Von der Tintlingsbestimmung in die Ratlosigkeit (Coprinopsis extinctoria)

Es gibt 15 Antworten in diesem Thema, welches 904 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von zuehli.

  • Liebe Tintlingsfreunde,


    im eigenen Garten am alten Apfelbaum in drei Metern Höhe sprießt ein netter Tintling, der vermeintlich schon durch sein Äußeres den Eindruch erweckte, er sei leicht bestimmbar. Vielleicht von anderen, meinen Bestimmungsversuchen widersetzt er sich beharrlich.

    Mittelgroße Fruchtkörper mit (sehr) starkem Velum, das auch noch am alten aufgeschirmten Exemplar sehr präsent ist und mich deutlich an Seepocken (Sessilia) erinnert. Erst dachte ich an den Baumhöhlen-Tintling mitraeformis/spelaiophylla, aber da passt nix, schon gar nicht die Sporen. Die sind bei meinem Exemplar 9-11µ lang (siehe Bild).

    Das Velum besteht aus dünnwandigen Hyphen. Dieses sehr konsistente Velum sollte doch einen Hinweis geben, allerdings habe ich auch beim Bilder-Blättern nichts passendes gefunden.

    Gibt's jemanden der mir die Erleuchtung bringen kann? Vielleicht guckt auch mal der Hans ( coprinusspezi) hier rein.


    Beste Grüße

    Harald


  • Hallo Harald

    Versuch's doch mal mit diesem Schlüssel bedingt aber noch mehr Mikromerkmale zu erfahren.

    Bei mir klappt das meistens.

    BG Andy

  • Hallo zuehli ,

    Im Ludwig ist die Sporenlänge für C. spelaiophilus mit 8-11,5 um angegeben, das passt doch wunderbar zu deinen Maßen? Und auch die Sporenform passt zu der im Ludwig.

    Damit will ich dein Urteil jetzt nicht in Zweifel ziehen, ich kenne mich auch nicht wirklich aus.

    Mich wundert nur, dass du explizit die Sporen als nicht zum Baumhöhlentintling passend anbringst?

    Hast du da andere Angaben?


    Viele Grüße

    Michael

  • Im Ludwig ist die Sporenlänge für C. spelaiophilus mit 8-11,5 um angegeben, das passt doch wunderbar zu deinen Maßen? Und auch die Sporenform passt zu der im Ludwig.

    Damit will ich dein Urteil jetzt nicht in Zweifel ziehen, ich kenne mich auch nicht wirklich aus.

    Mich wundert nur, dass du explizit die Sporen als nicht zum Baumhöhlentintling passend anbringst?

    Hast du da andere Angaben?

    Hallo Michael,

    die Sporenform passt doch überaupt nicht, da ist absolut nichts mitraförmiges dabei. Außerdem ist bei dem das Velum nicht so grobschollig.


    CH-Andy Den Melzer-Schlüssel habe ich, damit bin ich aber auch in die Verzweiflung geraten. Schade, dass pilzmel nicht mehr erreichbar ist...


    Beste Grüße

    Harald

  • Hallo Harald ( zuehli ),


    ok, danke für die Antwort!

    Ich war vor allem darüber irritiert, dass du explizit die Sporenlänge als Gegenargument gebracht hast...


    Ich will gern ein bisschen weiter raten:

    In den älteren Threads (hier bspw: https://www.funga-austria.at/viewtopic.php?t=134 - da wird auch Vorkommen auf Holz diskutiert ) poppt neben C. spelaiophila auch C. stangliana auf...


    Ludwig schreibt dazu: "Velum: In Form großer, weißer +- angedrückter Fetzen oder Flocken lange ausdauernd"

    Die Sporengröße würde ebenfalls passen, und vielleicht ist die Sporenform genehmer ? ;)


    Spannender Thread, leider ist die Mittagspause so kurz ...

    Viele Grüße

    Michael

  • Hallo,

    der Tintling erinnert mich an einen meiner Funde, der mittlerweile als Coprinopsis alnivora beschrieben wurde.

    Vergleich doch mal, vielleicht ist’s ja der.

    LG

    Romana

    103-15 APR2017+17(3.Platz)+2(Wette)=107-1(OBR)-15 APR2018=91+13(3.Platz)+8(Wetten)=112-2+7(Wette)=117-15 APR2019=102+8(8.Platz)=110-15 APR2020=95+12(3.Platz)+27(Wetten)=134-15 APR2021=119+10(4.Platz)+12(Wetten)=141-15+16 APR2022=142-15(APR2023)=127+18=145-15(APR24)=130

  • Hallo Harald

    ich könnte mir folgendes vorstellen -> Coprinopsis alnivora

    Rothole Inkcap, Coprinopsis alnivora | Jeremy Bartlett's LET IT GROW blog

    BG Andy


    Edit: Romana war schneller war auch mein Tipp

  • Hallo Harald


    Ein Kandidat wäre noch Coprinopsis strossmayeri, der passt makroskopisch recht gut, hätte aber noch etwas kleinere Sporen.

    Wie viele hast du gemessen? Und hast du ein Mikrofoto vom Velum?


    Gruss Raphael

  • Moin moin,


    hier das Update von heute morgen, so siehts jetzt aus:


    von unten:


    Velumflocken:


    Velumstruktur1:


    Das Ganze ein bisschen näher:


    Und nochmal die Sporen, diesmal im Schnitt 9,5-10µ und so reichlich, dass man keine Zystiden sieht:


    Ich glaube zwar nicht, dass das aktuell großartig weiter hilft, aber evtl. hat ja jemand noch eine Idee?

    Harald

  • Hallo Harald,


    cooler Fund. Müsste was aus der Lanatuli-Ecke sein. Vielleicht hat Stefan Climbingfreak noch eine Idee?


    Bin sehr gespannt, ob es hier noch zu einer Verhaftung irgendwie kommt. Mangels Zeit werd ich hier nur am Rande zuschauen.


    Im Download mal ein Paper zu der Sektion u. sect. Atramentarii.


    Viele Grüße

    Marcel

    Dateien

    »Experts do not exist,

    we all are beginners

    with greater or lesser knowledge.«

    Luis Alberto Parra Sánchez


    Gnolmokratisches:

    100 PCs Startkapital - 4 PCs (2023 an Boletaceae bei KiZaRü/Psathyrella-Challenge verloren) u. - 21 PCs (2024 an Schwarzhex hilmgridd gespendet) = 75 PCs in stock

  • Hallo zusammen


    Hmm, spricht denn abgesehen von den minimal zu langen Sporen etwas gegen Coprinopsis strossmayeri?

    Die werden in der gängigen Literatur bis 9.5 µm angegeben. Wenn sie jetzt ein halbes µ länger sind, würde ich das nicht überbewerten.

    Die Art ist ja sehr selten, vermutlich ist die wahre Bandbreite der Sporen gar nicht bekannt.

    Und wenn man sich die spärlichen Beschreibungen anschaut, gewinnt man den Eindruck dass vielfach die Sporenmasse irgendwo abgeschrieben wurden.


    Ah, und hier eine kürzliche Publikation, wo die Sporen bis 11 µm lang sind:

    https://www.researchgate.net/publication/349604529_First_record_of_Coprinopsis_strossmayeri_Psathyrellaceae_in_Ukraine_morphological_and_cultural_features


    Gruss Raphael

  • Hallo,

    Coprinopsis strossmayeri ist im Wiener Prater recht häufig anzutreffen. Ich muss aber gestehen, dass ich den noch nie mikroskopiert habe, weil die Bestimmung schon makroskopisch klar war. Für mich sieht der hier vorgestellte Fund nicht nach C. strossmayeri aus, auch der Standort gefällt mir nicht. Ich finde ihn immer terricol oder auf recht alten liegenden Pappelstämmen. Ich häng mal zum Vergleich ein paar Fotos an.

    LG

    Romana






    und noch ein paar Handyfotos...





    103-15 APR2017+17(3.Platz)+2(Wette)=107-1(OBR)-15 APR2018=91+13(3.Platz)+8(Wetten)=112-2+7(Wette)=117-15 APR2019=102+8(8.Platz)=110-15 APR2020=95+12(3.Platz)+27(Wetten)=134-15 APR2021=119+10(4.Platz)+12(Wetten)=141-15+16 APR2022=142-15(APR2023)=127+18=145-15(APR24)=130

  • Hallo

    Von Harald Zühlsdorf auf diese Anfrage aufmerksam gemacht, würde ich dazu folgendes meinen.


    In Mykis und Index Fungorum wird Coprinopsis mitraespora und C. speleiophila als eine Art angesprochen.

    Coprinopsis extinctorius bzw. C.extinctoria aber als eigenständige Art belassen!

    Im Index Fungorum müsste man dann in der dort angegebenen Literatur vergleichen.


    Current Name:

    Coprinopsis extinctoria (Fr.) Redhead, Vilgalys & Moncalvo, in Redhead, Vilgalys, Moncalvo, Johnson & Hopple, Taxon 50(1): 228 (2001)

    Synonymy:

    Agaricus extinctorius Bull., Herb. Fr. (Paris) 10: pl. 437 (1790)

    Agaricus ferrugineus var. extinctorius Pers., Syn. meth. fung. (Göttingen) 2: 401 (1801)

    Agaricus micaceus var. extinctorius (Pers.) Weinm., Hym. à Gast. Imp. Ross. Obs. (Petropoli): 274 (1836)

    Agaricus pseudoextinctorius DC., Fl. franç. (Paris) 2: 148 (1805)

    Coprinus extinctorius Fr. [as 'exstinctorius'], Epicr. syst. mycol. (Upsaliae): 245 (1838) [1836-1838]

    Coprinus extinctorius f. ochraceus Britzelm., Ber. naturhist. Augsburg 27: 182 (1883)


    Es sollten sich dort Hinweise dazu ergeben, daß C.extinctoria ein anderes Velum haben muß.

    Die Sporengröße sollte auch passen und mitraähniche Sporen kaum erkennbar sein.

    Die hier gezeigten Velumbilder sollten auch dazu passen!

    Ich würde hier zu Coprinopsis extinctoria tendieren.

    Siehe auch hier:

    Alle Funde zu extinctoria, mitraespora bzw. speleiophila müssten nach meiner Meinung neu untersucht und bewertet werden.


    Beste Grüße Hans

  • Vielen Dank, lieber Hans!


    Man wird es nicht glauben, aber ich bin heute morgen tatsächlich mit dem Namen extinctoria aufgewacht. In Mykis ploppt der als gute Art auf, in gängiger Literatur mit den anderen beiden Arten aber oft vermengt. Der deutsche Name Zähstieliger Tintling triftt es auch recht gut, der gab sich recht widerspenstig beim Abpflücken.

    Ich werde mir das mal zu Gemüte führen. Besten Dank für die fruchtbare Diskussion.

    Harald

  • zuehli

    Hat den Titel des Themas von „Von der Tintlingsbestimmung in die Ratlosigkeit“ zu „Von der Tintlingsbestimmung in die Ratlosigkeit (Coprinopsis extinctoria)“ geändert.