Wer kennt Lactarius flexuosus = Verbogener Milchling?

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 326 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Bihlerben.

  • Hallo zusammen!


    Ich bitte um Bestimmungshilfe bzw. Bestätigung oder Korrektur meiner Bestimmung.
    Ich habe diesen Fund als Lactarius flexuosus = Verbogener Milchling bestimmt. Ich habe dabei Schlüssel in Funga Nordica benutzt, die Beschreibungen in FNE2, Kibby "Mushrooms and Toadstools of Britain and Europe" verglichen, und sogar Lamellen gezählt (Lamellenanzahl wird leider nicht oft angegeben, ist aber u.a. in "Pilze der Schweiz" als Unterscheidungsmerkmal angegeben falls bestimmungsrelevant). Ich habe mit L. pyrogalus, L. circellatus, L. trivialis verglichen und bei der makroskopischen Bestimmung lande ich immer bei L. flexuosus bzw. alle Merkmale scheinen zu dieser Art gut zu passen und es gibt Unterschiede zu Nachbararten.

    Der einzige Hacken aus meiner Sicht ist: diese Art ist in unserer Region überhaupt nicht kartiert (bis auf ein Fund von German Krieglsteiner, 1996), und selbst in unserem mykologischen Verein habe ich keinen gefunden wer diese Art sicher kennen würde. Kann mir jemand vielleicht hier im Pilzforum L. flexuosus bestätigen oder eine Alternative nennen?

    • Geruch: würzig obstartig
    • Geschmack: mehr zusammenziehend als bitter oder scharf (auf keinem Fall sehr scharf)
    • Milch: cremeweiß und bleibt so
    • Hut: zoniert, mit violettem Stich! (kann man auf den Bildern leider nicht so gut sehen)
    • Fundort: Mischwald mit Kiefer und diversen Laubbäumen und Sträuchen, u.a. Hainbuchen. In der nähe wuchsen die Mönchsköpfe.
    • Funddatum: 6. November 2024

    Die anderen Merkmale sollte man auf den Bildern sehen können, obwohl es nur mittelmäßige Handybilder sind (Sorry, hatte nur Handy dabei).

    Danke im Voraus!




    Die Lamellen sind teils gegabelt, manchmal verbinden sich zwei Lamellen erst am Stiel:


  • Servus Alexander,

    kannst Du noch etwas zum Boden sagen? Welche Pilze oder auch Pflanzen standen da noch herum?

    Bisher habe ich L. flexuosus immer nur auf sehr nährstoffarmen, sauren Sandböden gefunden. Mönchskopf klingt nach Kalk, das wäre für mich ein Ausschluss-Kriterium.

    Gruß Helmut

  • Guten Tag Alexander,


    ich glaube, daß ich am 1. November dieselbe Art gefunden habe - auch im Mischwald mit vielen Hainbuchen und Mönchsköpfen. Ich hab das Bestimmen aufgegeben. :( Die Milch meiner Fruchtkörper war völlig mild, das Fleisch war nur ganz leicht scharf, fast unmerklich. Die Färbung hatte überhaupt nichts Grünliches, deshalb habe ich L. blennius verworfen. Auf den Bildern, die ich noch habe, sieht man auch eine Gabelung und ein Wiederzusammenlaufen der Blätter.


    Ich bin beim Bestimmen an den Geschmacksangaben gescheitert. Alle Arten, die gepaßt hätten, hätte sofort sehr scharf sein sollen. Das waren meine Milchlinge aber nicht. Gar nicht! Überhaupt nicht!!! Und damit war ich in der Sackgasse. :(


    Ich bin deshalb sehr gespannt, ob du zu einem eindeutigen Schluß kommst und will dann meine Bilder nochmal mit deinem Ergebnis vergleichen. :)


    Benjamin

  • Hallo Benjamin,


    die Gabelung der Lamellen ist kein bestimmungsrelevantes Merkmal bei Milchlingen. Zwar schon ein Merkmal, aber eben nicht bestimmungsrelevant. Bei der Schärfe der Milchlinge ist zu beachten, dass diese mit dem Alter der Exemplare und den Witterungsbedingungen am Fundzeitpunkt variieren kann. Durchwässerte, überalterte oder gar nachts angefrorene und dann wieder aufgetaute Exemplare können an Schärfe verlieren. Also bitte nicht zu viel Gewicht auf diese Merkmale legen.


    Weitaus wichtiger wäre die exakte Ermittlung des Baumpartners und der Bodenverhältnisse, worauf Helmut schon hingewiesen hat. L. flexuosus hat meiner Erinnerung nach einen sehr speziellen Baumpartner (welchen genau müsste ich nachschlagen), L. blennius ist dagegen ein ziemlich triviales, massenhaftes Element im mineralischen, leicht basischen Buchenwald ("Totentrompeten-Semmelstoppel-Wald"). Das bedeutet auch, dass du in der Beweispflicht bist, wenn du aus einem so aussehenden Pilz mehr machen willst als "nur" L. blennius. Dabei spielt auch die Verfärbung der ausgetretenen Milch am nächsten Morgen eine wesentliche Rolle.


    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Ich könnte mir da sogar L. fluens vorstellen, wegen des helleren Hutrandes und den crmefarbenen, nicht weißen Lamellen. Die Ökologie würde auch nicht dagegen sprechen (Mönchsköpfe!).

    Grüße Axel

    "Das Artensterben ist der neue Klimawandel. Der Verlust der Biodiversität ist die wahre Krise des 21. Jahrhunderts"

    aus Glaubrecht: "Das Ende der Evolution"

  • Hallo zusammen,


    L. flexuosus kenne ich derber/dickfleischiger, mit sehr scharfem Geschmack und kurzem, sich zur Basis hin verjüngendem Stiel und gelblichen Flecken an der Stielbasis.

    L. blennius würde ich eher ausschließen, der hätte weiße Lamellen.


    L. fluens könnte ich mir vorstellen, das ist ja auch eine sehr variable Art. Aber noch naheliegender wäre für mich Lactarius circellatus. Spricht da etwas dagegen? Beide Arten wären auch nicht so sehr scharf.


    Viele Grüße

    Emil

  • Wow, vielen Dank für alle Antworten.

    Ich versuche es morgen zu arrangieren vor der Arbeit schnell in den Wald zu fahren und schauen ob es diese Milchlinge dort noch gibt, dann kann ich genauer nach weiteren Bäumen und Vegetation schauen. Mir graut es zwar davor in der Kälte und Näße am grauen Novembermorgen rauszugehen, aber Pilze beobachten tut mir dann doch gut ;)


    kannst Du noch etwas zum Boden sagen? Welche Pilze oder auch Pflanzen standen da noch herum?

    Bisher habe ich L. flexuosus immer nur auf sehr nährstoffarmen, sauren Sandböden gefunden. Mönchskopf klingt nach Kalk, das wäre für mich ein Ausschluss-Kriterium.

    Gruß Helmut

    Ich versuche morgen mehr Erkentnisse zu gewinnen. Es ist ein stadtnaher Wald bei Mannheim: Dossenwald. Im Dossenwald gibt es vorwiegend Kiefer und diverse Laubbäume auf Sandboden. Fundort liegt in einem Waldstreifen zwischen Bahntunnel und Autobahn, d.h. möglicherweise ist der Boden dort durch die Bau der beiden Strecken verändert worden, das würde z.B. den Kalk erklären.


    Weitaus wichtiger wäre die exakte Ermittlung des Baumpartners und der Bodenverhältnisse, worauf Helmut schon hingewiesen hat. L. flexuosus hat meiner Erinnerung nach einen sehr speziellen Baumpartner (welchen genau müsste ich nachschlagen), L. blennius ist dagegen ein ziemlich triviales, massenhaftes Element im mineralischen, leicht basischen Buchenwald ("Totentrompeten-Semmelstoppel-Wald"). Das bedeutet auch, dass du in der Beweispflicht bist, wenn du aus einem so aussehenden Pilz mehr machen willst als "nur" L. blennius. Dabei spielt auch die Verfärbung der ausgetretenen Milch am nächsten Morgen eine wesentliche Rolle.

    Also: Baumpartner bei L. flexuosus können u.a. Kiefer oder Birke sein, das passt weil Kiefer ganz sicher da waren.
    Es ist kein Totentrompeten-Semmelstoppel-Waldgebiet. L. blennius kenne ich inzwischen, er häte z.B. nicht wie mein Fund die ockerlichen Lamellen mit einem Hauch von rosa.
    Milchverfärbung konnte ich nicht beobachten, auch 2 Tage später nicht - die angetrockneten Milchtropfen waren cremeweiß, ohne graugrüner Verfärbung wie bei L. blennius.


    Ich könnte mir da sogar L. fluens vorstellen, wegen des helleren Hutrandes und den crmefarbenen, nicht weißen Lamellen. Die Ökologie würde auch nicht dagegen sprechen (Mönchsköpfe!).

    Fluens hätte wie blennius auch viel dichtere Lamellen und verfärbende Milch, deshalb habe ich die beiden Arten (die ich aus eigenen Funden bereits kenne) ausgeschlossen.

    Tatsächlich, dachte ich zuerst, dass ich Lactarius circellatus gefunden habe. Ich habe L. pyrogalus erst vor einem Monat gezeigt bekommen und den von L. circellatus zu unterscheiden gelernt (vor allem durch Lamellendichte, Zonierung und Baumpartner). Die Hainbuche war auch am Fundort da. Allerdings soll L. circellatus dichtere Lamellen haben.


    Pilze der Schweiz Band 6 macht folgende Angaben zur Anzahl Lamellen die den Stiel erreichen:

    • L. flexuosus 45-60
    • L. blennius 95-110
    • L. circellatus 80-90
    • L. fluens 70-90
    • L. pyrogalus 44-48

    Ich habe bei diversen FK bei diesem Fund 54, 56, 64 und 68 Lamellen gezählt, also 54-68, wobei manche Lamellen sind erst am Stiel gegabelt verbunden, sie habe ich manchmal als zwei Lamellen gezählt. Dennoch, selbst mit etwas Fehlertoleranz, gab es Überschneidung nur mit PdS-Angaben zu L. flexuosus.
    Hat jemand "Pilze Mitteleuropas" von Winkler/Keller dabei und kann bitte die dort angegebene Anzahl Lamellen bei L. flexuosus nachschauen? Leider gibt nicht jedes Buch dieses Merkmal an.

  • Beim Winkler stehen nicht überall Zahlen:


    • L. flexuosus: "Lamellen eher entfernt"
    • L. blennius: "Lamellen eher gedrängt"
    • L. circellatus: "Lamellen in mittlerem Abstand (ca. 80-90 durchgehende Lamellen)
    • L. fluens: -
    • L. pyrogalus: "Lamellen entfernt (ca. 40-50 durchgehende Lamellen)

    Benjamin