St-Luc 13.06.2024

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 984 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Oehrling.

  • Hallo zusammen


    Am Donnerstag gab es eine kleine Rundwanderung in verschiedenen Habitaten, die sich für die Jahreszeit als erfreulich pilzreich erwiesen haben:


    Zunächst einige Funde an oder knapp über der Waldgrenze, auf Bergwiesen oder Weiden.


    Zwergchampignons sind ja bekanntlich unbestimmbar. Ich habe versucht mit dem Parra auf einen grünen Zweg zu kommen, aber natürlich ohne viel Erfolg.

    Ich lege es mal als Agaricus semotus s.l. ab, obwohl es mir etwas Kopfschmerzen bereitet.


    Die Sporen passen aber nicht so ganz genau zu dem was Parra schreibt.


    Und es gibt nur ganz vereinzelte Zystiden.



    Entoloma sericeoalpinum (glaube ich) gab es in Unmengen. Die Art wurde erst kürzlich beschrieben, aber ist wohl gar nicht selten.


    Sporen subisodiametrisch. Zystiden gab es keine, aber dafür überall Schnallen.


    HDS mehrheitlich inkrustiert.


    Eine weitere Kollektion, zwischen Erikastauden und Alpenrosen. Aber mikroskopisch völlig identisch.



    Melanoleuca strictipes kennt wohl jeder, der schon einmal über der Waldgrenze Pilze gesucht hat.


    In der Nähe von Lärchen und Kiefern gab es diesen Trichterling mit Rhizomorphen an der Stielbasis.

    Damit ist eigentlich schon klar, dass es Rhizocybe vermicularis ist.


    Sporen klein deutlich kongophil.




    Dann noch zwei Sachen von einer Waldlichtung, nahe bei Picea, Pinus und Larix:

    Der hier sieht aus wie ein ausgebleichter Rettichhelmling, ist es auch, aber nur beinahe: Mycena luteovariegata.

    Die Art war bis vor einigen Jahren eine Varietät des normalen Rettichhelmlings.


    Die Sporen sind für den normalen Rettichhelmling etwas zu klein.


    Die voluminösen Zystiden haben beide Arten.





    Dieses dubiose Pilzchen hat mir ziemliche Kopfzerbrechen bereitet.

    Die waren nur knapp 10mm gross, und ich wollte keinen Fruchtkörper für einen Sporenabdruck verschwenden.


    Die Sporen sind aber, wenn man genau hinschaut, schwach höckerig. Also eine Rhodocybe.


    In Melzer sieht man wunderbar die zahlreichen dextrinoiden Pseudozystiden.


    Die HDS ist grob inkrustiert.


    Rhodocybe-Funde mit Pseudozystiden werden meist ohne viel Hinschauen als Rh. caelata abgelegt, aber die kann es eigentlich nicht sein.

    Insbesondere soll sie keine dextrinoiden Pseudozystiden haben.

    Im Jahr 2007 haben Consiglio, Contu & Setti eine Rhodocybe oss-emerae beschrieben, die haargenau passt aber wohl in Vergessenheit geraten ist.

    Der Schlüssel im gleichen Paper führt mich ebenfalls zu dieser Art.


    Ich habe noch drei Risspilze, die zeige ich dann morgen.


    LG Raphael

  • Clavaria

    Hat den Titel des Themas von „z“ zu „St-Luc 13.06.2024“ geändert.
  • Hallo zusammen


    Hier nun noch die erwähnten Risspilze mit der Hoffnung, dass Ditte mal reinschaut.


    1:

    Nur zwei Exemplare, die ich erst gar nicht mitnehmen wollte. Sie wuchsen direkt bei der Rhodocybe auf einer Waldlichtung, ca 1900m.

    In Reichweite gab es Picea, Pinus und Larix.

    Sie hatten einen eigentümlichen Geruch, den ich nicht zuordnen kann.

    Im Moment halte ich das für Inocybe amicta.



    Die Sporen sind recht unregelmässig geformt, 8.7-9.9-11.0 x 6.0-6.6-7.7 µm, Q = 1.25-1.51-1.72



    Cheilo- und Pleurozystiden etwa 54-66 x 16-22 µm, recht breit und mit nur undeutlich abgesetztem Hals.


    Bei einigen Zystiden findet man eine kappenartige Verdickung am Apex, was wohl typisch für amicta ist.


    Am Stielapex gab es nur einzelne echte Kaulozystiden, sonst neu zylindrische oder schlank keulige Elemente.


    Die zwei anderen folgen später, mein Akku gibt gleich den Geist auf.


    Gruss Raphael

  • So, nun noch die beiden anderen Risspilze:


    2:



    Diese Mallocybe aus dem Fichtenwald (ca. 1600m) halte ich für Mallocybe leucoblema. Auffällig ist das reichliche Velum beim jungen Fruchtkörper.



    Sporen: 9.1-9.8-11.3 x 5.4-6.2-7.0 µm, Q = 1.42-1.59-1.80


    Die Zystiden waren eher spärlich und schwer von Basidiolen zu unterscheiden.



    3:

    Hier bin ich auf keinen grünen Zweig gekommen.

    Habitat ist das gleiche wie bei Nr. 2 (10m entfernt) im Fichtenwald.



    Sporen: 10.2-11.0-12.3 x 6.3-6.8-7.4 µm, Q = 1.50-1.63-1.79



    Die Zystiden sind recht voluminös, die meisten keulig, aber auch einige zylindrisch oder fusiform.


    Bin gespannt, ob sich da etwas machen lässt.


    Gruss Raphael

  • Im Jahr 2007 haben Consiglio, Contu & Setti eine Rhodocybe oss-emerae beschrieben, die haargenau passt aber wohl in Vergessenheit geraten ist.

    Der Schlüssel im gleichen Paper führt mich ebenfalls zu dieser Art.

    Servus Raphael,


    uiii, da bringst du mich auf was. So ein Teil hatte ich vor zwei Jahren auch mal und starke Zweifel, dass das eine R. caelata sein soll.

    Hier der Link zur Kollektion:

    Rhodocybe caelata cf.

    8-9 mm kleine Winzlinge auf einer fast vegetationslosen Schotterheide an der Isar in den Alpen.


    Grüße

    Matthias

  • Ich bin ja noch "Learner" und kannte bisher keinen Deiner Pilze. In der Regel komm ich aber makroskopisch meist bist zur Gattung und das ist ja schonmal ein Anfang ;O)

    Was mich aber interessiert. Wie kommt man bei den letzten unter #3 gezeigten Pilzen auf Risspilze? Welche Merkmale weisen darauf hin? Ich seh da als Risspilze immer radialdaserige, kegelig/bucklige Pilze vor dem inneren Auge. So sehen die ja nicht aus. Aber, wie gesagt, hab da noch nicht den richtigen Blick für - daher die Frage.

    Etwaige Bestimmungen meinerseits sind mit keiner "Verzehrfreigabe" verbunden. Bitte sucht hierfür einen Sachverständigen auf, der sich die Pilze vor Ort genau ansehen und sie hinsichtlich Verzehr viel besser bestimmen bzw. ihren Zustand bewerten kann.


    100-10(APR2024)=90

  • Wie kommt man bei den letzten unter #3 gezeigten Pilzen auf Risspilze? Welche Merkmale weisen darauf hin? Ich seh da als Risspilze immer radialdaserige, kegelig/bucklige Pilze vor dem inneren Auge.

    Hallo, hm das ist schwierig so allgemein zu sagen. Man entwickelt einen Blick dafür, ab es fällt mir immer schwer das in Worte zu fassen.

    Andere hier können das vermutlich besser.


    Grundsätzlich ist "radialfaserig und kegelig/buckelig" schon mal nicht schlecht, aber das trifft halt nicht auf alle Risspilze zu.

    Gerade die Gattung Mallocybe hat eher flache, faserig-wollige oder auch schwach schuppige Hüte. Auch bei der Gattung Pseudosperma gibt es solche Arten.

    Die vorherrschenden braunen Farbtöne und die nie sehr dunklen Lamellen sind typisch für diese Gattung.


    Es gibt auch immer mal wieder Kollektionen, wo man im Feld nicht wirklich sicher ist.

    Dann hilft ein Sporenabwurf, wenn man kein Mikroskop hat.


    Gruss Raphael

  • Grüß dich, Raphael, hab deinen Thread eben erst gesehen:

    Also zu 1: ja ich denke, das passt ganz gut auf amicta, mir fiele auch keine andere Art ein, die besser passen würde. Das Sporemittel ist etwas größer als das von meinen Kollektionen, aber ja: auch die Zystiden passen.

    Zu 2: ja, vermutlich leucoblema, auch wenn es eine sehr ähnliche Art gibt, M. delecta. Allerdings hoffe ich, dass sie mehr nördlich wächst.

    Zu 3: da fällt mir als einzige Art M. gymnocarpa ein. Also die einzige, die so große Zystiden hat. Hast du ein Mittelsporenmaß von der Kollektion? Ich hab die nur ein einziges Mal gefunden mit nur einem Fruchtkörper, der allerdings im Aussehen zu deiner Kollektion gut passt. Ich würde mich also über einen Fruchtkörper von dir freuen. Wär prima, wenn du die Kollektion sequenzieren lassen würdest. Es gibt noch keine Sequenz des Typus. Aber die großen Zystiden und die großen Sporen zusammen sind sehr charakteristisch, ich hab den Lectotyp untersucht.

    Herzlich, Ditte

  • Liebe Ditte


    Danke dir für die Rückmeldung!

    Entschuldige, die Sporenmasse fehlten im Beitrag. Habe es jetzt oben ergänzt.

    Ich werde dir gerne etwas davon schicken und zur Sequenzierung geben.


    Hast du auch meinen Thread gesehen? Ist schon etwas länger her.


    Viele Grüsse

    Raphael

  • Was mich aber interessiert. Wie kommt man bei den letzten unter #3 gezeigten Pilzen auf Risspilze? Welche Merkmale weisen darauf hin? Ich seh da als Risspilze immer radialdaserige, kegelig/bucklige Pilze vor dem inneren Auge. So sehen die ja nicht aus.

    Hallo durnik,


    Risspilze haben keineswegs immer einen rimosen (= radialfaserigen) Hut, der eingerissen ist, und sind auch nicht immer kegelig-bucklig-papilliert. Dieses Bild von "einem Risspilz" hat man, weil in den gängigen Pilzbüchern immer nur so aussehende Risspilzarten abgebildet sind (meistens Kegeliger Risspilz, Ziegelroter Risspilz, Erdblättriger Risspilz, Birnen-Risspilz und vielleicht noch Grünscheiteliger Risspilz). Dass der von dir erwähnte Pilz eine Mallocybe und damit ein Risspilz ist, kann man ihm mit Erfahrung ansehen (gelbbrauner Hut, gelbliches Fleisch, gelbbraune Lamellen). Mallocyben haben meist auch einen charakteristischen staubig-erdigen Geruch, den man ebenfalls mit Erfahrung kennt und zuordnen kann.


    Am besten erkennt man einen Risspilz freilich unter dem Mikroskop an den charakteristischen Sporen und Zystiden. Das heißt, ist man sich wegen des Risspilzes unsicher, mikroskopiert man, danach hat man Klarheit, dass es ein Risspilz ist.


    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!