Eine Runde durch den Kalk

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 963 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Chorknabe.

  • Keine zwei Kilometer von meiner Arbeitsstelle entfernt gibt es einen wundervollen Buchen-dominierten Laubwald auf Kalk. Wenn der mal richtig durchfeuchtet ist (was allerdings aufgrund des dichten Blätterdachs dauern kann), dann explodiert die Pilzwelt förmlich und man stolpert von einem spannenden Fund zum nächsten. Das macht richtig Freude, wenngleich auch ein weinendes Auge dabei war, weil ich den Funden wegen Zeitmangels außer einer kurzen fotografischen Dokumentation leider nicht die nötige Aufmerksamkeit und Nachbearbeitung schenken konnte. Nach meinem Umzug habe ich zur Zeit keinen Zugriff auf meine Literatur oder Mikroskop, vor allem fehlt aber die Zeit beides angemessen zu nutzen. Viele Funde müssen daher unbestimmt bleiben, dennoch sollten einige von ihnen sicher per Bild ansprechbar oder zumindest einzugrenzen sein.


    Nun geht es aber los :)


    1. Er darf in keinem Kalklaubwald fehlen und ist zugleich ein ganz Schicker: der Spechttintling



    2. An der gleichen Stelle wie vor einigen Jahren bei meinem Erstfund: so klein und so ein Stinker

       



    3. Ein unbekannter Porling an Buchentotholz.



    4. Eine Phlegmatie unter Buchen. Hellgelblicher bis ockerlicher Hut, recht helle Lamellen, auffallend breite Knolle. Geruch nicht erinnerungswert (vermutlich +-würzig), Geschmack NICHT bitter.



       



    5. Ein unbekannter Öhrling lugt aus dem Laub hervor.



    6. Eine recht stämmige Hebeloma-Art mit kräftigem Rettich-Geruch. Wenn Fälblinge nicht nach Marzipan riechen, bin ich in der Regel ganz schnell raus..



    7. Quasi obligat: der Brandige Ritterling unter Buchen. Was für ein Schleimer..



    8. Ein weiterer Schleierling unter Buche. Ich würde mich noch nicht einmal festlegen wollen ob das eine Phlegmatie ist. Leider keine weiteren Angaben.





    9. Eine weitere Phlegmatien-Leiche, dieses mal m.E.n. aus der Sektion fulvi. Wegen des doch recht ausgeprägt gelben Stielfleisches irgend etwas um C. citrinus herum?



    10. Einfach ein schöner Geselle: der Grüne Knollenblätterpilz. Ich finde ihn in der Regel an den eingestreuten Eichen, dann oft in Massen



    11. Wieder eine Phlegmatie, die sich aber wegen der auffallend düsteren Lamellen (und der grauen radial faserig eingewachsenen Huthaut) gut einordnen lässt: irgend eine Art aus dem Aggregat um C.infractus



    12. Banal aber wundervoll anzusehen und stets ein hübscher Farbtupfer im Wald: das Zitronengelbe Reisigbecherchen.



    13. Eine auffallend helle Cortinarie, mutmaßlich aus der Untergattung Telamonia, weswegen ich ihn erst gar nicht näher angeschaut habe.

       




    14. Erdsterne in Hülle und Fülle. Ich habe sie teils mehr als Handtellergroß gefunden.



    15. Wiederum eine Phlegamtie aus der Sektion fulvi. Leider keine weiteren Infos.


       



    16. Wie ich meine die Leichen eines Igelwulstlings.



    17. Eine unbekannte aber hübsche Helmlingsart



    18. Wieder eine Phlegmatie, dieses mal offenkundig mit jung lilalichen Lamellen. Ich kann mich leider nicht mehr genau erinnern, ob ich auf Bitterkeit der Huthaut geprüft habe. Rein optisch käme C. anserinus in Betracht, und eine Kostprobe hätte das schnell bewiesen bzw. ausgeschlossen. :rolleyes:





    19. Ein Ritterling, der bereits nach Sekunden kräftig scharf schmeckt, Bitterkeit konnte ich nicht erschmecken. Meines Erachtens nach handelt es sich hier um Tricholoma sciodes - oder doch T.virgatum?



    20. Wiederum ein Helmling. Auf dem Bild fällt mir der eigentümlich verdrillte Stiel auf, aber das kann auch nur eine Anomalie sein.



    21. Ein gigantischer Steinpilz (Hutdurchmesser locker 25cm), den ich aufgrund der Hutfarbe und -oberfläche als Sommersteinpilz bezeichnen würde.



    22. Ein auffallend blasser Milchling unter Buchen, da kommt m.E.n nur Lactarius pallidus in Frage. Ein häufiger Gast im Kalkbuchenwald.



    23. Endlich mal eine Phlegmatie, die ich mutmaßlich sofort ansprechen kann: der Gelbgegürtelte Schleimkopf C.cliduchus gilt meines Wissens nach als Charakterart des Kalkbuchenwaldes



    24. Erneut eine Phlegmatie, der ein auffällig schorfige Hüllreste auf dem Hut aufweist. Die Lamellen sind jung cremefarben und auffällig gesägt. Ich meine diesem Art schon einmal begegnet zu sein, bringe aber nicht mehr zusammen wo, wann und wie. Lässt sich die Art anhand der Bilder ansprechen?

       



       



    25. Ein wunderbar fotogener Flaschenstäubling.



    26. Eine mir unbekannte, büschelig wachsende Helmlingsart auf Totholz. Leider habe ich kein einziges Bild von den Lamellen gemacht.



    27. Ausgesprochen trivial, aber so fotogen finde ich sie selten: Grünblättrige Schwefelköpfe.



    28. Jedes mal eine Augenweide, vor allem wenn man ah heran geht: der Igelstäubling. Er ist bei uns im Kalklaubwald ein Massenpilz. Als Opa kann er offensichtlich seine Stacheln verlieren und muss dann am Kopf frieren =O

       



    29. Eine büschelig auf Totholz wachsende Helmlingsart, die durch ihre intensiven Farben auffällt: während die Stiele ein sattes gelb-ocker aufweisen, ist der Hut insbesondere in der Hutmitte rötlich gefärbt. An der Stielbasis fällt ein weißlicher Mycelfilz auf; die Lamellen sind weiß. Zum Totholz kann ich nichts sagen, in Frage kommen vermutlich Buche, Eiche, Ahorn oder eventuell auch Kiefer oder Fichte. Ich würde ja denken, dass man der Art aufgrund der Farben mit der FNE gut beikommen könnte, wenn mein Exemplar nicht in irgend einem Umzugskarton...



    30. Eine Lepiota mit vergleichsweise kräftiger Statur und einem äußerst wolligen Stiel. Ich bin daher versucht den Fund Wollgestiefelter Schirmling L.clypeolaria zu nennen.



    31. Eine weitere Phlegmatie mit gräulichen (jung vielleicht sogar violettlichen) Lamellen daherkommt. Der Hut weißt dunkle Schorfreste auf, das Fleisch ist hell/cremefarben. Geschmack leider nicht getestet. Könnte das ebenfalls C.anserinus sein - oder passt die Hutfarbe nicht?

       



    32. Hier habe ich ehrlich gesagt keine recht Idee. Am ehesten denke ich an einen jungen Breitblättringen Rübling (den ich bei dieser Tour zuvor an andere Stelle in älterem Zustand fand).



    33. Eine unbekannte Rötlingsart, die ich in diesem Wald jedes Jahr in Massen finde.



    34. Das werden mal vermutlich Flaschenstäublinge. Da sie noch klein sind, suchen sie unter ein Pilzhut Schutz.



    35. Erneut eine Phlegmatie aus dem C.infratcus Aggregat.



    36. Vermutlich ein Helmlingsart; keine weiteren Infos.



    37. Zum Abschluss ein Fund der mich jedes Mal freut: der trockene Eichenschneckling H.penarioides bildet ausgesprochen kräftige Fruchkörper aus und hat einen ganz eigentümlichen fruchtigen Duft. Er wächst meist in kleinen Kolonien - und schmeckt übrigens lecker. Ich habe ihn mal verkostet, lasse ihn aber seit dem stehen.



    Und sonst? Vieles durfte nicht mit aufs Bild, soll hier aber zumindest teils Erwähnung finden: Herkuleskeule, nach altem Kohl stinkende Schwindlinge, Breitblättriger Rübling, einer der nach Birnenschnaps "duftende" Risspilzarten, Massen von Lila Rettichhelmlingen, und unendlich viel mehr, dem ich keine Beachtung schenken konnte.



    Ich hoffe, mein Rundgang (das waren gerade mal 90 Minuten; ich bin wegen eines Folgetermins quasi durch den Wald gehetzt) hat Euch Freude bereitet. Wen jemand etwas zur Klärung der unbekannten (oder vermeintlich bekannten Funde) beitragen möchte, würde mich das sehr freuen. Insbesondere zu den Cortinarien würde mich eine Einschätzung freuen; daher verlinke ich mal ganz frech Cortinarius

  • Hallo Thomas,

    beeindruckend, deine Kalkwaldpilze. Von den Schönheiten habe ich nur beim Schleierlingskurs ein paar zu Gesicht bekommen. Der hübsche gelbstielige Helmling hört auf den Namen Mycena renati. Die hab ich mal gemalt, weil sie mir so gut gefallen.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo Thomas

    Nur kurz ein paar Namen, da ich nicht viel Zeit habe

    Mit ? sind es Vorschläge, ohne bin ich mir Recht sicher


    4. C.saporatus, Breitknolliger KF

    8. C.magicus, Elfenring KF

    9. Kein Fulvi, eher auch magicus

    13. Aus der Sordescentes Gruppe ?

    15 +31 C.calochrous s.str.

    18. C.platypus ?

    24. C.luhmanni


    Gruß

    Uwe

  • GriasDi Thomas,

    3. Stereum hirsutum.

    17. Momentan stehen tausende Fruchtkörper von M. flavescens im Laub. Ein leichter Gelbschein in den Lamellen und deutlicher Rettichgeruch wären relevant.

    20. Ich kann die weiße Milch fast sehen. Vllt täusch ich mich aber auch.

    26. Evtl M. inclinata an Eiche? Mit Geruch wär's klar.

    30. L. ignivolvata. Man sieht, wie sich grad der arttypische Ring bildet.

    36. Tephrocybe. Hab ich heut auch oft gesehen. Schürfeliger Stiel und Mehlgeruch. Mein vorl. Arbeitsname ist T. boudieri.

    War bestimmt eine schöne Tour.

    An liabn Gruaß

    Werner

  • Hallo Thomas,

    beeindruckend, deine Kalkwaldpilze. Von den Schönheiten habe ich nur beim Schleierlingskurs ein paar zu Gesicht bekommen. Der hübsche gelbstielige Helmling hört auf den Namen Mycena renati. Die hab ich mal gemalt, weil sie mir so gut gefallen.

    Hallo Claudia,


    danke Dir für die Bestimmung. Ich habe mittlerweile mal mein Mycena-Buch aus dem Karton gekramt und habe die Art dort wiederfinden können. Wirklich schöne Farben; verständlich dass Du Dir gerade diese Art zum abmalen ausgesucht hast :)

  • Hallo Werner,


    ich danke Dir für Deine Hinweise. Ja, den Helmlingen sollte ich unbedingt mal etwas mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen, dann hätte ich mir auch Geruch und Vorhandensein von Milch notiert :-/ Bei Nr. 36 dachte ich mir eigentlich schon, dass es in eine ganz andere Richtung gegen könnte als Mycena; der Vorschlag Tephrocybe überrascht mich dennoch etwas. Ist aber eine Gattung die ich bislang wenig auf dem Radar hatte.


  • Hallo Uwe,


    ich danke Dir vielmals für Deine Expertise. Im Grunde haben mich quasi alle Deiner Bestimmungen bzw. Vorschläge überrascht. Mit Deiner Erfahrung wirst Du die Arten wohl schlicht erkennen, dennoch habe ich kurze Fragen:


    4. C.saporatus: sind es hier vor allem die bei jungen Exemplaren konzentrisch angeordneten Velum-Rest auf dem Hut, welche die Richtung vorgeben?


    8. C.magicus: darf der auch als Einzelexemplar vorkommen?


    15.+31. Die hätte ich möglicherweise selbst besser einkreisen können, wenn ich KOH dabei gehabt hätte. X/ Die ganze Gruppe hat doch krasse KOH-Farbreaktionen - richtig?


    24. C.luhmanni: Sind diese auffällig großen und zahlreich vorhandenen schorfartigen Hüllreste typisch für die Art? Und gibt es noch (viele) anderen Phlegmatien, die das auch haben können?


    Grüße, Thomas.

  • Hallo Thomas

    Also das sind Arbeitsnamen und die sollten dann immer noch überprüft werden

    Zu den Arten

    4. C.saporatus , entscheidend ist der Gesamteindruck

    Lamellen jung ganz ohne blau nur weiss bis Creme. Deutliche weiße Velumreste auch am Hutrand. Gelb-bräunlicher Hut. Breitgerandet , die Kante aber meist rundlich, weißes Fleisch oft braunes Velum am Knollenrand

    Oft sehr gross werdend, Buchenwald im tiefen Laub

    8. C.magicus

    Ja auch einzeln möglich

    Merkmal bläulich/grünlich metallischer Glanz der Stiele und jungen Hüte

    15+31.

    C.callochrous

    Ja die KOH Reaktion gehört dazu.

    Callochrous s.str. wird nur am Hut etwas rot-bräunlich sonst negativ

    Hier ist aber das leuchtende Gelb des Velums am Hut,- und Knollenrand entscheidend

    Lamellen auch immer deutlich violett

    25.C.luhmannii

    Unverkennbar durch die grossen ockergelben Velumplacken auf dem Hut, das ist so extrem einmalig

    Jung ist der Pilz auch recht bunt, wird dann aber schnell einheitlich gelbbraun


    Dein Buchenwald zeigt quasi zu 100% dasselbe Arteninventar wie meine Hauswälder hier am Bodensee

    LG

    Uwe

  • Hallo Uwe,


    danke Dir für Deine Ausführungen. das hilft mir die Artenkonzepte besser zu verstehen.

    25.C.luhmannii

    Unverkennbar durch die grossen ockergelben Velumplacken auf dem Hut, das ist so extrem einmalig

    Jung ist der Pilz auch recht bunt, wird dann aber schnell einheitlich gelbbraun

    Die Bilder die ich von dieser Art finden konnte, zeigen bei jungen Fruchtkörpern knallig lila Lamellen. Laut Literatur soll diese Farbe sehr vergänglich sein - auch bei meinem Fund wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass es sich um eine Art mit bläulichen Lamellen handelt. Ist diese Farbvergänglichkeit wirklich derart krass und typisch für diese Art?


    C.luhmannii ist laut Literatur eine recht junge Art und wurde nach Udo Luhmann benannt, der in seinen letzten Jahren in Jena lebte und "mykologisierte". Vermutlich hat er die Art auch in/um Jena in den zahlreichen Kalklaubwäldern entdeckt (laut Pilzflora Jena gibt es zahlreiche Fundmeldungen um Jena). Das die Lamellenfarbe derart vergänglich ist, hat sicher zur späten Entdeckung beigetragen. Funde muss es aber schon vorher gegeben haben - für welche Art hat man denn diese Funde früher gehalten?

  • GriasDi Thomas,

    die Art ist auch auf unseren Jungmoränen regelmäßig anzutreffen und wurde früher z.B. von unserem Herrn Garnweidner entsprechend Moser als C. caesiogriseus bestimmt.

    Neulich hatte ich sie uch bei Denkendorf Nähe Altmühltal.

    An liabn Gruaß

    Werner

  • Hallo Thomas,

    ja, diese Neubenennung war wohl etwas umstritten, was ich so gelesen habe.

    Ursprünglich wurde der Pilz wohl als C.subarquatus M.M.Moser bzw. C.caesiogriseus J.Schäff. bestimmt

    Wenn du da näheres wissen willst must du Günter Saar direkt anschreiben, ich war zu der Zeit noch nicht so mit Cortinarien beschäftigt
    Ich frag ihn gerade mal an Mykollege_Günter

    LG
    Uwe