Unbekannte Peltigeras - P. cf. neopolydactyla und ?

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 729 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von KaMaMa.

  • Hallo!


    Am Mummelsee fand ich eine Peltigera, die mich schon eine Weile beschäftigt, da sie anders ist als meine bisherigen Funde.

    Den Weg zurück nahm ich auf dem breiten asphaltierten Weg, dessen bergseitigen Rand eine 1-1,5m hohe Mauer gegen Erdrutsch sichert. Diese Mauer war in den etwas schattigeren Passagen mit Moos überwachsen. Aus dem Moos seinerseits wuchsen Peltigeren, von denen sich die meisten Exemplare mitsamt dem Moos von oben her von der Wand abrollten. Das Abrollen mag mit den Kanal/Kabelverlegarbeiten an der Mauer zusammenhängen.


    Bild 1 Weg zum Mummelsee (noch ohne Mauer) mit frisch geschottertem Seitenstreifen


    Der Thallus ist im Randbereich grau, zur Mitte hin bräunlich.

    Die Ränder sind wellig aufsteigend, die Ränder nach innen gerollt.

    Bild 2 Peltigera, teils abgerollt, für Foto wieder hochgeklappt


    Bild 3 Kleines, feuchtes Exemplar tief im Moos. Die wellige Oberseite bildet die Adern nach.


    Bild 4 Abrollendes Exemplar, die Unterseite zeigend


    Bild 5 Fruchtendes Exemplar mit sattelförmigen, braunen Apothecien


    Zu Glück wachsen die Peltigeren aber auch oberhalb der Mauer geschützter auf dem Waldboden!

    Bild 6 Peltigera auf Moos auf Waldboden


    Die Oberseite ist stark glänzend, glatt ohne jeden Filz und unbereift.

    Lappenbrite um 3 cm.

    Bild 7 Trockene, graubraune, glänzende Oberseite (Probe von Thallus Bild 3)


    Die Unterseite ist hell mit cremefarbenen Adern und dunklen Rhizinien, am Rand auch weißliche Rhizinien, dort noch einfach. Die dunklen, langen Rhizinien fasern bei Kontakt mit dem Substrat pinselartig auf.

    Bild 8 Unterseite des gleichen Thallus (Bild 2/7) mit cremefarbenen Adern und dunklen Rhizinien.


    Die Lappen überwachsen einenander (siehe Einsatz in Bild 8)


    Ein größere Probe einer abgerollten, alten Peltigera zeigt eine dunklere Unterseite, die kleine, hellere Vertiefungen besitzt - offenbar sehr breite Adern! Das habe ich erst im feuchten Zustand erkannt. Die Flecken sind aber auch im trockenen Zustand erkennbar:

    Bild 9 Unterseite eines abgerollten, sehr trockenen Thallus (aus Bild 1)


    Ich würde erwarten, dass nur eine Peltigera-Art vorliegt.

    Beim Schlüsseln lande ich bei einer Auswahl zw. P. hymenina, P. nepolydactyla, P. neckeri und P.polydactylon, wobei ich zu P. neopolydactyla tendiere.


    Was meint ihr dazu?


    LG, Martin

  • Hallo Martin, schwierige Angelegenheit. Mir erscheinen allerdings die Apothecien nicht vielfingrig genug und ich würde daher die beiden (neu)polydactala eher ausschließen.


    LG, Bernd

  • Hallo Bernd,


    aber was kann es sein?

    P. hymenina wäre meine eerste Wahl gewesen, kenne ich aber halt auch nicht und es passt nicht alles zur Beschreibung.


    Was mir bei der Beschreibung zu P.hymenina nicht gefällt, ist die matte bis schwach glänzende Oberseite - ich finde diese Oberseite stark glänzend, sicher nicht matt.

    Die Lappenbreite wird mit "meist" bis 2 cm angegeben; meine Probe hat 3 cm Lappenbreite,deutlich breiter. "Meist" heißt allerdings nicht immer - breiter ist also denkbar!

    Besonders flach und undeutlich kommen mir die Adern auch nicht vor. Sie sind cremefarben, was wieder passen könnte.

    Aufsteigende Lappenränder kann man gut erkennen (Bild 2, 3)

    Die Lappen überlappen sich auch gegenseitig: Eine Probe bestand aus zwei übereinander liegenden Lappen (Einsatz Bild 8).

    Lappenfarbe "meist grau, auch leicht bräunlich" - könnte man durchgehen lassen.

    Helle Rhizinien gibt es, aber nur am extremen Rand.

    Apothecien "(hell) braun bis hell rotbraun", würde passen:

    Ausschnitt Bild 5


    P. hymenina kommt wohl erheblich ofter vor ("selten") als P. neopolydactyla ("extr. selten").

    Auch das spräche für diese Art.


    Mich stören aber die dunklen Rhizinien, die (relativ) dunklen Adern und das kräftige Glänzen der Oberseite.


    Vielleicht meldet sich ja noch jemand, der die Arten kennt?


    LG, Martin

  • Hey Martin,

    da bin ich leider raus. Da kann ich nichts zu sagen.

    Bei einer Peltigera ohne Sorale habe ich immer einen großen Bogen gemacht.


    Hat vielleicht jemand einen weiteren Peltigera-Schlüssel zur Hand, damit ich aus diesem Dilemma herauskomme?


    Bis dann,

    Christian

  • Hallo Martin,


    mein einziger Kandidat für P. hymenina war der hier Peltigera polydactylon? → vermutlich P. hymenina

    P. neckeri gibt es im benachbarten NSG, allerdings am anderen Ende, und der Fund ist schon ein paar Jahre her. Da wollte ich sowieso mal wieder hin und die gründlich dokumentieren, falls ich sie wiederfinde. Diese Bestimmung stammte von einem Lichenologen aus Minsk.


    LG, Bernd

  • Hallo,


    neben den deutschen Schlüssel kann man aus den italienischen bei Italic verwenden, er führt zu den gleichen Arten. Hab ich natürlich probiert, es bleiben aber die gleichen Fragen.


    Interessant finde ich den direkten Vergleich der Thallusunterseiten von P. polydactylon, neopolydactyla und hymenina im französischen Flechtenführer "Lichens de sol".



    Dem Text nach muss ich wohl die Oberseite im feuchten Zustand nach "maculae" absuchen...


    LG, Martin

  • Hey Martin,

    danke dir für den Tipp mit Italic.

    Hast du zwar schon mal an anderer Stelle erwähnt, hatte ich aber nicht auf dem Schirm 🥴


    Zurück zur Peltigera: Könntest du nicht einfach ein Mitglied des Blam anschreiben und um Bestimmungshilfe bitten?


    Und noch etwas: Was sind das eigentlich für kleine , weisse Dinger auf der Lobenoberseite von Bild 7 deines Beitrages? Dazu fiel mir auch auf Anhieb nichts ein.


    Bis dann,

    Christian

  • Hallo Martin,


    ich möchte mich Deiner ersten Vermutung anschließen und halte Peltigera neopolydactyla für möglich. Die Art ist in Deutschland zwar extrem selten und wohl nur montan verbreitet, aber am Mummelsee (bzw. im Schwarzwald und in gut 1000m Höhe) ist sie ja durchaus vorstellbar.


    Auf Deinen Fotos sehe ich auch kein Merkmal, welches nicht zu P. neopolydactyla passen würde. Aus eigener Anschauung kenne ich die Art zwar nicht und so kann ich Deinen Fund nur mit den Angaben aus der Literatur und mit Beschreibungen/Fotos aus dem Netz vergleichen, aber ich kenne die anderen hier diskutierten Arten.


    Auf P. neckeri möchte ich nicht weiter eingehen, die kommt wegen diverser Merkmale nicht in Frage und auch P. hymenina ist meiner Ansicht nach auszuschließen. Das Adernetz ist bei Deinem Fund viel zu deutlich ausgeprägt und eine eher glänzende als matte Oberfläche spricht auch nicht für P. hymenina.


    Typisch für P. hymenina wäre eine stark filzige (schwammig-filzige) Unterseite, die aber nur bei guter Durchfeuchtung zu beurteilen ist (so ein Foto fehlt hier leider).


    Auf Bild 5 meine ich die Entwicklung von Apothecien an fingerartigen Auswüchsen zu erkennen. Das passt dann ebenfalls nicht zu P. hymenina, sondern nur zu P. polydactylon oder P. neopolydactyla. Dabei ist die Anzahl der Apothecien für die Bestimmung völlig unerheblich (auch bei P. polydactylon finden sich nicht selten Exemplare mit nur wenigen Apothecien bzw. Fingern).


    Es bleiben also P. polydactylon und P. neopolydactyla, wobei Die von Dir gemachte Größenangabe (Lappenbreite von 3 cm) für P. neopolydactyla spricht. Peltigera polydactylon und auch P. hymenina habe ich so groß noch nicht gesehen und sind auch nach Literaturangaben deutlich kleiner.


    Der Fund sollte von einem professionellen Lichenologen begutachtet werden.


    LG Ingo

  • Hallo Christian,


    zuerst das einfache: die kleinen gelblichen Dinger auf Bild 7 und auch 9 und sicher bei genauerem Betrachten auf allen Bilder zu entdecken, sind schlicht Pollen. Die blöden Dinger verunzieren in Unmengen momentan alle Fotos.

    Der Regen lässt auf sich warten und bis dahin...


    Huch, eben merke ich, da sind ja noch jeder Menge andere Beiträge und diese Frage schon längst beantwortet.


    Kaum steckt man mal 2Stündchen im Stau, schon geht hier die Post ab... ==Gnolm4

  • Hallo Ingo,


    vielen Dank für deine ausführliche Stellungnahme!


    Es freut mich, nicht ganz daneben gelegen zu haben. Besonders freut es mich, falls es wirklich eine P. neopolydactyla sein sollte, denn dann ist sie vielleicht so selten nicht (mehr), wenn sogar ich eine finde.

    Schade ist nur, dass es diesen sichtbaren Flechtenthalli an der Mauer vermutlich durch die Bauarbeiten nicht gut geht, sie eventuell durch das Herunterklappen zugrunde gehen. Aber vermutlich gibt es oberhalb der Mauer in der Vegetation noch mehr davon...


    ABER:


    Besprochen habe ich oben die Flechtenprobe, die zum kleinen Thallus in Bild 3, 7, 8 gehört (auch die Unterseite von Bild 4 passt vom Aussehen hierzu, dieser Thallus ist deutlich größer). Die Flechtenprobe enthielt ursprünglich einige Apothecien, als ich zuhause ankam, leider nur noch ein Apothecium. Der Rest ging irgendwie verlohren. Ich habe es angefeuchtet fotografiert, weil es sonst zu sehr zusammengerollt wäre. In trockenem Zustand vor Ort habe ich noch ein Foto: Die Scheibe ist trrocken hellbraun, feucht orangebraun, der Thallusstiel, an welchem sie bebildet wurde ist 5-6 mm lang, daran schließt sich das Apothecium selbst mit etwa 7mm Länge an.

    Bild 10 Probe von kleinem Thallus aus Bild 2


    ABER:

    Ich vermute momentan, dass zwei Arten in den Proben vorliegen und die zweite Probe, deren Unterseite in Bild 9 gezeigt ist, (gehörig zu Thallus in zu Bild 2) einer anderen Art angehörten sollte. Die Unterseite in Bild 9 und13 ist filzig und trocken aufgenommen. Bilder in feuchtem Zustand zeigen kleine, vertiefte, hellere Lücken im Filz (Bild 14). Es gibt zudem hellere Stellen (Bild 12), frei von Filz und ohne Adern, vermutlich nahe der Wachstumszone.


    Bild 11 Probe zu Thallus in Bild 2 hier bläulich grau (im Zentrum Bild 2 eher bräunlich), ebenfalls glänzend, hochgerollte Unterseite cremefarben - ohne deutlich erhabene Adern und ohne Apothecien... Lappenbreite um 2 cm


    Bild 12 helle Unterseite nahe der Wachstumszone


    Etwas weiter von der Wachstumszone entfernt sieht die Unterseite dieser Probe dunkler und filzig (vgl. auch Bild 9) aus:

    Bild 13 filzig-braune Unterseite von Thallus aus Bild 2 (trocken)


    Bild 14 Gleiche Unterseite angefeuchtet, mit deutlichen hellen, vertieften Flächen


    Zumindest diese Flechte (Bild 2) ist sicher keine P. neopolydactyla.


    Da habe ich unsauber gearbeitet, eigentlich hätte ich nur Fotos von einem Thallus zeigen und nur genau diesen besprechen dürfen. Asche auf mein Haupt!

    Peltigeren sind schon kniffelig!


    LG, Martin

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Unbekannte Peltigera“ zu „Unbekannte Peltigeras - P. cf. neopolydactyla und ?“ geändert.