Rinodina spec. / Bestimmungsprobleme...

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  • Hallo,


    beim Versuch, ein dunkelbraune Rinodina zu bestimmen, stoße ich auf gewisse Interpretationsschwierigkeiten hinsichtlich der Sporen.

    Vielleicht kann jemand helfen?


    Die Flechte taucht auf einigen meiner Fotos auf der Oberfläche eines verwitterten Holzgatters auf, dasch während meines Aufenthaltes in den Alpen genauer inspiziert hatte.

    Bild 1: Braune Krustenflechte in Bildmitte rechts neben oranger Oxneria huculica; links unten Lecanora varia.

    Oben links eine vergleichsweise riesige Pseudevernia furfuracea.


    Bild 2: Braune Rinodina neben weißlicher Lecanora varia = Stelle der Probennahme: Ein dünner Span mitsamt der Flechten wird mit dem Messer abgehoben


    Die Flechte besteht von oben betrachtet aus dicht gepackten Apothecien.

    Die schwarzbraunen, ebenen Scheiben werden von einem heller braunen, leicht überstehenden Rand umgeben.

    Der Thallus hat die Farbe des Apothecienrandes und ist körnig-warzig.

    Der Durchmesser der größten Apothecien liegt um 500 µm.

    Bild 3: Querschnitt durch Apotheciengruppe in Wasserttropfen im polarisierten Licht auf Holzfasern (nach Weißabgleich).

    Der Thallusrand beherbert Algenzellen; das Epihymenium ist braun, Hymenium und Hypothecium sind farblos.


    Die Flechte besitzt lecanorine Apothecien, hat Grünalgen im Thallusrand.

    Die Flechtengattung ist anhand der Sporenstruktur als Rinodina bestimmt.


    Flechten der Gattung Rinodina zeichnen sich durch 2-zellige Sporen aus, die im Laufe der Reifung abdunkeln, und dabei lokal Veränderungen in der Wanddicke erfahren.

    Die Sporenform der nicht ausgereiften Sporen ist grundlegend für die Artbestimmung beim Schlüsseln.

    Bild 4: 2-zellige Sporen in unterschiedlichen Reifegraden: oben unreif und (fast) farblos mit noch fast rundlichen Zellumina;

    später dunkler, grau-braun, spätestens jetzt mit ungleichen Wandverdickungen - die Zelllumina zeigen eine charakterisitisch verdickte Wand an Septum und Sporenenden;

    untere Reihe: reife, bräunliche Sporen mit gleichmäßig dünner Wandung.


    Ich verwende den Teilschlüssel für Rinodina auf Holz in WHS und gelange für diese Flechte ohne Flecksorale, braunes Epihymenium (Bild 3) zur Frage nach der Sporenanzahl/Ascus.

    Die Asci sind vom Lecanora-Typus und 8-sporig:

    Bild 5 Apothecium-Querschnitt und 8-sporige Asci in Lugol eingefärbt. Hymenium J+ kräftig blau, Hypothecium J+ schwach blau; Apothecienrinde J-.


    Um die Farbreaktion des dunkeln, kaum erkennbaren Thallus zu prüfen, beschreite ich zwei Wege.

    Erstens Flechtenmaterial, inkl. Apothecien (damit überhaupt Material zusammenkommt), in eine geringe Menge Reagens geben.

    Dann auf Verfärbung des Reagens im Umfeld der Probe achten:

    Bild 6: Farbreaktionen des Thallus: K-, P-, beide negativ.

    Das Paraphenylen-Diamin ist mittlerweile alt, zeigt einen leichten Gelbstich und muss ersetzt werden.


    Variante: Da insbesondere die K-Reaktion für die weitere Bestimmung wichtig erscheint, gebe ich unter das Deckglas zu einem Querschnitt in Wasser etwas KOH (3%) hinzu und beobachte. Außer einem Aufquellen des Materials und einer leichten Aufhellung des Marks (die Lauge benetzt die Hyphen besser als reines Wasser) ist nichts feststellbar, insbesondere keine Verfärbung der Flüssigkeit neben der Rinde am Thallusrand. K- bestätigt sich:

    Bild 7: Apothecien-Querschnitt in verdünnter KOH (<3%) => Eine Farbreaktion bleibt aus: Cortex, Epihymenium, etc. K-


    Der Schlüssel lenkt nunmehr die Aufmerksamkeit nochmals auf die Sporen, jetzt wird es etwas unklar. Ich verstricke mich beim Schlüsseln in Widersprüchen:

    Bild 8: Sehr junge, farblose Sporen - ältere braune, deutlicher gekrümmte Sporen - reife braune Sporen mit dünner Wand, etwas eingeschnürtem Septum, noch immer etwas von der Rotationssymmetrie abweichend (Krümmung)


    Ich nehme die Sporen als leicht gekrümmt wahr und prüfe die weiteren Angaben, die auf Rinodina pyrina hinweisen würden:

    - Die reifen, braunen Sporen wirken gleichmäßig dünnwandig (Bild 8, rechts)

    - Sporengröße gemessen (!) mit 12-16 x 5-7(8) µm

    - Apothecien 0,2 - 0,5 µm Durchmesser, braun bis schwarz, angedrückt bis sitzend

    - Apothecienrinde J-

    - Epihymenium dunkelbraun

    - Thallus dünn, hellgrau bis schwärzlich; feinkörnig, warzig, undeutlich

    Könnte alles soweit passen.

    Die Sporen werden für R. pyrina als Physconia-Typ angegeben, also gleichmäßige, geringe Wanddicke an der Außenwand, Wand nur außen am Septum verdickt.

    Das kann ich bei den unreifen Sporen überhaupt nicht so erkennen - im Gegenteil, die Sporenwand ist besonders dick an den Polen der Sporen.


    Die Alternative im Schlüssel wäre "Sporen nicht gekrümmt, im Mittel länger oder breiter als 12-17 x 5-7." Beides passt aber.



    Der Italic-Schlüssel enthält sicher auch in D nicht vorkommende Arten:

    Also: Flechte ohne Soredien, Isidien; Holz, ... Epihymenium K-, Thallus K-;

    Sporenwand NICHT gleichmäßig dick und Lumina nicht verrundet (!);

    Sporenwand NICHT nur am Septum verdickt (also nicht Physconia-Typ);

    Thallus dunkel (!) schließt damit indirekt Dirinaria-Typ aus;

    Cortex I-, Sporen Physcia-Typ (Wandverdickungen am den Enden und im Bereich des Septums deutlich stärker als an den Seiten, würde passen!), dann aber Septum nicht eingeschnürt.

    Also wiederum ein Widerspruch!


    Ich verstehe hier offenbar irgend etwas bei den Sporenformen, -wandverdickungen etc. falsch. Ich gelange beim Schlüsseln zu Widersprüchen.

    Hat jemand Erfahrung mit diesen Bezeichungen und kann helfen?

    - Sind die Sporen in Abbildung 4 und 8 gekrümmt oder nicht ?

    - Sind die reifen Sporen am Septum eingeschnürt oder nicht ?

    - Wo steckt der Fehler ?

    Meines Erachtens sind die Sporen vom Physcia-Typ (vgl. Bild 9), da beim Fund die Wände an den Sporenenden deutlich verdickt sind.

    Bild 9 Physcia-Spore mit annähernd gleichmäßiger Wandstärke außer am Septum - Physconia-Spore mit zusätzlicher Wandverdickung an den Sporenenden.

    Zelllumina in unterer Sporenzelle zur besseren Wahrnehmung rot umrandet.


    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    danke für Deinen tollen Beitrag. Kann hier keine Erfahrung beisteuern, musste aber an den Artikel denken, den ich neulich in der Übersicht verlinkt habe. Dort wird beschrieben, dass sich insbesondere die Wandverdickung erst nach "stabilisieren" der Sporen verlässlich messen lässt und auch ein vorschlag für ein Protokoll gemacht. Vielleicht hilft das ja weiter.



    Aus Vondrak 2013, Methods for phenotypic evaluation of crustose lichens with emphasis on Teloschistaceae

    Gruß

    Peter

  • Hallo Peter,


    ich bin gerade nochmals auf diesen Beitrag gestoßen und habe einen groben Fehler in Bild 9 bemerkt: Die beiden Sporentypen hatte ich vertauscht beschriftet.

    Der Fehler ist nunmehr korrigiert.


    Zum Präparieren der Sporen: In WHS in "Die Flechten Deutchlands" steht Ähnliches zur Vorbehandlung, nur wird hier mit verdünnter KOH nachgeholfen.

    Zitat:



    Bei der Gattung Rinodina müssen junge, unausgefärbte Sporen zur Bestimmung herangezogen werden.

    Beim Fund sind die unreifen (!) Sporen eindeutig vom Physcia-Typ, erkennbar an den ungleichmäßig verdickten Wänden (KOH wurde zugesetzt).

    Vgl. Bild 4 oben (Sporenfotos der Probe)


    Was ich im WHS-Schlüssel vermisse, sind statt der vielen durch Kommata getrennte Aufzählungen die häufigere Verwenung von "und", "oder auch", "entweder..oder". Hie und da ein Punkt oder Strichpunkt mehr wäre ev. auch hilfreich. Die Auflistungen sind so nicht immer gut verständlich.

    Bei Punkt 10 im Rinodina-Schlüssel für Holzbewohner wäre es gut, zu verdeutlichen, ob sich der erwähnte Physconia-Typ bei der Art R.pyrina ausnahmsweise auf reife Sporen bezieht.

    Ich interpretiere die Aufzählung zu den Sporeneigenschaften so, dass der erste Term bzgl. Krümmung, die unreifen Sporen betrifft, da diese bei Rinodina typischerweise betrachtet werden.

    Dann folgt das Wort "reif", wodurch sich alle folgenden Sporeneigenschften auf reife Sporen beziehen müssen. Dann und nur dann würde die Beschreibung für R. pyrina passen.

    Dann wäre das erste Komma nicht gleichberechtigt mit den folgenden. Ein Strichpunkt wäre angemessen, das Wort "Unreif" am Textbeginn zur Verdeutlichung hilfreich.


    Unreif sind die Sporen leicht gekrümmt, was zu R. pyrina passt.

    Reif sind die Sporen gleichmäßig dünnwandig, passt auch.


    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    es freut mich, dass Du einen Namen für deine Flechte gefunden hast und das die Bestimmung nicht klappt. Ich glaube manchmal hilft es die Sachen ein paar Tage liegen zu lassen und ggf. mal für ein Forum zusammenzuschreiben. Erst dann bemerkt man die Unstimmigkeiten oder kommt auf neue Ideen - ich habe da auch noch so Kandidaten liegen.


    Interessant finde ich die K Vorbehandlung aus WHS wo doch alle anderen sagen; bloß kein K wenn man was messen will.


    Zu dem Text: Mir geht es genau so, habe ja seit kurzem den WHS und störe mich auch immer wieder an den manchmal recht unübersichtlichen Aufzählungen (ähnlich in die Flechten Mitteleuropas). Dürfens' ein paar Adjektive mehr sein?`


    Viele Grüße

    Peter

  • Hallo Peter,


    ja, du hast mir allem Recht! Ich finde es auch sehr hilfreich, die Ergebnisse (für das Forum) schriftlich zusammenzufassen und dabei durchzudenken. Abgesehen davon liest vielleicht jemand gegen und bemerkt Fehler oder hat Anmerkungen.


    Es ist übrigens ein neues doppelbändges Bestimmungswerk "Lichens of Irland and GB" erschienen. Ich bin schon gespannt!


    LG, Martin