Frage zum Vorkommen von Hexenröhrlingen

Es gibt 35 Antworten in diesem Thema, welches 2.715 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Daniel224.

  • Hallo,

    für uns sind Hexenröhrlinge (sowohl Netz als auch Flocken) recht häufig vorkommende und recht bekannte Pilze.

    Vor kurzem haben wir uns mit einem Freund meines Schwiegervater (74 Jahre alt) unterhalten, der auch gerne im Herbst Pilze sammelt. Er ist kein Profi und sammelt nur Steinpilze und Maronen.

    Als wir ihm einen Flocki zeigten, meinte er, die hätte es hier in der Oberpfalz früher nicht bzw. nicht häufig gegeben. Er habe Sie auch nie gesammelt.

    Nun meine Frage: Gab es vor 60 Jahren genauso viele Hexenröhrlinge wie heute? Oder hat sich das Klima zugunsten der Hexen entwickelt?


    Viele Grüße

    Dani

  • Hi,


    meine Pilzfreundin Heidrun meinte, dass früher die Flockis in ihren Streifgebieten selten waren. Ich kann nur für mich sprechen, dass ich Hexen zu DDR-Zeiten gar nicht gesehen habe. Erst dann in den 2000er Jahren. Früher habe ich auch keine Netzhexen im Stadtgebiet von Dresden gesehen. Ab den 2000ern stehen die in DD überall unter den Linden, wenn die Witterung es zulässt. Meine Beobachtungen sind allerdings nicht wirklich valide, da ich mich erst seit Mitte der 90er mit den einfachen Röhrlingen, bzw. mit der Pilzwelt intensiver befasst habe.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Hallo Dani,


    Flockis habe ich vor knapp 30 Jahren bei meinem zweijährigen Aufenthalt in Regenstauff recht häufig gefunden, Netzhexen nie. In den 80-ern waren Flockis in den Wäldern rund um Chemnitz eine der häufigeren Arten, im Gegensatz zu Steinpilzen die es fast gar nicht gab. Netzhexen kannte ich damals nur aus einem Kirchenpark. Die haben sich extrem ausgebreitet.


    VG Jörg

  • Hey,


    Die Flockis sind halt vielerorts auch einfach keine Massenpilze. In meiner Region muss man schon regelmäßig viele Kilometer machen, um gute Habitate zu entdecken. Sie sind mancherorts definitiv schwerer zu finden als beispielsweise Sommersteinpilze. Von daher kann es schon sein, dass die Pilze manch einer gar nicht kennt oder erst spät kennenlernt.


    Der Netzstielige Hexenröhrling ist da deutlich häufiger und sogar innerhalb von Städten, am Straßenrand oder an Badeseen sehr häufig zu finden.


    Gruß

    Christopher

  • Vielen Dank für die Antworten!

    Nach den Aussagen von anderen Hobby-Sammlern waren die Hexen zumindest in den 70ern und 80ern nicht im klassischen Beuteschema. Immer nur Steinpilze, Maronen und wenns hoch kommt noch Rotkappen und Birkenpilze.

    Der Freund meinte nach Besichtigung des Flocki auch zuerst, dass sei doch auf jeden Fall ein giftiger Pilz.

    Sind in unserem Schwandorf er Wald jetzt keine Massenpilze, aber man begegnet ihnen schon hin und wieder. Der Freund sucht auch in ca. 2 Km Entfernung und will sie noch nie gesehen haben...

    Wahrscheinlich hielt er die immer für Satansröhrlinge.


    VG

    Dani

  • Hi Dani,


    zumindest war der Flocki für mich im zarten Alter von sechs Jahren mein erster selbstgefundener Pilz. Mein Vater kannte den und so ist er schon immer bei mir ein Speisepilz. Er war aber in der Vorinternetzeit nicht wirklich bei den Sammlern bekannt.


    VG Jörg

  • Hallo zusammen,

    ich sammle den Flocki seit nun 50 Jahren. Es war einer der ersten Speisepilze, die ich kannte. Meine Mutter, die mich mit in die Pilze nahm, sagte zu ihm "Schusterpilz". Da sie nicht so viele Pilze kannte, diesen aber sehr gut, muss er wohl schon ganz früher (im vorderen Odenwald) ziemlich häufig gewesen sein. Den Netzstieligen gab und gibt es dagegen im vorderen Odenwald kaum, den habe ich erst nach meinem Umzug nach Baden-Württemberg kennengelernt.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • In den Wäldern meiner Kindheit bei der Oma habe ich so gut wie nie einen Flocki gesehen (ein eher kleines Habitat, 70er und 80er Jahre). Und als Kind habe ich fast alles umgedreht, was wie ein Röhrling ausgesehen hat. Das hatte allerding einen Grund: ich habe nach einem Steinpilz gesucht. Denn, den habe ich dort als Kind auch kaum gesehen. Der Maronenröhrling war damals dort der Renner. Der Gallenröhrling war auch sehr häufig.

    Jetzt ist es in der Region so (wie von Verwandschaft berichtet): Steinpilze sind häufig geworden, Maronen gingen zurück und man findet viel mehr Hexen als früher. Aber das ist nur ein kleiner reginaler Ausschnitt. Da, wo ich jetzt lebe, sind die Flockis omnipräsent, seit ich da bin (24 Jahre). Gallenröhrlinge habe ich hier (gefühlt) vor 20 Jahren seltener gefunden als jetzt.


    Ich sehe 3 Varianten, die sich überschneiden können:

    1: Ja, die Artenvertretung ändert sich

    2: Sammlerverhalten: Sucht man die Pilze zu den gleichen Jahreszeiten wie früher?

    3: Beuteschema ändert sich (auch dank des Internets). Als ich vor 20 Jahren die Flockis zu dem Stammtisch gebracht habe, war die Reaktion diese: Bist du deppert, willst du sterben?


    LG Paulis

  • Hallo


    Es wundert mich etwas, dass noch niemand darauf hingewiesen hat, dass der Flockenstielige und der Netzstielige Hexenröhrling unterschiedliche Böden bevorzugen (der Netzstielige eher basische, der Flockenstielige eher saure Böden), so dass je nach Bodenart der eine oder der andere häufiger vorkommt.
    Dass man den kalkliebenden Netzstieligen zunehmend auch in sauren Gebieten finden kann, könnte möglicherweise daran liegen, dass dort stellenweise durch menschliche Eingriffe wie Kalkung, Baumassnahmen, Wegebau usw. der natürliche Ph-Wert des Bodens verändert wurde.

    LG Josef

  • Hey,


    meine Erfahrung ist aber, dass sich saure Bodenverhältnisse zwar durchaus positiv auf die Häufigkeit von Flockenhexen auswirken, jedoch insgesamt für ein Vorkommen kein Muss sind. Ich habe zum Beispiel ein paar Flocken-Spots, wo es basisch ist. Trotzdem wachsen sie da.

    Und nicht nur das, sie teilen sich einen Spot (warmer Buchen-Eichenwald) sogar mit Netzhexen. Hin und wieder bringen sogar beide Arten gleichzeitig Fruchtkörper hervor. An exakt dieser Stelle gibt es sogar zwei unterschiedliche Arten der Flockenhexe (die "normale" und den Eichenflocki).


    Gruß

    Christopher

  • Auf basischen Böden in thermophilen Gegenden wächst eher N. xanthopus.

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


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  • Jup, ist an der Stelle so. Die Gelbfüßigen stehen da zusammen mit den Netzhexen recht nahe am geschotterten Weg. Etwas weiter rein stehen dann die normalen Flockis. Vom Bewuchs her ist es da aber auch weiterhin basisch und nicht sauer.

  • Hallo,

    ja, genau so wie Stefan das erklärt hat, so ist das bei mir auch.

    Da finde ich den gelegentlich mal, auf basischem Boden, Bäume wären da ältere Buchen und Eichen. An einem wärmebegünstigten , teils offenen Südrand eines Laubwaldes.

    Und tatsächlich nahe dabei auch Netzhexen. Und auch weiter drin normale Flockies.

    Im Umkreis von denen finde ich hier immer grüngefelderte Täublinge.


    LG

    Daniel

  • Hey,


    interessant, Grüngefelderte Täublinge stehen bei mir in zwei Sommersteinpiz Habitaten. Bei Hexen jeglicher Art habe ich die bisher noch nicht gesehen. Leider tritt die Art bei mir meist nur vereinzelt auf, weshalb ich die stehen lasse, sofern sie nicht gerade zahlreiche Fruchtkörper gebildet haben.


    Gruß

    Christopher

  • An der Stelle gibts bei mir Sommersteinis, Fichtensteinis, Netzhexen, WuBi´s vereinzelt, Flockies etwas weiter weg, gut 50m, massig grüne Knollis und C. pallens, cibarius gibts da keine.

    Und in Massen den harten Zinnobertäubling. Der Wald ist 90% Buche, mit Eiche, Hasel, und weiterem. Lehmiger Lössboden.

  • Hallo an alle,

    ich versuche mich an der Ursprungsfrage mal mit einem neuen Erklärungsmuster:

    vor 40 Jahren (weiter reicht mein Pilzsammlergedächtnis nicht zurück) zog es die Pilzsammler gerne in Fichtenschonungen, weil es dort Steinpilze und Pfifferlinge gab. Inzwischen sind Pfifferlinge seltener (zumindest im Flachland, vermutlich eher wegen der Überdüngung durch Stickoxide als dem Klimawandel?), und Fichtenschonungen werden nicht mehr so gerne angelegt (weil die im geänderten Klima keine Chance haben).

    Daher "verirrt" sich jetzt vielleicht öfter ein Sammler in saure Buchenhochwälder, wo Flockis schon immer ihr Revier hatten, und m.E. dort nicht häufiger geworden sind.


    Das wäre dann ein Effekt 2. Ordnung.


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo Shroom, hallo Daniel


    "Etwas weiter drin/etwas weiter weg".
    Könnte es sich da nicht auch um zwei verschiedene dicht nebeneinander liegende Biotope handeln?

    Ich kenne da auch so einige Gebiete wo sich saure und basische Böden kleinteilig abwechseln.


    Grüngefelderte Täublinge würden ja auch eher auf sauer, neutral bis schwachbasisch hindeuten.

    Wenn dann dort in einzelnen Bereichen vor allem an, unterhalb oder in der Nähe von Schotterwegen durch Einschwemmen von Kalk auch Netzhexen wachsen, halte ich Eure Beobachtungen durchaus für plausibel und möchte sie daher auch diesbezüglich nicht anzweifeln.
    Aber:

    Wenn sich tatsächlich herausstellen würde, daß Flockis und Grüngefelderte Täublinge generell gleichermaßen wie Netzhexen und WuBis auf basischen Böden vorkommen, müßten dann künftig wohl zahlreiche Pilzbücher umgeschrieben werden (s. auch Parey/Bon S.38, S.56)


    LG, Josef

  • "Etwas weiter drin/etwas weiter weg".
    Könnte es sich da nicht auch um zwei verschiedene dicht nebeneinander liegende Biotope handeln?

    Ich kenne da auch so einige Gebiete wo sich saure und basische Böden kleinteilig abwechseln.

    Hallo Josef,

    genau das vermute ich auch. An der Stelle wurde in kleinem Umfang Holz gemacht und da wurde in der Tat mit Schotter nachgeholfen, um die Wege und ein paar Flächen zurecht zu machen für Maschinen und Trecker zum fahren.

    Die jeweiligen Stellen sind auch nur kleinräumig, und das sich das abwechselt, halte ich für sehr wahrscheinlich.

    Das könnte auch oberflächlich sein.

    Direkt durcheinander wächst das nicht, eben nur nah beeinander, direkt bei den grüngefelderten wachsen Sommer und Fichtensteinis und grüne Knollis.

    Die erste Stelle mit Flockies ist etwa 40-50m entfernt. Auch nur diese eine isolierte Stelle, im Rest des Waldes bisher keine, auch die Netzhexen sind nur eine isolierte Stelle, die Wubis auch.

    Das ist kein wirklich großes Stück Wald, so etwa 0,7 mal 1km, aber so dermaßen unterschiedlich innerhalb, ich denke du hast Recht mit den verschiedenen Verhältnissen da, anders kann ichs mir auch nicht erklären. Auf jeden Fall ein hochinteressantes Stück Natur da.


    LG

    Daniel

  • Hey Josef,


    Also hier teilen sich Flockis keine Standorte mit den Grüngefelderten. Geteiltes Habitat kenne ich da nur mit Sommersteinpilzen.


    Bezüglich meiner Mischstelle von Netzhexe, Flockenhexe und Eichenflocki: Definitiv keine verschiedenen Biotope. Es handelt sich um eine Art "Insel" mit Eichen und Buchen, welche ringsum von Forstweg umschlossen ist. Der gesamte Bewuchs und auch alle anderen dort vorkommenden Arten deuten auf basisch im Randbereich und leicht basisch im tieferen Bereich hin.


    Die Netzhexen kommen wie beschrieben ausschließlich am Rand vor, weil es dort wegen des Schotters logischerweise am basischsten ist. In dem Bereich stehen dann hin und wieder auch Eichenflockis dabei, wobei die Zahl der Fruchtkörper in die Insel hinein, weg vom Forstweg, ansteigt (etwa auf drei Meter). Die folgenden 10 Meter findet man dann nur noch die normalen Flockis.


    Noch weiter hinein endet das Hexenhabitat dann. Dort erscheinen dann gelegentlich Sommer- und Fichtensteinpilze, Perlpilze, Gelbe Heringstäublinge und Prächtige Klumpfüße. Letztere wollen es ja auch eher basisch.


    Insgesamt auf jeden Fall ein richtig tolles, artenreiches Habitat.


    LG Christopher

  • Hallo,


    ich habe hier einmal ein Bild aus dem sogenannten "Neidpark" bei einer gemeinsamen Wanderung mit Nobi, der auch das Bild aufnahm.



    Da könnt ihr einmal sehen wie nah Netzhexe, WuBi und Flocki beieinander wachsen können. Auf der Höhe meines Knies muss irgendwo die Grenze zwischen kalkhaltigem und saurem Untergrund sein. Wer schon einmal dort war kennt das Durcheinanderwachsen der Arten im Park.


    VG Jörg

  • Auf der Höhe meines Knies muss irgendwo die Grenze zwischen kalkhaltigem und saurem Untergrund sein.

    Liebe Pilzverrückte,


    vielleicht liegt es ja auch an der Interpretation zu den Aussagen von Habitaten. Wenn Spezies bestimmte Bedingungen bevorzugen, vielleicht dann besonders erfolgreich sind, heißt das nicht unbedingt, dass anderes nicht geht. In der Realität gibt es ja nicht nur ein ausschließliches Kriterium, sondern eine Vielzahl verschiedenster Variablen. Vielleicht ist im ein- oder anderen Fall das Vorkommen von Wasser der limitierende Faktor, vielleicht im anderen der ph-Wert des Bodens. Und in der Regel gibt es da ja ein Toleranzspektrum, bei dem es bei verschiedenen Arten eine Überschneidung gibt. Beobachtungen geben immer nur einen Ausschnitt aus dem Ganzen wieder. Auch wenn sie in Pilzbüchern stehen.


    LG Michael

  • Hannes2: Ist zwar offtopic, aber: Ich habe noch nie so einen "sauberen" Park gesehen. Hier in Berlin ist leider immer alles total vermüllt. X( Daher habe ich es mittlerweile auch aufgegeben, in einer der hiesigen Grünflächen nach essbaren Pilzen Ausschau zu halten.

  • Hallo,


    Wir haben ja hier im Forum mindestens einen bekannten Mykologen und Pilzbuchautoren.
    Vielleicht liest der ja mit und kann etwas dazu sagen?


    @ Shroom!

    Eichenflocki sagt mir leider nichts. Finde ich auch nicht in den 18.500 Namen bei Meine Pilze. Das gleiche gilt für den Gelben Heringstäubling. Möglicherweise handelt es sich um regionale Bezeichnungen. Könntest Du mir bitte die wissenschaftlichen Namen nennen?


    LG, Josef