Russula nauseosa - Geriefter Weichtäubling?

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  • Hallo zusammen


    Da bei uns momentan von einer Täublingsart wirklich sehr viele herumstehen (zumindest denke ich, dass es dieselben sind), wollte ich mich wieder einmal an eine Täublingsbestimmung wagen. Ich denke es handelt sich dabei vermutlich um den gleichen Täubling, den ich bereits letztes Jahr hier im Forum angefragt habe: Welcher Täubling?

    Am Fundort sah ich nur Fichten. Sonst ist auch auffällig, dass der Täubling gern gesellig wächst, klein (2.5 - 4cm) und sehr brüchig ist. Der Rand ist gerieft und die Huthaut abziehbar. Der Geschmack ist mild, der Geruch am frischen Pilz neutral, beim Exemplar, welches ich getrocknet habe aber unangenehm. Ich denke, dass es sich dabei um Russula nauseosa handeln könnte. Für eine Einschätzung der Täublingsexperten hier wäre ich wirklich dankbar.










    Zuerst möchte ich gleich sagen, dass ich von Täublingsmikroskopie noch keine Ahnung habe. Soweit ich weiss ist sie ziemlich aufwendig, vor allem die HDS. Ich habe einfach nach den Merkmalen, welche im PdS beschrieben sind gesucht. Ihr könnt mir daher gerne Verbesserungsvorschläge geben.


    Zuerst zu den Sporen (12 gemessen): 8.5 µm (7.9 - 9.6 µm) x 7.1 µm (6.6 - 8 µm), Q = 1.21 (1.08 - 1.31). Soweit ich sehe, müssten die Sporen passen. Man sieht auch die Warzen, die nur vereinzelt miteinander verbunden sind:




    Die Cheilo- und Pleurozystiden stimmen auch mit dem aus dem PdS überein. Wie wichtig diese bei Russula sind, weiss ich leider nicht, aber das kann mir evtl. ja jemand von euch erklären. :)


    Cheilozystiden:





    Pleurozystiden:





    Zum Schluss kommt noch die HDS. Diese habe ich lediglich in Wasser mikroskopiert. Soweit ich weiss braucht man dafür ja oft verschiedene Reagenzien, wie Sulfovanilin, Karbolfuchsin, Kongorot oder auch Salzsäure. Scheint jedenfalls je nachdem recht aufwendig zu sein. Da muss ich mich dann wohl mal einlesen. ^^ Ich hoffe man kann aus den Fotos in Wasser doch zumindest etwas herauslesen:


    Bei den Pileozystiden sieht man dass sie septiert sind:





    Und hier müssten noch die Haare zu sehen sein:





    Über eure Einschätzung und vielleicht auch ein paar Tipps und Erklärungen zur Täublingsmikroskopie würde ich mich sehr freuen.


    Vielen Dank im Voraus und LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • ibex

    Hat den Titel des Themas von „Russula nauseosa - Geriefter Weichtäubling“ zu „Russula nauseosa - Geriefter Weichtäubling?“ geändert.
  • Hallo Benjamin,

    das ist wieder eine sehr schöne Bearbeitung und ich habe keine Zweifel an der Bestimmung. R.nauseosa ist im entsprechenden Habitat recht häufig zu finden und bei typischen Exemplaren auch schon gut makroskopisch anzusprechen. Ein kleiner zerbrechlicher Täubling mit dotter-gelbem Sporenpulver und meist mit verwaschenen Rosa-tönen auf dem Hut.
    Typischweise im Fichtenwald zu finden.
    Bei der Mikroskopie kannst du dir die Zystiden im allgemeinen bei den Täublingen sparen, die sind für die Artbestimmung nicht aussagekräftig.
    Die gesparte Zeit lieber in die Huthaut stecken und auch mal ein Skalp-präparat machen. Man kann auch die Huthaut abziehen und dann einen Teil von der dünnsten Stelle herausschneiden, nur darauf achten das die Aussenseite auch oben liegt.
    Die Pileozystiden färbt man meist mit Sulovanillin ein, die werden dann grau bis schwarz.
    Das Sulvovanillin immer frisch herstellen, dazu brauchst du kristallines Vanillin und 65% Schwefelsäure, ein paar Kristalle auf den Objektträger geben und einen Tropfen Schwefelsäure drauf und am besten kurz mit einen Feuerzeug erhitzen. Das Vanillin löst sich auf und die Flüssigkeit wird gelblich . Die Huthaut direkt darin mikroskopieren. Aber wirklich vorsichtig arbeiten die Schwefelsäure ist aggresiv und macht Löcher in die Klamotten und ins Mikroskop. Unkritischer ist da wohl SBA ( Sulvobenzalaldehyd) , da hab ich aber keine Bezugsquelle.

    Gruss

    Uwe

  • Hallo Uwe,


    ich würde (Sulfo) Vanilin dem Benzaldehyd vorziehen, da Vanilin stabiler und somit länger lagerbar ist. Das Benzaldehyd oxidiert recht leicht zu Benzoesäure. Ein wirklicher Vorteil ist es nicht, da auch hier Schwefeläure verwendet werden muss.


    Grüße, Andreas

  • Mit dem Bezug von Schwefelsäure könnte es mittlerweile Probleme geben.

    Andreas Gminder schreibt in seinem Shop:

    Bestandteil von Sulfovanillin, für makro- und mikroskopische Reaktion (Russula)
    Aufgrund der EU-Verordnung 2019/1148 ist Abgabe und Besitz von Schwefelsäure (> 3%) für Privatpersonen untersagt. Daher darf ich sie auch nicht mehr zum Verkauf anbieten.


    Wohl dem, der noch Altbestände in der Schublade hat...


    Beste Grüße

    Harald

  • Hallo zusammen


    Vielen Dank für deine Einschätzung und die ganzen wertvollen Tipps, Uwe. Vielleicht versuche ich das mit der Schwefelsäure und dem Vanillin bei einem der nächsten Täublinge. Wofür bräuchte man eigentlich Karbolfuchsin?


    Wohl dem, der noch Altbestände in der Schublade hat...

    Diese ganzen Einschränkungen sind schon etwas ärgerlich. Und das letztlich nur wegen ein paar Idioten, die sich nicht aufführen können und mit ihren Taten das öffentliche Leben gefährden. Trotzdem bin ich kein Fan dieser Verbotskultur, wenn jemand böse Absichten hat kommt er auch trotz dieses Verbotes an die Stoffe und alle anderen werden eingeschränkt. Zum Glück habe ich aber auch noch ein Fläschchen Schwefelsäure in der Schublade. :thumbup:


    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Diese ganzen Einschränkungen sind schon etwas ärgerlich. Und das letztlich nur wegen ein paar Idioten, die sich nicht aufführen können und mit ihren Taten das öffentliche Leben gefährden. Trotzdem bin ich kein Fan dieser Verbotskultur, wenn jemand böse Absichten hat kommt er auch trotz dieses Verbotes an die Stoffe und alle anderen werden eingeschränkt. Zum Glück habe ich aber auch noch ein Fläschchen Schwefelsäure in der Schublade.

    Hallo zusammen


    Wir haben hier einen kleinen Vorteil, weil wir nicht zur EU gehören. Bei der VAPKO kann man nach wie vor Schwefelsäure (und schlimmeres) bestellen.

    Aber es wird nicht per Post verschickt, das ist der grosse Nachteil.


    LG Raphael

  • Hi.


    Mache mal einen Beleg, wenn du schon so eine schöne Doku erarbeitet hast. R. nauseosa sind vermutlich 2 Arten - ggf. kommt da irgendwann nochmal ein Artikel zu.


    LG.

    Bin lediglich fortgeschrittener Anfänger.
    Posts sind nicht als Essensfreigabe zu verstehen. :-]

  • Hi Benjamin

    der Tipp von Raphael mit der VAPKO ist gut. Du kannst die Chemikalien bei Maria Neuhäusler ordern und im September in Landquart mitnehmen.

    Zum Karbol Fuchsin: das brauchst du für den Nachweis von inkrustierten Primordialhyphen in der Huthaut von Täublingen.

    Mein Rezept: Das sehr dünne Huthaut Fragment zerzupfen. 5 min in Karbofuchsin färben , mit dest. Wasser auswaschen,15 Sek in 3% Salzsäure behandeln ( die pinke Farbe geht damit grösstenteils weg), in dest. Wasser auswaschen. Dann in Wasser mikroskopieren . Bei entsprechenden Arten solltest du da längere Hyphenstränge mit pink-farbenen Kristallauflagerungen sehen.
    Zum Üben am besten eine Russula turci/amethystina verwenden.


    Gruss

    Uwe

  • Hallo Ben,

    du hattest die Lamelle in Kongorot präpariert. Das ist unüblich. Kongorot nimmt man für die Huthaut. Für die Lamellen nimmt man in Einzelfällen Sulfovanillin (Sektion Amoenulae) oder Baumwollblau (R. pseudointegra). Ansonsten musst du dir bei Täublingen keine Lamellen anschauen.

    Zu deinem Pilz: R. nauseosa ist sehr wahrscheinlich, aufgrund deiner Baumpartnerangabe Fichte. Es gibt aber noch zwei andere Arten, die genau wie R. nauseosa aussehen können: R. laricina (bei Lärche) und R. cessans (bei Kiefer). In Gebirgswäldern kann es da zu blöden Situationen kommen, wenn Fichten, Lärchen und Kiefern durcheinanderwachsen.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Hallo nochmal


    Cortinarius Vielen Dank für den Tipp und die Erklärungen, Uwe. Wie ich bereits dachte scheint das Mikroskopieren bei Täublingen eher aufwändig zu sein. :)


    Oehrling Vielen Dank auch dir Stephan für deinen Input. Kongorot habe ich eigentlich nur genommen, weil ich die genaue Länge der Cheilo- und Pleurozystiden messen wollte und diese in Wasser fast nicht zu sehen war. Dass das für die Täublingsbestimmung eigentlich ziemlich unrelevant ist, war mir da noch nicht klar. :)

    Danke dir auch zu deinen weiteren Vorschlägen. Also R. cessans kann man meiner Meinung nach wirklich guten Gewissens ausschliessen. Bei uns gibt es im ganzen Tal nämlich fast keine zweinadligen Kiefern. Mir sind nur etwa zwei bis drei und ein paar in privaten Gärten bekannt. Auch sollten die Sporen dort etwas kleiner sein und die Warzen stellenweise zu perlschnurartigen Graten zusammenfliessen.

    R. laricina scheint wirklich sehr ähnlich zu sein. Ich bin mir eigentlich sehr sicher, dass in diesem Waldstück keine Lärchen stehen und habe extra nochmal geschaut, aber ich weiss schon, dass man das auch nicht zu 100% ausschliessen kann. Interessant wäre noch, ob R. laricina frisch auch geruchlos ist, getrocknete Exemplare aber stinken. Oder ob das ein Merkmal von R. nauseosa ist. Da man die Arten laut Romagnesi (aus dem Täublingsbuch von Marxmüller) makroskopisch kaum unterscheiden kann verweist dieser auf die Unterschiede bei den Sporen:

    Zitat

    Diese seien bei nauseosa insgesamt größer und vorwiegend isoliertstachelig, während jene von laricina – „auf halbem Weg zu cessans“ – durch deutlichere, meist perlschnurartige Linien und kurze Grate gekennzeichnet sind, wenn auch nicht so stark, dass man sie als netzig oder teilnetzig bezeichnen könnte.

    Wenn ich die abgebildeten Sporen aus dem Buch mit meinen vergleiche, sehen sie wie diese von R. nauseosa aus. Die meisten sind isoliertstachelig und nur wenige verbunden. Hier noch ein ungestacktes Foto der Sporen:



    Zudem passen auch die etwas grösseren Sporen von R.nauseosa eigentlich genau zu meinem Fund.


    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.