Ein widerspenstiger Helmling

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  • Hallo zusammen


    Ich habe vorgestern diese wunderschönen Helmlinge gefunden, die ich für gut bestimmbar hielt:


    Sie wuchsen auf einem alten, liegenden Baumstamm. Es war ein Auwald auf 1400m, Substrat ist vermutlich Erle, oder vielleicht auch Fichte.

    Am Standort waren sie ziemlich geruchlos. Im Schnitt meinte ich einen Hauch von Rettich zu riechen, aber das verging schnell.

    Aufgrund meines Heuschnupfens ist allerdings auf meinen Geruchssinn wenig Verlass.


    Der Hut ist hygrophan:



    Die Sporen sind etwa 9-10 x 5-6 µm gross.


    Die Cheilo- und Pleurozystiden sind recht gross, fusiform oder keulig. Sie sehen aus wie die Zystiden eines Rettichhelmlings.


    HDS eine Kutis, Auswüchse konnte ich nicht entdecken. Ebenso am Stiel.

    Schnallen konnte ich ohne Probleme finden.


    Natürlich habe ich in Betracht gezogen, dass es einfach ein untypischer Rettichhelmling ist.

    Aber auf massivem Holz? Und ohne auffälligen Rettichgeruch? Mit braunem Hut und silbigem Stiel?

    Irgendwie passt das alles nicht zusammen.


    Wenn ich mit den gängigen Schlüsseln arbeite, lande ich am ehesten bei Mycena algeriensis.

    Aber auch das gefällt mir nicht so richtig.


    Hat jemand eine zündende Idee?


    LG Raphael

  • Hallo Raphael

    Hast du mit diesem auch schon verglichen;

    Mycena abramsii

    https://www.mycocharentes.fr/pdf1/628.pdf

    BG Andy

  • vergleich mal mit M.polygramma

    Grüße Peter

    Wollte ich ebenfalls gerade in den Raum stellen- hatte diesen Frühling einen zumindest ähnlichen Fund:



    Viele Grüße

    Michael

  • vergleich mal mit M.polygramma

    Grüße Peter

    Hallo

    Dein Vorschlag hat aber Fingerförmige Auswüchse an den Cheilozystiden, das kann ich nicht erkennen. BG Andy

  • Servus Raphael,

    der Schlüssel in FNE5 (Aronsen) führt zu M. niveipes. Ich habe keine sicher bestimmte Kollektion dieser Art, aber mit glatten HDS- und Stielhyphen gibt's ja kaum Alternativen.


    Grüße

    Hias

  • vergleich mal mit M.polygramma

    Grüße Peter

    Hallo

    Dein Vorschlag hat aber Fingerförmige Auswüchse an den Cheilozystiden, das kann ich nicht erkennen. BG Andy

    stimmt, die mikroskopischen Merkmale passen nicht zu polygramma. Hab auch mal mit dem Aronsen geschlüsselt und komme ebenfalls bei niveipes raus! dort steht über den Geruch, dass er nach Chlor mit einer Rettichkomponente riecht. Er soll auch recht früh im Jahr kommen.

  • Hallo zusammen


    Danke euch für das reichliche Feedback!

    Es spricht schon einiges für M. niveipes, aber so richtig glücklich bin ich nicht damit:


    Dieser dunkel braune Hut und der silbrigblaue, kräftige Stiel passen nicht so richtig dazu.

    Was man an glaubhaften Bildern findet, zeigt viel schlankere Fruchtkörper, weisse Stiele und bestenfalls blassbraune Hüte.

    Immerhin erwähnt Ludwig, dass junge Fruchtkörper blaugraue Stiele haben können.


    Das Problem bei Aronsen & Laessoe ist, dass sie sich konsequent auf die Arten Nordeuopas konzentriert haben.

    Ich wohne hier an der Grenze zum Mittelmeer-Raum, deshalb kann ich das Buch nicht bedenkenlos als "Helmlings-Bibel" verwenden.

    Das ist keine Kritik an diesem wundervollen Buch, es hat einfach einen anderen regionalen Fokus.

    Ich muss das halt berücksichtigen, wenn ich damit bestimmen will.


    Also liegt es nahe, auch mal in den Robich zu schauen.

    Durch seinen Schlüssel zu den Fragilipedes laufe ich wie folgt:


    1* Hyphae of the pileipellis smooth

    97* Hyphae of the cortex of the stipe smooth

    98 Spores up to 10 µm long (die längste, die ich gemessen hatte, war 9.5 µm lang)

    99 Spores broadly ellipsoid to subglobose
    (weil man unsicher sein könnte: 99* = M. plumipes, oder eine andere Art auf Eucalyptus, beides falsches Substrat)

    100 Spores 5-6.5 (7.5) µm wide

    101*: M. oss-emeri, die Robich nach einem Einzelexemplar als neue Art beschrieben hat, seitdem wohl verschollen.

    So richtig wohl fühle ich mich nicht mit diesem Namen.


    M. niveipes fliegt hier schon bei der Frage nach der Sporenlänge raus. Wenn ich das ignoriere und trotzdem bei 98* weitermache, sieht es so aus:

    106* Cheilocystidia 20-60 µm long = Mycena ustalis auf Juniperus-Nadeln, nein.

    (also weil das gar nicht passt, probieren wir die Alternative):


    106 Cheilocystidia up 110-150 µm long (ich konnte maximal 68 µm messen, meistens bis 55 µm, ok drücken wir ein Auge zu)

    107 Cheilocystidia up 110 µm long > hier fliegt M. niveipes schon zum dritten Mal raus...

    108 Pileus 20-35 mm broad > Mycena algeriensis. Die hat aber einen zähen Stiel, meine Pilze hatten einen sehr brüchigen Stiel.


    Fazit: Nach Robich komme ich nur auf M. niveipes, wenn ich drei Schlüsselfragen falsch oder mit grossen Fragezeichen beantworte.

    Er gibt für M. niveipes Zystiden von 54-150 x 11-22 µm an, die meisten meiner Zystiden sind kleiner als das.


    So, nun habe ich viel geschrieben, vermutlich hat niemand Lust das alles nachzuvollziehen ^^

    Ich lege ihn mal als aff. niveipes ab und schicke ihn in die Sequenzierung.


    LG Raphael

  • Hallo,


    M. niveipes meine ich vom Geisingberg in Sachsen zu kennen. Die Fruchtkörper wuchsen büschelig, Anfang/Mitte Juni im Laubwald, und hatten sehr zerbrechliche, weiße Stiele. Alles passte sehr gut zur Beschreibung der Art im Ludwig.

    Der Pilz hier scheint mir was Anderes zu sein, als das was ich damals hatte.


    LG,

    Alexander

  • Hallo Raphael,

    ich kenne die Art aus mehreren Kollektionen. Farblich ist sie recht unterschiedlich. Aber meist für Mycena recht gross, mit den glatten Zystiden und HDS erinnert die Art schon an eine Art der Sektion um M. pura. Meist im Vorsommer auf Holz, auch auf vergrabenem. Aber in den Mikros habe ich auch nicht stets konstante Merkmale, daher die 6242 als aff.

    Aber sonst ist das für mich schon eine M. niveipes, halt eine etwas dunklere Form.

    Viele Grüsse,

    Markus



  • Hallo Markus


    Ah, das ist interessant. Ich habe ja noch die Dokus all deiner Kollektionen und habe mir alles in Ruhe angeschaut.

    Entweder ist die Art auch mikroskopisch variabler als Robich das angibt, oder dahinter verstecken sich halbkryptische Arten.

    Falls sich mit der Sequenzierung etwas ergibt, werde ich hier berichten.


    Viele Grüsse

    Raphael