Tropenhausfund: Lactocollybia, Xerocomus und Inocybe

Es gibt 22 Antworten in diesem Thema, welches 1.123 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Ditte.

  • Hallo zusammen, jeder Besuch des Zoo´s bringt Überraschungen.


    Heute wurden folgende Funde gemacht, die ich euch zeigen möchte.


    1. Evtl eine Lactocollybia Art. Das Sporenpulver ist cremefarben. Der Habitus erinnert mich an einen Gymnopus. Der FK richt pilzig bis leicht süsslich. Die dicht stehende Lamellen sind

    angewachsen und haben die gleiche Färbung wie der Hut. Das Substrat ist unbekanntes Totholz. Der Hutrand ist leicht gerieft und etwas heller.

    Der Stiel hat ebenfalls die selbe Farbe wie der Hut und ist hohl.


    Wie schätzt Ihr meinen Fund ein? Oder ist es doch nur ein Gymnopus sp.







    Sporenpulver:



    2. Wieder ein Filzröhrling. Ich bin mir nicht mal sicher, ob dieses Exemplar von heute die selbe Art ist wie der letzte Fund.

    Ich denke aber nicht. Der heutige FK blaut deutlich und recht schnell im Gegensatz zu meinem letzten Fund, siehe hier Filzröhrling,

    an den Röhrmündungen und auch der Stiel ist berührungsempfindlich. Das Schnittbild zeigt schon nach 30 Sekunden ein deutliches blauen im Stiel. Die Stielbasis rötet aber eher. Der obere Hutbereich zeigt wieder ein leichtes rot. Der FK ist mild aber leicht säuerlich. Der Röhrenboden ist gelb und blaut ebenfalls.

    Die gelben Röhren laufen am Stiel etwas herab. Alles in allem wäre ich diesmal mit X. casalpinus zufrieden, aber dieses röt in der Stielbais erinnert mich an

    an einem X. ripariellus, den ich ja schon einmal finden durfte und hier vorgestellt habe. Dieser sieht aber im Schnittbild schon anders aus.


    Die Partner könnten Quercus, Fagus und Hasel sein. Diese stehen direkt an der Rückwand des betreffenden Tropenhauses in diesem Bereich. Und ich gehe stark davon aus, dass das Wurzelwerk der Bäume bis in das Innere reicht.


    Ich bitte um eure Einschätzung :)









    Edit: Das Schnittbild verweist auf

    Hortiboletus bubalinus

    ( Danke Schupfnudel)


    3. Vielleicht eine Inocybe: Eine leichte Hutschuppung, mit bewimperte hellen Schneiden, ein überfaserter Stiel. Die dunkle nur leicht ausgeprägte Hutschuppung und der Hutrand halte ich für auffällig.

    Für den Geruch kann ich das nicht sagen.


    Edit: Die potenziellen Partner sind neben dem nicht heimischen Pflanzenstand, die beim Röhrling in frage kommende Baumarten. Der Fundort war in direkter Nachbarschaft.


    Das Innere des Inocybe sieht wie folgt aus. Da es sich um einen Einzelfruchtkörper handelt und ich den Stiel für das Exsikkat, das Matthias bekommt, nicht durchtrennen wollte, gibt es leider nur die Einsicht in den Hautbereich.





    Das Sporenpulver ist typisch Tabakbraun



    .

    Sollte jemand eine Idee für die Bestimmung haben!?









    Ich hoffe es hat euch gefallen. Und jeder Hinweis wird gerne gesehen..


    Edit: Text überarbeitet und weitere Informationen ergänzt.


    lg Rainer

  • Tolle Dokumentation Rainer 👍🏻

    Da bin ich ja gespannt, auf die verschiedenen Meinungen, aber ob da was geht ohne die Mikrodaten -> #3 das wäre ein tollen Fund zum bestimmen, wahrscheinlich schon eine Lepiota.

    BG Andy

  • Tolle Dokumentation Rainer 👍🏻

    Da bin ich ja gespannt, auf die verschiedenen Meinungen, aber ob da was geht ohne die Mikrodaten -> #3 das wäre ein tollen Fund zum bestimmen, wahrscheinlich schon eine Lepiota.

    BG Andy

    Hey Andy, eine Lepiota mit braunem Sporenpulver?


    lg Rainer

  • Hey Andy, eine Lepiota mit braunem Sporenpulver?


    lg Rainer

    Hallo Rainer, ja kann nicht sein.... Hab ich überlesen. BG Andy

  • Hallo Rainer, Inocybe ja, vermutlich eine glattsporige Art, mehr lässt sich natürlich absolut nicht sagen, da die ja zum einen vermutlich bei irgendwelchen exotischen Bäumen wuchs und ich zum anderen nichts vom Inneren sehe.... herzlich, Ditte

  • Hallo Rainer, Inocybe ja, vermutlich eine glattsporige Art, mehr lässt sich natürlich absolut nicht sagen, da die ja zum einen vermutlich bei irgendwelchen exotischen Bäumen wuchs und ich zum anderen nichts vom Inneren sehe.... herzlich, Ditte

    Hallo Ditte, vielen Dank für deine erste Einschätzung.


    Das Schnittbild und die FK grösse wurde oben ergänzt!


    Im Innern des Tropenhauses gibt es keinen richtigen Baumbestand. Ich gehe davon aus, dass die FK'er das Wurzelwerk der angrenzenden Bäume nutzt.


    Für die mikroskopische Einsicht, Sporenform und Oberfläche, wird uns Matthias, bestimmt erhellen :)


    Das Bild ist leider nicht so toll, sorry.




    lg Rainer

  • Hi, ich versteh nicht: was meinst du mit Wurzelwerk angrenzender Bäume? Das Foto zeigt doch wohl das Innere des Tropenhauses, und was ich sehe, sind Farne, Gummibaum, Drachenbaum und Palmenwedel. Nichts, was für mich als Partner für Inocybe in Frage käme. Allerdings kenne ich mich mit tropischen Gegebenheiten, was Inocybe angeht, nicht aus.

    Herzlich, Ditte

  • Hi, ich versteh nicht: was meinst du mit Wurzelwerk angrenzender Bäume? Das Foto zeigt doch wohl das Innere des Tropenhauses, und was ich sehe, sind Farne, Gummibaum, Drachenbaum und Palmenwedel. Nichts, was für mich als Partner für Inocybe in Frage käme.

    Hallo Ditte,

    es ist im Startbeitrag beschrieben,

    viele Grüsse

    Matthias

    Die Partner könnten Quercus, Fagus und Hasel sein. Diese stehen direkt an der Rückwand des betreffenden Tropenhauses in diesem Bereich. Und ich gehe stark davon aus, dass das Wurzelwerk der Bäume bis in das Innere reicht.

  • Ach so, das hab ich nicht gesehen, sorry, ja, da wird dann ein Schuh draus! Die gehen alle drei gut....

  • Hi zusammen,


    mittlerweile konnte ich mir alles ansehen. Hortiboletus bubalinus ist ja schon so klar.

    Lactocollybia ist als solche bestätigt, die Artbestimmung werd ich sehen wie weit ich komme, die sind oft nicht ganz ohne, weil die Variabilität bei den oft wenigen Funden nicht voll geklärt ist.

    Dazu später nochmal.


    Jetzt erst mal die Inocybe. Also ja, es ist eine glattsporige Art. Mit der Bestimmung hab ich mich noch nicht im Detail beschäftigt, hier kann Ditte ja mal drüberschauen, wenn sie wieder da ist. Nach Einzelexemplaren ist es ja oft nicht ganz einfach. Aber hier die Mikromerkmale:

    Sporen glatt:

    (6.4) 7.9 - 9.2 (9.7) × (4.3) 4.5 - 5 (5.4) µm

    Q = (1.5) 1.6 - 1.9 (2) ; N = 45

    Me = 8.6 × 4.8 µm ; Qe = 1.8


    Cheilo- und Pleurozystiden zahlreich, mit mittlerer Wandstärke, ohne Reaktion in KOH.

    Maße:

    (39.3) 42.8 - 55.7 (63.4) × (9.9) 10.9 - 13.3 (15.2) µm

    Q = (3.1) 3.2 - 5.1 (5.4) ; N = 15

    Me = 50.9 × 12.1 µm ; Qe = 4.3

    Cheilos:

    Pleuros:


    Kaulos nur im oberen Drittel, ähnlich breit aber länger als die Hymenialzystiden:


    Viele Grüße

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo zusammen, anbei zwei Fotos.


    Die Hortiboletus Funde sind damit

    auch erklärbar.


    Lg Rainer

    Hallo Rainer,

    auf dem zweiten Bild she ich eher Carpinus als Fagus, einmal wegen der Wuchsform ´des Stammes und die Blätter scheinen spitzer geformt zu sein am Blattende als Rotbuchenblätter. Man kann leider nicht erkennen ob die Blattränder glatt oder leicht gezahnt sind,

    viele Grüsse

    Matthias

  • Hallo Matthias, vielen Dank für deine Mikrodetails und weiterführende Informationen.


    Lactocollybia ist als solche bestätigt, die Artbestimmung werd ich sehen wie weit ich komme, die sind oft nicht ganz ohne, weil die Variabilität bei den oft wenigen Funden nicht voll geklärt ist.

    Dazu später nochmal.


    D.h. du wirst uns die Mikrodetails noch liefern. Hast Du schon eine Vermutung, um welche Art es sich handeln könnte?


    Auf Pilze Deutschland wurden ja auch schon ein paar Lactocollybia kartiert.

    Einmal Lactocollybia epia im Leipziger Zoo (Frank) und Lactocollybia variicystis einmal in Norddeutschland

    Des weiteren hat Andreas 2005 Lactocollybia cycadicola in Jena bestimmt L. cycadicola


    Nun zu der Inocybe, die Liste der glattsporigen Inocye auf Dittes Seite ist lang. Ca 150 unterschiedliche Arten.

    Für die Bestimmung wird die Expertise von Ditte zwingend notwenig sein ;)


    Danke für die tollen Bilder. Wie sieht nochmal deine Ausrüstung aus? Mikro, cam, software....usw :daumen:


    lg Rainer


  • Hallo Matthias, recht hast du. Dies ist natürlich Carpinus und nicht Fagus.


    lg Rainer

  • Hallo Rainer,


    bei Lactocollybia muss ich erst mal Sporen messen für eine konkrete Vermutung, aber cycadicola passt schon mal von der Form der Sporen und Pleurozystiden.

    Einstweilen schon mal zu meiner Ausrüstung:

    Mikroskop: Zeiss Axio Lab A1 Trinokular mit T2-Adapter für Canon

    Fotoapparat: Canon EOS 100 D

    Software:

    Helicon Focus Pro für Stacking und Entfernen von Sensorstaub

    Photoshop Elements für Nachbearbeitung der Bilder

    Piximètre zum Messen der Mikrostrukturen


    Viele Grüße

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Rainer und alle anderen,


    jetzt Lactocollybia: Ich wäre bei Lactocollybia cf cycadicola. Andere Arten haben anders geformte Pleurozystiden oder abweichende Sporen. Von Andreas' Fund gibt es aber auch Abweichungen, Sporen hier etwas kleiner (kann innerhalb der Variation liegen) und Pleuros nicht zerstreut, sondern schon regelmäßig häufig verteilt, aber sonst kommts nach der Beschreibung hin.


    Bei der Untersuchung des Exsikkats hab ich, außer zur Demonstration, was bei KOH passiert, nur in Wasser gearbeitet, sonst ist es oft einfacher in verdünnter KOH, weil die Zellen besser und schneller aufquellen als in Wasser.

    Lactocollybia hat aber in allen Fruchtkörperteilen Zellen, die mit einer gelartigen, gelblichen, stark lichtbrechenden Masse gefüllt sind. Das ist das wesentliche Merkmal der Gattung. Dieser Inhalt löst sich in KOH zu einer wässrig-gelblichen Flüssigkeit auf und man sieht die Strukturen kaum noch.

    Zystiden mit solchem Inhalt nenne ich mal "Gloeozystiden", wobei das ein bisschen was anderes ist, als das, was manche Rindenpilze als Gloeozystiden haben. Liegende Zellen mit dem Inhalt nenne ich hier mal "Gloeohyphen".


    Der Fund hier hat meist sackförmige Pleuro-Gloeozystiden, hier links in Wasser rechts in KOH, man sieht deutlich, warum KOH hier nicht gut ist:


    Ansonsten sehen die Pleuros so aus:


    Die Cheilozystiden sind ohne solche Inhalte, darunter finden sich aber oft nahezu liegende Hyphen mit Inhalt:


    Dann die Sporen, da hab ich folgende Maße:

    (7.3) 8.3 - 9.1 (9.7) × (4.2) 4.4 - 4.5 (4.6) µm

    Q = (1.6) 1.8 - 2.1 (2.3) ; N = 11

    Me = 8.7 × 4.5 µm ; Qe = 2


    Die HDS sieht so aus, riesige Gloeohyphen, die flach die komplette Trama durchziehen:


    Ein eigener Fund von "Lactocollybia sp #9292" aus dem Tropenhaus Tettau hat nahezu identische Sporen, aber keine solchen sackförmigen Pleuros, viel längere Cheilozystiden und die Inhalte sind weniger deutlich gelb (letzteres kann aber auch am Zustand frisch vs. Exsikkat liegen).

    Bei der Bestimmung dieses Fundes war ich auch bei cf cycadicola, wobei der aktuelle hier näher an cycadicola liegt als meiner. Vielleicht aber am Ende doch dasselbe oder auch 3 Arten, ich würde alles für möglich halten.

    Die beiden Funde, also Rainers aktuellen und meinen aus Tettau werd ich voraussichtlich gegen Ende des Jahres mal vergleichend sequenzieren lassen, dann hätten wir da sicher interessante Erkenntnisse, auch für eine Publikation.


    Viele Grüße

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Matthias,


    es ist einfach eine ware Wonne deine fantastischen Microbilder zu sehen und deiner Analyse (Lactocollybia) zu folgen!

    Wie du schon schriebst, wird erst die Sequenzierung uns zeigen mit welchen Arten wir es zu tuen haben.


    Vielen Dank!


    lg Rainer

  • Hi Rainer,


    freut mich zu hören, da lohnt sich dann der Aufwand. :)

    Ich kann solche Funde gerade aus Tropenhäusern einfach nicht unbearbeitet lassen und wenn, dann muss schon rausgeholt werden was geht.

    Wenns News gibt was Sequenzen angeht, würde ich mich auch hier wieder melden, aber das wird wohl Ende des Jahres werden, wenn ich wieder eine größere Ladung sequenzieren lasse.


    Viele Grüße

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Rainer und Matthias, also die Mikros erinnern stark an die von I. tigrina (schmale Sporenbreite, Form der Zystiden, Länge der Zystidenhälse und auch die Caulos). Mehr geht nicht.

    Herzlich, Ditte

  • Hallo Ditte,


    danke sehr für Deine Antwort. Habe gerade Zystiden und Sporen eigener eindeutiger tigrinas maßstabsgetreu übereinandergelegt, das passt wirklich sehr gut zusammen. Makroskopisch dann eher atypisch. Aber klar, ein Einzelexemplar ohne wirklich sehr auffällige Merkmale ist natürlich schwer bis unmöglich klar zu bestimmen. Ich werd versuchen davon ne Sequenz zu bekommen.


    Viele Grüße

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Ditte,

    viele Dank für deine Einschätzung.


    Hat I. tigrina nicht "Hautfarbe stark kontrastierend getigert"? Diese Hautstruktur kann ich für meinen Fund so nicht erkennen. Aber wie Matthias schon sagt, ein Einzelexemplar ist keine Kollektion und damit sind nicht alle Merkmale ausgeprägt.


    Lg Rainer

  • Hallo Rainer, das ist im Idealfall so, aber oft sind die Hüte nicht deutlich getigert, sondern höchstens leicht gestrichelt oder einfach nur braun. Wir haben zig sequenzierte Kollektionen von tigrina. Bei euch ist es nur ein Fruchtkörper. Die Mikros jedenfalls sprechen für tigrina.

    Herzlich, Ditte

  • magicman

    Hat den Titel des Themas von „Tropenhausfunde: Lactocollybia, Xerocomus und Inocybe“ zu „Tropenhausfund: Lactocollybia, Xerocomus und Inocybe“ geändert.