Mikroskopie: sehe oft zu wenig Details - wie Präparate zerzupfen

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 356 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Nannette.

  • Hallo zusammen,


    anfang der Woche war ich vor Staunen sprachlos über die fantastischen Details der Heterobasidien von Tremella, die uns boccaccio/Björn gezeigt hat. RE: Tremella mesenterica = Goldgelber Zitterling

    Den Beitrag mit der Artbeschreibung wollte ich mit meiner Frage dazu nicht verschandeln.

    Ob er hier verraten mag, wie er diese zäh-glibberigen Pilze so schön fein zergliedert hat, dass man die Details einzelner Elements so toll sieht ?

    Aus meiner kleinen Erfahrung bringt hier quetschen unterm Deckglas nicht den gewünschten Erfolg, das Zeug schnurrt bei nachlassendem Druck einfach wieder zusammen. Habe es auch schon mit KOH probiert, um das Präparat aufzuweichen, ohne richtigen Erfolg.


    Auch bei mikroskopisch "einfacheren" Lamellenpilzen habe ich meist ähnliche Probleme, zB wenn ich zB Schnallen an Basidien suche, dass ich das Präparat nicht fein genug zerzupft bekomme. Ich versuche es zB unter der Stereolupe mit Präpariernadeln zu zerzupfen, aber auch das gelingt mir sehr oft nicht. Auch scheinen mir die Präpariernadeln fast zu dick dazu, selbst die dünnen Insektennadeln in einem Nadelhalter.

    Vielleicht liegt es bei mir einfach auch an den altersbedingt schlechter werdenden Augen.


    Wie macht ihr das ? Gibt es da Tricks ?


    Viele Grüße

    Günter

    Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben. (A. Gide)

  • Auch bei mikroskopisch "einfacheren" Lamellenpilzen habe ich meist ähnliche Probleme, zB wenn ich zB Schnallen an Basidien suche, dass ich das Präparat nicht fein genug zerzupft bekomme. Ich versuche es zB unter der Stereolupe mit Präpariernadeln zu zerzupfen, aber auch das gelingt mir sehr oft nicht. Auch scheinen mir die Präpariernadeln fast zu dick dazu, selbst die dünnen Insektennadeln in einem Nadelhalter.

    Vielleicht liegt es bei mir einfach auch an den altersbedingt schlechter werdenden Augen.

    Hallo Günter,

    ja, der Schritt wird von vielen Pilzmikroskopikern unterschätzt.


    Ich selbst schwöre als Instrument auf eine richtig feine Pinzette, die ich zusammengedrückt flach auf die Probe lege und sich dann langsam öffnen lasse. Damit ziehe ich das Gewebe vorsichtig auseinander. Mit 2 Präpariernadeln finde ich es schwerer, am gleichen Punkt anzufangen.


    Mit "richtig feiner Pinzette" meine ich z.B. die Dumont Nr. 7 (44 EUR bei bioform.de) und nicht so einen grobmotorischen Greifer, wie er allgemein als "Mikroskopierbesteck" verkauft wird, auch im Myko-Shop.

    Natürlich arbeitet man besser unter der Stereolupe, das schreibst Du ja auch, damit sollten doch die meisten Augenprobleme ausgeglichen werden?


    Das nächste ist das richtige Medium dabei. Laugen helfen, also NH3 oder 5% KOH. Je nach Pilz, muss man auch zu "härteren" Medien greifen wie GSM.


    Gerade bei Tremella muss man natürlich schon vor dem Zerzupfen mit einem dünnen Schnitt anfangen, ggf. vom leicht gefrorenen Pilz, damit er beim Schneiden nicht "flutscht".


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo Günter,


    die meisten "Glibberpilze" sind eigentlich sehr einfach in hübsche Präparate zu verwandeln (gescheitert bin ich bis jetzt eigentlich nur an den Auricularia-Arten und Exidia truncata). Ich arbeite dafür mit der 10-fach Lupe in der einen Hand und einer normalen Präpariernadel in der anderen Hand. Mit der Nadel steche ich in die Fruchtschicht und ziehe damit eine Furche. Das gleiche dann mehr oder weniger parallel dazu noch einmal wiederholt. Anschließend kommt der schwierige Teil: Mit der Nadel weitere Furchen senkrecht zu den beiden vorhandenen Rissen legen. Im ersten Schritt geht das meistens noch: An dem einen Riß mit der Nadel eintauchen, am anderen wieder auftauchen und dann nach oben ziehen. Danach hat man einen Lappen, der frei beweglich ist, aber an einer Seite noch mit dem restlichen Fruchtkörper verbunden ist. Das ist immer Fummelkram, man kann wie beim Prickeln im Kindergarten versuchen Loch um Loch zu stechen oder auch mit einer Rasierklinge versuchen diese Brücke zu durchtrennen.


    Nachdem man das geschafft hat, hat man also ein kleines (<1 mm Kantenlänge) Stückchen Pilz. Das gebe ich in Kongorot, lasse die Flüssigkeit komplett verdunsten, gebe anschließend einen Tropfen Wasser auf den eingetrockneten Fleck um die Farbe auzuwaschen und schließlich kommt der Pilz in KOH 3%. Alternativ färbe ich auch neuerdings mal mit Phloxin ein. Da erspare ich mir das mit dem Eintrocknen (Phloxin färbt auch so schon extrem kräftig), hier ist allerdings das Auswaschen wichtiger, weil Phloxin mit KOH ausflockt. Nachdem der Pilz eine Weile im KOH geschwommen ist, kommt ein Deckglas drauf und dann wird mit dem Radiergummi gequetscht. Wenn das Pilzstück klein genug war und nicht zuviel Material aus der Pilzmitte dabei ist, wird sich das wunderbar plattdrücken lassen und auch nicht wieder zusammenziehen.


    Björn

  • Hallo zusammen,

    danke für die Tipps. Genau dieses Problem mit den dicken Pinzetten und Präpariernadeln hatte ich vor kurzem auch beim auseinanderwursteln einer Tomentella Rhizomorphen, um kleine 2ym breite Skeletthyphen sichtbar zu machen.

    Frage: ist diese Dumont Pinzette ihr Geld wert?

    Gruß Armin

  • Hallo,


    so unterschiedlich kann die Vorgehensweise sein. Ich nutze fast nie eine Pinzette. Ein winziges Pilzstückchen lege ich auf den Objektträger, halte es mit der Präpariernadel fest und schneide mit dem Skalpell kleine Fragmente ab. Das kleinste verbleibt und wird mikroskopiert.

    Bei den Gallertpilzen kann es auch hilfreich sein, sie antrocknen zu lassen und dünnste Scheibchen mit der Rasierklinge abzuschaben.

    Wie oben schon gesagt, hilft KOH ungemein, damit die Zellen "auseinander driften".


    Freundliche Grüße

    Peter

  • Hallo zusammen,


    vielen Dank für die ausführlichen Beschreibungen eurer Arbeitsweisen.

    So werde ich mal nach Gallertpilzen Ausschau halten und ausprobieren, welche Methode zu mir passt.


    nochmals Danke und schönen Abend noch

    Günter

    Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben. (A. Gide)

  • Hallo Armin,


    wenn ich Tomentellas mikroskopiere, nehme ich einfach mit einer Präpariernadel ein kleines Stück Material, gebe es in KOH und zerzupfe es dann unter dem Mikroskop bei 40-facher Vergrößerung mit zwei kleinen Akupunkturnadeln. Da die Tomentellas ja eher locker gebaut sind, klappt das eigentlich ganz gut (wobei ich aber auch noch nie versucht habe, eine Rhizomoprhe in ihre Bestandteile zu zerzutzeln).


    Björn

  • Eure Tipps sind unbezahlbar!! Danke dafür.

    LG Nannette.

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    Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende.

    (Oscar Wilde)


    100 - APR24 = 90

    Rezept für PilzChips-Nachschub:
    ShiiTake-Köpfe, Streifen vom Rosenseitling etc. in einer Schüssel mit etwas Öl und den gewünschten Gewürzen vermischen. Im Backofen bei 180 Grad und Holzlöffel in der Tür oder auf dem Dörrie bei ca. 80 Grad eine bis zwei Stunden, trocknen lassen. Abkühlen lassen und gleich vernaschen oder auf Tribüne, in die Arena und den Orchestergraben werfen.