Tropenhausfund: Pluteus und Gymnopus/Collybiopsis luxurians

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 1.068 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von magicman.

  • Hallo zusammen, ich konnte heute mit den Kindern wieder drei neue unbekannte Funde machen, die ich euch nun kurz vorstellen möchte.


    Bei allen ist es aus meiner bescheidenen Sicht unklar, um welche Gattung es sich handelt.


    Informationsaustausch und Vorschläge sind wie immer erwünscht 😃


    Der Fundort ist mal wieder der Kölner Zoo.


    Die Sporenpulverfarbe wurde nicht ermittelt und die FK wurden für den Versandt sofort getrocknet.


    1. Ein weiss/grauer junger Pilz auf massivem unbekannten Totholz. Die Lamellen sehen für mich nach einen weisssporer aus.






    2. Drei sehr junge rotbraune Schirmlinge? Vielleicht welche aus der Gattung Limacella?





    3. Dieses etwas ältere Exemplar stand 20 cm weg. Es ist unklar, ob es sich um dieselbe Art handelt. Die Hutstruktur und Lamellenfarbe differenzieren deutlich!







    LG Rainer

  • Hi.


    Tropenhäuser sind schon spannend. Pilz 1 ist sicherlich ein Dachpilz.

    Bei Nummer 2 fällt mir nicht mal eine Gattung ein. Pilz 3 erinnert an Neolentinus, aber keine Ahnung ob es da was passendes tropisches gibt.



    LG.

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  • Hey Schupfnudel,


    für die 1 kann ich mir auch sehr gut einen Pluteus vorstellen. Leider ist der FK noch recht jung.


    Für die Nr 3 kann ich mir keinen Neolentinus (Sägeblättling) vorstellen.

    Die drei heimischen Arten wachsen am massivem Substrat und haben, unabhängig vom den gesägten Lamellenscheiden, einen Gattungs spezifischen Trichterlingsartigen Habitus mit deutlich herablaufende Lamellen, die ich so nicht unbedingt bei meinem Fund sehe. Ob eine tropische Art noch in frage kommt?


    Nach meiner Meinung ist Nr 3 die ältere Version von Nr 2. Und ich finde aufgrund der Hutfarbe Rotbraun immer noch Limacella gut. Vieleicht L. delicata?


    Anbei die Grössenverhältnisse der FK



    lg Rainer

  • Hi.


    Limacella delicata würde ich ausschließen.

    Die Nummer 3 ist mMn ziemlich sicher ein anderer Pilz als die 2 mit der radialfaserigen Huthaut und dem schlanken Habitus. Die Lamellen waren wohl mal angewachsen und sind abgerissen wie es ausschaut. Neolentinus war aber nur so ein spontaner Ersteindruck, vermutlich ist das irgendwas anderes was ich nicht kenne. Ich denke hier muss Mreul wieder ran an die Dinger. ^^


    LG.

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  • Hi zusammen,


    die Sendung der Proben ist gestern bei mir angekommen.

    Zunächst mal zu Nr. 1, da kann ich leider nicht mehr sagen, als wir schon vermuteten, Pluteus sp. Das Exemplar ist leider vollkommen sporenleer, in dem Alter zu erwarten, aber ich hatte wenigstens auf unreife Sporen gehofft, nix. Dennoch, HDS, Zystiden und Basidien passen gut auf Pluteus.

    Basidien 4-sporig, mit Schnallen, Cheilos ziemlich groß, ohne apikale Gabelung, Pleuros fehlend oder sehr selten (einzelne Zystiden außerhalb der Schneide gesehen, könnten aber von dort abgerissen worden sein), HDS aus liegenden Hyphen mit graubraunem intrazellulärem Pigment.

    Kann man natürlich anhand der Daten noch eingrenzen, aber bei einem Tropenhaus-Einzelexemplar ohne Sporen macht das Spekulieren auf die genaue Art denk ich nicht so viel Sinn, vielleicht taucht der ja nochmal in reif auf.

    Cheilos:

    HDS:


    Zu den anderen melde ich mich heute nochmal separat.


    Viele Grüße

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • So, und jetzt noch zu Nr. 2 und 3.

    Zunächst mal: Mikroskopisch sind beide identisch, abgesehen davon, dass Nr. 2 unreif ist und noch keine verwertbaren Sporen gebildet hat.


    Die Angaben und Bilder beziehen sich überwiegend auf das reife Exemplar Nr. 3, wie gesagt kein Unterschied zu 2.

    HDS aus liegenden Hyphen, mit braunem, deutlich inkrustiertem Pigment, Schnallen zahlreich:


    Cheilozystiden oft ziemlich lang, mit unregelmäßigen knobbeligen Auswüchsen, apikal manchmal verzweigt oder zugespitzt, mit Schnallen. Pleurozystiden fehlen.

    Kaulozystiden (ohne Bild) den Cheilos ähnlich.

    Hier die Cheilos in Kongorot:


    Basidien (ohne Bild) 4-sporig, mit Schnallen.

    Sporen ellipsoid bis etwas tropfenförmig, grob (7,5) 8 - 9,3 × 4 - 4,5(4,7) µm. Hier wieder in Kongorot:


    So, damit entsprechen die Mikromerkmale perfekt Gymnopus/Collybiopsis luxurians. Aus Bayreuth ist die Art mit sehr großen Kollektionen bekannt, die meisten machte Christian Gubitz, ich hab die Art dort auch in rauen Mengen gesehen, die Mikros stimmen sehr gut überein. Es gab in Bayreuth aber nie Exemplare mit einer makroskopisch so streifig-faserigen HDS wie bei Nr. 3. Sehr wohl hab ich sowas aber in Tettau gefunden, Mikros identisch, außer dass da die Sporen minimal größer waren im Schnitt, aber das ist bei frischen Abwurfpräparaten normal.

    Hier die Exemplare aus Tettau, es standen in der Halle zusätzlich auch typische luxurians:


    Hier zum Vergleich eine Kollektion aus Bayreuth, die ich für dort als typisch bezeichnen würde:


    Das sieht makroskopisch schon anders aus, mikroskopisch aber keine Unterschiede, die Makroskopie ist auch innerhalb einer Kollektion oder eines Standorts durchaus sehr variabel. Nur solche komplett ungerieften, faserig gestreiften Exemplare sind mir bisher nur zweimal untergekommen, Tettau eben und jetzt Rainers Nr. 3.

    Man kann natürlich spekulieren, es könnten hier mehrere mikroskopisch nicht unterscheidbare Arten beteiligt sein, die eine andere HDS bilden, das aber offensichtlich nur in der makroskopischen Erscheinung. Gerade aus Ostasien sind viele Collybiopsis-Arten beschrieben, aber ich fand jetzt auch nix, was außer luxurians noch passen könnte, natürlich kann ich nicht alle Namen prüfen.


    Nr. 2 dagegen könnte man als typische Jungexemplare bezeichnen. Stellt man sich den Fund aus Bayreuth oben vor, solange der Hut noch nicht aufgeschirmt ist und die Riefung fehlt, hat man die gezeigte Kollektion 2. Christian hat so eine Kollektion auch in Bayreuth gemacht, Rainer, ich hatte Dir mal sein privates Großdokument von 2015 über die Pilze aus den Bayreuther Gewächshäusern geschickt, da ist aus Seite 122, Abb. 115 genau sowas zu sehen.


    Ich denke früher oder später muss mal so einer mit faserig-streifiger Hutoberfläche ne Sequenz bekommen, um finale Klarheit zu haben, was da los ist.


    Viele Grüße

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Matthias,

    wie immer ist deine Erfahrung bei tropischen nicht heimischen Arten unerlässlich für die Einschätzung meiner Funde. Vielen Dank!


    Das 2 und 3 doch die selbe Art sein können finde ich schon erstaunlich, aber du hast ja schon mehrfach behauptet Gymnopus/Collybiopsis luxurians

    wäre enorm variabl. Letztendlich wird wohl nur eine konsequente Sequenzierung, wie du schriebst, einiger Funde eine genaue Artenbestimmung ermöglichen.


    Es liegt in deinen Händen ;)


    Die Variante mit gerieften Hut, die mit der Bayreuth gerieften Kollektion makroskopisch vergleichbar wäre, glaube ich auch schon gefunden zu haben.

    Anbei ein paar Bilder:





    Da gibt es noch einen potenziellen Gymnopus/Collybiopsis luxurians Kandidaten. Eine Kollektion diesen FK hatte ich schon mal gefunden.

    Deine Einschätzung war, das dies ein überständiger Gymnopus wäre. Ich konnte an der gleichen Stelle einen weiteren FK finden und halte diesen

    für nicht überständig. Die weissen Ablagerungen an den Lamellenschneiden sind sehr merkwürdig ichfinde aber, dass sie eine morphologische Eigenschaft dieser Art und kein Schimmelbefall sind.





    lg Rainer

  • magicman

    Hat den Titel des Themas von „Tropenhausfund: drei Unbekannte zur Vorstellung“ zu „Tropenhausfund: Pluteus und Gymnopus/Collybiopsis luxurians“ geändert.
  • Kann man natürlich anhand der Daten noch eingrenzen, aber bei einem Tropenhaus-Einzelexemplar ohne Sporen macht das Spekulieren auf die genaue Art denk ich nicht so viel Sinn, vielleicht taucht der ja nochmal in reif auf.

    Hallo Matthias


    mit dem heutigen älteren Fund werden die Sporen sicher vorhanden sein.


    Auch die makroskopisch Entwicklung des Pluteus finde ich interessant und sehr auffällig. Nun die Bilder :)








    lg Rainer

  • Hallo Rainer,


    seltsames Ding. Hätte man nur die Stielbasis könnte man glatt an Pluteus cyanopus denken, da passt der Rest aber nicht. Bei salicinus hätte ich gegabelte Pleurozystiden finden müssen und für das Umfeld um cinereofuscus passte die HDS nicht wirklich dazu.

    Kann ich leider so nicht weiter eingrenzen, aber vielleicht bringt die mikroskopische Untersuchung dann mehr Aufschluss, wenn es sich mal wieder lohnt was zu schicken.


    Viele Grüße

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Rainer und alle Interessierten,


    hab den Dachpilz angeschaut, also diese Färbung kommt tatsächlich von einem weiteren Pilz am Holz. Das Dachpilz-Exemplar ist steril, also wieder sporenfrei, leider. Das könnte durchaus mit dem Befall unten zusammenhängen, auch die komische Hutform.


    Zum blaugrünen Pilz, der besteht praktisch nur aus großen, rundlichen Konidien, erinnert spontan an Hypomyces leotiicola, der kanns natürlich nicht sein. Was das ist weiß ich nicht, zumal ja wieder unklar ist, ob das überhaupt bei uns im Freiland wächst.


    Hyphen an der Stielbasis des Dachpilzes mit blaugrüner Färbung:


    Leider haben wir also keine neuen Erkenntnisse zum Dachpilz selbst, seine Mikros bestätigen die des ersten Fundes 1:1, aber wieder keine Sporen. Aber so ist das, nicht alles klappt so wie es wünschenswert wäre.


    Viele Grüße

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Matthias,


    wie schade, dass es keine neuen Erkenntnisse bezüglich der Pluteus Sporen gibt. Ich werde die Sache weiter beobachten

    und weitere Proben entnehmen, damit wir doch noch auf eine Art kommen können. Dies gilt für beide Pilze.


    lg Rainer