Ein Stäubling

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 1.042 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Wolfgang P..

  • N'abend miteinander,


    im Kiefernpionierwald wuchs auf einem Ameisensandhügel im Spätherbst ein Stäubling als Einzelstück, der zu keiner der mir bekannten häufigen Arten zu passen schien. Da ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass mir ein Mikroskop zulaufen wird, habe ich den nicht besonders gut dokumentiert. Bilder vom Dezember, nach der ersten Schneeschmelze


    Nachdem der Schnee nun komplett weg ist, sieht der nicht mehr wie ein Pilz aus. Sieht aus, als hätte der Wurzeln. Wenn der Klumpen getrocknet ist, versuche ich mal, das freizulegen, ob dazugehörig.

    Da das aber an selbiger Stelle befindlich war, habe ich es in der kühnen Annahme, dass es immer noch ein Pilz sein könnte, unters Mikro geschoben. Und siehe da, Stäubling passt schon, nur welcher? Sporen sind kaum zu sehen, etwa 10 Stück habe ich in zwei Präparaten gefunden. Kugelig, überwiegend deutlich stachelig/warzig, nirgends mit Sterigmata, 4,5...7 µm. Die Hyphen sind nicht oder doch nur sehr selten verzweigt. Bei den blassen Gestalten sind teils Septen zu sehen, bei den braunen Varianten vereinzelt Septierungen, die ich als schnallenartig bezeichnen würde. Dann gibt es noch irgendwelche kristallartigen Strukturen.


    So richtig scheint mir keine der Arten aus meiner Literatur (Die Bauchpilze in Litauen von 1982) zu passen. Am ehesten wäre ich noch bei L. muscorum.

    Vielen Dank für's Anschauen und ggf. Hinweise.


    LG, Bernd

  • Hallo Reinhard,


    sicher ausschließen kann ich den vermutlich nicht, zumal meine Schlüssel da zwischen "Stacheln lang" vs. "Stacheln nicht so lang" ins Postmodernistische abdriftet.

    Weiter heißt es zu L. echinatum, dass die Hyphen des Capillitum stark verzweigt sind und die Sporen stark warzig, rotbraun, 4-5,5 µm sein sollen. Insbesondere die Verzweigungen finde ich ein Ausschlusskriterium.


    Wenn ich "rückwärts schlüssele", also mit den Artbeschreibungen anfange, dann scheint es bei L. candidum [= L. marginatum] einige Übereinstimmungen zu geben, die Hyphen werden ohne Verzeigungen gezeigt, sollen nicht dicker sein als die Sporen, die Sporen sollen gelblich sein, allerdings glatt. Und der nach unten schmaler auslaufende Frk. endet in einer Art Wurzel. Das passt auch nicht komplett aber insgesamt schon besser. Der wurde hier mal gezeigt Lycoperdon marginatum - Abblätternder Stäubling das Abblättern würde dann erklären, wieso sich der Pilz von ganz bis nur noch Reste so schnell verändert hätte.


    LG, Bernd

    Pilze aus Litauen, sofern nicht anders angegeben.

    Einmal editiert, zuletzt von kruenta ()

  • Hallo allerseits, nachdem ich mir dieses Paper aus Brasilien angeschaut habe:


    (https://www.researchgate.net/p…nZSI6InB1YmxpY2F0aW9uIn19)


    finde ich den Gedanken, dass es sich um L. marginatum handeln kann, noch plausibler. Einerseits wird hier gezeigt, dass die Sporen stachelig sind, zweitens werden diese komischen gestuften Hypen gezeigt. Die septierten farblosen Elemente, die ich gezeigt habe, könnte mit diesen hier übereinstimmen "Paracapillitium 2.54.2 μm diam., with thin and smooth walls, hyaline, septate, unbranched, scarce". Zudem "Rhizomorphs scarce, but a central and larger rhizomorph (pseudorrhiza) is present" - was auch immer das "larger" hier bedeutet. Bei meinem Exemplar sind die Wurzeldinger 4 cm lang, weißlich. Fotos und wohl auch Mikrobilder dieser Wurzeln reiche ich nach.


    Auf pilze-deutschland werden ja etliche Funde um Merseburg herum gezeigt, andererseits schreibt Ulla in Pilze in SA, dass nur ein historischer Fund vorhanden ist. Was aber vielleicht schon wieder historisch ist.


    LG, Bernd

  • Hallo Bernd,

    das Ornament bei Stäublingen entzieht sich manchmal der normalen Lichtmikroskopie, weil der Brechungsindex ähnlich wie Wasser ist. Je nachdem, scheinen sie dann glatt zu sein. Es gab schon verschiedene Vorschläge, wie man reproduzierbare Bilder erzeugen kann, z.B. statt Wasser Immersionsöl, Phosphorsäure-Melzer, Luft, ...

    Normalerweise ist das Problem eher, dass die Millionen Sporen das Präparat füllen, dann findet man immer Stellen, an denen das Ornament hervortritt.

    Das siehst Du bei Deinen letzten beiden Bildern.

    L. marginatum passt schon vom Capillitium nicht : dickwandig, septiert, mit zerstreuten Poren. Bei marginatum dünnwandig, fast unseptiert.


    Gruß,

    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang, vielen Dank für Deine Erläuterungen. Hast Du vielleicht Mikrobilder von L. marginatum zum Vergleich? Oder einen Alternativvorschlag? Makroskopisch finde ich den ja, von dem was man an Bildern findet nicht umwerfend passend.


    Wenn man das Ornament von Sporen nicht sieht, kann es immer noch dasein. Aber wenn man es auf 5 von 10 Sporen sieht, kann man es ja nicht mehr wegdiskutieren. Mein Exemplar hat also ornamentierte Sporen. Reproduzierbar ist Elmi, das steht ja mitllerweile ausreichend vielen Mykologen zur Verfügung.

    In der zusammengekramten Literatur finde ich nirgends Fotos, nur Zeichnungen. Insbesondere der verlinkte Artikel aus Brasilien zeigt relativ dickwandiges Capillitum mit zerstreuten Poren. Was die Septen anbelangt, so sieht man "Treppenstufen" in den Strängen, die offensichtlich, da diese Gebilde dreidimensional sind, oder wenn man sie geeignet dreht, so aussehen, als wären es Septen. Auch das wird von Cortez et al. gezeigt. Ob es sich tatsächlich um Septen handelt, scheint mir offen und eigentlich im Durchfokussieren eher nicht der Fall zu sein.


    Abb. 15 & 16 aus Cortez et al. 2013


    LG, Bernd

  • Hallo allerseits, zunächst vielen Dank an Peter für den Link mit vielen nützlichen Informationen!


    Das Exsikkat ist mittlerweile getrocknet, aber voller Sand und die Außenseite und die Wurzel sind so filzig, dass es keine klare Kontur gibt, bis zu der man den Sand abbürsten kann.

    Durchgeschnitten und aufgeklappt, die Wurzel links ist 4 cm lang, die rechts ist teilweise abgebrochen, die war ähnlich lang.

    Ein Versuch, die Gleba und die Abgrenzung zum sterilen Teil scharf zu kriegen, eher misslungen

    Filz an der Wurzel

    Mikrobilder vom Wurzelfilz, hyalin, Septen vorhanden, dünnwandig

    Mikrobilder vom Capillitum tiefer im Pilz, hier sind deutlich mehr Sporen zu sehen, teilweise sogar mit kurzem Rest der Sterigmata, Stränge unverzweigt. Vereinzelt verdrillt.

    Welche Art das nun ist, weiß ich aber immer noch nicht.



    LG, Bernd

  • Welche Art das nun ist, weiß ich aber immer noch nicht.

    Hallo Bernd,

    die schwarzviolette Subgleba zusammen mit stacheligen Sporen ist schon keine so häufige Kombination. L. atropurpureum hätte das, da würde auch das Würzelchen passen. Aber dann würde das Bild vom frischen Fruchtkörper eher nicht dazugehören. Auf der anderen Seite weiß wohl keiner, bei welchen Arten sich die Subgleba nach einem baltischen Winter auch schwarzviolett verfärben kann.


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang, die Art hatte ich ja nun gar nicht auf dem Schirm. Die ist auch nicht im meinem Schlüssel enthalten und scheint hier nicht belegt zu sein.


    Es mag in der Tat ein gewisses Restrisiko geben, dass die Bilder vom Pilz nicht mit den Bildern der Leiche übereinstimmen. Andererseits ist das gleich in der Nähe und ich bin dort oft vorbeigegangen, vorranging wegen anderer Arten. Schließlich hätte man diese Leiche auch eher nicht gefunden und als Pilz identifizieren können, wenn man nicht genau dort gesucht hätte, wo der Pilz vorher gestanden hat. Dass jemand den Pilz unterm Schnee ausgetauscht hat, wage ich dann doch zu bezweifeln. Den Beleg werde ich jedenfalls eintüten - vielleicht ist mal eine Sequenzierung drin.


    Dass die meisten Belege von Stäublingen aus dem Sommer-Herbst stammen und auch die Angaben zum Wachstum, ist mir auch aufgefallen, wobei es doch immer wieder betont wird, wie wichtig reife Frk. für die Bestimmung sind, womit Exemplare auch nach dem Winter noch geeignet sein sollten.


    Danke und beste Grüße,

    Bernd

  • wobei es doch immer wieder betont wird, wie wichtig reife Frk. für die Bestimmung sind, womit Exemplare auch nach dem Winter noch geeignet sein sollten.

    Hi Bernd,


    reif ja, aber die Witterung sollte noch nicht alle Stacheln abgewaschen haben.

    Der Schlüssel in der Flora Iberica geht z.B. hauptsächlich über Merkmale der Exoperidie und ist hier daher nicht anwendbar.

    Auch gibt es Arten, bei denen zwischen den Sporen vereinzelt noch Pedicellen (die "Nabelschnur" der Sporen) 'rumschwimmen. Wenn man schon kaum noch Sporen findet, sind die Pedicellen erst recht weg, und schon hat man wieder eine Schlüsselfrage, bei der man beide Wege gehen muss.


    atropurpureum ist z.B. aus Schweden, Dänemark und der Ukraine nachgewiesen.


    Ich persönlich benutze inzwischen am liebsten den Jeppson (2018): Puffballs of northern and central Europe.


    Grüße,


    Wolfgang