Rhodocybe caelata?

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 569 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Clavaria.

  • Hallo zusammen,


    Fund des heutigen Tages ist eine kleine Rhodocybe (großer FK etwas über 1cm! Hutdurchmesser) die ich nach Mikroskopie bei

    Rhodocybe caelata - der genabelte oder rissige Tellerling (beides passt) eingeordnet hätte.



    Sporen in Kongorot mit deutlich warzigem Ornament (versuche noch über Nacht einen vernünftigen Sporenabdruck zu bekommen, hier unreife Sporen von Lamelle):


    HDS-Hyphen grobschollig inkrustiert:


    Pseudozystiden wie beschrieben in KOH 3% mit goldgelbem körnigen Inhalt:


    Was mich nun etwas verunsichert hat ist eine Vorstellung einer Rhodocybe von Raphael Clavaria hier im Forum (7. Pilz):


    Ebenfalls eine Rhodocybe und die Aussage, dass R.caelata keine dextrinoiden Zystiden habe. Die hat allerdings mein Pilz auch:


    In Melzer


    Was kann es dann nun sein? Ebenfalls die Rhodocybe oss-emerae?


    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian


    oha, das ist aber interessant. Mit dieser weissen Velipellis sollte es aber eigentlich nicht Rh. oss-emerae sein.

    Gegen Rh. caelata sprechen die dextrinoiden Pseudozystiden, die angeblich im Neotypus nicht dextrinoid sind.

    Nach dem italienischen Schlüssel bliebe noch Rh. dubia übrig, die aber oft als Synonym von Rh. caelata betrachtet wird.

    Schwierig...


    Hast du versucht, die Sporen im Präparat zu messen? Ist ungenau, aber besser als nichts.

    Auch die Abmessungen der Pseudozystiden sind wichtig, ebenso der Geruch und das Habitat.


    In der Sektion Rhodocybe sind meines Wissens Stand heute 14-15 Arten beschrieben.

    Einige davon sind kaum bekannt, ungeklärt oder verschollen.

    Die Arbeiten der Italiener zu der Gattung sind leider hierzulande ziemlich unbeachtet geblieben, obwohl das nicht alles rein mediterrane Arten sind.


    Gruss Raphael

  • Hallo Raphael, ich habe morgen sicher einen Sporenabwurf. Die Sporen im Präparat schienen sehr variabel. Deswegen warte ich mal, was der Abwurf macht. Das Habitat ist ein parkähnliches Gelände mit mageren sehr alten Wiesen und Eichen. Eher sauer. Ich kenne das Habitat mit einer hohen Artenvielfalt an Wiesenpilzen.


    Die Italiener schau ich mir an, danke dafür. Sebastian

  • Hallo,


    Anfang des Jahres habe ich eine, für mich klassische, Rhodocybe parilis aus einem sächsischen Heide-Kiefernwald sequenziert. Das Ergebnis war sehr überraschend. Sie ist identisch mit Rhodocybe tugrulii. Die Art hat Vizzini zusammen mit einem Türkischen Kollegen und u.A. Irjia Saar anhand von Material aus der Türkei und dem Baltikum beschrieben. Das hatte mich damals sehr gewundert und ich habe deshalb nach sequenzierten Belegen der R. parilis und auch R. caelata gesucht. Leider gibt es davon nach wie vor keine (R. parilis) oder sehr wenige! Von R. caelata sind nur 5 ITS-Sequenzen in GeneBank. (1x aus Russland? - 257 BP (sehr kurz); 1x aus USA? - 455 BP (falscher Kontinent); 1x UK- 719 BP (barcoding Projekt); 1x Kanada 730 BP (falscher Kontinent); 1x Spanien - 456 BP (R. formosa Arbeit von Vizzini et al.). Es gab/gibt keine Sequenz eines Typus um einen verlässlichen Vergleich anzustellen.

    In meinen Augen sollte es sich bei der vermeintlichen R. tugrulli um R. parilis sensu stricto (bzw. sensu Fries) handeln. R. parilis wird in Vizzini et al. (2016) aber nicht einmal erwähnt!


    Rhodocybe ist scheinbar noch wenig untersucht. z.B. kenne ich eine R. cf. caelata von Halbtrockenrasen, zu der es noch keine Sequenzen im Netz gibt. Es braucht zur Beschreibung der neuen Arten aber zwingend Sequenzdaten der bereits bestehenden Spezies. Dass nun gerade die R. caelata noch nicht "final" bearbeitet wurde ist sehr problematisch und sollte eigentlich Größen wie Vizzini bewusst sein, denkt man. So fehlt neben der nicht erwähnten R. parilis z.B. R. caelata in dem ITS-basierten Phylogram der tugrulii-Arbeit, und in dem dazugehörigen LSU Baum wird ein R. caelatus-Beleg aus Noordellos et al. 2009 verwendet der folgende Funddaten hat : “Exkursionsteilnehmer” 2005-08-28 Germany". Keine Ahnung was das für eine Sippe darstellt.


    Ich könnte mir vorstellen, dass der von Sebastian vorgestellte Fund mit meinen Halbtrockenrasen-Belegen, die zwischen Polytrichum piliferum wachsen, übereinstimmt.


    LG,
    Alexander


    PS wo finde ich die Informationen zum Neotyp der R. caelata?


    https://www.researchgate.net/publication/304614325_Rhodocybe_tugrulii_Agaricales_Entolomataceae_a_new_species_from_Turkey_and_Estonia_based_on_morphological_and_molecular_data_and_a_new_combination_in_Clitocella_Entolomataceae


    Molecular phylogeny and spore evolution of Entolomataceae
    The phylogeny of the Entolomataceae was reconstructed using three loci (RPB2, LSU and mtSSU) and, in conjunction with spore morphology (using SEM and TEM), was…
    www.ncbi.nlm.nih.gov

  • R. parilis wird in Vizzini et al. (2016) aber nicht einmal erwähnt!

    Rhodocybe ist scheinbar noch wenig untersucht. z.B. kenne ich eine R. cf. caelata von Halbtrockenrasen, zu der es noch keine Sequenzen im Netz gibt. Es braucht zur Beschreibung der neuen Arten aber zwingend Sequenzdaten der bereits bestehenden Spezies. Dass nun gerade die R. caelata noch nicht "final" bearbeitet wurde ist sehr problematisch und sollte eigentlich Größen wie Vizzini bewusst sein, denkt man. So fehlt neben der nicht erwähnten R. parilis z.B. R. caelata in dem ITS-basierten Phylogram der tugrulii-Arbeit, und in dem dazugehörigen LSU Baum wird ein R. caelatus-Beleg aus Noordellos et al. 2009 verwendet der folgende Funddaten hat : “Exkursionsteilnehmer” 2005-08-28 Germany". Keine Ahnung was das für eine Sippe darstellt.

    Hallo Alexander, auch dir vielen Dank für diese ausführlichen Darstellungen, die mir nun sehr gut die Problematiken der Gattung verdeutlichen und begreiflich machen. Sehr gerne kann ich meinen Fund einmal sequenzieren (ITS+LSU) und dir die Ergebnisse (falls Interesse besteht) einmal zum Abgleich mit deinem Trockenrasenfund zukommen lassen. Ich habe noch zwei kleinere Fruchtkörper getrocknet. Das Wachstum in einem Polytrichum piliferum-"Rasen" war in der Tat auffällig.


    Der Sporenabwurf hat nun auch noch sehr gut funktioniert. Zusammengeschoben ergibt sich eine fleischrosa Sporenpulverfarbe.


    Und hier noch die Ergebnisse der Sporenmessung:

    5,9-8,1 µm (av. 7,0 µm, SD 0,4 µm) x 4,1-4,9 µm (av. 4,5 µm, SD 0,2 µm); Q = 1,4-1,8 (av. 1,6, SD 0,1)(n = 21)


    Das passt weder zu den den Angaben zu R. caelata bei Ludwig (Sporen dort länger, auch die Italiener geben bei caelata + dubia Sporen >8 an), noch zu der Darstellung von Ludwig von R. parilis (die ja eh nicht infrage kam, schon klar, meine Sporen länger + schlanker).

    Aus diesem Grund lande ich wie gesagt auch mit dem Schlüssel der Italiener im Nirgendwo, da der Pilz vellipellis hat und die Sporenlänge im Schnitt bei 7,0 liegen (auch wenn einzelne Sporen mal bis 8 gehen).


    Sporen leicht höckerig-wellig, ellipsoid bis subamygdaliform




    ... und Sporen verklebend (wie beschrieben für viele Arten der Gattung)



    Es bleibt also offen. Danke und LG Sebastian

  • Hallo zusammen


    Ja diese Gruppe ist wirklich schlecht erforscht.

    Von Rhodocybe tugrulii habe ich auch eine sequenzierte Kollektion aus einem Trockenrasen.

    Ebenso eine Rhodocybe spec. aus dem gleichen Habitat, bei der die Sequenzierung keinen Treffer brachte.


    Zu Rhodocybe parilis gibt es in einer neuen Publikation von Vizzini et al. eine kurze Abhandlung:

    Overview of the European species of the genus Clitocella (Entolom...: Ingenta Connect

    Offenbar ging es schon einigen anderen Mykologen gleich: Was sie als Rh. parilis bestimmt hatten, ist diese neue Rh. tugrulii.

    Aber weil es von parilis kein Typusmaterial gibt und der Name verschieden interpretiert wurde, sollte man ihn als nomen confusum betrachten.


    PS wo finde ich die Informationen zum Neotyp der R. caelata?


    Hier:

    Consiglio, G.; Contu, M.; Setti, L. 2007. Una nuova specie di Rhodocybe dall'Italia settentrionale. Bollettino dell'Associazione Micologica ed Ecologica Romana. 70-71:3-14

    Wobei das wohl nicht ihre eigene Erkenntnis ist, sondern von woanders abgeschrieben ist. Bin dem aber noch nicht nachgegangen.


    Gruss Raphael

  • Hi Raphael,


    danke Dir für die Info. Der Neotypus ist wohl in Baroni 1981 erhoben wurden. Das schaue ich mir die Woche mal an. And den Consiglio komme ich nicht ran.

    Was in der oben zitierten Literatur steht, kann man aber auch so wie ich interpretieren: R. caelatus sensu auct. mult. ist das was später als R. tugrulli beschrieben wurde. Demnach meiner Meinung nach (und evtl. auch der dieser Autoren) ist letztere dann wohl eher ein Synonym der R. parilis.

    Würdest Du mir mal die Sequenz und Fotos (falls vorhanden) Deiner Rhodocybe vom Trockenrasen schicken? Ich würde diese gern mit meinem Beleg vergleichen.


    Danke und Gruß,

    Alex