Liebes Forum,
am Dienstag habe ich mehrere Kollektionen Mehlräslinge auf einem Friedhof in Weißensee (Berlin) gefunden. Auf Hinweis von Climbingfreak im zoom Forumstreffen letzten Dienstag, dass das inzwischen mehrere Arten sind, habe ich nachgelesen und mikroskopiert. Und hab jetzt so ein bisschen das Dilemma, dass meine Merkmale irgendwie zwischen Clitopilus prunulus und Clitopilus abprunulus zu liegen scheinen. Weil ich auch sonst noch gar keine Diskussionen zur Merkmalsvarianz gefunden habe, dachte ich, vielleicht können wir meine Kollektion mal diskutieren, so dass es in Zukunft vielleicht auch anderen helfen kann.
Meine Fruchtkörper riechen stark nach Mehl, deswegen schließe ich Clitopilus chrischonensis, der nicht nach Mehl riechen soll, im vorhinein aus. Um auf die Metachromasie, durch die er sich auch unterscheidet, zu testen, hätte ich kein Kresylblau. Pleurozystiden habe ich auch keine gesehen, nach Cheilos hab ich nicht geschaut (von beidem hätte C. chrischonensis wohl reichlich).
C. abprunulus soll sich durch leicht kleinere gedrungenere Sporen, einen exzentrischen Stiel, einen leicht gräulichen Hut und aufgeblasene breite (>10 μm) Hyphen der Lamellentrama unterscheiden.
Ich stelle mal die eine Kollektion vor, die andere ist ähnlich, Link dazu gibts unten.
So sehen die Fruchtkörper makroskopisch aus:
Deutlich erkennbar exzentrischer Stiel, das könnte aber am gedrängten Wachstum liegen. Außerdem leicht graubräunliche Hutfarben, was vermutlich ein Witterungseinfluss ist - dort, wo der untere FK vom oberen geschützt war, ist der Hut weiß.
Dann die Lamellentrama:
Es gibt aufgeblasene Zellen die breiter als 10μm sind (die Eichung meiner Strichplatte beim 100er Objektiv ist 97μm/100Teilstriche), allerdings auch solche, die normal filiform sind, wie für C. prunulus beschrieben. Wie die Abbildungen der Lamellentramas (sowohl prunulus als auch abprunulus) in der Publikation sieht diese hier nicht aus.
Hier ist nochmal ein Übersichtsbild Lamellentrama mit kleinerer Vergrößerung(ca 160 o 250, hab ich vergessen), da sind Bereiche mit vorwiegend filiformen und mit vorwiegend aufgeblasenen Zellen auch nochmal auszumachen:
Und dann die Sporen (aus dem schon auf dem Hut vorhandenen Sporenabwurf)
Vermessen komme ich auf (n=20): (8,5-)8,6-10,0-11,2(-11,3) μm x (4,7-)5,2-5,8-6,7(-6,8) μm
Die Länge passt halbwegs gut zu C. abprunulus, allerdings sind sie dafür etwas schmal, wodurch auch der Quotient (1,5-1,7-2,0) nicht mehr so richtig passt. Die Publikation gibt an: (8) 8.5–11 (12) × (5) 5.5–8 mit Mittelwerten von 9,4x6,3, und für den Quotient 1,23-1,49-1,76.
Für C. prunulus gibt Erhard Ludwig (8) 10-12 (14) x 5-6 (8) an (ohne Quotient), da würden meine auch drin liegen. Das war aber natürlich vor der Abgrenzung von C. abprunulus.
Tja, und jetzt hänge ich etwas, weil meine Merkmale irgendwie gefühlt zwischen den Unterscheidungsabgrenzungen stecken. Im Moment tendiere ich zu C. prunulus, wegen der passenderen Sporenform und weil die aufgeblasenen Lamellentramahyphen trotzdem sehr langgezogen sind. Was denkt ihr?
Danke euch und liebe Grüße,
Lara
Noch ein paar Links / zum Weiterlesen:
Für die, die noch weiter schauen wollen, ist hier die zweite Kollektion von mir, etwas stämmiger und mit Sporen die etwas weiter nach oben ausreißen, aber insgesamt ähnlich: https://www.inaturalist.org/observations/222083919
Hier findet sich die Veröffentlichung / Erstbeschreibung von C. abprunulus: https://doi.org/10.1007/s11557-020-01603-6
Auf Wikipedia gibt es eine kurze Zusammenfassung der Artabgrenzung, https://de.wikipedia.org/wiki/Mehl-R%C3%A4sling
Im Kibby Band 4 ist C. abprunulus auch schon vorgestellt, wie ich heute festgestellt habe.