Melanoleuca?

Es gibt 23 Antworten in diesem Thema, welches 1.647 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von ibex.

  • Hallo zusammen


    Bei uns ist ausser Rauchblättrigen Schwefelköpfen momentan leider noch nicht gerade viel zu finden. Einen anderen Pilz habe ich aber kürzlich dennoch gefunden und nahm ihn mit. Gefunden auf ca. 1800m direkt am Wegrand. Geruch konnte ich kaum etwas wahrnehmen. Der Hutdurchmesser lag bei ca. 4cm. Einen Sporenabdruck habe ich auch erstellt. Soweit ich sehe ist das Sporenpulver weiss und amyloid. Die Sporen und eine Lamelle habe ich auch mikroskopiert. Mit dem Mikroskopieren habe ich erst gerade angefangen und kenne mich noch überhaupt nicht aus. Leider gibt es hier in der Gegend auch niemanden, der sich damit auskennen würde und den ich fragen könnte. Es ist wirklich faszinierend, was man unter dem Mikroskop alles sieht, aber auch etwas schade, wenn man nicht weiss, was es ist bzw. was es zu bedeuten hat. Falls also jemand auch etwas zu den Mikroskopfotos sagen kann, wäre ich auch sehr dankbar. Ein Mikroskopierkurs wäre sicher super, aber das muss ich leider verschieben, da ich momentan leider keine Zeit habe.


    Jetzt aber zum Pilz. Ich habe 30 Sporen gemessen und diese lagen im Durchschnitt bei 8.08 µm (min. 7 µm, max. 9.1 µm) x 6.36 µm (min. 6.1 µm., max. 6.8 µm.). Zunächst dachte ich evtl. an Melanoleuca melaleuca oder M. stridula. Allerdings scheinen dafür die Sporen zu breit zu sein. Die Sporen scheinen für Melanoleuca ohnehin eher zu breit zu sein, oder? Ausser Melanoleuca brevipes dort wären sie noch im Rahmen. Allerdings passt das auch nicht richtig, oder? Aber die Gattung Melanoleuca müsste schon passen, denke ich, oder? Gemessen sollte ich ja eigentlich richtig haben (siehe Fotos), oder? Über eure Vorschläge würde ich mich sehr freuen.


    Hier mal einige Fotos:


    1a:


    1b:


    1c:


    1d:


    1e:


    1f:


    1g Sporenpulver in Melzers:


    1h Sporen in Wasser:


    1i Sporen in Wasser:


    1j Sporen in Wasser:


    1k Sporen in Melzers:


    Die nächsten Fotos zeigen eine Lamelle/Lamellenschneide:

    1l:


    1m:


    1n Das sah mMn auch faszinierend aus. Vielleicht kann mir jemand erklären, was man hier sieht.:



    Falls ihr noch weitere Informationen benötigt, gebe ich natürlich gerne Auskunft, soweit ich dies kann.


    Vielen Dank schon im Voraus und LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Hi,


    du scheinst dich mit der Gattung nicht sonderlich gut auseinander gesetzt zu haben. In der ersten Frage wird in den gängigen Schlüsseln nach Cheilozystidenformen gefragt. Lange Zystiden mit "körniger" Oberfläche an der Spitze versus kurzen, zweizelligen "Brennhaarzystiden".


    Ich sehe keines von beiden auf deinen Mikrobildern. Wenn du auch keine findest, dann wird es wohl keine Melanoleuca sein.


    Hinzu kommt noch, dass die Gattung alles als einfach in der Bestimmung ist. Antonin sitzt wohl gerade daran. Wie weit er mit der Überarbeitung ist? Keine Ahnung. Auf jeden Fall muss dort Ordnung geschaffen werden mit genetischen Untersuchungen.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Hallo Benjamin


    Zunächst die guten Neuigkeiten: Mit Melanoleuca liegst du richtig.


    Die schlechte Neuigkeit: Eine sichere Bestimmung in der Gattung ist eine Mutprobe, oft gelingt es nur per Sequenzierung.


    Die Weichritterlinge sind in der Präparationstechnik und beim Mikroskopieren sehr anspruchsvoll.

    Sporen messen ist einfach, das hast du im Abwurf gemacht, soweit alles gut.

    In dem Melzer-Präparat sieht man schön die amyloiden Warzen, das ist typisch für Melanoleuca (und einige andere Gattungen).


    Cheilozystiden gibt es nicht bei allen Melanoleucas, und oft sind sie sehr schwer zu finden oder es gibt nur vereinzelte.

    Da musst du in Kongorot anfärben, dann vorsichtig quetschen, nicht zu viel.

    Dann unters Mikroskop tun und je nachdem nach und nach etwas mehr quetschen.

    Dadurch, dass die Zystiden oft spärlich und unauffällig sind, hast du ein Problem: Du kannst nie definitiv beweisen, dass es KEINE Zystiden gibt.

    Nur wenn du eine findest, bist du sicher dass es welche gibt. Das heisst: Wenn du keine findest, musst du lange suchen und mehrere Präparate machen.

    Es gibt drei Möglichkeiten bei Weichritterlingen:

    a) Du findest gar keine Zystiden

    b) Es gibt grosse, breite, auffällige Zystiden (Makrozystiden)

    c) Es gibt schmale, spitze Zystiden die oft an der Spitze einen Kristallschopf haben (Brennhaarzystiden)


    Wenn du die Frage der Cheilozystiden geklärt hast, geht die Mühe an der Stieloberfläche weiter.

    Dazu entnimmst du eine dünne Schicht kurz unter der Stielspitze, und dann suchst du dort:

    a) Gibt es Basidien? (ja, manche Weichritterlinge haben Basidien am Stiel)

    b) Gibt es echte Kaulozystiden, die ähnlich geformt sind wie die an der Lamellenschneide?

    c) Gibt es andere, meist keulige oder zylindrische Elemente?

    Das ist nachher alles wichtig. Kleiner Tipp: Wenn du b mit ja beantwortest, aber an der Schneide keine Zystiden gefunden hast, dann warst du nicht gründlich genug.

    Jeder Weichritterling mit echten Kaulozystiden hat auch Cheilozystiden.


    Makroskopie hätte ich fast vergessen:
    - Querschnitt machen, Farbe des Fleisches in der Stielbasis ist wichtig

    - Geruch notieren

    - Form der Stielbasis ist wichtig (gerade, verdickt, keulig, knollig)

    - Hut und Stiel messen und für später notieren


    So, wenn du das alles hast, studierst du die englischen Papers von Antonin et al. der letzten Jahre.

    Alle andere Literatur kannst du vergessen, nicht einmal mit der Funga Nordica kann man heute noch Weichritterlinge bestimmen.

    Für die Arten ohne Zystiden gibt es keinen aktuellen Bestimmungsschlüssel, d.h. du musst anhand der äusserst ausführlichen Beschreibungen bestimmen.

    Die einzelnen Arten sind oft kaum abgrenzbar, insbesondere wenn man nur einen Fruchtkörper hat.


    Fazit:

    Weichritterlinge sind gut um Mikroskopieren zu lernen, aber brauchen sehr viel Geduld.

    Du darfst nicht enttäuscht sein, wenn am Schluss die ganze Mühe vergebens war.

    Wenn du Lust hast all die Mikromerkmale zu sammeln, kann ich dir zumindest bei der Bestimmung helfen und du kannst dir das Studium der Papers erstmal sparen.


    Noch was: Melanoleuca brevipes ist ein nomen confusum. Der Name wurde quasi für alle braunen Weichritterlinge mit auffällig kurzem Stiel benutzt.

    Das ist aber gar kein arttrennendes Merkmal, sondern kann bei vielen Weichritterlingen auftreten.

    Nachdem diverse brevipes-Kollektionen sequenziert wurden, kamen etliche verschiedene Arten dabei heraus.

    Welche dieser Arten Bulliard im Jahr 1791 in der Hand hatte, als er "Agaricus brevipes" beschrieb, lässt sich leider nicht mehr feststellen.


    LG Raphael

  • Hallo zusammen


    du scheinst dich mit der Gattung nicht sonderlich gut auseinander gesetzt zu haben. In der ersten Frage wird in den gängigen Schlüsseln nach Cheilozystidenformen gefragt. Lange Zystiden mit "körniger" Oberfläche an der Spitze versus kurzen, zweizelligen "Brennhaarzystiden".

    Vielen Dank für die Antwort. Ich gebe zu, dass ich mich nicht intensiv mit der Gattung beschäftigt habe. Im PdS habe ich diese Cheilozystiden auch gesehen, finden konnte ich allerdings nichts. Es gibt doch mit z.B. M. stridula auch Arten der Gattung, welche keine Cheilozystiden haben, oder? Zudem kannst du dir vermutlich vorstellen, dass es für einen totalen Mikroskopieanfänger wie mich nicht einfach ist, das Gesehene zu interpretieren.


    Erstmal vielen Dank Raphael für diese ausführliche Erklärung.


    Ich habe einige Präparate der Lamellen erstellt und habe nach Cheiloszystiden gesucht. Ich habe auch viele Fotos gemacht, konnte aber nicht wirklich etwas finden. Die Fotos habe ich gerade nochmal durchgeschaut und auf einem noch etwas gefunden. Könnten diese Härchen etwas sein? Auf einem scheint zumindest eine Art Kristallschopf zu sitzen. Oft weiss ich einfach nicht genau, nach was ich eigentlich suche. :)



    Kongorot habe ich leider noch nicht, werde ich aber das nächste Mal, wenn ich bei Andreas etwas bestelle auch gleich mitbestellen.


    Das mit dem Stiel werde ich beim nächsten Fund einer Melanoleuca testen. Vorerst sollte ich wohl mal das Buch zur Pilzmikroskopie von Erb durchlesen, um die ganzen Fachausdrücke auch besser zu verstehen. ^^


    Vielen Dank auch für die Tipps zur Makroskopie.


    Woher bekommt man die englischen Papers von Antonin et al.? Im Moment werde ich wohl leider keine Zeit haben das zu studieren, aber für die Zukunft wäre das sicher auch sehr interessant.


    Was mich immer noch etwas wundert ist die Breite der Sporen. Sind diese nicht eher breit? Die Melanoleuca, welche ich in der Literatur nachgeschaut habe, hatten eigentlich die meisten Sporen bis max. 6.5 µm Breite.


    Vielen Dank auch für die Infos bezüglich Melanoleuca brevipes. :thumbup:


    Leider ist der Pilz mittlerweile in einem ziemlich schlechten Zustand. Wie geht man eigentlich am besten vor, wenn man den Pilz für weitere Untersuchungen konservieren möchte? Kann man ihn dann gleich im Dörrautomaten trocknen? Aber wie untersucht man z.B. die Stieloberfläche bei einem getrockneten Fruchtkörper?


    Ich möchte mich unbedingt Mal bei dir revanchieren. Du hast mir mittlerweile schon so oft weitergeholfen, dass das versprochene Bier schon lange nicht mehr ausreicht. :)


    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Hallo Benjamin,


    den Pilz zu trocknen ist eine gute Idee. Auch am Exsikkat bleiben die mikroskopischen Merkmale erhalten.

    Zur Untersuchung wird ein kleines Fragment abgelöst, wieder eingeweicht (in Wasser oder leichter in KOH) und kann dann wie ein frisches mikroskopiert werden.

    Breitenbach/Kränzlin haben die Mikroskopie der in ihren Büchern "Pilze der Schweiz" vorkommenden Pilze meist am Exsikkat vorgenommen.


    Gruß

    Peter

  • Danke Raphael,

    dass Du die Sachlage in der Gattung Melanoleuca so ausführlich zusammengefasst hast, dem ist kaum etwas hinzuzufügen.

    Es ist leider so wie in vielen anderen Gattungen, dass seit der FN und dem 2. Band von Gröger so viel Erkenntnisgewinn durch Molekulargenetik dazugekommen ist, dass die beiden Schlüsselwerke in vielen Gattungen nur noch eine Grobrichtung für die Bestimmung darstellen. Aber es gibt leider nichts Besseres!


    Wir sind gerade dabei, eine Übersicht dieser Artikel zu generieren und für alle zur Verfügung zu stellen.


    Was Melanoleuca betrifft, so meine ich, dass Vladimir alle Sektionen bearbeitet hat. Ich habe mir daraufhin mal einen Bestimmungsschlüssel gebastelt und kann Raphaels Aussage nur unterstreichen: Bei den Arten mit Brennhaarzystiden bleibt eine Bestimmung in den meisten Fällen unsicher und bedarf einer Validierung durch die Genetik.


    schöne sonnige Grüße in die Runde

    Günter.

  • Ich habe einige Präparate der Lamellen erstellt und habe nach Cheiloszystiden gesucht. Ich habe auch viele Fotos gemacht, konnte aber nicht wirklich etwas finden. Die Fotos habe ich gerade nochmal durchgeschaut und auf einem noch etwas gefunden. Könnten diese Härchen etwas sein? Auf einem scheint zumindest eine Art Kristallschopf zu sitzen. Oft weiss ich einfach nicht genau, nach was ich eigentlich suche.

    Hallo Benjamin


    Schwer zu sagen, kann sein oder auch nicht. Du musst vermutlich mehr quetschen, die Lamellenschneide scheint noch recht dick zu sein.

    So wirst du nicht viel sehen. Es müsste etwa so aussehen:


    Brennhaar-Zystiden ohne Kristallschopf:


    Brennhaar-Zystiden mit Kristallschopf:


    Makrozystiden:


    Woher bekommt man die englischen Papers von Antonin et al.? Im Moment werde ich wohl leider keine Zeit haben das zu studieren, aber für die Zukunft wäre das sicher auch sehr interessant.

    Die meisten kannst du auf Researchgate herunterladen:

    Antonin et al 2014 - Melanoleuca juliannae (Basidiomycota, Tricholomataceae), a new species from subgen. Urticocystis. Phytotaxa 170 13–23

    Antonin et al 2015 - Identity of Agaricus brevipes Bull. (Melanoleuca brevipes, Tricholomataceae, Basidiomycota) - Mycological Progress 14

    Antonin et al 2017 - Molecular phylogenetics and taxonomy in Melanoleuca with emphasis on M. exscissa group and the description of M. griseobrunnea sp. nov. Plant Systematics and Evolution 303

    Antonin et al 2017 - Taxonomy, ecology and distribution of Melanoleuca strictipes (Basidiomycota, Agaricales) in Europe - Ceska Mycologie 69(1)

    Antonin et al 2018 - Two lesser-known Melanoleuca species, M. malenconii and M. tristis from anthropogenous habitats in the Czech and Slovak Republics. Acta Musei Moraviae, Scientiae biologicae

    Antonin et al 2021 - Melanoleuca galbuserae, M. fontenlae and M. acystidiata - Three New Species in Subgenus Urticocystis - Journal of Fungi 7

    Antonin et al 2021 - Multilocus phylogeny and taxonomy of European Melanoleuca subgenus Melanoleuca. Mycologia 114(61): 1-30

    Antonín et al 2023. Two new European species of Melanoleuca (Fungi, Agaricales) with comments on the M. graminicola group. Systematics and Biodiversity. 21(1, no. 2218375)

    Kalmer et al. 2018 - Phylogeny of Some Melanoleuca Species in Turkey and Identification of Melanoleuca angelesiana A.H. Sm. As a First Record - Kastamonu University Journal of Forestry Faculty


    Aber ganz ehrlich, ich würde mich da nicht zu früh reinknien. Ich habe mich einen halben Winter damit beschäftigt X/

    Wenn du wieder mal eine schöne Kollektion hast mit mehreren, frischen Fruchtkörpern, kannst du am Mikroskop üben und die Ergebnisse hier rein stellen

    Was mich immer noch etwas wundert ist die Breite der Sporen. Sind diese nicht eher breit? Die Melanoleuca, welche ich in der Literatur nachgeschaut habe, hatten eigentlich die meisten Sporen bis max. 6.5 µm Breite.

    Es gibt einige Arten mit so breiten Sporen. Aber du hast recht, das schränkt die Auswahl schon ordentlich ein.

    Dein Fund könnte Melanoleuca acystidiata, communis, favrei, graminicola oder krieglsteineri sein. Über die Ökologie könnte man vielleicht noch etwas ausschliessen.

    Misst du denn die Sporen im 100er Objektiv? Habe das Gefühl deine Bilder sind eher unter einem 40er oder 63er gemacht.

    Sporen messen solltest du immer mit dem 100er, sonst ist es zu ungenau. Warzen übrigens nicht mitmessen.


    Leider ist der Pilz mittlerweile in einem ziemlich schlechten Zustand. Wie geht man eigentlich am besten vor, wenn man den Pilz für weitere Untersuchungen konservieren möchte?

    Zunächst im Kühlschrank aufbewahren, da halten frische Pilze locker 3 Tage für weitere Untersuchungen. Und sonst halt trocken, wie Peter geschrieben hat.

    Untersuchungen am Trockenmaterial sind etwas mühsamer als an Frischmaterial, aber mit etwas Übung geht das auch gut.


    Gruss Raphael

  • Hallo zusammen


    Vielen Dank für die ganzen tollen Antworten. Peter Dann werde ich das mit den Exsikkat in Zukunft mal testen. Das stelle ich mir aber an getrockneten Pilzen, da sie ja nochmal viel kleiner sind, als ziemliche Fummelei vor. ^^ Aber da macht wahrscheinlich auch Übung den Meister.


    Mykollege_Günter Vielen Dank für den interessanten Einblick. Toll finde ich auch, dass ihr eine Übersicht der Artikel geniert und für alle zur Verfügung stellt. :thumbup: Kann man deinen selbstgebastelten Schlüssel eigentlich irgendwoher bekommen? Im Moment wäre es mir zwar ohnehin zu kompliziert, aber für die Zukunft wäre das sicher interessant und evtl. hätten auch andere daran Interesse. :)


    Clavaria Auch dir nochmal vielen Dank. Das mit dem Quetschen muss ich auch noch besser in den Griff bekommen. Ich lege z.B. eine Lamelle auf einen Objektträger und mache dann einen Tropfen Wasser drauf, lege das Deckgläschen drauf und quetsche das Ganze etwas mit einem Korkenzapfen etwas. Oft habe ich das Problem, dass es scheinbar zu dick ist und das Deckgläschen dann irgendwie schräg liegt, auf einer Seite hat es noch Wasser, auf der anderen Luft. Sollte man besser versuchen von der Lamelle nur einen dünnen Streifen des vordersten Teils mit der Lamellenschneide rauszuschneiden, um es besser quetschen zu können? Und was, falls man zu viel quetscht? Können dann z.B. die Cheilozystiden beschädigt werden und man sieht sie nicht mehr? Würde man diese Brennhaarzystiden denn auch ohne Kongorot finden oder eher nicht? Welches Objektiv hast du für die Fotos oben verwendet, bzw. welches nimmst du normalerweise für Cheilozystiden (40er, 63er oder 100er)?


    Vielen Dank für die Infos zu Antonin et al. Damit werde ich aber wohl lieber noch warten. :)


    Danke, auch für die Informationen zum Messen der Sporen. Du hast recht, bis jetzt habe ich immer mit dem 63er gemessen, da mir noch etwas fehlt, um das 100er vom Öl zu reinigen. Ich werde heute noch Wundbenzin bestellen. Wäre das folgende das richtige Produkt?

    https://www.brack.ch/haenseler-wundbenzin-1-l-1196426

    Zudem muss ich auch noch schauen, wie das mit dem 100er funktioniert. Zuerst mit dem 63er durchschauen, dann den Revolver etwas weiterdrehen und einen Tropfen Imersionsöl auf das Deckgläschen auftragen und zum Schluss das 100er eindrehen, oder?


    Soll ich dann den Sporenabdruck direkt im Kühlschrank machen? Falls man die Pilze nach 3 Tagen weiter konservieren möchte, kann man sie dann immer noch trocknen oder sind sie dann zu schlecht für weitere Untersuchungen oder z.B. eine DNA-Sequenzierung?


    Tut mir leid für die vielen Fragen, aber das hilft mir wirklich sehr weiter. :daumen:


    Liebe Grüsse und nochmal vielen Dank

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Hallo Benjamin,


    nimm mal nicht eine ganze Lamelle beim Mikroskopieren. Es ist vollkommen ausreichend ein winziges Stückchen von ca. 1 mm2 zu nehmen. Das lässt sich dann problemlos quetschen.


    Das mit dem Immersionsöl läuft genauso wie du es dir vorstellst. Vergiss das Putzen des 100x Objektivs. Das Öl schadet dem Objektiv nicht, wenn es dort Tage oder Wochen verbleibt. Und wenn du unbedingt was machen willst, dann reicht es, mit einem weichen Papiertaschentuch abzuwischen. Und wenn es wirklich mal schmutzig ist, geht jeder Alkohol - sogar Wodka oder Kirschwasser.... oder ...


    Freundliche Grüße

    Peter

  • Hallo Benjamin,


    du hattest einige Fragen an Clavaria/Raphael gestellt. Dazu von mir zwei kurze Anmerkungen.


    Das von dir ausgesuchte Wundbenzin kommt mir (für deutsche Verhältnisse) extrem teuer vor.

    Wenn ich google, dann finde ich Preise so zwischen 10-12 € plus Versand.

    Ich hatte bei einem freundlichen Apotheker ein kleines Fläschchen günstig abgefüllt bekommen, denn einen Liter verbrauche ich wohl in meinem Leben nie.


    Zur Vorgehensweise mit dem 100er Öl-Objektiv. So wie du es geplant hast, ist es richtig. Aber nach dem Ölen nicht auf das 63er oder 40er zurückdrehen, die sind sonst auch verschmiert !


    Grüße und weiter gute Fortschritte

    Günter


    PS:

    da war Peter deutlich schneller

    Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben. (A. Gide)

  • Ich lege z.B. eine Lamelle auf einen Objektträger und mache dann einen Tropfen Wasser drauf, lege das Deckgläschen drauf und quetsche das Ganze etwas mit einem Korkenzapfen etwas. Oft habe ich das Problem, dass es scheinbar zu dick ist und das Deckgläschen dann irgendwie schräg liegt, auf einer Seite hat es noch Wasser, auf der anderen Luft. Sollte man besser versuchen von der Lamelle nur einen dünnen Streifen des vordersten Teils mit der Lamellenschneide rauszuschneiden, um es besser quetschen zu können? Und was, falls man zu viel quetscht? Können dann z.B. die Cheilozystiden beschädigt werden und man sieht sie nicht mehr? Würde man diese Brennhaarzystiden denn auch ohne Kongorot finden oder eher nicht? Welches Objektiv hast du für die Fotos oben verwendet, bzw. welches nimmst du normalerweise für Cheilozystiden (40er, 63er oder 100er)?

    Hallo Benjamin


    Das richtige Mass an Quetschen in Übungssache. Was Peter schreibt ist schon mal richtig, weniger Material ist besser.

    Entweder nur ein kleines Stück Lamelle, oder nur einen feinen, aber langen Streifen entlang der Schneide. Beides kann man gut quetschen.

    Du musst mindestens so weit quetschen, dass die meisten Luftbläschen weg sind. Das braucht oft etwas Geduld und Feingefühl, damit sie ohne allzu viel Druck unter dem Deckglas "wegschwimmen".


    Die Zystiden sind bei den meisten Gattungen recht stabil, die zerdrückst du nicht so schnell. Es gibt Ausnahmen, z.B. bei Tintlingen.

    Das Wichtigste beim Mikroskopieren ist Übung. Such dir irgendeinen Risspilz, Täubling, Düngerling oder so. Ohne Bestimmungsabsicht, nur zum Üben.

    Einfach eine Gattung die leicht ansprechbar ist, und gemäss Literatur viele Zystiden hat.

    Damit kannst du gut den richtigen Schnitt und die Druckstärke ausprobieren.


    Die Brennhaarzystiden sieht man auch ohne Kongorot, aber der Kontrast ist halt schlechter.

    Für Zystiden nehme ich meistens das 40er, oder das 63er wenn die Zystiden eher klein (z.B. bei Conocybe).


    Zudem muss ich auch noch schauen, wie das mit dem 100er funktioniert. Zuerst mit dem 63er durchschauen, dann den Revolver etwas weiterdrehen und einen Tropfen Imersionsöl auf das Deckgläschen auftragen und zum Schluss das 100er eindrehen, oder?

    Wenn man das 100er oft braucht, hat man gerne einen freien Platz am Revolver, und das 100er direkt daneben. Also im 40er oder 63er scharf stellen, auf den freien Platz drehen, einen kleinen Tropfen Öl aufs Deckglas, 100er drauf und dann los. Ohne freien Platz geht es natürlich auch.

    Und die Reinigung... ich reinige das alle paar Monate. Wenn du modernes Immersionsöl nimmst, musst du dich da nicht grossartig drum kümmern.


    Sporenabdruck nicht im Kühlschrank machen. Normalerweise hast du mehrere Exemplare, einzelne Fruchtkörper würde ich eh (fast) immer stehen lassen (ein Pilz ist kein Pilz).

    Ein frischer Hut macht in 1-2 Stunden schon einen Abdruck, der fürs Mikroskop reicht. Nur wenn du die genaue Farbe des Spp brauchst (Täublinge etc.), musst du einen richtig dicken Abdruck haben der länger dauert. Die 1-2 Stunden überlebt der Hut auch bei Raumtemperatur und kann nachher trotzdem getrocknet werden.


    Gruss Raphael

  • Hallo nochmal


    Vielen Dank euch allen für diese äusserst wertvollen Informationen. Es freut mich wirklich, dass man das 100er Objektiv, trotz Öl, nicht nach jeder Nutzung reinigen muss. Vielen Dank auch für die Beschreibung, wie ich bei Lamellen bzw. dem Quetschen am besten vorgehen sollte.


    Ich habe im Revolver neben dem 100er auch noch einen freien Platz, dann sollte das also gut funktionieren. Im Mikroskop habe ich im Moment die folgenden Objektive: 10er, 40er, 63er und 100er. Als Imersionsöl habe ich Zeiss 518 N dazu bekommen. Ich hoffe das sollte modern sein, oder?


    Ich überlege, ob ich mir in Zukunft zur Erstellung der Präparate noch eine Stereolupe anschaffen sollte. Würdet ihr das empfehlen?


    Super, das mit dem Sporenabdruck werde ich so machen. Und falls möglich werde ich 2-3 Exemplare mitnehmen. Eines kann ich dann trocknen und mit dem anderen "normal" arbeiten. Eine kurze Frage hätte ich noch. Entoloma hat ja z.B. schön rötliche Sporen. Unter dem Mikroskop sieht man das aber gar nicht. Weshalb ist das eigentlich so?


    Vielen Dank euch allen nochmal.

    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Ja das Öl ist sicher in Ordnung :)


    Stereolupe: Ich mache meine Präparate ohne, andere schwören darauf. Je kleiner die Pilze sind, umso eher brauchst du eine.

    Für den Anfang ist es nicht unbedingt nötig.


    Entoloma-Sporen: Ui, ich bin kein Optiker. Vielleicht kann dir das jemand anderes erklären.

    Aber der Effekt ist bekannt. So sieht man auch die Amyloid-Reaktion am Sporenpulver viel besser als unter dem 100er Objektiv.

    Dextrinoidität von Hebeloma und anderen Braunsporern sollte man auch nicht bei maximaler Vergrösserung anschauen, ich nehme dazu immer das 10er Objektiv.


    Gruss Raphael

  • hi Peter,


    es geht nicht jeder Alkohol. Ich hab mir mal ein 100er mit Isopropanol ruiniert. Es hat hinterher geklappert.


    Grüße Peter

  • Hallo Ben,


    ich mag kein Öl auf dem Objektiv, wenn ich nicht mikroskopiere, daher wische ich es ganz am Ende der Mikroskopiersession mit einem Kosmetiktuch ab. Nicht reiben, das kann Kratzer auf der Linse geben. Wegen der Farbe des Sporenpulvers: im Abwurf liegen hunderte oder gar tausende Sporen übereinander, unter dem Mikroskop liegt nur eine einzige Spore. Sporenfarbe ist also was anderes als Sporenpulverfarbe.


    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Wenn es mir nur ums Sporen-messen geht, schabe ich etwas Stielhaut knapp unter den Lamellen ab. Dort hat man immer ein Abwurfpräparat, auch bei Weißsporern, nur sieht man die erstmal nicht.

    Dann anfärben und quetschen. das hat - neben dem nicht-auf-ein-Abwurfpräparat-warten-müssen - auch den Vorteil, dass die Sporen ruhig in ihrer Stielhautmatrix liegen und sich nicht bewegen!

    Grüße

    Günter

  • Hallo nochmal


    Wiederum vielen Dank für eure Beiträge. Auf eine Stereolupe werde ich vorerst wohl verzichten. Im Nahbereich sehe ich eigentlich auch sehr gut und daher sollte es auch so gut funktionieren. Wenn nicht, kann ich dann immer noch später mal eine kaufen.


    Wegen der Farbe des Sporenpulvers: im Abwurf liegen hunderte oder gar tausende Sporen übereinander, unter dem Mikroskop liegt nur eine einzige Spore. Sporenfarbe ist also was anderes als Sporenpulverfarbe.

    Hm, aber die Farbe einer einzelnen Spore müsste doch im Prinzip gleich sein, wie tausende Sporen zusammen, oder nicht? Denn wenn die einzelne Spore nicht eine bestimmte Farbe hat, kann doch nicht plötzlich bei mehreren zusammen eine Farbe entstehen, oder doch? Daher dachte ich da eigentlich eher an einen optischen Effekt. Oder wird die einzelne Spore vielleicht einfach zu hell beleuchtet, dass man die Farbe nicht wahrnehmen kann und diese erst zustande kommt, wenn viele übereinanderliegen? Könnte natürlich auch sein. :)


    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Hallo Mykollege_Günter


    Vielen Dank noch für den hilfreichen Tipp. :thumbup: Das werde ich auch ausprobieren.


    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Hallo Benjamin,


    Oehrling hat es schon gesagt. Die Farbe der Sporen im Mikroskop ist nicht identisch mit der Sporenpulverfarbe, die man makroskopisch beurteilt. Als Beispiel diese Aufnahme vom Sporenabwurf auf einem Objektträger.


    Die Sporenpulverfarbe ist im original Abwurf dunkelbraun (wie Bitterschokolade). Der Objektträger wurde mit dem 10x Objektiv (100fache Vergrößerung) im Durchlicht betrachtet. Im rechten Bereich erscheinen die dicht übereinanderliegenden Sporen fast schwarz. Im linken Bereich liegen die Sporen einzeln, da erscheinen sie fast farblos.

    Deshalb ist es auch so wichtig, die Sporenpulverfarbe makroskopisch zu beurteilen.


    Unter dem 100x Objektiv erscheinen dieselben Sporen dann sogar etwas grünlich.

    Die Gründe dafür hast du selbst schon genannt, das Übereinanderliegen und die helle (Durchlicht-) Beleuchtung.


    Gruß

    Peter


    larchbolete : Das 100x Objektiv würde ich mir gerne ansehen - vor allem, wenn es nicht vor 1980 gebaut wurde. Die Botschaft höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

    Gruß

    Peter

  • Hallo Peter


    Dann möchte ich mich bei dir und Stephan nochmal für die Erklärung bedanken. Je nachdem, wie sporfreudig ein Pilz ist, kann eben die makroskopische Beurteilung der Farbe manchmal recht schwierig werden, daher wäre es eben schon praktisch gewesen, wenn man diese auch unter dem Mikroskop mit einzelnen Sporen beurteilen hätte können.


    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Guten Abend zusammen,


    ibex hat in seiner ersten Nachricht zu einem Bild folgendes geschrieben: "Das sah mMn auch faszinierend aus. Vielleicht kann mir jemand erklären, was man hier sieht."


    Ich hatte solche Bilder auch des öfteren. Meiner Meinung nach ist da Luft zwischen den Objektträger und das Deckgläschen gekommen und man sie Wassertropfen und -schlieren, die vermutlich unten am Deckgläschen hängen.


    Es gibt hier eine Serie über Pilzmikroskopie: http://tintling.com/literatur/pilzbuecher_31.html, manche Artikel waren für mich aber nicht grundlegend genug.


    Viele Grüße,

    Benjamin

  • Guten Abend Benjamin


    Die Wassertröpfchen sind schon klar, diese meinte ich aber nicht. Ich meinte die Art "Kanalsystem", die zusehen ist. Denn diese ging durch die Lamelle und schien an der Lamellenschneide wieder herauszukommen. Hier habe ich es rot eingezeichnet:



    Danke dir für den Link zu den Artikeln über die Pilzmikroskopie.


    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Hallo Wolfgang


    Danke für die Erklärung.


    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.