Röhrling im sauren Fichtenhochwald – wer bist du?

Es gibt 57 Antworten in diesem Thema, welches 5.315 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Sebastian_RLP.

  • Liebe Pilzfreunde,


    ich war heute für eine Exkursion scouten.


    Und in einem Fichtenhochwald, mitten auf den Waldweg, stand ein großer Pilz mit 18 cm Durchmesser. Das war überdies auch der einzige Pilz, abgesehen von einem zweiten solchen Exemplar, auch so groß, allerdings schon völlig breiig in der Zersetzung begriffen.


    Und von dem schönen Exemplar hatte jemand bereits eine 2 cm dicke Scheibe vom Hut abgeschnitten; die lag daneben. Da wollte derjenige sicherlich sehen, wie sich die Trama verfärbt.


    • Geruch: ich hatte Corona und rieche mal wieder nichts. Ich habe jemand am Anschnitt des Hutes und an Stielbasis riechen lassen. Der Hutbereich riecht pilzig, die Stielbasis riecht/stinkt wie alter, abgestandener Urin. Selbst ich rieche das schwach als unangenehm.


    • Geschmack: leicht sauer


    • Fleisch: fest (Nachtrag)



    Fundort ist ein reiner, saurer, Fichtenhochwald. Laubbäume, hier nur Eichen, sind weit weg. Die letzte Eiche steht links neben mir, als ich das Foto machte. Der Pfeil zeigt auf den großen Pilz mitten auf dem Weg:



    Hutdeckschicht teils rötlich, links gut zu sehen, Größe 18 cm:



    Hier die "Anschnitte" am Hut, links der alte Anschnitt, welchen ich vorgefunden habe, rechts meiner von vor 7 Stunden:




    Die Stielbasis mit gelben Myzel:




    Die Röhren blauen bei Druck sofort; Anwachsstelle der Röhren am Stiel:



    Das Stielnetz wurde leider von einer Schnecke komplett abgefressen, es ist nur diese eine Stelle übrig:



    Schnittbild nach 5 min, auch nach 30 min + keine Veränderung; Stiel leicht rötlich, Hut schwach blauend:



    Hutdeckschicht im Schnitt:



    Hutdeckschicht mit KOH:



    Habt ihr hierzu Ideen?



    Viele Grüße,

    Steffen

  • Hallo Steffen,


    Ich sehe wie Matthias Butyriboletus subappendiculatus. Kann man sich als blauenden „Steinpilz“ mit Gelbpigmenten an Stiel und Fleisch vorstellen. Im Laubwald der Ebene gibt es noch den echten B.appendiculatus.


    VG Thiemo

    Bestimmungen anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Sichere Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben!

  • Hallo Steffen,

    das ist der Nadelwaldanhängselröhrling Butyriboletus subappendiculatus

    viele Grüsse

    Matthias

    matthias0


    Hallo Matthias,


    danke für Deinen Vorschlag. Das war/ist auch mein Gedanke gewesen.


    Mich irritiert nur, das die Röhren sofort deutlich blauen.


    Zum B. s. passt auch das feste Fleisch.



    Viele Grüße,

    Steffen

  • Hallo,


    Die Röhren dürfen soweit ich weis auch deutlich blauen, das Fleisch im Normalfall nur schwach.

    Aber da wird sich bestimmt noch ein Experte dazu äußern. :)


    VG Thiemo

    Bestimmungen anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Sichere Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben!

  • Hallo Steffen,


    Gratulation, das dürfte der Erstnachweis dieser Art für Sachsen sein.


    VG Jörg


    Hallo Jörg,


    ja, ich weiß. g:-)


    VG,

    Steffen

  • Hallo Steffen,


    ich sollte hier eigentlich nicht mitreden dürfen, für so was habe ich sehr wenig (fast keine) Erfahrung, aber weil ich mit Nadelwaldanhängselröhrlingen in der letzten Zeit offensichtlich konfrontiert war, habe ich auch gleich an diese Art gedacht. Die Merkmale ( das Erscheinungsbild) auf deinen Fotos kommen mir sehr bekannt vor.


    Das Blauen der Röhren auf Druck kenne ich nicht (bei meinem ersten zerstückelten "Irrfund" ist nichts blau geworden), aber falls ich wieder welche finde, werden ich es probieren. Vielleicht hängt es mit dem Alter des Pilzes zusammen?


    Erstnachweis in Sachsen - echt jetzt? Cool und Glückwunsch ==konfetti

    LG Paulis

  • Hallo,


    gestern am Mittwoch fand das wöchentliche Online-Treffen der Forenmitglieder statt.


    Dort wurde auch über meinen Fund diskutiert.


    Mein Dank geht an alle Teilnehmer!


    Wir sind uns sicher, allein makroskopisch zu Butyriboletus appendiculatus, dem Anhängsel-Röhrling zu kommen.

    Warum?


    Butyriboletus appendiculatus weist eine deutlich spitz ausgeprägte Stielspitze auf. Hingegen Butyriboletus subappendiculatus eine deutlich abgerundete Stielspitze besitzt.


    Paulis

    Kannst Du dich an die Form der Stielspitze erinnern?


    Für B. a. spricht auch das Blauen der Röhren an alten Exemplaren.


    Gleichzeit besteht auch ein Unterschied im Sporenquotient. Ich versuche heute die Sporen zu vermessen. Allerdings ist der Tagesplan voll...


    Butyriboletus appendiculatus kann auch bei Fichte vorkommen. Ich werde in 2 Tagen wieder vor Ort sein und den Baumbestand am Fundort genau prüfen.



    Dank & Gruß,

    Steffen

  • Wir sind uns sicher, allein makroskopisch zu Butyriboletus appendiculatus, dem Anhängsel-Röhrling zu kommen.

    Warum?


    Butyriboletus appendiculatus weist eine deutlich spitz ausgeprägte Stielspitze auf. Hingegen Butyriboletus subappendiculatus eine deutlich abgerundete Stielspitze besitzt.

    Hallo Steffen,

    das mag meist zutreffen, dagegen spricht das weisse Fleisch des Pilzes für subappendiculatus.

    Gleichzeit besteht auch ein Unterschied im Sporenquotient. Ich versuche heute die Sporen zu vermessen. Allerdings ist der Tagesplan voll...

    Ich hoffe der ist schon alt genug für ausgewachsene Sporen, das kann manchmal dazu verleiten wenn die Sporen noch nicht die ganze Länge entwickelt haben zur falschen Art zu kommen. Es ist sicher kein Fehler einen Beleg zu machen und irgendwann zur Sequenzierung abzugeben da beide Arten hier sicher getrennt werden können,

    viele Grüsse

    Matthias

  • Paulis

    Kannst Du dich an die Form der Stielspitze erinnern?

    Ich habe nur einen FK gezogen => die Stielbasis kommt mir bei meinem Exemplar robuster/rundlicher/stumpfer vor. Wenn ich mich richtig erinnern kann, sollte der Anhängsel bei subappendiculatus weniger ausgeprägt sein, oder?

    Den FK habe ich dann auch zu Hause fotografiert, dann habe ich ihn sicher auch an den Röhren angefasst - ich sehe auf meinen Fotos kein blau.

    Für die Bestimmung als subappendiculatus habe ich jedoch keine Mikro-Daten erhoben.

    https://www.pilzforum.eu/attachment/515527-dsc06546-1-jpg


    Hier ein Foto von Schrumz:

    https://www.pilzforum.eu/attachment/515749-img-2856-jpg


    Ich bin gespannt auf die Mikro-Ergebnisse, falls du dazukommst.


    LG Paulis

  • Hallo,


    das Ausmessen der Sporen kann ich mir sparen.


    Felix Hampe hat dem tschechischen Boletus-Spezialisten Michal Mikšík meine Fundbilder zukommen lassen.


    Michal schrieb darauf hin, das es sich bei Fund um Butyriboletus appendiculatus handelt. Betont mit einem Ausrufezeichen.


    Felix bemerkte daraufhin, das mein Fund in einem reinem Fichtenhochwald war, und ob das sein könne.


    Michal antworte drauf, das reiner Fichtenwald kein so seltener Lebensraum sei. In Tschechien kennt er rund 50 Standorte in Fichtenwald. In anderen Ländern ist dies jedoch seltener.

    Er kennt sogar ein Habitat, in welchem B. appendiculatus und B. subappendiculatus gleichzeitig vorkommen.


    Interessant ist, das in hochkarätiger Literatur der Lebensraum Fichtenwald für Butyriboletus appendiculatus nicht erwähnt wird. Das dem so ist, wissen wir nun.



    Viele Grüße,

    Steffen

  • Hallo Matthias, aber was spricht für dich für subappendiculatus?


    B.appendiculatus kann nachweislich im Fichtenwald vorkommen, was mehrere Spezialisten bestätigen.


    B. subappendiculatus hat weniger rötliche Töne im Hut, ist blasser, eher gelbbraun und heller von den Hutfarben.

    B. subappendiculatus hat eher (wie Steffen schon schrieb) eine abgerundete Stielbasis

    Das Blauen im Hutfleisch passt nicht zu subappendiculatus, dafür gut zu appendiculatus.


    Fazit: typischer B.appendiculatus. Die Summe der Makromerkmale wäre eher untypisch für subappendiculatus.


    LG Sebastian

  • Hallo Matthias,


    wenn ich Zeit finde, lege ich die Sporen mal unter die Optik. Aktuell eben etwas schwierig.


    Viele Grüße,

    Steffen

  • B.appendiculatus kann nachweislich im Fichtenwald vorkommen, was mehrere Spezialisten bestätigen.

    Hallo Sebastian,

    das machen andere Laubbaumbegleiter wie Silberröhrling und Sommersteinpilz auch.

    B. subappendiculatus hat weniger rötliche Töne im Hut, ist blasser, eher gelbbraun und heller von den Hutfarben.

    so rötlich sieht der Hut für mich nicht aus.


    B. subappendiculatus hat eher (wie Steffen schon schrieb) eine abgerundete Stielbasis

    Die kann appendiculatus auch haben, hier ein Bild aus 2004 vom Blutsee bei Würzburg.


    Fazit: typischer B.appendiculatus. Die Summe der Makromerkmale wäre eher untypisch für subappendiculatus.

    Ich hinterfrage manches gerne weil ich nicht wirklich zu 100% von appendiculatus überzeugt bin,

    letztendlich wird es mit Bildern nie ein ganz sicheres Ergebnis geben,

    viele Grüsse

    Matthias

  • wenn ich Zeit finde, lege ich die Sporen mal unter die Optik. Aktuell eben etwas schwierig.

    Hallo Steffen,

    mach dir keinen Stress und es ist kein Drama wenn wir verschiedene Meinungen zu einem Pilz haben. Es ist bei nah verwandten Arten eben nicht leicht sie manchmal sicher per Bild zu trennen,

    viele Grüsse

    Matthias

  • Hallo Steffen,


    ich finde es bemerkenswert, dass es Experten gibt, die die Art nach Bild bestimmen können - und das mit Ausrufezeichen. :daumen:

    Du brauchst die Sporen nicht auszumessen. Aber ich würde es gerne tun. Ich möchte nämlich dazulernen.

    Bitte schicke mir doch ein getrocknetes Stückchen des Pilzes im Brief.


    Liebe Grüße

    Peter

  • Hallo Steffen,

    ich habe mir nochmal die Bilder deinens Pilzes vergrössert angesehen und es sieht mir danach auch als ob das Anhängsel ein kleines Exemplar an der Stielbasis angeheftet ist.

    Mir sieht es so aus da einen kleinen braunen Hut zu erkennen, sieht man hier:

    521063-boletus-4-jpg521065-boletus-6-jpg

    Viele Grüsse

    Matthias

  • Hallo Matthias,


    ja, da war ein kleines Exemplar dran.


    Viele Grüße,

    Steffen


  • Hallo Peter,


    nun, es sprechen mehrere makroskopische Gründe für B. a. und nicht für B. s.


    Aktuell fehlt mir echt die Zeit, mich ans Mikroskop zu setzten, um mich in Ruhe damit zu beschäftigen.


    Die Proben versende ich am nächsten Montag und bitte Dich darum, das Ergebnis Deiner Untersuchung dann hier mitzuteilen.


    Viele Grüße,

    Steffen

  • Hallo Steffen, wenn das Material noch dahingehend taugt (gut getrocknet?), könntest du mir, so du magst, ebenfalls gerne ein kleines Stück vom Hut schicken. Dann würde ich das sequenzieren lassen.


    LG Sebastian

  • ja, da war ein kleines Exemplar dran.

    Hallo Steffen,

    dann kann das Annhängsel durchaus der Stiel vom kleinen PIlz sein, ich habe es mal in zwei deiner Bilder eingefügt wie es für mich aussieht.

    ...


    Hallo Matthias,


    das ist natürlich auch ein Argument.


    Es haben sich schon etliche Leute wegen eines Exikkates gemeldet.


    Wenn Sebastian eine Sequenzierung machen will, so wäre das natürlich optimal.



    Viele Grüße,

    Steffen