Peltigera hymenina und Peltigera membranacea in den Vogesen

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  • Hallo,


    ich muss mal meine Peltigerafunde aus den Vogesen (Silikat und kalkarme Gesteine) zur Diskussion stellen, da es sich für mich um zwei Erstfunde handelt.

    Peltigera finde ich leider relativ selten. Im Vogesenurlaub war das anders und ich konnte teilweise Stellen von mehreren Quadratmetern Größe (natürlich lückig) mit Peltigera bewachsen vorfinden.


    Nach Stand von heute habe ich dort zwei Arten gefunden:


    1. Peltigera / P. neckeri Korrektur: Peltigera hymenina

    Die seltenere, aber leichter bestimmbare Art hat eine sehr auffällige Unterseite und sollte P. neckeri P. hymenina (Korrektur dank Ingo "Sennepilz") sein.

    Fundort auf einer kleinen, feucht-moosigen Waldwiese am Wegrand.

    Die flatterigen Ränder steigen senkrecht auf, rollen um und zeigen sogar in Aufsicht von oben die helle Unterseite!

    Wenige Apothecien sattelförmig, hellbraun.

    Oberfläche glänzend olivgrün, mit vielen Rissen. Trocken grau mit Tendenz zu hellblau.

    Unterseite am Rand weißlich, zur Mitte hin schwärzlich mit ovalen hellen Öffnungen im Filz; sehr filzig, wenige Rhizinien.

    Rhizinien (Thallusmitte) länger als 5 mm und sind nicht konzentrisch angeordnet.


    Als Verwechslungsart wird P. elisabethae angegeben.

    Sie ist unterseits flächig filzig, ohne Adern. Die kurzen (2-3mm) Rhizinien stehen bei ihr in konzentrischen Reihen.

    Bild N1 Feuchte Waldlichtung mit Moos und Peltigera


    Bild N2 Auffällig aufsteigende, wellige Lappenränder


    Bild N3 Trockene Probe (zerbrochen), Unterseite im Zentrum schwarz


    Bild N3 Angefeuchtete Probe, Oberseite


    Bild N4 Trockene Probe Unterseite


    Bild N4 Angefeuchtete Probe Unterseite


    Bild N5 Trockene Oberseite glänzend, ohne Filz, ohne Bereifung, tief aufgeplatzte Risse


    Bild N6 Unterseite (trocken) am Rand weißlich bis sehr hell bräunlich mit breiten, filzigen Adern und wenigen ovalen, weißen Vertiefungen


    Bild N7 Der Filz auf der Unterseite wird zur Mitte hin sehr dunkel olivbraun, nass schwärzlich



    2. Peltigera / P. cf. membranacea

    Die zweite Peltigera-Art war deutlich häufiger zu finden, ist aber schwieriger in der Bestimmung.

    Fund auf feuchten, schattigen Stelle auf Moos am Waldwegrand, über Felsen, an der Basis von Baumstämmen direkt über Erde an der Böschung - aber immer auf Moos

    Die diskutierte Probe in Bild M2-M4 stammt vom Thallus in Bild M1a.

    Der Thallus M1b wuchs unmittelbar neben M1a.

    Der Thallus ist dünn, fast 4cm breit und 7cm lang. Auch trocken noch elastisch und biegbar.

    Die Unterseite ist durchgängig hell, Die Adern deutlich erhaben und im feuchten Zustand ockerfarben.

    Die Rhizinien sind jung weiß mit senkrecht abstehenden Härchen, ältere Exemplare deutlich dunkler als die Adern, braun und auffasernd.


    Der Bestimmungsschlüssel führt (keine Sorale, Rand filzig, keine Isidien, Adern deutlich, Thallus groß mit breiten Lappen) zum Komplex P. membranacea / P. canina / P. praetextata.
    Die Lappenränder sind breit rund, der Thallus ist dünn, die Adernstruktur ist sehr schön auf der Oberseite zu erkennen (Bild M1ab).

    Die Adern sind auch in der Thallusmitte genau wie am Rand erhaben (Bild M4), nicht verflacht.

    Die Adern sind im feuchten Zustand deutlich ocker.

    Nirgends sind Isidien zu finden, weder am Thallusrand, noch an Rissen.

    Die Fläche des Thallus ist ohne Filz, Filz ist nur am Thallusrand zu finden.

    Die Dichte der Rhizinien wirkt gering sie sind am Thallusrand nicht miteinander verwachsen.


    Meine trockene P. praetextata-Probe ist weit derber und störrischer. Die Adern deutlich dunkler. Ich finde, das passt hier nicht.

    Auch die P. canina-Probe ist ganz anders: sie ist wesentlich filziger und besitzt erheblich dichtere Rhizinien.

    Beide Arten passen meiner bescheidenen Meinung nach nicht gut zum Fund.

    Der Beschreibung im Schlüssel nach und wegen der Abweichungen gegen meine bisherigen Funde würde ich hier P. membranacea ansetzen.

    Bild M1a


    Bild M1b


    Bild M2 Waldfeuchte Probe mit reichlich hellbraunen Apothecien


    Bild M3 Trockene Probe: 4cm breit, 7cm lang mit glatter, matter Oberfläche, Rand filzig


    Bild M3 Nasse Probe


    Bild M4 Trockene Probe: Unterseite durchgängig weißliche, erhabene Adern, Rhizinien dunkel auffasernd. Bei den jungen hellen Rhizinien stehen die Härchen senkrecht ab.


    Bild M4 Angefeuchtete Probe: Adern ockerfarben; Apothecien bis > 7mm breit


    Vielleicht mag jemand mit Peltigera-Erfahrung mal drüberschauen.

    Eine Bestätigung oder sehr gerne auch Korrektur wäre mir lieb.

    Vielen Dank!


    LG, Martin

  • Huch, ich merke eben, ich habe den Beitrag im falschen Verzeichnis platziert.

    Sollte das korrigiert werden?
    Hilfe JanMen und Danke!

  • Hallo Martin,


    das sind zwei vorzüglich und mit zahlreichen Details präsentierte Schildflechten. Die Nr. 1 ist meiner Einschätzung nach aber eine typische Peltigera hymenina und nicht Peltigera neckeri. Letztere hat einen wesentlich derberen Thallus und sollte auch keine hellbraunen Apothecien haben. Bei P. neckeri (die in der Tat relativ leicht bestimmbar ist) sind die Apothecien schwarzbraun bis schwarz (siehe das folgende Foto).


    Peltigera neckeri (mit schwarzen Apothecien)


    Fotos von P. hymenina und P. neckeri, die nur wenige Meter voneinander entfernt an einem sehr geschützten Waldwegrand (mit hoher Luftfeuchte) standen, finden sich hier: Seltene Schildflechten an einem Waldweg


    Dort fand sich zusätzlich auch Peltigera membranacea und damit wären wir bei Deiner zweiten Art. Auch wenn Dein Fund nicht ganz typisch aussieht, spricht doch viel für P. membranacea. Peltigera canina ist es ganz sicher nicht und auch P. praetextata kommt kaum in Frage, auch wenn es öfters isdienlose Exemplare gibt. Schwieriger wird die Abgrenzung zur kaum bekannten (aber möglicherweise weit verbreiteten) Peltigera neocanina, siehe https://dalib.cz/en/taxon/info/Peltigera%20neocanina


    Auf einem Deiner Detailfotos (Bild M3, oben links) sieht man recht lange und flaschenputzerartige Rhizinen, das passt gut zu P. membranacea. Peltigera neocanina möchte ich angesichts der extremen Variabilität vieler Schildflechten (insbesondere bei der Zahl und Ausprägung der Rhizinen) aber nicht zu 100 % ausschließen. Anbei noch eine Nahaufnahme der Rhizinen von der P. membranacea aus dem oben verlinkten Beitrag.


    Peltigera membranacea, Rhizinen


    LG Ingo

  • Hallo Ingo,


    recht herzlichen Dank für deine Korrektur!

    Deinen Beitrag mit den beiden Flechten hatte ich tatsächlich gesehen und die tief schwarzen Apothecien nicht bedacht.

    Schade, dass du damals nicht auch die Unterseiten gezeigt hattest, dann wäre mir meine Verwechslung vielleicht selbst aufgefallen.

    Selbst in den Büchern und auf sonst guten Internetseiten wird selten die Unterseite gut gezeigt.

    Da bleibt nur das Textverständnis und damit hapert es naturgemäß ein wenig, wenn man eine Flechte zum ersten Mal bestimmen will.

    Die dunkeln Apothecien stehen natürlich auch im Schlüssel ("dunkelbraun bis schwarz") - habe ich wohl verdrängt, weil ich mich zu sehr auf die Unterseite versteift hatte.

    Wenn ich nach P. hymenina im Wirth/Hauck/Schultz schaue, findet man ein Foto mit der Aufsicht auf die Flechte im Moos, das meiner Fundsituation erstaunlich gleicht!


    Prima, dass die zweite Flechte womöglich richtig bestimmt ist. Das freut mich sehr.

    Peltigera ist echt schwierig zu bestimmen!


    LG, Martin

  • Sennepilz ,

    Hallo Ingo,


    Ich vergaß zu erwähnen, dass ich die beiden Fotos von dir in deiner Antwort zum Thema qualitativ und ästhetisch sensationell finde!

    Einfach klasse!


    Danke,

    Martin

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Zwei Peltigerenarten in den Vogesen“ zu „Peltigera hymenina und Peltigera membranacea in den Vogesen“ geändert.