Der Aufstieg des Wurzelnden Bitterröhrlings

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  • Hallo zusammen,

    ich hätte da mal eine Frage: in etwas älterer Literatur gilt Caloboletus radicans ja als selten. Ich interessiere mich erst seit 2020 für Pilze aber ich finde den absolut überall. Auf den kleinsten Grünflächen in Städten, bei Eiche, Buche, Linde, Hainbuche und sogar bei Haselnuss. Fast immer mit imposanten Fruchtkörpern und großer Stückzahl. Ist das erst eine relativ neue Entwicklung oder ist das schon immer so? Und warum ist gerade er so erfolgreich, während andere eine ähnliches Habitat teilende Röhrlinge wie der Satansröhrling, in dessen Nähe ich bis jetzt immer auch Wubis gefunden habe, immer seltener werden? Er gilt ja als wärmeliebend, aber in Nordengland war er letztes Jahr auch schon häufig (dort aber interessanterweise ausschließlich bei Eiche wachsend). Wie war das denn vor so 20 Jahren?

    Viele Grüße

  • Hallo,


    ich hatte den bis 2011 noch nie zu Gesicht bekommen aber seit dem breitet der sich wie Unkraut aus.


    VG Jörg

  • Hallo Schrumz,

    meine ersten Wurzelnden Bitterröhrlinge habe ich in einem Naturschutzgebiet bei Braunschweig Anfang der 90er Jahre gefunden und es war dort schon eine sehr verbreitete Art.

    Bei einer Exkursion habe ich bei Hundert aufgehört zu zählen, im Vergleich waren da zwei Satansröhrlinge und zwei Anhängselröhrlinge als echte Raritäten zu sehen. Als Highlight in dem Gebiet sehe ich den Goldröhrenschwamm Boletus fragrans an den ich da öfter an einer Stelle beobachten konnte,

    viele Grüsse

    Matthias

  • Hallo,


    nicht dass ich viel Erfahrung hätte... die, die ich habe, sind:

    In der Ulmer Umgebung kenne ich einige Stellen, an denen er wächst, und dann reichlich.

    Hier bin ich aber erst einige Jahre und kann deswegen nichts sagen, ob er hier in Ausbreitung begriffen ist.

    In der alten Heimat (nördliche Oberpfalz - Ostbayern-nicht am Rhein ;) habe ich den in über 30 Jahren noch nirgends gesehen, und auch aus der Hallertau (nördlich München) kenne ich den gar nicht.

    Kurz: In den Gegenden, die ich seit zig Jahren immer wieder aufsuche, habe ich den noch nie gefunden, und dort, wo es ihn häufig gibt, bin ich noch nicht lang genug, um eine Änderung erfasst haben zu können...


    Ich beobachte den thread mal interessiert mit ;)


    Michael

  • Hallo Schrunz,


    b. radicans ist im Stadtgebiet Hannover ein extrem weit verbreiteter Pilz bei Eiche, Linde (und wahrscheinlicha auch Buche). Er fruktifiziert selbst in heßen Perioden noch wenn nichts anderes mehr wachsen will. Allerdings habe ich auf den Randstreifen neben Netzhexen kaum andere Boleten bisher gesehen, geschweige denn einen Satan.

    Von den Bodenverhältnissen kann er aus meiner Erfahrung auf neutral bis kalkig erscheinen, was ihn wohl von den selteneren Boleten eventuell unterscheidet. Ich nehme einfach an, dass er einfach nicht so anspruchsvoll in Bezug auf Boden (pH-wert und Stickstoffgehalt) sowie Habitatbeständigkeit (z.B. das Alter der Wirtsbäume) ist.

    In den Gebieten, in denen bei uns der Satan wächst ist er auch vertreten. Ich nehme ihn aber häufiger im Stadtgebiet (offene Flächen) als im Wald wahr.


    LG, Lütte

  • Sehr gute Frage!


    Das gleiche könnte ich nämlich bezüglich Fransiger Wulstling Amanita strobiliformis fragen. Den habe ich das erste Mal vor über 10 Jahren im Botanischen Garten Gießen gesehen und seitdem immer häufiger.


    Den WuBi habe ich auch etwa zu diesem Zeitpunkt erstmals gesehen.


    Beide Arten sind nach meinen Beobachtungen häufiger im "urbanen Gebiet" und weniger in unberührten naturnahen Wäldern zu finden. Der WuBi scheint Linde zu mögen, jedenfalls finde ich den dort öfters mit Netzhexen und vereinzelt glattstieligen Hexenröhrlingen.


    Der Fransige Wustling scheint auch Haselnuss zu mögen.


    Hier wurde ja schon die Hitze- und Trockenheitsresistenz sowie der pH-Wert des Bodens als wahrscheinliche Parameter genannt. Ich könnte mir vorstellen, dass daneben noch andere Faktoren wie z.B. der Stickstoffeintrag in den Boden eine Rolle spielen könnte, die im urban beeinflussten Gebiet typischerweise vorkommen. Den Fransigen Wulstling finde ich auf Streuobstwiesen, neben geschotterten Wegen, unter wild wachsender Haselnuss und sogar im Entwässerungsgraben einer Landstraße.


    Zusammenfassend würde ich beide Arten als Gewinner der klimatischen Veränderungen und Kulturfolger des Menschen bezeichnen.


    Beste Grüße,


    Frank

  • Ich danke euch für eure Erfahrungsberichte. Auch ich glaube, dass der Kalk nicht zwingend braucht, die Standorte in England waren manchmal glaube ich sogar sauer. matthias0 wow Lanmoa fragrans habe ich in Deutschland für ein phantom gehalten, der muss ja ultra selten sein.

    Viele Grüße

  • wow Lanmoa fragrans habe ich in Deutschland für ein phantom gehalten, der muss ja ultra selten sein.

    Hallo Schrumz,

    ja, der ist nicht häufig, in der Onlinekartierung sind nur wenige Fundpunkte. Wird wohl manchmal auch abgesammelt und verspeist. habe an meiner Stelle früher hin und wieder Schnittstellen gesehen.

    Bin aber seit Jahren nicht mehr da gewesen weil ich nur noch selten nach Braunschweig komme und dann meist nur noch im Winter,

    viele Grüsse

    Matthias

  • Hallo schrumz,

    Gerade im Großraum Stuttgart sind caloboletus radicans und amanita strobiliformis zu wahren massenpilzen des Sommers geworden. Und sie wachsen besonders gern an anthropogen überformten und meistens auch nitrophilen stellen, also da wo viel Autoverkehr herrscht und die Hunde hinmachen. Aber beide Arten brauchen wohl schwere, lehmige Böden. Z. B. in meiner südhessischen Heimat, auch ein stark anthropogen geprägtes Gebiet, kommen sie wegen des lockeren sandbodens so gut wie nicht vor.

    Dass der satanspilz weiterhin selten sein soll, kann ich nicht bestätigen. Unser pilzverein entdeckt jedes Jahr neue Fundstellen in Hohenlohe, es dürften jetzt an die sieben, acht Stellen sein. Also so wirklich selten ist bei uns auch der satanspilz nicht mehr.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Hallo,


    aus Mangel an möglichen Habitaten rund um meinem Heimatort, außer in Plauen, ist C. r. für mich weiterhin ein seltener Pilz.


    Allerdings war ich 2022 auf einem Friedhof in Franken, das einzige was da wuchs war C. r.


    Viele Grüße,

    Steffen

  • Hallo, bei uns in Jena im Stadtgebiet finde ich jedes Jahr sehr viele Netzhexen, stets unter (teils erstaunlich jungen) Linden; oft auf Grünstreifen an Straßenrändern oder Parkplätzen. Den Wubi kenne ich eher aus Parks oder Hinterhöfen, unter deutlich mächtigeren Bäumen. Der Satan ist um Jena auf Kalk ein häufiger Gast und sehr standorttreu. Hier ist er tatsächlich sehr häufig - aber wir leben hier auch in einem Kalkgebiet.

  • Hallo,

    ich habe vier Stellen für den WuBi, alles lehmiger Boden, Kies wurde mit verarbeitet, das sind alles öffentliche Grillplätze.

    Die meisten stehen da bei Hasel und Hainbuche, in manchen Jahren reichlich, dieses Jahr bisher null. An selbiger Stelle dafür momentan Netzhexen.

    ich hatte den bis 2011 noch nie zu Gesicht bekommen aber seit dem breitet der sich wie Unkraut aus.

    Kann ich so nicht sagen, vielleicht kenn ich die Stellen aber auch nicht. Aber was die Netzhexe betrifft, unglaublich dieses Jahr, sowas hab ich noch nie gesehen.

    ...die verfolgt mich ^^


    LG

    Daniel

  • Ich habe auch den Eindruck, daß der WuBi immer häufiger wird, kenne den von FRÜHER eigentlich gar nicht. Heute finde ich den sonstwo.


    Den Satanspilz habe ich aber noch nie in meinem Leben in Deutschland gefunden, früher nicht und heute nicht.


    A. strobiliformis bisher erst ein einziger Fund für mich in Deutschland.

  • In Münster ist er auch erst seit einigen Jahren wirklich auffallend im Stadtbild (und wirklich nie im Wald), bis ca. 2010 kannte ich ihn nicht explizit und auch dann dauerte es noch einige Jahre, bis er mir als Massenpilz ins Auge fiel (obwohl ich seit ca. 2000 regelmäßig dieselben Wege fahre).

    In Arnsberg ist er mir seit meiner Kindheit (80er) bis vor wenigen Jahren nie aufgefallen und auch weiterhin gefühlt eher selten. Aber ich bin auch nur seltener dort.

    In eher noch ländlicheren Räumen (Sauerland, Münsterland) fiel er mir bei sporadischen Wanderungen auch nicht als Massenpilz auf.

    Wärme, Kalk, Kies/Split, von Menschen und Hunden arg gequälte und übernutzte Flächen, das scheint ihm zu gefallen... Gerne früh im Jahr (ab Ende April), wenn es da schon recht warm und trocken ist. In einem nassen Jahr wie diesem deutlich später - jetzt etwa.

    (ich dachte auch ein einziges Mal kurz, dass ich einen Satansröhrling gefunden habe, aber es war wohl LeGals. Satan fehlt hier im nördlichen NRW anscheinend bis fast völlig)

  • Hallo Sauerländer!

    Wenn ich mir den Titel unter deinem Nick auschaue, scheint dich ja mit dem eine "Hassliebe" zu verbinden ;)


    Und wie sieht es mit dem Fransigen Wulstling aus?


    Beste Grüße,


    Frank

  • (ich dachte auch ein einziges Mal kurz, dass ich einen Satansröhrling gefunden habe, aber es war wohl LeGals. Satan fehlt hier im nördlichen NRW anscheinend bis fast völlig)

    Hallo Sauerländer,

    beide können im selben Areal vorkommen und sind als junge Pilze schwer zu unterscheiden. Da kann manchmal ein Bild helfen zum einschätzen.

    Hallo Sauerländer!

    Wenn ich mir den Titel unter deinem Nick auschaue, scheint dich ja mit dem eine "Hassliebe" zu verbinden ;)

    Hallo Frank,

    das hört sich für mich nach einer Verwechslung mit Sommersteinpilzen an ;)

    viele Grüsse

    Matthias

  • Hallo Sauerländer,

    beide können im selben Areal vorkommen und sind als junge Pilze schwer zu unterscheiden. Da kann manchmal ein Bild helfen zum einschätzen.

    Den hatte ich damals hier gezeigt und ist so bestätigt worden :) ... leider ist das Waldstück dazu inzwischen gerodet.

    Wenn ich mir den Titel unter deinem Nick auschaue, scheint dich ja mit dem eine "Hassliebe" zu verbinden ;)

    Nun ja, ich bin neidisch auf die Schnecken, die ihn offenbar besonders mögen. Und ich mag keine Schnecken, denn die lassen meinen Kohl trotzdem nicht in Ruhe. Und die vielen verschneckten WuBi-Leichen sind auch ästhetisch nicht gerade eine Zierde am Kanalufer...

    ...aber wenigstens taucht der WuBi nicht im Garten auf, da hat sich nur der ehemalige Maipilz (dieses Jahr: Märzpilz) niedergelassen.

  • Hallo zusammen,

    anlässlich meines heutigen Fundes ist mir das mal aufgefallen: ich kenne zwar dutzende Fundstellen von C. radicans in Parks, Friedhöfen oder auch einfach auf Grünstreifen in der Stadt, allerdings kenne ich mit dem heutigen Fund nur zwei Waldstandorte. Beide sind tolle Kalklaubwälder mit weiteren interessanten Arten, beide zum Beispiel auch mit dem Satan in unmittelbarer Nähe. Heute betrug die Entfernung zwischen beiden vielleicht 5m. Ich denke im Wald ist C. radicans durchaus Anzeiger für wärmebegünstigten Kalkboden, in Städten und Parks eher nicht.

    Viele Grüße