Gattungen bestimmen

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 1.503 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von CH-Andy.

  • Hallo zusammen,


    mein guter Jahresvorsatz war ja, tiefer in die Pilzbestimmung einzutauchen. Gut was? :)

    Hab mir also zahlreiche Pilze angesehen, bis mir der Kopf brummte. Daher war die Idee, die Pilze zumindest erst einmal hinsichtlich ihrer Gattungen einzuordnen und zu bestimmen. Gesagt - Getan ... Gescheitert. ;)

    Nunja, ich hab kein Problem Röhrlingsgattungen zu erkennen, oder Sprödblättler oder Trameten von Blättlingen zu unterscheiden. Freiblätter gehen auch ganz gut, spezielle Sporenfarben sind auch hilfreich.

    Aber an der großen Gruppe der (angewachsene) Lamellen Pilze, faserblättrig, weißsporig scheitere ich regelmässig.

    Ich bekomme einfach nicht genügend offensichtliche, makroskopische Unterscheidungsmerkmale zusammen, um die Gattungen da zielsicher zu bestimmen. Die sind mir teilweise einfach zu Wischiwaschi - gleich.

    Ich geb mal ein Beispiel: Nelkenschwindling vs. Waldfreund-Rübling vs. den einen oder anderen Helmling usw.

    Das sind für mich total ähnliche Gattungen von Pilzen. Nicht nur optisch, auch vom Großteil der Merkmale her. Klar, von den Schwindlingen sagt man, dass man sie trocken und wieder mit Wasser versehen kann und schwups sehen sie wie frisch aus. Aber wer läuft schon mit Föhn und Gießkanne durch den Wald? Und es gibt sicher Helmlinge, die sehen einfach mustergültig aus wie - nunja Helmlinge. Gibt aber auch genug, wo ich sage "Waaas? Wieso?"

    Bin da echt am verzweifeln.

    Wenn ich dann auf Webseiten gehen und mir die Gattungsmerkmale ansehen, dann ist das auch nicht so erhellend. Da steht dann oft sowas wie "eher kleine bis mittelgroße Pilze" oder "mit wenigen Ausnahmen Saprophyten" oder "teils mit Burggraben, teils schmall angewachsene bis herablaufende angewachsene Lamellen" oder sowas ... halt viel zu allgemein und schwammig. Schwammelig. hrhr.

    Langer Text kurzer Sinn - gibt es nicht eine Art Tabelle, mit wesentlichen Merkmalen in den Spalten und den Gattungen in den Zeilen, wo man einfach nur abcheckt "passt" "passt" "passt" und dann zumindest in der richtigen Gattung landet? Oder bin ich total auf dem Holzweg und man kann gewisse Gattungen gar nicht anhand makroskopischer Merkmale auseinanderhalten?



    Viele Grüße

    Dominik







    Etwaige Bestimmungen meinerseits sind mit keiner "Verzehrfreigabe" verbunden. Bitte sucht hierfür einen Sachverständigen auf, der sich die Pilze vor Ort genau ansehen und sie hinsichtlich Verzehr viel besser bestimmen bzw. ihren Zustand bewerten kann.


    100-10(APR2024)=90

  • Kleine bis mittelgroße Pilze, zum Teil hygrophan, Hut: Trocken, klebrig, mit gelatiner Huthaut, dünnfleischig. Stiel: Zäh, besonders unten braun bis schwarzsamtig, schlackiger Stiel, knorpelig berindet, längsgerieft, innen wattig eher vertrocknet, kahl oder flockig, teils wurzelnd. Kein Ring, keine Gesamthülle! Lamellen: Weiß bis bräunlich, gelblich, fast frei, angeheftet bis angewachsen, meist dicht stehend. Sonstiges: Folgezersetzer,


    Kleine Pilze, schnell eintrocknend und bei Feuchtigkeit wiederauflebend. Hut: Trocken, winzig bis mittelgroß, häutig bis dünnfleischig, welkend. Fleisch zäh elastisch. Kein Velum, keine Gesamthülle! Stiel: Rosshaarig, steif, zäh, nagelig, voll höchstens alt hohl.Kein Ring! Lamellen: Blass angewachsen, selten frei, teils mit Kollar, oft anatomisierend. Sonstiges: Auf Erdreich, Holz, Pflanzenresten wachsend, Folgezersetzer.


    ,, das sind z.B. die Gattungstexte von Rüblingen und Schwindlingen bei 123Pilze. Klingt für mich sehr ähnlich und wirft oft nur noch mehr Fragezeichen auf. Nungut, beim Rübling steht, er hat keine Gesamthülle - aber hat doch der Schwindling auch nicht. Längstgerieft vs Rosshaarig (vielleicht fehlt mir da die Vorstellungskraft) und wattig vs. von jung voll nach alt hohl übergehend (wie ist dann ein mittelalter Pilz im Übergang von voll zu hohl? Vielleicht wattig?) Rüblinge stehen meist dicht. Steht beim Schwindling nicht, was nicht heisst, dass es nicht so ist. Die Dinger wachsen ja auch wie Hulle auf nem Haufen.


    Ich glaub ihr seht mein Problem

    Etwaige Bestimmungen meinerseits sind mit keiner "Verzehrfreigabe" verbunden. Bitte sucht hierfür einen Sachverständigen auf, der sich die Pilze vor Ort genau ansehen und sie hinsichtlich Verzehr viel besser bestimmen bzw. ihren Zustand bewerten kann.


    100-10(APR2024)=90

  • Hi Dominik,

    zum Thema Gattungen kann ich aus eigener Erfahrung das Buch "Die Pilze Deutschlands" von C. Hahn sehr empfehlen. Und klar ist Pilzbestimmung manchmal auch auf Gattungsebene nicht einfach. Zu deinen Beispielen würde ich sagen, dass der Nelkenschwindling über Habitat und Elastizität des Stiels vom Waldfreundrübling gut zu unterscheiden ist. Und Helmlinge sind meist zarter und brüchiger als Rüblinge. Außerdem haben sie jung meist glockenförmige Hüte.


    VG

    Jan

  • Hallo,


    ein hervorragender Gattungsschlüssel ist zumindest nach meiner Einschätzung und Anwendungserfahrung FoTE Bd. 1 + 2. Allerdings ist die Wheels-Methodik (Pilzräder) dort anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, aber man kommt da doch recht schnell rein.


    Die Pilzräder kann man auch auf der Autoren-Homepage kostenfrei herunterladen:

    MycoKey


    Viele Grüße

    Marcel

    »Experts do not exist,

    we all are beginners

    with greater or lesser knowledge.«

    Luis Alberto Parra Sánchez


    Gnolmokratisches:

    100 PCs Startkapital - 4 PCs (2023 an Boletaceae bei KiZaRü/Psathyrella-Challenge verloren) u. - 21 PCs (2024 an Schwarzhex hilmgridd gespendet) = 75 PCs in stock

  • Hallo Dominik,


    bedenke auch, Pilze wachsen nicht laut Buch. Sie sind, wie wir und die meisten Lebewesen, variabel. Deswegen sind zur Bestimmung auch mehrere Merkmale hilfreich. Und was die Variabilität betrifft, da ist jahrelange Erfahrung hilfreich.

    Ein FK kann/wird sich in seiner Entwicklung stark verändern. Deswegen ist immer gut, wenn man FK in möglichst vielen Altersstufen vorliegen hat.

    123... enthält mMn viele Fehler.


    VG,

    Steffen

  • Hallo Dominik,

    ich kann Dein Problem nachvollziehen, aber es gibt dafür keine Lösung. Die Gattungen sind letztlich nach mikro-anatomischen und genetischen Merkmalen aufgestellt, und nicht nach solchen, die ohne Hilfsmittel erkennbar sind.

    Dennoch kann ein erfahrener Pilzfreund die Gattung oft richtig erraten, einfach weil er viele konkrete Arten der Gattungen kennt und durch Analogieschluss dann auch unbekannte Arten einordnen kann.


    Das wäre daher mein Tipp für die Vorgehensweise: geh auf eine große Pilzausstellung und trainiere Dein Hirn, so wie man eine KI trainiert: möglichst viele bekannte "Bilder" (wobei Du neben dem Auge auch Nase und Fingerspitze nutzen solltest). Dann entstehen im Kopf "Lösungsräume" der einzelnen Gattungen.


    Dann werden aber trotzdem genug Überraschungen bleiben, die man erst im Mikroskop erkennt, wenn man die Art nicht zufällig kennt. So wie den Buchenwald-Wasserfuß...


    Gruß,

    Wolfgang

  • ,, das sind z.B. die Gattungstexte von Rüblingen und Schwindlingen bei 123Pilze. Klingt für mich sehr ähnlich und wirft oft nur noch mehr Fragezeichen auf.

    Hi,


    123-Pilze ist an sich eine gute Seite, wenn man eine ungefähre Ahnung von einer unbekannten Art bekommen möchte, bzw. einen Eindruck von der Vielfalt der Pilzwelt. Dafür nutze ich die Seite auch und gern.


    Man muss wissen, dass da auch teilweise sehr viel Blödsinn auf den Artbeschreibungsseiten drin steht und auch sehr viele falsche Bilder drin sind. Der Seitenbetreiber hat in den letzten Jahren einiges zur Korrektur getan, allerdings sind da teilweise immer noch hanebüchene Fehler drin.


    Deswegen immer Pilzbücher zu Rate ziehen. Der erwähnte Gattungsschlüssel von den Regensburger Schriften ist alt. Da sind die Tintlinge noch alle als Coprinus drin. Demzufolge wirst du damit wenig Freude haben, da die damaligen Gattungsaufassungen von den "modernen" teilweise sehr stark abweichen. Da ist der Gattungsschlüssel von den "Pilzen Deutschlands" aktueller. Leider aber ist dieser nicht einfach in der Handhabung. Da sind pro Schlüsselschritt mindestens 2-3 und/oder-Verknüpfungen drin (insbesondere am Anfang), was die Sache sehr kompliziert machen kann.


    Ansonsten stimme ich mit Wolfgangs Meinung überein. Nur noch eine kleine Eränzung. Es wurde ja hier im Forum an anderer Stelle schon angedeutet, dass jetzt der violette Rötelritterling zu Collybia gehören soll, zumindest mit den Rülingen nahe verwandt ist. Das macht die Sache nicht einfacher, zumal dann selbst die Sporenpulverfarbe nicht mehr als gutes Gattungsmerkmal herangzogen werden kann.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Die Theorie aus Büchern etc. kann nicht die (jahrelange) Erfahrung und Praxis ersetzen.

    Autofahren kann man auch nicht wenn man aus der Fahrschule kommt und theoretisch alles kann...


    Beste Grüße

    Harald

  • Hallo Dominik,


    hatte jemand behauptet, dass Gattungsbestimmung einfach sei? Wenn ja, würde sie (und generell die Pilzbestimmung) keinen Spaß machen. Irgendwann wirst du das mit der Gattungsbestimmung schon drauf kriegen, wenn nicht in 8, so doch in 10 Jahren. Das ist in etwa der Zeitraum, den man sich setzen muss, nicht die drei bis vier Monate, die man aus der beruflichen Fort- und Weiterbildung kennt. Eine solche Schnelldurchlauferhitzung gibt es in der Pilzkunde nicht. Die Leute, die hier als Experten unterwegs sind, haben fast alle diesen Zeitraum investiert, ehe sie hinreichende Sicherheit hatten.


    Zuehlis Tipp kann ich nuir unterstützen: Pilze bestimmen lernt man nicht verkopft-theoretisch aus Büchern, sondern am besten durch Kontakte mit Experten und das ganzheitliche Eintauchen in die Pilzexpertenwelt und ihre Praxis, also etwa das Mittun in einem Pilzverein oder Teilnahme an praxisorientierten Seminaren und Lehrexkursionen. Bücher oder gar Gratis-Webseiten wie 123 sind nur ein unzureichender Ersatz für dieses, da man mit so etwas nur im eigenen Saft schmort.


    Waldfreundrübling und Nelkenschwindling sind ganz leicht an den sehr unterschiedlichen Lamellen zu unterscheiden. WfRü: sehr dicht stehende, weißliche Lamellen mit nur gering ausgeprägtem Burggraben, starker Farbkontrast Lamellen - Stiel, NeSch: weit auseinanderstehende, stark bauchige, beigefarbige Lamellen, kein Farbkontrast Lamellen - Stiel. Helmlinge haben fast nie beigefarbige Stiele und/oder Lamellen, sondern sie sind im allgemeinen weißlich bis gräulich.


    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Danke für die vielen Tipps.

    Ist mir schon klar, dass die Bestimmung in der Natur draußen der beste Lehrmeister ist. Ich sammel schon mein ganzes Leben lang Pilze und saß schon als 1-2jähriger auf den Schultern meines Vaters und zeigte ihm mit eine "Daaa!" die Pilze an. Nur ist das Pilzbestimmungsfieber über das normale Speisepilzsammeln bei mir erst RICHTIG vor nem halben Jahr ausgebrochen und der Winter ist halt für unser Hobby ne echt lange Durststrecke in der ich mich mit viel Theorie (daher die Frage) und jede Menge Judasohren (Frau schimpft schon, dass das ganze Haus nach den trocknenden Pilzen riecht) über Wasser halte.


    So ... nun freu ich mich nooooch mehr auf die kommende Pilzsaison.


    Viele Grüße

    Dominik

    Etwaige Bestimmungen meinerseits sind mit keiner "Verzehrfreigabe" verbunden. Bitte sucht hierfür einen Sachverständigen auf, der sich die Pilze vor Ort genau ansehen und sie hinsichtlich Verzehr viel besser bestimmen bzw. ihren Zustand bewerten kann.


    100-10(APR2024)=90

  • Hallo

    Also zum bestimmen gibt es genügend Interessante FK (übrigens ganzjährig), sei es aus Exsikate oder nun Ascomyceten, und im Moment schaue ich mir sehr gerne Pyrenomyceten an. Meine Pilzsaison geht sowieso von Jan bis Dez, auch etwas zum Ärger von meinen Mitmenschen.

    BG Andy