Weiße Pilze im Garten

Es gibt 16 Antworten in diesem Thema, welches 1.322 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Shroom!.

  • Hallo :)

    Vor etwa einer Woche sind mir zum ersten Mal in meinem Garten diese interessanten weißen Pilze aufgefallen.

    Die größten sind etwa 10 - 12 cm hoch. Es sind gut ein Dutzend auf einer Fläche von wenigen qm. Alles weitere: Siehe Bilder.


    Die werden wohl nicht essbar sein? Bin für jede Info dankbar. :)


    Liebe Grüße,

    Sopplotte

  • Hallo,


    das sieht nach Herbst-Lorcheln aus.

    Kannste ja mal gugeln... :gzwinkern:


    VG

    Wolfgang

    ----------------------------------------------------
    Ich bin ein fortgeschrittener Anfänger. Meine Einschätzungen zu Bestimmungsanfragen sind mit Vorsicht zu "genießen" !
    Und: Nicht jeder meiner Funde muss unbedingt bestimmt werden, ich freue mich einfach über jedes "Kerlchen"... :gzwinkern:

  • Hallo Sopplotte,


    ich würde die auch Herbst-Lorcheln nennen.

    Zur Eßbarkeit: weder hier noch bei einem PSV wirst Du eine Verzehrfreigabe anhand von Fotos, telefonisch, per Mail oder ähnlich bekommen. Die Pilze müssen demjenigen vorgelegt werden.


    Viele Grüße

    noch ein Wolfgang

  • Hey,


    netter Gartenfund, hat man dort auch nicht alle Tage. Glückwunsch!


    Um die Frage nach der Essbarkeit der Art zu beantworten: wie viele Lorcheln Gyromitrin-haltig und somit giftig, wenngleich nicht in so hoher Konzentration wie bei der Frühjahrs-Giftlorchel. Rein theoretisch(!) könnte man sie durch Trocknen und ausreichendes Kochen genießbar machen. So wird es tatsächlich in vielen Ländern gehandhabt und auch hier in Deutschland gibt es wohl durchaus noch Sammler, welche die Art für Speisezwecke sammeln.


    ABER: Tun sollte man es trotzdem nicht. Auch wenn man das Gyromitrin größtenteils austreiben kann, gibt es Hinweise darauf, dass auch die Zerfallsprodukte nicht gerade förderlich für die Gesundheit sind.

    Außerdem wird verbleibendes Gyromitrin im Körper zu Monomethylhydrazin (Hypergoler Raketentreibstoff) verstoffwechselt, was auch in kleinen Mengen ein höchst bedenklicher Stoff ist.

    Von daher lieber mit den Augen genießen. Man muss ja nicht alles verspeisen. ;)


    LG Christopher

  • Hallo

    Hier noch die Quelle dazu -> https://forum.dgfm-ev.de/thread/686-herbstlorchel/

    Ist zwar schon etwas älter, aber ich denke du hast deine Info von dort.

    BG Andy

  • Hey Andy,


    danke für den Link. Nein, die Info habe ich nicht von dort. Ein anderes Hobby von mir ist das Thema Raumfahrt und damit einhergehend auch etwas Wissen über Raketentreibstoffe. Aus der Richtung wusste ich, dass Hydrazin bzw. Derivate auch in der Natur vorkommen können. Hydrazin Verbindungen sind in der Pilzwelt ja erstaunlich verbreitet. Das Agaritin in Champignons gehört ja auch dazu.


    LG Christopher

  • Hallo Christopher,


    bitte die Herbst-Lorchel nicht mit Gyromitra-Arten gleichsetzen: Laut DGfM-Toxikologen Siegmar Berndt enthält sie keine bis geringste, toxikologisch unbedenkliche Spuren von Gyromitrin, bzw. Monomethylhydrazin.

    Eine aktuellere Stellungnahme von ihm dazu ist in der Zeitschrift für Mykologie aus dem Jahr 2018 (Band 84/2) zu finden. Demnach bestehe unter Toxikologen Einigkeit, dass die Herbst-Lorchel (ausreichend erhitzt) nicht giftig sei. Mittels klassischer Analysemethoden (z.B. vom Naturstoffchemiker und Mykologen T. Stivje) konnten in Helvella crispa weder Gyromitrin noch das vielfach toxischere MMH nachgewiesen werden. Mit neueren hochempfindlichen Verfahren wie der Massenspektroskopie konnten in einigen Sippen geringste Spuren dieser Substanzen gefunden werden, die toxikologisch unbedeutend sind.
    S. Berndt schreibt explizit, dass die Herbst-Lorchel für Speisezwecke gesammelt werden könne (individuelle Unverträglichkeiten sind natürlich wie bei allen Pilzen möglich). In Italien ist die Herbst-Lorchel sogar Marktpilz.


    (Meine Ausführungen stellen natürlich keine Essfreigabe für die gefundenen Pilze in diesem Thread dar, die müssten von einem Pilzsachverständigen vor Ort kontrolliert werden.)

    Viele Grüße

    Emil

  • bitte die Herbst-Lorchel nicht mit Gyromitra-Arten gleichsetzen

    Wo habe ich das getan? Ich schrieb ja explizit, dass sie weniger Gyromitrin enthält.

    toxikologisch unbedenkliche Spuren von Gyromitrin, bzw. Monomethylhydrazin.

    Es gibt keine unbedenklichen Spuren von MMH. Das Zeug hat im Körper auch in Spuren nichts zu suchen.

    Nach der Logik wären eh alle Lorcheln ordnungsgemäß zubereitet unbedenklich, da selbst bei der Frühjahrsgiftlorchel das Gyromitrin dann nur noch in Spuren enthalten ist.


    Manchmal kann man bei den Pilz-Fachleuten einfach nur den Kopf schütteln. Um die Champignons und ihren Schwermetallgehalt wird ein großes Theater veranstaltet, obwohl nicht endgültig bewiesen ist, wie viel davon letztlich vom Körper aufgenommen wird und die (spärliche) Studienlage in die Richtung eher darauf hindeutet, dass die meisten Schwermetalle unverdaut wieder ausgeschieden werden.
    Oder beim Schwarzblauenden Röhrling und dem Arsen wird teilweise so getan, als würde man sich mit einem Pilz direkt vergiften, obwohl man selbst bei regelmäßigem Verzehr der Art bei der Arsenaufnahme in etwa auf Augenhöhe mit Bevölkerungsgruppen ist, die in großen Mengen Reis konsumieren.


    Aber Gyromitrin bzw. Monomethylhydrazin als dessen Zerfalls- / Verstoffwechselungsprodukt ist dann in geringen Mengen gar kein Problem mehr. Ein Stoff, bei dem in der Raumfahrt nicht umsonst jede noch so kleine Kontamination ausgeschlossen wird.


    In diesem Sinne: Wohl bekomm's!

  • Hallo Christopher,


    also ohne viel Ahnung von speziell diesen Stoffgruppen zu haben, erscheint es mir schon plausibel, dass Toxizität immer eine Frage der Dosis ist (und diese bei der Herbst-Lorchel bereits ohne Vorbehandlung wie Erhitzen oder Trocknen schon kaum nachweisbar bis gar nicht vorhanden ist). Und ich persönlich verlasse mich da schon auf die Aussagen des DGfM-Toxikologen, denn wenn er es nicht weiß, wer dann? (Im Fall der Herbst-Lorchel bestehe ja gemäß Berndt anscheinend sogar Einigkeit unter Toxikologen.)

    Die Lage bei Gyromitra-Arten ist da schon deutlich anders und meiner Meinung nach deshalb nicht vergleichbar, weil sie hohe Mengen Gyromitrin/MMH enthalten, die durch Vorbehandlung nur unvollständig entfernt werden können.


    Bezüglich der anderen von dir genannten Beispiele weiß ich nur, dass einige Anis-Champignons wie Agaricus urinascens

    die Cadmium-Grenzwerte für Lebensmittel 100-fach überschreiten und dass beim Schwarzblauenden Röhrling ein maximaler Verzehr von 90 g pro Jahr empfohlen wird (man kann wohl davon ausgehen, dass wesentlich mehr Reis konsumiert wird).

    Ich folge dabei nur Studien und Aussagen kompetenterer Personen als ich es bin. Vielleicht hast du ja eine Ausbildung im biochemischen Bereich und kannst deine eigenen Schlüsse ziehen. Wie das jeder persönlich handhabt, ist natürlich ihm überlassen.


    Viele Grüße

    Emil

  • Es gibt keine unbedenklichen Spuren von MMH. Das Zeug hat im Körper auch in Spuren nichts zu suchen.

    Toxikologisch unbedenkliche Mengen sind Kleinstmengen (wir sind hier ja fast schon im homöopathischen Bereich...), bei denen eben extrem unwahrscheinlich ist, dass sie überhaupt verstoffwechselt werden, falls überhaupt noch was vom Stoff vorhanden ist nach der Zubereitung. "Weniger Gyromitrin" heißt in dem Fall der Herbstlorchel, fast schon nicht mehr nachweisbar (oder eben sogar gar nix vorhanden). Und das bei einem Stoff, der wasserlöslich und hitzeflüchtig ist, so dass die homoöpathische Menge, wenn sie überhaupt vorhanden ist, nochmal reduziert würde. Entsprechend kann man sich der Aussage, dass das Zeug im Körper nix zu suchen hat, vorbehaltlos anschließen, nur sollte man sich dabei auf Pilze beziehen, die relevante Mengen an Gyromitrin enthalten. Ich hatte hier auch schon mal was dazu geschrieben.


    Zitat

    Nach der Logik wären eh alle Lorcheln ordnungsgemäß zubereitet unbedenklich, da selbst bei der Frühjahrsgiftlorchel das Gyromitrin dann nur noch in Spuren enthalten ist.


    Der Hauptfehler der jahrelang gemacht wurde und auch heute noch das Image der Herbstlorchel (und auch einiger "echter" Gyromitra-Lorcheln) prägt, ist die Vermengung von "Lorcheln" ohne zwischen Gattungen und Arten zu unterscheiden, das passiert dir hier auch.

    Mittlerweile wurde da bei den Gyromitra-Lorcheln auch endlich mal aufgeräumt und aufgezeigt, dass die Pauschalverdächtigung von Gyromitrin in Lorcheln noch nicht mal innerhalb der Gattung Gyromitra einer Analyse standgehalten hat. Würde auch verwundern, denn gerade aus der G. gigas-clade und G. caroliniana-clade werden insbesondere in Teilen Nordamerikas regelmäßig Arten verzehrt, ohne dass Vergiftungen, die auf ein Gyromitrin-Syndrom hinweisen, bekannt geworden sind.


    Quelle:https://www.tandfonline.com/do…080/00275514.2022.2146473 (G. gigas habe ich gestrichen, da Lagrange et. al schließlich doch noch bemerkt haben, dass sie die falsche Art verdächtigt haben - bei 4 aktuellen Tests von G. gigas aus Deutschland konnte kein Gyromitrin nachgewiesen werden).


    Was die Schwermetall-Thematik bei Agaricus angeht, bin ich übrigens auch nicht supper-happy mit der pauschalen Verteufelung bei unklarer Faktenlage darüber, wie viel nun eigentlich davon verstoffwechselt wird. Aber das ist wieder ein anderes Thema.


    LG,

    Schupfi

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  • Was die Schwermetall-Thematik bei Agaricus angeht, bin ich übrigens auch nicht supper-happy mit der pauschalen Verteufelung bei unklarer Faktenlage darüber, wie viel nun eigentlich davon verstoffwechselt wird. Aber das ist wieder ein anderes Thema.


    Hi,


    "verstoffwechselt" werden Schwermetalle nicht. "Verstoffwechselt" heißt, dass diese chem. verändert werden. Das passiert aber bei Cadmium nicht! Es bleibt im Körper und wird in das Nierengewebe eingelagert. Dadurch hat es eine extrem lange Halbwertszeit. Cadmium ist übrigens in Ende der 2000er-Jahre toxikologisch neu bewertet worden. Cadmium ist stark nierenkrebserregend und greift auch u.a. in die DNA-Reparaturprozesse der Körperzellen ein.


    Was du meinst, wieviel Cadmium aus Pilzgewebe im Darm resorbiert wird. Das ist der Knackpunkt. Dennoch gab es schon einen Fall in Wien, wo ein Mensch nach A. crocodilinus/urinascens-Verzehr eine akute! Cadmiumvergiftung bekam.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Von dem Fall habe ich nun schon öfters gehört, bisher allerdings nie konkrete Details dazu finden können. Hast du einen Link dazu?

    Würde mich mal interessieren, weil das für mich wenig glaubwürdig klingt. Für eine akute Schwermetallvergiftung durch Pilze müsste man ja Unmengen konsumieren.


    Nur mal zur Einordnung: Für eine akute Cadmium Vergiftung wäre eine Dosis von etwa 15mg Cadmium / kg Körpergewicht nötig. Gehen wir von 70kg aus, wären das 1050mg.

    In A. Urinascens wurde mWn. ein Gehalt von maximal 400mg pro kg Trocken(!)masse nachgewiesen. Man müsste also 2,6kg Trockenmasse verzehren, um theoretisch eine akute Vergiftung auszulösen. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass der Körper niemals die gesamte Menge an enthaltenem Cadmium aufnehmen wird.


    Entweder stimmt mit der Story was nicht oder die betroffene Person hatte schon zuvor ernsthafte Probleme.


    LG Christopher

  • Von dem Fall habe ich nun schon öfters gehört, bisher allerdings nie konkrete Details dazu finden können. Hast du einen Link dazu?

    Würde mich mal interessieren, weil das für mich wenig glaubwürdig klingt. Für eine akute Schwermetallvergiftung durch Pilze müsste man ja Unmengen konsumieren

    Hi,


    leider nicht. Das wurde von den Wiener Mykologen als Info breit gestreut. Die damals behandelte Klinik lies leider eine Publikation des Falles nicht zu.

    Die 15 mg-Schwelle habe ich auch gefunden. Allerdings scheint das ein Absolutwert zu sein. Im Doc-Lexikon fehlt das /kg Körpergewicht.

    Dann denke ich, dass das sich die genannten Werte eben nicht auf die Trockenmasse, sondern auf das Frischgewicht bezieht, denn in der 1881er-Verordnung sind die Grenzwerte für Schwermetalle pro/g Frischgewicht angegeben.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Danke für die Klarstellung. Für mich ordne ich die Story dann mal in die Kategorie "Märchen" ein. Wenn es derart leicht wäre sich akut zu vergiften, würde es da eh mehr Fälle geben.


    Und nein, in allen aktuelleren Publikationen zu Schwermetall-Analysen wird die Belastung fast immer pro Kilogramm Trockenmasse angegeben. Ein paar wenige Paper mit Angaben für Frischmasse gibt es auch, aber das steht immer ganz deutlich dabei und die Werte sind dann entsprechend erheblich geringer.


    Die 15mg Schwelle als Absolutwert für Intoxikation wage ich zu bezweifeln. Dann könnte man sich nämlich auch mit zahlreichen anderen Lebensmitteln eine akute Cadmium Vergiftung zuziehen, wenn man sie in ausreichender Menge verzehrt.


    LG Christopher