Inocybe eifliana in Fossombrone, Italien nachgewiesen.

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 1.089 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Oehrling.

  • Hallo zusammen,


    auch in diesem Frühjahr durften wir in der Kalkeifel wieder unsere im letzten Jahr neubeschriebene Inocybe eifliana finden. Bisher kannten wir die Art nur aus diesem Fundgebiet in der Kalkeifel. Dort kommen die Fruchtkörper regelmäßig und auch an verschiedenen Stellen (Radius 500m).



    Wir haben uns oft die Frage gestellt, warum diese Frühjahrsart noch nicht bekannt war oder bisher niemandem aufgefallen ist. Eine Erklärung könnte sein, dass die Art mit Inocybe queletii verwechselt worden sein könnte, die ebenfalls im Frühjahr wächst (sequenzanalytisch aber etwas ganz anderes ist und auch schon makroskopische Merkmale zeigt, die meiner Meinung nach bei genauer Kenntnis eine gute Unterscheidung ermöglichen. Die Art hat nämlich gelblich-weiße Stiele ohne rötlichen Grundton, was sich deutlich von eifliana unterscheidet.


    Ich selbst hatte beim Erstfund der unbeschriebenen Art 2021 Überlegungen angestellt, ob es sich um Inocybe queletii handeln könnte. Damals schrieb ich: "Leider konnte ich diesen nicht bestimmen, vielleicht habt ihr noch eine Idee. War am ehesten noch bei Inocybe queletii gelandet, dem voreilenden Nadelbaumrisspilz". Exkursion in der Eifel, Niederehe und Weinberg bei Kerpen


    Queletii scheint jedoch ein Art zu sein, die vornehmlich (lediglich?) bei Tanne vorkommt.


    An einer Dokumentation eines Italieners im Netz hegte ich daher so meine Zweifel, was die Bestimmung seines gut dokumentierten Fundes von 2008 als I.queletii anbetraf. Alles deutete nach seiner Dokumentation auf eifliana: http://www.ambpesaro.it/portfolio-item/inocybe-queletii/


    Sein Fund ebenfalls aus dem Frühjahr und ebenfalls bei Kiefer (scheinbar in reinem Kieferbestand, was super ist, denn bisher konnten wir noch nicht genau sagen, ob Eifliana nicht vielleicht auch ein Buchenbegleiter ist. In der Kalkeifel neben Kiefer immer auch Buchen an allen Standorten. Obgleich wir wegen bestimmter Standortbedingungen auch Kiefer bereits als wahrscheinlicheren Partner in Betracht gezogen haben).

    Zudem passten die Stiel- und Hutmerkmale viel besser zu eifliana. Und dann findet sich dort noch folgender Satz:

    Microscopicamente è simile a molti funghi di questo Genere, ma, la crescita primaverile, l’habitat di conifera, la carne del gambo rosata ai bordi e la cuticola liscia con resti di velo biancastri, ci permettono di determinarla anche senza l’uso del microscopio. Frei übersetzt: "Mikroskopisch ähnelt er vielen Pilzen dieser Gattung, aber durch das Frühlingswachstum, den Nadelbaumlebensraum, das rosafarbene Fleisch am Rand des Stiels und die glatte Huthaut mit weißen Velumresten können wir ihn auch ohne Mikroskop bestimmen." Tja, dass war ein Irrtum. Glücklicherweise hatte Herr Maletti sein Exsikkat noch, nach einem tollen Emailaustausch auf italienisch (KI sei Dank), übersandte er mir freundlicherweise 3 Exsikkate. Diese habe ich sequenzieren lassen. Zuerst schlugen alle drei Sequenzen fehl, was den fürchterlichen Verdacht weckte, dass die DNA der alten Exsikkate ggf. hinüber sein konnte. Glücklicherweise konnte Pablo mit einem Spezialkit aus der Art, die ich ganz dringend im Verdacht hatte doch noch eine ITS gewinnen. Heute kam das Ergebnis:

    ALV46698 Ex. 2068 19-04-2008 - KIT = ITS ok, 99.65% Inocybe eifliana OQ924475

    Super, damit ist eifliana auch in Italien nachgewiesen für einen Fund von 2008 (Bilder, siehe Link zu Herrn Malettis Dokumentation oben). Ich habe Herrn Maletti gleich geschrieben ...


    LG Sebastian

  • P.S: Habe noch Beschreibungen zum Fundgebiet zusammengesucht. Da möchte man am liebesten mal urlaub machen :)


    Monti delle Cesane

    Die Monti delle Cesane befinden sich zwischen den Städten Urbino und Fossombrone, nicht weit von der Gola del Furlo entfernt. Sie bestehen aus einer Reihe von Erhebungen mit einer maximalen Höhe von 648 Metern und erstrecken sich über 15-20 km, wodurch ein großes grünes Gebiet von touristischer und landschaftlicher Bedeutung entsteht. Diese sind fast vollständig mit hochstämmigen Wäldern bedeckt, die sich über etwa 1500 Hektar erstrecken.

    Die Geschichte dieses Gebiets ist sehr besonders. Bis ins letzte Jahrhundert war dieses Gebiet, das heute ein Staatsforst ist, ein vollständig für die Landwirtschaft genutztes und erheblich ausgelaugtes Gebiet. Dies machte im Jahr 1915 ein massives Aufforstungsprojekt notwendig, das aufgrund der Bodenverhältnisse mit für die Gegend untypischen Arten, nämlich Schwarzkiefern, durchgeführt wurde, die eine hohe Wahrscheinlichkeit des Anwachsens hatten.

    Diese Art von Eingriff, der bis in die 1950er Jahre wiederholt wurde, verlieh dem Gebiet ein einzigartiges Aussehen im Vergleich zu den angrenzenden Gebieten.

    Geologie und Geomorphologie

    Das Gebiet der Monti delle Cesane stellt ein weitläufiges Relief mit einer maximalen Höhe von 648 Metern dar, das sich von Fossombrone über eine Länge von 15-20 km bis nach Urbino erstreckt. Aus geologischer Sicht handelt es sich um eine große Antiklinale mit einer Nord-Nordwest-Süd-Südost-Achse, die zusammen mit der benachbarten Antiklinale Monte Pietralata - Monte Paganuccio Teil des Marchigianischen Rückens ist. Diese Antiklinale besteht hauptsächlich aus kalkhaltigen und kalkmergeligen Schichten, wobei im Kern die ältesten Schichten (Scaglia Bianca und Rossa) liegen.


    Passt


    LG Sebastian

  • Guten Morgen, lieber Sebastian, danke für deine email.

    Das hast du wirklich vorbildlich gemacht alles, toll!

    Und wir wissen jetzt, dass die Art nicht sooo selten ist, wie man hätte denken können. Außer mit I. queletii und mit I.audens, die ein enges Geschwisterchen von queletii ist, könnte man die Art natürlich auch mit I. psammobrunnea (= I. griseotarda) verwechselt haben bislang, die ich schon Anfang Mai gefunden habe. Also WIE selten sie wirklich ist, weiß man wohl erst, wenn Sequenzen wirklich billig geworden sind und viel mehr Pilzler also ihre Funde sequenzieren lassen.

    Wenn du mit von dem italienischen Fund ein bisschen was schickst, damit ich es auch selbst untersuchen kann, würde ich den Fund ins Buch mit reinnehmen, wäre sicher gut.

    Herzlich, Ditte

  • Servus beinand,


    prima Sache! In diesem Schwarzkiefern-Wald zwischen Urbino und Fossombrone war ich im Oktober 2015 anlässlich der Cortinarien-Tagung in Urbino. Damals gab's auch viele spannende Inocyben. Zwischen den Kiefern sind Abies-Arten und Manna-Eschen eingestreut.


    Beste Grüße

    Matthias

  • Hallo Ditte, ja ich schicke dir einen Teil der Fruchtkörper zu. Ich schicke dir gerne auch einmal die Sequenz.


    Matthias da bin ich jetzt schon auch neidisch, klingt wirklich alles nach einem interessanten Gebiet.


    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian, hallo zusammen


    Erstmal danke Sebastian für diesen spannenden Beitrag. :thumbup: Das muss schon toll sein, wenn man eine neue Art neubeschreiben darf, oder? Wie läuft das eigentlich genau ab? Ich nehme an, man kann dann einen eigenen Namen vergeben/vorschlagen und muss dann eine detaillierte Beschreibung mit Sequenzen irgendwo einreichen, oder wie läuft das genau ab? Wie bist du eigentlich auf den Fund vom Italiener oben aufmerksam geworden? Bei der Recherche nach I.queletii?


    Also WIE selten sie wirklich ist, weiß man wohl erst, wenn Sequenzen wirklich billig geworden sind und viel mehr Pilzler also ihre Funde sequenzieren lassen.

    Ich hätte mal eine laienhafte Frage zum Sequenzieren. Wie wahrscheinlich ist es, dass sich da in der Entwicklung soviel tut, dass man irgendwann in Zukunft selbst mit dem PC sequenzieren kann und das Ganze auch preislich noch einigermassen im Rahmen bleibt? Sodass sich vielleicht z.B. Pilzvereine oder vielleicht sogar Privatpersonen so ein Gerät anschaffen könnten. Oder ist das alles zu kompliziert und wird es voraussichtlich eher noch länger bleiben?


    Vielen Dank und LG
    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Hallo Benjamin,


    ja, die Art haben wir beim monatlichen APV-Treffen gefunden. Die Inocybe hat nirgendwohin gepasst, sodass eine Sequenzierung fällig war. Und damit war klar, dass es zu der Art nichts gibt. Dann kann man eben dazu veröffentlichen. Dabei sind natürlich einige Dinge zu beachten, damit eine neue Art gültig neu beschrieben wird. Zudem werden die Sequenzen des Holotypus in Genbank hinterlegt/veröffentlicht und eine Mycobanknummer beantragt. All das gehört auch in die Veröffentlichung. Den Namen vergibt man selbst.


    Bei der queletii hatte ich Bilder im Netz gesucht. Im Hinterkopf war immer die Frage, warum Eifliana noch keiner kannte. Dann fällt mit genauem Auge auf, dass da im Netz unter einem Namen queletii unterschiedliche Pilze gezeigt werden. Und die gut dokumentierte Kollektion von M.Maletti hat wie die Faust auf Eifliana gepasst und vor allem auch vom Stiel gar nicht zu queletii. Und die besondere Ökologie (Kiefer auf Kalk) + Frühjahr haben das Bild rund gemacht. Mikroskopisch kann man die Arten auch trennen. Aber eine mikroskopische Untersuchung fand ja nicht statt. Ja, und das Herr Maletti das alles noch in seinem Privatherbar hatte ist natürlich auch Zufall und Glück. Tolle Sache. Darüber habe ich mich tierisch gefreut.


    Ich denke mit der Nanoportechnologie gibt es schon eine Entwicklung hin zu günstigeren Sequenzen. Ob das ganz schnell gehen wird das am eigenen PC zu machen, da habe ich meine Zweifel. Grundsätzlich gibt es wohl schon Entwicklungen, das in immer kleinerem Maße umzusetzen. Aber im Grunde kenne ich mich mit der Technik zu wenig aus um dir eine vollständig kompetente Antwort zu geben.


    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian


    Vielen Dank für die ausführliche Antwort, war wirklich sehr interessant für mich.


    Bezüglich der Sequenzen wäre es natürlich schon toll, wenn man das irgendwann zu Hause relativ einfach umsetzen könnte. Leider kenne ich mich da überhaupt nicht aus und daher danke ich dir für deine Einschätzung, vielleicht meldet sich ja noch jemand, der sich in der Materie super auskennt und gibt auch noch seine Einschätzung dazu ab.


    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • ,,, würde ich den Fund ins Buch mit reinnehmen,


    Hallo Ditte,

    welches Buch? Bei diesem Nebensatz wurde ich äußerst hellhörig ;) :P

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Vielen Dank für die ausführliche Antwort

    Hallo Benjamin,


    sicher ist das alles noch verkürzt dargestellt. Ich sollte natürlich unbedingt noch erwähnen bzw. ergänzen, dass ich zum Glück auch zwei absolute Gattungsspezialisten an der Seite hatte. Wenn eine Sequenz keinen Match zurückliefert ist es natürlich immer notwendig und hilfreich die Spezialisten zu Rate zu ziehen. Ein fehlender Match kann verschiedene Gründe haben und muss noch nicht bedeuten, dass eine neue Art vorliegt. Alleine wäre ich sicher nicht zu der Sicherheit gelangt. Die Unterstützung und Impulse der Spezialisten waren sicher maßgeblich dafür, dass wir die Veröffentlichung überhaupt in Angriff genommen haben. Dabei habe ich selbst unheimlich viel gelernt. Auch die Herbarisierung ist ein Kapitel für sich.


    LG Sebastian

  • Hallo nochmal Sebastian


    Ich verstehe natürlich, dass du das nicht bis ins letzte Detail hier wiedergeben kannst. Dennoch fand ich es spannend zu lesen. Das mit der Sequenz hat mir Raphael auch mal erklärt. Z.B. kann es ja auch passieren, dass man meint einen Treffer zu haben, aber es ist in Wirklichkeit gar keiner, da Sequenzen der falschen Art zugeordnet wurden. Wenn man daraus einen Distance tree erstellt, kann man dann herauslesen, dass verschiedene Sequenzen ein und derselben Art zugeordnet wurden, obwohl es eigentlich ein paar verschiedene Arten gewesen wären. Und wenn es keine öffentliche Typus-Sequenz gibt, findet man kaum heraus, was es denn nun ist. Da braucht man dann auch laut Raphael, wie du schon gesagt hast Gattungsspezialisten, um weiter zu kommen. Alles ziemlich kompliziert, zumindest für mich. :) Da bin ich froh, dass ich mich an so hilfsbereite Leute, wie z.B. Raphael oder aber auch an viele andere Nutzer hier aus dem Forum wenden kann.


    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Hallo Öhrling, ich arbeite seit Jahren an einem Buch über Inocybaceae, mit ca. 600 Arten. Da viele das wissen, habe ich das nicht näher erläutert, herzlich Ditte

  • Hallo Öhrling, ich arbeite seit Jahren an einem Buch über Inocybaceae, mit ca. 600 Arten. Da viele das wissen, habe ich das nicht näher erläutert, herzlich Ditte

    Guten Morgen,


    gibt es denn schon eine ganz grobe Vorstellung für einen Veröffentlichungszeitpunkt? :)


    Viele Grüße,

    Benjamin

  • Nein, ich leg mich nicht fest, denn es kommt immer wieder was dazu, was extra Zeit kostet. Herzlich, Ditte

  • Hallo Ditte,

    vielen Dank für die Auskunft. Wenn das rauskommt, würde ich es mir sofort zulegen wollen.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!