Hilfe für Bestimmung: weisser Becher

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 825 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Ingo W.

  • Hallo liebe Community,

    nachdem ich nun ein Mikro habe, bin ich heute auf die Suche gegangen und bin auch Fündig geworden.

    Hier nun mein erster Versuch. Ein Anspruch den Pilz Artgerecht zu bestimmen hab ich jetzt nicht. Wichtiger ist Momentan die Methodik.


    Den Pilz fand ich am Rande eines Erlenbruchwaldes. Auf der Gegenüberliegenden Seite Standen bis zum Wegrand Birken und junge Buchen.

    Eine einzelne Hainbuche wuchs ca. 8m vom Fundplatz entfernt. Dahinter haben Sich Waldkiefern festgesetzt.

    Hinter dem Weg folgt ein Mischwld aus Buchen und Kiefern, unterstezt mit Eichen.



    Das Substrat kann ich nicht genau bestimmen. Es könnte meines Erachtens nach, Erlenholz sein. Die Zersetzung des Holzes ist fortgeschritten und von der Verfärbung rötlich-dunkelbraun. Was aber auch Moderfäule sein kann, da das Holz teils vergraben war. Der Kern des Holzes ist, gelblich bis rötlich. Und hier hört es auch bei mir bereits auf.

    Meine erste Frage ist daher:

    Was kann ich aus dem vorliegenden Holz noch entnehmen?


    Der Pilz selber ist Becherförmig und wächst auf der Außenseite des Subtrates. Eine gemeinsame Wachstumsausrichtung (gemeinsam nach oben oder gmeinsam richtung boden) ist nicht vorhanden.

    Der Großteil ist Schneeweiss, der Rest verfärbt sich bereits ins orange.



    Der Pilz selber ist kurz gestielt und auf der Außenseite, vor allem am Rand sind kleine Hährchen schwach erkennbar.


    Unter dem Mikroskop kann man sehen, das dieser ein inoperculater Ascomycet ist. In den Asci sind bis zu 8 Sporen.


    Die Sporenmaße: 6,2 (7,1) 8,3 * 2,15 (2,7) 2,95

    Das passt nach meiner Literatur (Fungi of temperate Europe) nicht genau zu Dasyscyphella nivea.

    Nach FotE wären sie schmaler 6-9 * 1,7-2.3.



    Ab hier betret ich komplett Neuland.

    Das nächste bild, zeigt hoffentlich Paraphysen.


    Mit Mälzer scheint bei den nichts zu passieren,


    Und evtl. hab ich ein Haar gefunden.

    Allerdings solten die nach meiner Literatur nicht gegabelt sein.


    Hab ich die Strukturen

    - Paraphysen, Haar richtig zugeordnet?


    Kann ich denn Asci I+ überhaupt mit Melzer prüfen oder muss es eine Lugolsche Lösung sein?


    Vilen Dank fürs Lesen und Feedback

    Mario

  • Hallo Mario,


    ich kann Dir hier nicht weiterhelfen aber vielleicht schaut sich ja Ingo W deine Anfrage an. Der beschäftigt sich sehr viel mit den kleinen Becherchen. Guckst Du hier!


    VG Jörg

  • Hallo zusammen

    Also ich würde folgende Gattungen auch noch anschauen -> Calycellina und Psilachnum. Aber ich müsste jetzt auch sämtliche Schlüssel anwenden -> Ingo oder andere haben mehr Erfahrung.

    Ich finde dein Mikrobilder hast du korrekt interpretiert. BG Andy

  • Hallo Mario,


    für einen ersten Versuch ist die Untersuchung schon exzellent!

    Zitat

    Was kann ich aus dem vorliegenden Holz noch entnehmen?

    Um beim Holz sicher weiterzukommen, wenn Du es vor Ort nicht bestimmen kannst, weil es z.B. noch am Baum hängt oder nur eine Holzart in Frage kommt, kannst Du ein Stück mikroskopieren. Es gibt da verschiedene Schnittrichtungen, die verschiedene Merkmale zeigen. Wenn das Holz vermodert und nass ist, am besten erst trockenen vor dem Schneiden, dann geht es einfacher. Nass kann es ne ziemliche Herausforderung werden.

    Details würden jetzt zu weit führen, schau mal z.B. hier: https://www.wsl.ch/land/products/dendro/ident_key.html oder suche nach "wood anatomy" oder "Holzanatomie", da gibt es einiges dazu.

    Natürlich werden Dir die z.B. im verlinkten Schlüssel genannten Merkmale nicht alle gleich am Anfang was sagen, das ist ein Thema für sich. Man braucht aber für die Pilzbestimmung auch nicht immer das exakte Holz, oft reicht schon Nadel- oder Laubholz.

    Zitat

    Hab ich die Strukturen

    - Paraphysen, Haar richtig zugeordnet?

    Paraphysen auf alle Fälle, bei dem einzelnen Haar bin ich unsicher. Kann stimmen, aber ein paar mehr wären zur Sicherheit gut, nicht dass das eine irgendwie hochgequetschte Hyphe oder sonstwas ist. Die genaue Haarstruktur wäre auch für die Gattungsbestimmung wichtig. Nach einem Element bin ich mir da selbst oft nicht sicher. Du kannst ein dünnes Stück vom Rand mal der Länge nach abschneiden, möglichst wenig, möglichst nur den Rand erwischen, dann etwas quetschen, dass aber noch klar ist, was oben war. Solche Präparate haben an den Haaren gerne Lufteinschlüsse, aber die Haargestalt lässt sich dann oft gut erkennen.

    In den Paraphysen erkennt man übrigens lichtbrechende Vakuolen, die schon mal die Auswahl der in Frage kommenden Gattungen weiter einschränkt.

    Was noch wichtig wäre: Mal die freien Sporen fokussieren, sodass die Inhalte sichtbar werden, im ersten Bild ist zu erkennen, dass die Sporen im Ascus Ölinhalte haben, ich kann aber nicht genau erkennen wie die aussehen, auch das ist ein wichtiges Merkmal.

    Zitat

    Kann ich denn Asci I+ überhaupt mit Melzer prüfen oder muss es eine Lugolsche Lösung sein?

    Nur in begrenztem Umfang, am besten immer Lugolsche Lösung (oder Barals) bei Ascomyceten verwenden, ganz besonders bei inoperculaten Becherchen. Das Problem ist, es gibt drei Haupttypen der Reaktion des Apikalapparats: Euamyloid, hemiamyloid und inamyloid. Mit Melzers reagieren euamyloide Strukturen blau, die anderen beiden nicht. D.h. Du weißt jetzt nicht, ob die Asci Deines Funds inamyloid oder hemiamyloid sind.

    Mit Lugol (hohe Konzentration, also pur) ist es einfach: Blau = euamyloid, rot/rotbraun = hemiamyloid, keine Reaktion = inamyloid. Von hemiamyloid gibt es dann nochmal Unterschiedliche Typen, die bei geringer Lugol-Konzentration anders reagieren (Typ RB und Typ BB).

    Am besten mal diesen Artikel dazu lesen:

    Iodine reaction in Ascomycetes: why is Lugol’s solution superior to Melzer’s reagent? – in vivo veritas


    Zur Deinem Fund selbst, exakt bestimmen kann ich den so spontan nicht, Du kannst ja mal in Zottos Archiv z.B. die Gattungen Ciliolarina und Calycellina checken, vielleicht ist was dabei:

    8c Pezizellaceae (with VBs) – Google Drive


    Viele Grüße

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Mario!


    Ich vermute Kiefernholz und Ciliolarina.


    VG Ingo W

    ________________________________________________________________
    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    150-15 (APR 2022) = 135-5 (GnE-Wette verloren "über 11 gelöst") = 130+4 (am nächsten an der 222.Schnapps-Punktzahl) = 134+7 (7.Platz im APR 2022) = 141+4 (KISD-Prozente von GnE) = 145-15 (APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (APR 2024) = 133

    Link: Gnolmengalerie

    Link: Einladung APR 2024

    Link: Nanzen 2024

    Link: APR 2024

  • Hallo,


    vielen Dank für Eure Hilfe und Antworten.


    Bei dem Bestimmungsgang hab ich einiges für mich mitgenommen.


    Für Zottos Archiv werd ich einiges an Zeit benötigen, sieht aber sehr interessant aus.



    mfg Mario

  • Hallo Mario!


    Die "Haarsuche" ist eigentlich gar nicht schwer. Du legst eine ganzes Becherchen unter dein Deckglas und drückst nur leicht. Und ist ja klar, am Rand sind die Haare. Jetzt siehst du aber nicht viel, weil das Präparat noch zu dick ist, also drückst du mehr auf das Deckglas, immer im Auge behaltend, wo der Rand ist. Kommst du mit einfachen Drücken nicht weiter, verschiebst du das Deckglas unter Druck und so wird dein Präparat immer dünner und du behältst im Blick, wo die Haare sind.

    Wenn du nur die Haare angucken willst, dann empfehle ich dazu Kongorot-SDS, damit siehst du die Zellwände viel deutlicher, im Fall der Ciliolarina wirst du also du Unebenheiten auf der Haar-Außenseite viel besser sehen können und für die Klärung der Hakenfrage ist das Reagenz auch genial.

    Melzer ist blöd, weil es lethal wirkt, macht die Zellen kaputt und damit die Inhalte. Und gerade bei einer schwachen hemiamyloiden Reaktion des Apikalrings der Asci (weinrötlich, violettlich) siehst du mit Melzers gar nichts.

    Und genau diese Reaktion wäre zu erwarten, wenn es Ciliolarina neglecta wäre. Deren Paraphyseninhalte reagieren übrigens braun mit Lugol.

    ASCO-SONNEBERG - Ciliolarina


    VG Ingo W



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