Besuch eines kleinen Waldfriedhofs und die neuen Arten

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 1.221 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von magicman.

  • Gestern hatte ich wieder etwas Zeit, um mit meiner Tochter für 2 Stunden einen Kurzausflug

    zu einem bisher unbekannten Waldfriedhof zu machen.


    Auf dieser recht kleinen Fläche waren schnell viele Arten zu finden.


    1. Ein blauer Täubling (5cm) bei Quercus, leicht schärflich und später etwas bitterlich werdend. weisse nur leicht büchige Lamellen, ein leichter

    Geruch ist vorhanden (vielleicht Jodartig?) fester Stiel, Hut mittig heller etwas gelb und früh niedergedrückt.

    Das Fleisch verfärbt sich unter der Huthaut und diese ist nicht ganz bis zur hälfte abziehbar.




    Die Guajak Reaktion ist mit 20-30 sekunden eher banal (aussagelos).



    SSP ist 2a/2b



    Ich bin noch auf der Suche nach der Art. In der Sektion gibt es viele Kandidaten.


    Edit: Mit dieser Schieferblaunen Hutfarbe und einem gelblichen Mitte liegt in der Sektion Griseinae. Das Sporenpulver hat einen Roseeinschlag

    und der Russula ist leicht schärflich in den Lamellen. Mein Arbeisttitel wäre R. Parazurea.


    2. Eine graue/dunkle Helvalla (Sattellorchel) mit ebenfalls dunklem Stiel. Die lappige Hutstruktur ist nicht mit dem Stiel verwachsen. Der Geruch ist

    erdig Pilzig. Der Stiel zeigt nach ober deutliche feine Strukturen (feine Haare?) und wird richtung Stielbasis heller.

    Nach der 2 stündigen Heimreise waren die FK deutlich dunkler.









    Edit: Schnittbild der Sattellorchel, hohl bis weiss wattig.





    Bei der Betrachtung der nachgedunkelte FK lassen mich an Helvalla atra denken.



    3. Ein weitere kleiner junger Täubling (4 cm) als Buchenbegleiter, weiss mit leichtem Rotanteil in Hut. Jung sehr fester speckiger FK (Hut und Stiel).

    Die Madengänge im Stiel bräunen. Hut stark eingerollt, feucht schmierige Oberfläche.

    Der Geschmack ist schärflich werdend mit bitterer Geschmacksnote zum Ende. Der Geruch ist absolut unauffällig. Huthaut nicht abziehbar.


    Edit: Dieser einzelnen FK ist für einen weitere Untersuchung und Bestimmung zu Jung



    Die Guajak Reaktion ist schnell. Der Farbumschlag liegt bei ca Sekunde 5.



    Nur sehr wenig SSP bei der geringen Menge unsicher auf 1a



    Edit: Das sieht mit diesen Parametern eher nach R. Vesc aus.


    4. Ein braunes Samthäubchen (Conocybe) mit einem Hutdurchmesser von ca 1,5 cm. Der braune, geriefte und spitzkegelige Hut mit dunkler Scheibe

    in der Mitte ist mit ca 1,5 cm recht klein. Der FK ist im allgemeinen sehr fragil. Eine Berühung beim Grasrupfen und der Hut hing schräg :/.

    Die Lamellen sind gut braun und die Schneiden etwas heller. Der Stiel ist für die Hutgrösse recht lang gewesen und zeigte feine längsrillen.

    Dieser eine FK stand wie fast alle anderen Funde zwischen den Gräbern im Gras mit hohem Moosanteil. Ein Geruch wurde nicht wahrgenommen.


    Die Bilder von der Hutoberseite sind leider recht schlecht. :/




    Darf Conocybe eine so ausgeprägte Hutriefen aufweisen? Ist Conocybe überhaupt die richtige Gattung?


    Meine Einschätzung: Aufgrund der Hutriefung wäre mein Bestimmungversuch Conocybe rickeniana.


    5. Ein Cuphophyllus (Ellerling) Clitocybe ca 3 cm. Wenn ich mir den Habitus anschaue, leicht gebuckelt und den Fundort (Wiese) bewerte,

    stark herablaufende Lamellen die Anastomosen bilden.

    Ein hell ocker bis leicht gelblicher Stiel. Der Geruch ist unbedeutend bis leicht pilzig und ein Geschmackstest wurde nicht gemacht.


    Ich finde der FK ist makroskopisch recht markant und führt mich zu Cuphophyllus flavipes - den Gelbfüßiger Ellerling


    Edit: Es ist eher von einem Clitocybe auszugehen (Danke Wolfgang)









    6. Ein nach dem Habistus zu urteilender Trichterling mit spitz gebuckltem Hut mit herablaufenden Lamellen. Der FK ist nur max 1 cm.

    Vielleicht hat jemand eine Idee?






    7. Ein Gruppe roter Täublinge mit einer Buche in der Nähe. Leider wurde die Gruppe schon ordentlich angefressen. Mit dieser Hutfarbe und weissen Lamellen.

    Da würde ich einen Speitäubling mit starker Schärfe erwart. Dieser Täubling war aber mild und wurde später nur etwas bitterlich!

    Der Lamellenverlauf war am Stiel leicht ausgebuchtet angewachsen und diese liefen sogar etwas herablaufend am Stiel. Der Stiel war nicht rot überhaucht.

    Die Huthaut war bis ca 1/3 abziehbar und zeigte nur sehr leichte Rötung.


    Edit: Der milde kühl rosa Täubing mit einer erkennbar Beflocktung am Stiel verweisst auf die Sektion Roseinae auf eosinrot hätte für Klarheit gesorgt. Wahrscheinlich ist von R. velutipes auszugehen (Danke Oehrling und Thiemo).





    Mitgenommen haben ich Ihn leider nicht. Dies wurde einfach zu viel.


    8. Und zum Abschluss eine schöne Gruppe Zwerg Schwindlinge.





    Der Besuch des kleine bisher unbekannten Waldfriedhofs hat sich gelohnt.


    Vielen Dank für eure Hinweise und ich hoffe das mitnehmen hat euch gefallen.


    lg Rainer

  • Hallo Rainer,

    bei solchen Täublingen hast du immer das Problem, dass es 8 bis 10 Arten gibt, die so oder so ähnlich aussehen, und die daher ausgefeilt und zielorientiert bestimmt werden müssen. Bei deinem ersten Täubling kann R. parazurea hinkommen, aber da würde man gerne das netzige oder wenigstens teilnetzige Sporenornament sehen,um Klarheit zu haben. Beim zweiten Täubling dreht es sich um ein junges Einzelexemplar, da ist schon makroskopisch kaum etwas zu machen. Mit der von dir gemachten Geschmacksangabe kann es jedenfalls nicht R. vesca sein, die wäre perfekt mild. Der rote Täubling erinnert mich persönlich an Russula velutipes, aber zum Bestimmungsnachweis müsste man da jetzt Sulfovanillin auf die Stielrinde geben (Magentaverfärbung).


    Nr. 6 sind für mich Trichterlinge, auch der davor präsentierte ist in meinen Augen ein Trichterling und kein Cupophyllus. Das Samthäubchen scheint dagegen zu stimmen.


    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Hallo Oehrling, vielen Dank für deine Einschätzung.


    Die Täublinge werde ich wohl vorest nur mitnehmen, wenn sie sich besser eingrenzen lassen oder sie sehr Markant sind. Und was die Anzahl der Bestimmlinge angeht, wäre weniger eindeutig mehr wenn schon kein Mikroskop vorhanden ist. Für die Russulabestimmung ist dann

    zumindest der Reagenzien-Koffer reichlich zu füllen. Es fehlt: Eisensulfat Kristalle, Anilin und Sulfovanillin.


    Für die Sattellorchel und der potenzielle Cupophyllus werde ich noch einen eigenen Bestimmung-Thread starten.


    Beim Samthäubchen bin ich sehr zufrieden, wenn die Gattungseinschätzung richtig ist.


    lg Rainer

  • Hallo Rainer,


    Zur Erläuterung möchte ich dir noch ein Merkmal vor Augen führen, was wahrscheinlich für den Einschätzung von Oehrling ausschlaggebend war:

    Die Roseinae und damit auch Russula velutipes haben gern eine flockige Stieloberfläche:

    Da kannst du in Zukunft mal darauf achten, wenn du wieder einen rothütigen aber milden Weißsporer findest. Übrigens ist der bitterliche Nachgeschmack auch typisch für diese Gruppe (am ausgeprägtesten bei Russula pseudointegra).

    VG Thiemo

    Bestimmungen anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Sichere Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben!

  • Hallo Thiemo, danke für die Information über die Stielbeflockung in der Roseinae Sektion.


    Beim nächsten mal erkenne ich das Merkmal schon im Feld und nehme mir zum bestimmen den wirklich interessanten Täubling mit ^^

    Nach der Sichtung der Sektion ist die Anzahl recht übersichtlich. Ich halte R. velutipes jetzt auch für sehr wahrscheinlich.

    Die Hutfarbe als kühles Rosa zu bezeichnen halte ich auch für zutreffend.


    Frau Maxmüller schreibt:


    Zitat: ...

    Wichtig für die Bestimmung sind der unten

    meist keulige Stiel, der oben plötzlich enger wird, um sich dann wieder kurz vor dem Lamellenansatz

    zu verbreitern sowie die bei frischen, unberührten Exemplaren flockig bepuderte Stielspitze (Lupe!)

    ...Zitat ende


    Die Stielform ist dann wohl auch makroskopisch auffällig.


    Vielen Dank, la Rainer

  • Hallo Wolfgang und Oehrling, welches FK Merkmal lässt euch an meinem vermeintlichen Ellerling zweifeln?


    Der schon etwas ältere Fruchtkörper hat einen leicht gebuckelten konvexen geformten Hut, stark herablaufende Lamellen deren Queradrigkeit, typisch für Ellerlinge, sehr gut zu erkennen ist. Der Geruch ist eher unauffällig.

    Das Habitat wäre untypisch, da dieser wohl eher in einer Magerwiese zu finden ist. Die Lamellen sollten nicht so dicht und wachsartig sein.

    Die letzte Eigenschaft habe ich nicht so wirklich genau untersucht.


    Gibt es den Trichterlingen mit dieser

    ausgeprägten Anastomose!?


    Wenn ja, welcher kommt euch in den Sinn?


    lg, Rainer

  • Hi Rainer,

    Anastomosen können fast alle Pilze bilden, besonders im Alter. Als Hauptmerkmal daher nicht geeignet, erst recht nicht bei einem alten Frk.


    Die Einschätzung ist eher Bauchgefühl, und durch Ausschluss der Hygrocybe-Arten die ich kenne, aber ich versuche mal das in Worte zu fassen:


    Ellerlinge sind vom Habitus dickfleischiger und -stieliger, die Huthaut von lacmus/flavipes glasig-speckig, die Lamellen bogenförmig herablaufend und nicht dreieckig.


    Bei den Trichterlingen bin ich nicht so fit, ein alter Einzelfruchtkörper eh schwierig, aber ich glaube das nächste Bild zeigt die gleiche Art in jung. Der gehört In die Nähe von gibba,

    da gibts auch 'ne squamulosa oder so? Wenn er denn wirklich nicht nach Mehl gerochen hat (was bei durchwässerten Frk fast nicht zu beurteilen ist), denn dann kämen weitere in Betracht aus der sinopica-Ecke.


    Gruß,


    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang, vielen Dank für deinen Hinweis.


    Die niedergedrückte Hutform im alter in Kombination mit einem dreieckigem Lamellenwuchs, wird wohl eher bei einem

    Clitocybe zu finden sein. Bei Ellerlingen ist der Lamellenwuchs mit einem Schneckling zu vergleichen (bogenförmig). Die Jungen

    gezeigten Findlinge gehören wohl zu selben Art.


    Und dein Vorschlag, Cl. squamulasa, neigt auch im alter zu ausgesprochnen Querlamellen. Die Geruchsbewertung ist unter diesen Umständen eher schwierig.

    Bleiben wir bei einem Clitocybe.


    lg Rainer