Allerlei aus den Freiburger Voralpen

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  • Liebe Pilzmenschen

    Gestern hab ich mich wieder mal aufgemacht zu einer Pilzwanderung in den Voralpen und zwar hoch über dem Lac de la Gruyère im Kanton Freiburg. Dabei bewegte ich mich zwischen 950 und 1470 m.ü.M. Ich ging davon aus, dass es mehr eine Bestimmungstour als ein Sammeln von Speisepilzen wird - und so war es dann auch. Die grössten und schönsten Trompetenpfifferlinge und Mehlräslinge durften mit, doch sonst war es ein wunderbares, einsames Waten durch prächtige, aber grenzwärtig durchtränkte Wälder. Der viele Regen machte alle Pilze zu glänzend-schleimigen Objekten, was meine Handykamera leider nicht wirklich goutierte... aber seht selbst!


    Unzählige Stacheldrähte, Elektrozäune und übermütige Rinder machten mir das Leben schwer, doch so richtig gefährlich wurde es um 1000 m.ü.M.: Da regiert nämlich Herkules, welcher seine Riesenkeulen derzeit ohne Ende schwingt:


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    Ich habe in meiner Pilzkarriere insgesamt noch nicht so viele Herkuleskeulen gesehen wie gestern; es waren drei Teppiche von total sicher über 200 Fruchtkörpern!


    2) Auf der gleichen Höhe haben auch die Schopftintlinge derzeit Hochsaison:



    Der letzte war etwa 30 cm hoch!


    3) Wieder einmal schön anzusehen: Die Goldfarbenen Glimmerschüpplinge Phaeolepiota aurea:



    4) Perfekte Pantherpilze mit mustergültigen Bergsteigersocken wollten ebenfalls fotografiert werden:


    Und in deren Nachbarschaft wurde es dann richtig farbenfroh:


    5) Sind das Papageigrüne Saftlinge Gliophorus psittacinus? Ich hatte die bis anhin noch nie begegnet.

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    6) Bei den folgenden Schleierlingen bin ich nach Winkler/Keller bei Calonarius atrovirens Schwarzgrüner Schönklumpfuss gelandet. Kann das jemand bestätigen oder verwerfen? Die gezeigten Exemplare standen an zwei verschiedenen Standorten (a-d; e-h), beide bei Fichten am Waldrand. Die Farben auf den Fotos sind ziemlich stimmig. Ich habe einen leicht pfefferigen Geruch wahrgenommen.

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    i) Was mir gar nicht passt: Mit KOH 20% reagierte die Huthaut nicht schwarz (was sie gemäss Winkler/Keller müsste), sondern rotbraun:


    7) Die folgende Cortinarie ist für mich der Geschmückte Schleimfuss Phlegmacium saginum. Der Geruch ist ziemlich neutral. Das Fleisch ist weiss, die KOH-Reaktion im Fleisch ist wie vorgeschrieben orange-bräunlich (Leider hatte ich gestern vergessen, das Schnittbild zu fotografieren). Wie sehen das die Experten? Das fette Exemplar wuchs auf 1450 m.ü.M., das zierliche auf ca. 1000 m.ü.M. Erst zu Hause befand ich die beiden als die gleiche Art.

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    b)


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    d)


    8) Folgende Pilze würde ich Terpentin-Schnecklinge Hygrophorus abieticola nennen, da sie am Stiel gilben und ihr Geruch sehr eigen ist. a) und b) wuchsen auf ca. 1000 m, c) und d) auf 1250 m. Was meint ihr?

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    c)


    d)


    9) Diese Weichporlinge wachsen auf einem Fichtenstrunk auf 1250 m.ü.M. Könnten das das Nördliche Porlinge Climacocystis borealis sein?

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    d) gebrochener Querschnitt (Fleisch, Poren)


    10) Mitternachtspilze (Dunkelviolette Schleierlinge) Cortinarius violaceus gab es immer wieder zu sehen. Einfach schön!



    11) Ebenfalls grosse Freude habe ich immer am Blauen Saftporling Cyanosporus caesius:


    12) Was ist das wohl für ein Pilz, der hier auf einer serbelnden Grau-Erle wächst?


    13) Besonders gefreut habe ich mich, den Gelbgrünen Kammporling Laeticutis cristata am gleichen Ort auf 1400 m nach einem Jahr wiederzufinden. Ich hatte ihn vor einer Woche zu meinem Erstaunen bereits in Bern gefunden und hoffte ihn nun wieder an meinem ersten Fundort anzutreffen.


    14) Nebst hunderten von anderen Pilzen gabs auch reichlich Korallen zu sehen. Mit denen hab ich mich noch nie eingehend beschäftigt.

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    Danke fürs Durchhalten bis hier und sorry, das wurde nun zu einer Mischung aus Bericht und Bestimmungsanfrage... Mal sehen, ob das funktioniert, sonst poste ich Teile davon noch als Bestimmungsanfrage.


    Ich hoffe, es hat euch gefallen und freue mich insbesondere auf eure Meinungen zu den fraglichen Pilzen. Merci beaucoup!


    Liebe Grüsse

    Andreas

  • Lac de la Gruyère:

    Danke für diesen Exkursionsbericht. Ist für uns eine Anregung, sich dort auch mal umzusehen, da wir bei unseren Schweiz-Aufenthalten als Wanderziel immer wieder die Gantrisch-Region bevorzugen.

  • Sagenhaft, das Herkuleskeulen-Feld. Ich kann die Anzahl der von mir gefundenen Exemplare an zwei Händen abzählen, und ich sammele seit über 30 Jahren. Es braucht halt reichlich Kalk für solche Massenvorkommen.


    Zu den Cortinarien kann ich leider nichts Erhellendes beitragen. Die haben zwar eine gewisse Ähnlichkeit mit meinem hier gestern vorgestellten Fund, aber meine Kollektion hatte keinerlei Laugenreaktion.


    Beste Grüße und vielen Dank für den schönen Bericht,


    Frank

  • Besten Dank für eure Reaktionen!


    Könnte mir jemand noch konkret helfen bei der sicheren Bestimmung von:

    - Nr. 5) Papageigrüner Saftling Gliophorus psittacinus (Wiese; Kalkboden)

    - Nr. 6) Schwarzgrüner Schönklumpfuss Calonarius atrovirens (völlig vergessen: Da standen u.a. Fichte, Weisstanne und Buche in der Nähe; Kalkboden; vermutlich oberflächlich sauer)

    - Nr. 7) Geschmückter Schleimfuss Phlegmacium saginum (völlig vergessen: Da standen ausschliesslich Fichten in der Nähe; Kalkboden, aber oberflächlich sauer, Heidelbeeren)

    - Nr. 9) Nördlicher Porling Climacocystis borealis (Fichtenstumpf)


    Kann ich aufgrund der vielen "Daumen hoch" schliessen, dass meine Bestimmungen korrekt sind? Oder gibt es da zu viele Unbekannte, um sicher zu gehen? Danke schon im Voraus zu euren Hinweisen dazu!

  • Also zur Absicherung vom Schwarzgrüner Klumpfuß könntest du die Laugenprobe im Stielfleisch oder Hutfleisch machen, das müsste sich laut Gminder/Karasch von gelb nach olivgrün verfärben.

  • Also zur Absicherung vom Schwarzgrüner Klumpfuß könntest du die Laugenprobe im Stielfleisch oder Hutfleisch machen, das müsste sich laut Gminder/Karasch von gelb nach olivgrün verfärben.

    Oh, danke Frank. Die Pilze sind mittlerweile recht gammlig... Im jetzigen Stadium verfärben sich Hut- und Stielfleisch schnell olivgrün. Genauso wie eine grüne Olive. Am Sonntagabend hatte ich das auch bereits gemacht, aber hier nicht gepostet. Damals wurde es etwas heller olivgrün und es ging nicht so schnell. Ist das der Beweis für C. atrovirens?

  • Ich habe die Farbreaktion bei dieser Art selber noch nicht gemacht. Aus meinen Erfahrungen bei anderen Cortinarien kann ich sagen, dass sich das meistens (aber nicht immer!) relativ schnell verfärbt. Da spielt möglicherweise neben der Temperatur auch die Laugenkonzentration eine Rolle.


    Für gewöhnlich führen höhere (Sommer-)Temperaturen zu einer schnelleren Reaktionsgeschwindigkeit. Bei der Laugenkonzentration muss man etwas aufpassen, weil konzentrierte Natron- oder Kalilauge sehr aggressiv-ätzend ist. Ich habe mit zu starker Lauge schon regelrecht Löcher in die Fruchtkörper geätzt. Das gleiche passiert übrigens auch mit menschlicher Haut, also Vorsicht!

  • Moin, eine schöne Fotostrecke! Den Papageiensaftling würde ich bestätigen, zumindest bei c ist das sicher. Von den anderen ist ein bisschen wenig zu sehen, um den Pudding an die Wand zu nageln. Du weißt ja, Pilz nur von oben, ist wie Käfer nur von unten.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.