Quer durch die Kalkeifel

Es gibt 16 Antworten in diesem Thema, welches 1.061 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Chorknabe.

  • Hallo zusammen,


    nun endlich hat doch die Pilzsaison merklich begonnen und auch wenn allerorten das schlechte Pilzjahr beklagt wird zeigen sich doch nun mehr und mehr Pilze. In den letzten Wochen bin ich kreuz und quer durch die Kalkeifel gefahren, quasi bei jedem Wetter und konnte dabei schöne Funde machen. Auch Erstfunde waren für mich dabei.

    Den Satansröhrling hatte ich mir vorgenommen dieses Jahr zu finden, doch er versteckt sich nach wie vor erfolgreich vor mir. Nun ja, die Saison hat ja gerade erst begonnen. Vielleicht wird es noch was.


    Aber nun zu den Funden:


    Starten möchte ich mit einem Erstfund für mich:

    01 Amanita ceciliae - der Riesen-Scheidenstreifling. Wirklich ein stattliches Exemplar mit über 20cm Höhe und den typischen Merkmalen. Grobe dunkle Schollen auf dem Hut, keine richtige Scheide, eher pulverige Velumreste, die in Gürteln um die Stielbasis ziehen.


    Weiter gehts mit einem wunderschönen 02 Polyporus umbellatus - Eichhasen, vor dem ich ob seiner Schönheit eine ganze Zeit staunend verweilte:


    Es gab zahlreiche Täublinge und auch da Erstfunde


    03 Russula amarissima - der bittere Zinnobertäubling, der seinem Namen alle Ehre machte und wirklich äußerst bitterlich im Geschmack war, auch ziemlich prompt. Zudem zeigt der Pilz ein starkes bräunen an den Lamellen und auch am Stiel, welches wohl recht typisch für die Art sein soll. Ein Einzelexemplar:


    Guajak ziemlich prompt dunkelblau-grün



    Gefreut habe ich mich weiter über

    04 Russula rubra - der scharfe Zinnobertäubling, der ebenfalls seinem Namen alle Ehre macht und eine deutliche Schärfe zeigte. Imposant fand ich den total samtigen Hut.

    Ebenfalls leider nur ein (angefressenes) Einzelexemplar, aber eben auch ein Erstfund für mich:


    Lamellen frei wirkend


    Neben zahlreichen 05 Russula olivacea an vielen Stellen


    gabs auch noch eine 06 Russula pseudointegra - den ockerblättrigen Zinnobertäubling, der auch nach einer Minute keinerlei Reaktion auf frisches Guajak zeigte:


    Es gab auch noch andere Täublinge, z.B. Frauentäublinge in lila und grün ... man kann nicht alles zeigen ...


    Auch bereits aufgetaucht ist 07 Entoloma sinuatum - der Riesenrötling mit seiner stattlichen Erscheinung und seinen gelben Lamellen:


    Auch schon da 08 Tricholoma luridus - der graublättrige Ritterling


    Auch ein wunderschöner Hexenring von

    09 Hygrophorus nemorensis - dem Waldschneckling, mit mehligem Geschmack


    Schön fand ich auch diesen Neufund für mich

    10 Pholiota tuberculosa - der krummstielige oder rötende Schüppling ... passt beides, die Knolle am Fuß hatte ich im Feld leider nicht richtig überprüft (siehe Namensgebung tuberculosa)


    Rötend


    Sporen: 6,8-7,9 µm (av. 7,4 µm, SD 0,3 µm) x 4,0-4,6 µm (av. 4,3 µm, SD 0,2 µm); Q = 1,6-1,9 (av. 1,7, SD 0,1)(n = 11)


    Cheilos in Büscheln, kopfig


    Natürlich gabs auch Röhrlinge, vorletzte Woche explodierten die

    11 Boletus reticularis - Sommersteinspilze, zuletzt schon wieder am vergehen und vergammeln. Aber hier so ein schönes Exemplar gehört einfach mal abgelichtet:


    In größeren Mengen zeigt sich 12 Butyriboletus appendiculatus - der Anhängselröhrling. Den konnte ich an unterschiedlichsten Standorten quer durch die Kalkeifel finden:


    Neben diesem Fruchtkörper zeigte sich ein weiterer und man sah, wie groß die auch werden können:


    Gefreut habe ich mich über einen Hexenring mit zahlreichen kleinen und frischen Fruchtkörpern, hier ein Ausschnitt


    2m weiter


    und auch zum Hexenring gehörend:


    Und ein weiterer Standort:


    Nun ja, viele möchte ich gar nicht zeigen, weil sie auch bereits sehr angegriffen waren.


    Das galt leider auch für 13 Imperator luteocupreus - der gelbhütige Purpurröhrling, der an mir bekannter Stelle lediglich zwei kleine und stark angefressene, im Grunde wenig ansehnliche Fruchtkörper zeigt.

    Schade, denn es ist im Grunde ein schöner Pilz:


    Auch 14 Rubroboletus rubrosanguineus - den weinroten Purpurröhrling gab es nur stark angefressen. Ich habe mich dennoch über einen neuen, mir bisher unbekannten Standort gefreut.

    Der hier wuchs wirklich so, er ist fest im Boden verankert:


    Ob es seinem Nachkommen (einem Winzling direkt daneben) besser ergehen wird?


    Dieser Geselle von einem anderen Standort hatte etwas von "Apfelkriepsch":


    Auch noch zu finden 15 Aureoboletus gentilis - der goldporige Röhrling mit salziger Huthaut


    Und wenn sie so wunderschön im Abendlicht daherkommen, muss man auch

    17 Neoboletus erythropus - den flockenstieligen Hexenröhrling ablichten


    Es gab auch in Mengen Leccinum ...

    18 Leccinum pseudoscabrum - den Hainbuchenraufuss (viele, aber zuletzt auch viele alte Exemplare)


    ... und Hemileccinum ...


    19 Hemileccinum impolitum - der fahle Röhrling, nicht blauend und mit kräftigem Geruch nach Medizinschrank. Ich finde Hemileccinum aufgrund der Stielzeichnung sehr passend.


    Auch 20 Caloboletus radicans - der wurzelnde Bitterröhrling darf natürlich nicht fehlen, zu diesem muss man glaube ich nicht mehr viele Worte verlieren:


    Es gab auch noch kleine und ebenfalls angefressene Exemplare des Schönfussröhrling, die erspare ich euch jetzt mal.


    Ein eigenes Kapitel für sich sind auch die Milchlinge gewesen. Lactarius acris hatte ich ja neulich schon gezeigt, auch dieser noch zu finden, aber noch soviel mehr

    z.B. 21 Lactarius azonites - der rauchfarbene Milchling, dessen Milch nur im Zusammenhang mit dem Fleisch, aber nicht isoliert rosa färbt:


    Sporen


    22 Lactarius camphoratus - der Kampfermilchling, den ich mittlerweile getrocknet habe und mit dessen kräftigen Maggiduft man jetzt ein Jahr Leute in Erstaunen versetzen kann. Immer schön auf Pilzausstellungen, wie wir sie auch dieses Jahr wieder in Neuwied veranstalten werden.


    Sporen


    23 Lactarius romagnesii - der dunkle Korallenmilchling, ein Kalkliebhaber


    Sporen


    Im Vorbeigehen 24 Lactarius pallidus - der falbe Milchling


    Außerdem wie ich lernen durfte

    25 Lactifluus oedematopus - einer der Milchbrätlinge, der sich aber von Volemus durch die kurzen Huthauthaare unterscheidet:


    Huthaut in Kongorot


    Noch so ein eigenes Kapitel sind die Korallen


    26 Ramaria formosa - die dreifarbige Koralle


    Sporenbild:


    27 Ramaria rubripermanens - die rosaspitzige Koralle


    Sporenbild


    An die nächste schreibe ich mal vorsichtig

    28 Ramaria flava cf - die gelbliche Koralle.

    Sie zeigt ein flaches Sporenornament, aber mit den gelben ist es gar nicht so einfach, da gibts doch einiges zu verwechseln und ich müsste mir erst durch eine intensive Beschäftigung mit den Arten Sicherheit verschaffen


    Sporenbild


    Auch bei der nächsten bin ich mir unsicher, habe zu der auch keine schönes Foto (wie ich überhaupt vieles nicht bearbeiten konnte, schon aus Zeitgründen. Man kann einfach nicht alles machen).

    Mit dickem dickem Fragezeichen

    29 Ramaria flavobrunnescens cf cf. - die gelbbräunende Koralle, welche auch bräunende Spitzen und passend kleine Sporen zeigt, allerdings war der Fruchtkörper jetzt gar nicht sooo klein (beschriben bis 6cm).



    So ... und jetzt muss ich an der Stelle einen Cut machen, weil ich das Uploadmaximum für diesen Post errreicht habe. Vielleicht dann ein paar andere Sachen noch in einem zweiten Thread ...


    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian,


    was für eine Pracht :daumen: . Von dieser Artenvielfalt kann ich hier nur träumen aber Du hast keinen graubraunen Satan gefunden. Den habe ich Dir voraus ;) .


    Danke für Zeigen.


    VG Jörg

  • aber Du hast keinen graubraunen Satan gefunden. Den habe ich Dir voraus ;) .

    Oh ja, der steht dieses Jahr mal ganz oben auf der Wunschliste, denn es gibt ihn wohl nicht selten in der Kalkeifel. Ein Fund war mir aber bisher in der Tat noch nicht vergönnt. Nach einem tollen Bericht von Frank Röger im ersten Tintling des Jahres habe ich viele Karten und Pflanzengesellschaften studiert und mit meinen Ortskenntnissen verknüpft. Und nun heißt es immer wieder potentielle Habitate ablaufen, zur richtigen Zeit hoffentlich am richtigen Ort sein. Irgendwann wird er mir begegnen, denke ich ...


    Wahnsinn!

    Was Du so alles findest und uns zeigst!

    Danke Oskar


    LG Sebastian

  • Sehr cool Sebastian und danke für diese spannende Dokumentation. Ein tolles Habitat. BG Andy

  • Du kannst Pilze finden, Sebastian! Immer wenn ich dachte, mehr geht nicht kam noch so eine verrückte Koralle. Die meisten deiner Kostbarkeiten werde ich wohl nie zu sehen bekommen. Danke für den schönen Beitrag.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Ich glaub ich zieh' in die Eifel. :/

    Man kann da auch schön Urlaub machen :)


    Du kannst Pilze finden, Sebastian! Immer wenn ich dachte, mehr geht nicht kam noch so eine verrückte Koralle. Die meisten deiner Kostbarkeiten werde ich wohl nie zu sehen bekommen. Danke für den schönen Beitrag.

    Danke liebe Claudia, ihr habt nicht soviele Laubwälder auf Kalk oder? Mit Buchen und/oder Eichen? Die mögen das halt.


    LG Sebastian

  • Du kannst Pilze finden, Sebastian! Immer wenn ich dachte, mehr geht nicht kam noch so eine verrückte Koralle. Die meisten deiner Kostbarkeiten werde ich wohl nie zu sehen bekommen. Danke für den schönen Beitrag.

    Danke liebe Claudia, ihr habt nicht soviele Laubwälder auf Kalk oder? Mit Buchen und/oder Eichen? Die mögen das halt.


    LG Sebastian

    Leider ist bei mir alles quietschsauer, sterbende Fichtenplantageen mit eingestreuten Lärchen, Douglasien und Buchen. Dort wo "wilde" Wälder gewachsen sind, gibts auch Birken, Pappeln, Ebereschen, Hasel, Holunder, Eichen, Weiden, Ulmen und Ahörner. Erlen als Begleitgrün der Bäche und Flüsse. Aber richtige Laubwälder - jenseits kleinerer Buchenschläge sind hier nicht. Da müsste ich mich schon ins Auto setzen und etliche km fahren. Wenn ich das mal machenden werde, will ich sicher sein, dass auch Pilze wachsen. Im Moment ist hier Saure-Gurken-Zeit. Es gab wohl schon Fahle Röhrlinge und Wubis, aber nicht ansatzweise die Artenvielfalt, die du zeigst.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


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    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo zusammen,



    wow, was für eine supertolle Vorstellung von Deinen Funden.


    Das meiste werde ich nie zu Gesicht bekommen. In natura meine ich jetzt. Und das beste daran, sie sind so herrlich in Szene gesetzt, so dass es mich richtig umgehauen hat. Im positiven Sinne.


    Danke fürs zeigen.

  • Aber richtige Laubwälder - jenseits kleinerer Buchenschläge sind hier nicht. Da müsste ich mich schon ins Auto setzen und etliche km fahren. Wenn ich das mal machenden werde, will ich sicher sein, dass auch Pilze wachsen.

    Hallo Claudia, ja das kann ich etwas verstehen. Aber du musst bedenken, dass ich auch viele Kilometer fahre und auch in der Vergangenheit viel Zeit damit zugebracht habe, die unterschiedlichen Gebiete kennenzulernen. Ich weiß nicht wieviele km ich bereits in der Eifel zurückgelegt habe, wenig waren es nicht. Nicht immer sind alle "Gewaltmärsche" von Erfolg gekrönt. Aber ich habe durch die Pilze viele wunderschöne Naturräume mit ihren Besonderheiten kennengelernt. Und natürlich durfte ich von ziemlich guten Leuten lernen, worauf es bei der Habitatsuche ankommt. Die Auseinandersetzung mit Karten, Böden, Pflanzengesellschaften, Jahreszeiten, Bedingungen und der intensive Austausch mit anderen, das Lesen von Beiträgen. All das sind wahrscheinlich Voraussetzungen, um interessante Gebiete zu finden. Und in der Eifel gibt es natürlich viele tolle Gebiete. Nicht alles kann man immer an einem Tag anfahren. Manches neue Gebiet, welches ich bisher nur theoretisch studiert habe, steht als heißer Kandidat auf meiner Wunschliste. Erst letzten Sonntag musste ich an einem spannenden Gebiet vorbeifahren, weil ich dort hätte auch mehrere Stunden zubringen müssen mit ordentlich Fußmarsch, um spannende Stellen zu erreichen und es einigermaßen vor Ort zu erfassen und zu beurteilen. Das werde ich mir aber ganz sicher irgendwann vornehmen, da es wirklich einen guten Eindruck macht.


    LG Sebastian

  • Hallo zusammen,


    ich habe zu 17 nochmal einen Gedankenanstoß bekommen. Es könnte sich ggf. auch um Neoboletus xanthopus handeln. Mit dieser Art habe ich mich in der Vergangenheit noch nicht intensiv auseinandergesetzt und sie scheint auch nicht so leicht zu unterscheiden zu sein. Das Habitat würde in jedem Fall passen.


    Aufgefallen ist in der Tat, dass die Flocken (bei dem allerdings sehr jungen Exemplar) seeehr fein waren, was für xanthopus spräche. Auch die gelbe Stielspitze (?). Der Stiel wirkte fast glatt.

    Die Fruchtkörper waren alle noch in ganz jungen Stadium, was eine Beurteilung nicht leicht macht.


    Mikroskopisch sind sich die Arten wohl sehr ähnlich: "possibility the basidia are somewhat shorter" ist jetzt auch nicht besonders ermutigend.


    Zudem heißt es in Flora agaricina neerlandica vol. 7 "but it appears that the morphological variability is much larger and often somewhat different from the type-description. More Work ist needed, to clarify the status of various xanthic variants around N.erythropus".


    P.S. xanthopus hat ggf. auch eine gelbe Zone von Röhrenmündungen am Hutrand, wie ich gerade noch erfahren habe. Ggf. kann man dies hier auch sehen:


    LG Sebastian

  • Hi.


    Ein ziemliches Feuerwerk an spannenden Arten - viele davon hatte ich noch nie.

    Deinen Neoboletus würde ich auch für xanthopus halten - falls du die mitgenommen hast, miss mal die Sporen - die sind meistens kürzer bei xanthopus (Länge kaum über 14,5 μm) als bei praestigiator/erythropus (Länge hauptsächlich über 14,5 μm) und checke die Huthautstruktur:



    Ich denke die Art ist ziemlich häufig und wird oft als gewöhnlicher N. praestigiator/erythropus abgetan.


    Tricholoma luridus (luridum laut PD?) kannte ich noch gar nicht bis eben. Auch der Riesenrötling versteckt sich weiter vor mir, Imperatoren sowieso in Ermangelung an passenden Habitaten.


    LG.

    Bin lediglich fortgeschrittener Anfänger.
    Posts sind nicht als Essensfreigabe zu verstehen. :-]

  • Hallo Schupfi, danke dir für die informativen, weiterführenden Hinweise. Den hatte ich jetzt aus Zeitmangel nicht weiter untersucht, komme da Samstag vermutlich nochmal hin. Dan schaue ich mir das zwingend noch genauer an, falls sich die Gelegenheit ergibt.


    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian,


    danke für's Zeigen & Mitnehmen und für Deine Arbeit zum erstellen des Beitrages!


    Du hast da ganz tolle Funde gemacht – freut mich für Dich.


    Insbesondere die Röhrlinge finde ich sehr schön.


    Von so einer Artenvielfalt kann ich hier nur träumen. Nur Hitze und Sonne. Von den 30 Liter vorgestern bei mir im Ort; mit 3cm Hagelkörnern & Sturm abgesehen, ist es einfach nur trocken.


    Viele Grüße,

    Steffen