Hallo, Flechtenfreunde!
Vor knapp zwei Wochen war ich für einige Stunden in dem lieben Ort meiner Kindheit und Jugend in Mittelfranken.
Bei dieser Gelegenheit habe ich mir einen Gipsaufschluss in unmittelbarer Nähe zum einem der zugehörigen Naturschutzgebiete angesehen, die wegen der dort kleinflächig vorkommenden subpannonischen Trockenrasen und der Bunten Erdflechtengesellschaften geschaffen wurde.
Die meisten der ursprünlich hier vorkommenden Gipshügel wurden von der Landwitschaft eingeebnet und werden heute als Ackerfläche genutzt.
Nur sehr wenige blieben stehen und sind heute unter Schutz gestellt.
Die Äcker hier sind übersät mit Gipsbrocken, so wie man es sonst von Kalkgebieten her mit Kalksteinen kennt (z.B. Schwäbische Alb).
Der Wermutstropfen zuerst: Bunte Erdflechtengesellschaften konnte ich natürlich keine finden.
Vermutlich sind sie durch den in unmittelbaren Nähe noch immer stattfindenen Gipsabbau und die sie umgebende Landwirtschaft derartig dezimiert, dass außerhalb der Schutzzonen nichts davon zu finden ist.
Vielleicht bin ich auch zu blind, aber ich fürchte ersteres!
Bild 1 Die schmale Gipswand neben dem Weg ist etwa 3-4 m hoch und max. 10 m tief. Sie wurde von einer sehr bekannten Gips-Firma direkt neben dem Weg stehen gelassen.
Der Besuch diese Habitats war sehr interessant und hat einige für mich neue Flechten finden lassen.
Bild 2 Lesesteine aus Gips, nicht näher untersucht. Vielleicht nächste Mal!
Bild 3
Bild 4 Peltigera rufescens, wie ich meine - findet sich stellenweise in größeren Mengen
Bild 5 Vermutlich Circinaria contorta
Bild 6 Xanthocarpia (ehem. Caloplaca) crenulatella stellenweise mit Gipsausblühungen auf den Apothecien
Die Flechten habe's nicht leicht hier: Das Substrat verwittert ihnen direkt unter den Hintern weg. Man findet immer wieder dünne Thallusreste, die in der Luft zu stehen scheinen:
Bild 7 Erosion unterhöhlt Flechtenthallus frei
Bild 8 Gipsskulptur
Es gibt schöne Funde, die erst unscheinbar sind, hier Enchylium coccophorum:
Bild 9 Gallertflechte Enchylium coccophorum auf Moos über Gips
Bild 10 Kleinschuppig mit reichlich Apothecien
Bild 11 Gleiche Stelle aber angefeuchtet: Thallus stark anschwellend und die braunen Fruchtscheiben zeigend
Die Sporen sind spindelfömig, tropfenförmig bis elliptisch, maximal zweizellig, was letztlich zu E. coccophorum führt:
Bild 12 Sporen und Asci von E. coccophorum
Eine seltsame, sterile Flechte mit stark weiß bereiften Schüppchen, deren Ränder dunkle Soredien tragen, entpuppt sich als Acarospora moenium:
Bild 13
Bild 14 Thallusschuppen 300-700µm groß mit auffallend dunklen Rändern, die sich Sorale herausstellen
Bild 15 Hier wird die schuppige Ausprägung deutlicher, die dunklen stellen sind Sorale und verstreute Soredien
Bild 16 Querschnitt durch Schüppchen mit dunklen Soredien am Thallusrand
Bild 17 Maßnahmen zur Renaturierung nach abgeschlossenem Tagebau (kein Zutritt)
Bild 18 NSG mit der größter Gipshöhe Bayerns (kein Zutritt)
So müssen wir draußen bleiben aus den interessantesten Stellen und das ist auch gut so.
In den zugänglichen Randbereichen sind auch interessante Flechten zu finden, wie zu beweisen war.
LG, Martin