchtet angewachsen und laufen ein kleines bisschen am Stiel herab (Lupe nötig).

    Die Lamellen sind restlos vom Hut abschiebbar!

    Der fasrige Stiel ist hell, weiß überfasert und dunkelt bei Druck ab.


    Die Sporen sind farblos, breit elliptisch und inamyloid.

    Zystiden sind nicht vorhanden.


    Ich sehe eine Infundibulicybe: Die Sporenmaße liegen bei 6-9 x 4,0-4,5 µm und würde in diese Gattung passen.

    Allein die Sporen werden als tropfenförmig beschrieben, was ich nicht sehe!


    I. gibba oder I. splendoides kämen für mich in die engere Auswahl.

    Da ich keine Inkrustationen in den Hyphen der Huthaut finde, tendiere ich zur zeitgenannten Art.

    Die Farbe (Farbpartikel) scheint mehr in der weichen Matrix zwischen den Hyphen zu liegen.


    Was meint ihr dazu?


    LG, Martin


    Bilder:

    Bild 1 Fundpilz


    Der hellere Fleck in der Mitte geht mit vermutlich trockenerer, weißlicher Trama einher, während der Hutrand mit dunklerem, feuchteremTrama unterwachsen ist.

    Bild 2 Querschnitt durch Hut (Kunstlicht!)


    Das Stielfleisch ist weißlich im Hut und oberen Stiel, im unteren Stiel und in der knollig verdickten Stielbasis hingegen bräunlich.

    Bild 3 Stielbasis im Querschnitt


    Bild 4 Lamellenansatz (abgerissen)


    Bild 5 Sporen in Wasser (Bildersammlung, nicht maßstabgetreu zusammengefügt) / Bildeinsatz: Basidie mit Sporen in Melzers: Sporen inamyloid


    Bild 6 Huthaut gequetscht - Hyphen ohne (farbige) Inkrustationen

  • N'abend Martin,


    ein interessanter Fund, den Du hier mal wieder vorstellst. Kenne mich mit Infundibulicybe leider nicht wirklich aus, dachte aber, die Sporen von dieser Gattung hätten eine etwas andere Form als die Du hier vor Dir hattest. Ich meinte, die müssten mehr tränenartig daherkommen, oder nicht? Aber ich hätte jetzt so ad hoc auch keinen anderen besseren Vorschlag, würde aber nicht auf Infundibulicybe einloggen.


    Sicherlich bekommst Du hier aber noch kompetenteren Input von Kollegen/-innen.


    LG Marcel

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  • Hallo Thorwulf,


    du sprichst genau mein Problem an: In der Literatur steht, dass der Pilz tränenförmige Sporen hätte.

    Allerdings habe ich in Wikipedia (Kriegelsteiner/Gminder, GPBW, Band 3, zitierend) gelesen, dass die Pilzart Sporen auch mit elliptischer Form haben kann:

    "Die glatten, elliptisch bis tropfenförmigen Sporen sind 5,5–7,5 µm lang und 3,5–4,5 µm breit."

    Das hätte ich gerne bestätigt oder einen anderen Vorschlag zur Pilzgattung/-art, weil ich sonst immer "tropfenformig" lese.


    Der zweite unklare Punkt ist die Inkrustation:

    Ich würde darunter in erster Linie inkrustierte Hyphen verstehen, glaube allerdings, dass die Mykologen auch Farbpigmente (also in nicht gelöster Form) in der Matrix zwischen den Hyphen als Inkrustination durchgehen lassen und das intraparietale Inkrustation nennen - wenn ich das richtig verstanden habe.

    (Das Thema nicht erkannte Inkrustation hatte ich vor Kurzem auch bei meiner Anfrage zu C. vibecina)

    Unter dem Stichwort Inkrustation ist in meinem Dörfelt leider nichts zu finden.


    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    ich hab hierzu jetzt nur mal schnell den KIBBY 'Mushrooms and Toadstools of Britain & Europe', Vol. 2 herangezogen, dort sind immerhin 10 Infundibulicybe-Arten kurz porträtiert. Die Sporen werden dort überwiegend als dacryoid (5 x) beschrieben, 2 x als ellipsoid-dacryoid, 2 x ellipsoid und 1 x ellipsoid-oblong.


    I. gibba aus dem KIBBY mal nachstehend, Sporen dieser Art wären lt. KIBBY dacryoid, also tränenförmig.


    Ich weiß, damit wird die Aufklärung hier leider nicht einfacher - im Gegenteil. Ich bin jedenfalls gespannt, was hier sonst noch an fachmännischen Hinweisen und Expertise kommt.


    LG Marcel


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  • Tja,

    jetzt heißte es abwarten, ob vielleicht noch eine Koryphäen-Antwort kommt. ==Gnolm19


    Der Abend ist noch jung...


    LG, Martin

  • Hallo nochmals, Martin.


    Was mir jetzt so im Nachgang in der Nachbetrachtung beim Durchblättern des KIBBY auffällt - die Lamellen von Infundibulicybe sollten doch weit am Stiel herablaufen, zumindest wird dies bei allen 10 Arten dort im KIBBY so beschrieben u. zeichnerisch sehr gut dargestellt. Bei Deinem Fundexemplar scheinen mir die Lamellen mit einer geschwungenen Kerbung an den Stiel anzuschließen oder sehe ich dies falsch?


    Wäre somit für mich m.E. noch ein weiterer Punkt, der gegen eine Arbeitshypothese eines Infundibulicybe-Fundes spricht.


    Es tut mir ausgesprochen leid, dass ich mit meinen Beiträgen hier aktuell leider mehr verunklare als zu einer Erhellung beitrage. Es werden dann hoffentlich noch aufschlussreichere Beiträge kommen.


    LG Marcel

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  • Hallo Marcel,


    dieses Detail ist mir tatsächlich auch aufgefallen und ich hatte es bis jetzt erfolgreich verdrängt!

    Die Lamellen sollten herablaufend sein, bei meinem Fund sind sie ausgebuchtet angewachsen und ein kleines Zähnchen läuft am Stiel ein bissi-bissile herunter.

    Und wenn es sogar Nebelkappen ohne Lamellen gibt... ==Gnolm11


    Was kann ich machen - ich warte auf Erleuchtung und arbeite an meiner Hemimycena weiter...


    LG, Martin

  • Hallo Martin


    Eine Infundibulycibe ist es sicher nicht.

    Hast du die Farbe des Sporenpulvers ermittelt?


    Wenn du noch Material hast, kannst du mal ein Foto von den Sporen in KOH machen?


    Zum Geruch schreibst du auch nichts, oder habe ich das überlesen?


    Gruss Raphael

  • N'abend Martin.

    Also scheinbar nichts ganz triviales...

    Zumindest ist's anscheinend irgendwie mal wieder eine etwas härtere Nuss, aber es ist ja fast schon Nussknacker-Zeit. g:D


    LG Marcel

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  • Hallo Raphael,


    oh je, einen Sporenabwurf habe ich diesmal nicht gemacht

    Ich muss morgen meine Aufzeichnungen nochmal durchsehen, ob ich was zum Geruch notiert habe.

    An Rhizomorphe kann ich mich zwar nicht erinnern, aber ich prüfe morgen nochmal alle Fotos die ich gemacht habe. Vielleicht erkennt man auf einem der anderen Fotos mehr.


    Das Material habe ich leider gestern im Garten entsorgt.

    Ich fürchte, dass ich davon nichts mehr reaktivieren kann.


    Ich habe den Verdacht, du hast einen Verdacht...


    Jetzt wird aber geschlafen.

    Bis morgen!


    LG, Martin

  • Ich habe den Verdacht, du hast einen Verdacht...

    Ja, aber es ist eigentlich zu früh weil noch zu viele Fragen offen sind. Naja egal.

    Diese eigentümlich gefärbten Lamellen erinnern mich an Musumecia vermicularis (hier: Musumecia vermicularis)


    Allerdings passt die Hutoberfläche nicht, die sollte aerifer-filzig sein.

    Wobei die Fruchtkörper schon recht alt sind, wenn es geregnet hat könnte das alles verwaschen sein.


    VIelleicht hat sonst jemand noch eine zündende Idee.


    Gruss Raphael

  • Hallo Raphael,


    ich reiche einige weitere Anmerkungen nach.


    1) Du hast natürlich Recht, zum Geruch habe ich in der Beschreibung zum Fund nichts angegeben.

    In meiner Aufzeichnung hatte ich festgehalten: "Geruch intensiv aromatisch-parfümiert"


    2) Der Pilz wirkt bei erster Betrachtung etwas vergammelt, war aber überall noch sehr fest, auch die Lamellen.

    Die Lamellen liesen sich mit entsprechendem Druck vollständig abscheren:

    Bild 7 Abgescherte Lamellen


    3) Die Huthaut war - auch unter der Lupe - völlig glatt.

    Querschnitt:

    Bild 8 Querschnitt durch Hut


    4) Mycelstränge?

    Du meinst damit sicher folgendes:

    Bild 9


    Zuhause ist auf dem etwas schärferen Foto erkennbar, dass es sich hier um Myzelanhaftungen an Nadeln und Ästchen in der Streu handelt.

    Echte Myzelstränge wären mir vermutlich auch aufgefallen.

    Bild 10


    Ich habe gerade versucht, die Pilzreste im Garten zu finden.

    Jetzt im Dunklen völlig aussichtslos, zumal ich offenbar auch an der falschen Stelle gesucht habe.

    Eventuell finde ich im Hellen die Reste.

    Blöderweise kann ich mich nicht erinnern, WO ich den Pilz im Garten entsorgt habe...


    Vielleicht helfen die zusätzlichen Angaben, den Pilz etwas näher bekannt zu machen.

    Ansonsten halt Pech gehabt.


    LG, Martin

  • Hallo Raphael ( Clavaria)


    2. Nachtrag:


    In den Lamellen und der Huthaut sind Schnallen vorhanden:

    Bild 11a Schnalle(n) in Lamelle gefunden


    Bild 11b Schnalle(n) in Huthaut (kontrastverstärkte Ausschnitte aus Bild 6)


    Die Basidien sind viersporig.

    Zystiden sind mit keine aufgefallen.

    Aus der Lamelle ragen dünne Hyphenenden oder dgl. heraus:

    Bild 12


    Einige der Sporen wirkten ornamentiert, während die meisten - auch die an den Basidien - glatt waren.

    Eventuell handet es sich hierbai aber um Fremdsporen vom gemeinsamen Transport im Körbchen.

    Allerdings passen Abmessungen und Form zueinander.

    Bild 13 Sporen in Wasser


    Ob sich von den Sporen was in KOH ablöst - keine Ahnung, wäre interessant gewesen.


    Dem Schlüssel zu Musumecia entnehme ich, dass keine Schnallen vorkommen und die Sporen glatt sein sollten!

    Alleine wegen der Schnallenfunde würde die Gattung dann nicht passen, oder?


    LG, Martin

  • Hallo Martin


    Ja das spricht alles gegen Musumecia.

    Mit Schnallen, ablösenden Lamellen, evtl. punktierten Sporen und süssem Geruch bleibt eigentlich nur Lepista s.l. übrig.

    Darum wäre das Sporenpulver interessant gewesen.

    Bei Hellsporern sollte man immer einen Sporenabdruck machen. Die Sporenmikroskopie damit viel einfacher, und natürlich kann der genaue Farbton des Sporenpulvers auch wichtig sein.


    Ich nehme an du hast nicht in Baumwollblau mikroskopiert? Bei Lepista würde man dann die Warzen besser erkennen, wenn es wirklich welche gab.

    Auf Bild 13 ist das auch nicht eindeutig zu erkennen.


    Am Ende ist es vielleicht einfach eine untypische Lepista irina...


    Gruss Raphael

  • Guten Morgen Raphael,


    Ich war nachlässig!

    In BWB habe ich die Sporen nicht gefärbt und den Sporenabdruck habe ich auch nicht gemacht. Zu spät. ==Gnolm21


    Vermutlich bleibt es dann bei Lepista.

    L. irina schaue ich mir nachher genauer an.


    Vielen Dank für deinen Aufwand!


    LG, Martin

  • Hallo Peter,


    der FK ist entsorgt, den Abwurf kann ich leider nicht mehr nachholen.

    Die Amyloizität wurde an der Lamelle unter dem Mikroskop geprüft (Bild 5) und ist negativ.


    Ic hdenke mittlerweile auch, dass hier eine Lepista vorliegt.

    L.irina ist auch nicht der schlechteste Vorschlag, den Pilz habe ich am gleichen Tag mehrfach gefunden, habe bei dieser Probe aber nicht geschalten.

    Diesen Pilz z.B. konnte ich mit der Nase finden, das wird er wohl sein:


    LG, Martin

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Infundibulicybe - oder doch nicht?“ zu „Infundibulicybe - oder doch nicht? => Lepista cf. irina“ geändert.
  • Hallo Martin,


    das ist ganz einfach ein etwas bräunlicherer Violetter Rötelritterling (Lepista nuda).
    Oder gibt es irgendetwas, was dagegen spricht? Ich habe die Mikromerkmale jetzt nicht abgeglichen, aber makroskopisch erscheint mir das eindeutig (und ich bin ein bisschen verwundert, dass bei den an dieser Diskussion beteiligten Personen noch niemand diesen Vorschlag gemacht hat).

    L. irina ist weiß.


    Viele Grüße

    Emil

  • Hallo Emil,


    vielen Dank für deine Antwort.

    Manchmal liegt die Lösung direkt vor den Augen, aber man ist blind und erkennt sie nicht, weil man in eine andere Richtung denkt.

    Du hast wahrscheinlich Recht mit deiner Meinung - beim nachgereichten Foto in #20 lassen sich feine lila Farbtöne erkennen.

    Das war allerdings beim ersten, eigentlich angefragten Pilz nicht so der Fall - wahrscheinlich auch deshalb die Verwirrung.

    Der Stiel dort wirkt schneeweiß, das Fleisch und die Huthaut bestenfalls bräunlich.


    L. nuda kommt hier in größerer Zahl vor, die beste Zeit allerdings ist vorbein und mittlerweile finden sich meist nur noch ältere Exemplare.

    Wenn sie älter werden, blassen die Farben aus und gehen ins Bräunliche.

    Der Geruch ist bei älteren Exemlaren auch anders als bei jungen, und kei kühler Witterung zudem schwierig wahrnehmbar.


    Lepista nuda ist viel plausibler!

    Die Mikrodaten unterscheiden sich bei so nah verwandten Arten kaum, die Sporenmaße nicht.

    Ich ändere deshalb den Titel in Lepista cf. nuda um.


    Danke nochmal!


    LG, Martin

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Infundibulicybe - oder doch nicht? => Lepista cf. irina“ zu „Infundibulicybe - oder doch nicht? => Lepista cf. nuda (alt)“ geändert.