Lamellenpilz mit Violettem Stiel

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 844 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Clavaria.

  • Hallo Pilzverrückte,


    ich bin bei einer Gassi-tour auf folgendes Exemplar gestoßen:


    Aussehen: Stiel Violett, Hut Ocker/Braun, Lamellen Weiß/Beige und eng stehend, keine Knolle, keine Velumreste o.Ä.

    Geruch: Durch mein Corona kann ich leider nicht viel riechen. Ich würde es als sehr Pilzig beschreiben.

    Haptik: sehr fest

    Schnittbild: keine Verfärbungen zu sehen

    Fundort: An einem Feldweg. Es standen noch 3 weitere Exemplare der gleichen Größe in naher Umgebung. Nebenan eine Pferdekoppel mit verschiedenen Laubbäumen (Eiche, Erle, teilweise Holunder eventuell noch weitere)



    Könnt ihr mir einen Tipp geben worum es sich handeln könnte?


    Danke!

  • Ich habe irgendwas läuten hören, dass Zheng‑Mi He et al. (2023) da ziemlichen Unsinn geschrieben haben. Leider habe ich vergessen, wo ich die Info her habe. Vielleicht weiß jemand hier was Genaueres dazu?

    Ich werde diese abenteuerlichen taxonomischen Neuerungen jedenfall erstmal ignorieren. Bei Cortinarius hat sich das auch bewährt.


    Beste Grüße

    Matthias

  • Hallo Hias


    Meinst du das hier? https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1002/tax.13149

    Ja, ich empfehle auch diese neuen Collybia-Kombinationen zu ignorieren. Das wird sich kaum durchsetzen, der Widerstand ist gleich gross wie bei Cortinarius.


    Was die Autoren des Papers vorschlagen, macht viel mehr Sinn, auch wenn es nicht der nomenklatorische Standard-Prozess ist.

    Die drei Sklerotienrüblinge, die bisher noch in Collybia s.str. laufen, sind genetisch mit einigen grossen Trichterlingen und Rötelritterlingen sehr nahe verwandt.

    Diese Tatsache kriegt man nicht vom Tisch.

    Aber da macht es viel mehr Sinn, diese drei Arten umzukombinieren, statt die meisten Rötelritterlinge und Trichterlinge. Genau das schlagen die Autoren hier vor.


    Gruss Raphael

  • Hallo,

    schau mal nach dem Lilastiel Rötelritterling Collybia personata[

    viele Grüsse

    Matthias

    Seit wann heißt das denn nicht mehr Lepista???

    Gnnnnihihiiii !

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    (Stand Nov. 2021=117 -15 Einsatz APR 2021 +4 1000. Beitrag APR +4 Ü200 Punkte im APR +4 Segmentwette =114 (Stand Nov. 2022) -15 Einsatz APR 2022 =99 +5 Gewinn aus Wette mit Suku =104 +5 9.Platz APR 2022 =109 +3 Gnolmkultur-Bonus APR 2022 =112 +7 Zieleinlaufswette APR 2022 =119 -15 Einsatz APR 2023= 104 +4PC Plazierungswette APR23 +3PC Platz 11APR23 +Teamwork-Phahl 3PC +Landungswette APR23 3PC +Gnolmgeschichtenbonus 3PC = 120PC Stand 07.01.24 -15 Einsatz APR 2024 = 105 PC)


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  • Tja, da ist die Frage, welchen Namen man verwenden sollte, wenn man in Forums-Pilzdiskussionen verstanden werden will. Collybia personata kennt niemand, Lepista personata kennt jeder. Ich selber habe auch erstmal gestutzt. Am besten sagt man Lilastieliger Rötelritterling, dann weiß jeder, was gemeint ist. Den derzeitigen wissenschaftlichen Namen kann man sich dann ja selber nachschlagen, wenn einem der deutsche Name nicht reicht.


    Auf jeden Fall ist aus morphologischer Sicht kaum zu fassen, dass der Lilastiel eine Collybia sein soll, der sieht so was von überhaupt nicht nach einer Collybia aus.


    FG

    Oehrling

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  • Ja genau, das Paper meinte ich. Witzigerweise sind es ja dieselben Autoren, die 2023 massenhaft Clitocybe und Lepista-Arten zu Collybia umkombiniert haben, die dieses Unding 2024 wieder korrigieren. So schnell kann es gehen.


  • Sollte das stimmen, was man im Internet bei Online-Vorträgen über das wissenscheftliche Arbeiten hört, verzetteln sich viele Wissenschaftszweige im Stil "Wie viele Engel passen auf eine Nadelspitze"

    Mehr Artikel, mehr Veröffentlichungen, mehr Impakt... Das alles ebnet Wege zu gewissen Dingen..

    Aber, ein Schelm, wer Böses denkt...


    Off-Topic Grüße

    Paulis

  • Manchmal meint man - zumindest als Laie - die haben einfach nichts Besseres zu tun. So ein bißchen "L'art pour l'art"... ==Gnolm7

    Gnnnnihihiiii !

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  • Naja, irgendwie hat das so ein Geschmäckle...

    Ich weiß ja nicht, ob die Autoren im Wissenschaftsbetrieb stecken.

    Aber mir erzählen befreundete Postdocs immer mal wieder, was für Absurditäten der Veröffentlichungsdruck teilweise hervorbringt.


    Erst ein Paper mit falschen Aussagen und anschließend direkt die Korrektur zu veröffentlichen würde jedenfalls den papercount relativ billig hochtreiben ;)


    Mir ist deswegen auch (ich bin Mathematiker, kein Biologe) nicht so ganz klar, warum gefühlt die meisten Mykologen jede Umkombination, die irgendwer irgendwo veröffentlicht hat, sofort und ungesehen mitgehen als hätte der Papst Ex Cathedra gesprochen. Aus "meinen" Bereichen kenne ich so eine unkritische Haltung nicht. naja, vielleicht liege ich auch falsch...

  • Vielleicht will man durch die Verwendung neuer Pilznamen auch nur zeigen, wie schlau man ist. Das darf man ja auch, allerdings bin ich persönlich davon nicht beeindruckt. Es ist ja nur ein anderer Name für das gleiche Objekt.

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  • Mir ist deswegen auch (ich bin Mathematiker, kein Biologe) nicht so ganz klar, warum gefühlt die meisten Mykologen jede Umkombination, die irgendwer irgendwo veröffentlicht hat, sofort und ungesehen mitgehen als hätte der Papst Ex Cathedra gesprochen.

    Naja, wir leben in einer Zeit, in der durch billige Routine-Sequenzierung täglich neue Fakten an's Tageslicht kommen, und die verlangen logischerweise eine Neubewertung der Lage. Da gab es vorher 200 Jahre lang nichts Vergleichbares, insofern ist der Nachholbedarf riesig.


    Dass dabei auch mal über's Ziel hinausgeschossen wird, ist wohl nicht zu verhindern. Wenn ein Wissenschaftler seine eigenen Fehler öffentlich korrigiert, erhöht das bei mir eher das Grundvertrauen in die Wissenschaft als es zu erschüttern.


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo zusammen


    Also die Tatsache, dass zwischen den Sklerotien-Rüblingen und den Rötelritterlingen eine sehr enge Verwandtschaft besteht, ist schon länger bekannt.

    So tauchen diese Collybia-Arten auch schon bei Alvarado et al. 2015 im phylogenetischen Baum mitten zwischen Lepista und Clitocybe auf.

    Im Text gehen sie auch darauf ein:

    "Results (FIG. 5) show that most whitish clitocyboid species analyzed (C. phyllophila, C. cerussata, C. rivulosa, C. dealbata) have a closer relationship with the Lepista-Collybia clade than to the type species of Clitocybe (C. nebularis)."

    In der folgenden Diskussion gehen sie auch auf die möglichen taxonomischen Konsequenzen ein. Sehen aber bewusst davon ab, diese Änderungen vorzunehmen.


    Die chinesischen Autorengruppe hat dann halt diesen Schritt vollzogen, der aus wissenschaftlicher Sicht grundsätzlich auch völlig richtig ist.

    Da wird nichts herbeigeredet, und es ist auch kein Fehler.

    Es ist lediglich eine suboptimale Umkombinierung von Namen, vielleicht unter Publikationsdruck oder auch nicht, ein erfahrener Mykologe hätte es wohl anders gemacht.

    Uns Hobby-Mykologen stört jetzt halt, dass kleine "Rüblinge" und "Rötelritterlinge" in der gleichen Gattung landen, aber das ist eine Tatsache. Nur weil sie anders aussehen, muss uns die Wissenschaft nicht einen Gefallen machen und sie in zwei Gattungen belassen.

    Es ist nämlich nicht Sinn der Mykologie, uns Laien das Leben so einfach wie möglich zu machen und dafür zu sorgen, dass wir nichts Neues lernen müssen.


    Da gab es vorher 200 Jahre lang nichts Vergleichbares, insofern ist der Nachholbedarf riesig.

    Dazu noch ein Hinweis: In den letzten 200 Jahren wurden auch fleissig umkombiniert, nur aus anderen Gründen.

    Schaut mal, was Quélet in den Jahren zwischen 1870 und 1890 alles an neuen Gattungen produziert hat. Er hat seine eigenen Konzepte sogar innert 10 Jahren verworfen und nochmal alles neu umkombiniert. Und dann gleich als Kundumschlag quer durch alle Gattungen.

    Davor hat Gray 1821 das gleiche gemacht und Kuntze 1898 auch nochmal. Singer hat sein System der Agaricales auch mehrmal umgebaut, und war jedes Mal der Ansicht dass es nun richtig sei. Wenn man heute Kühner & Romagnesi's "Flore analytique" aus den 1950er Jahren anschaut, findet man vertraute Arten in völlig anderen Gattungen, die heute gar niemand mehr kennt. Was waren nochmal die Gattungen "Galera", "Rhodopaxillus" oder "Psalliota"? Wenn sich nichts ändern darf, warum benutzt niemand mehr diese Gattungen? So lange ist das noch gar nicht her, sogar im Moser sind viele Rötlinge noch unter Rhodophyllus drin, und das alles hat sich ohne Phylogramme geändert! Man darf nicht den Fehler machen, ein auserwähltes modernes Werk als "den Anfang und das Mass aller Dinge bezüglich Pilznamen" zu betrachten. Jedes Pilzbuch gibt nur den Stand zum Zeitpunkt seiner Entstehung wieder. Der Wunsch, dass sich die Pilznamen seit dem Besuch der Pilzschule möglichst nicht mehr ändern, ist zwar menschlich und nachvollziehbar, aber eigentlich illusorisch.


    Ich finde, die genetischen Methoden werden oft viel zu voreilig verurteilt. Natürlich macht da nicht jeder Autor alles perfekt. Irrtum gehört zur Wissenschaft, das war früher so und wird auch in Zukunft so bleiben. Aber die Namen der Pilze haben sich schon immer geändert, das ist keine Erfindung der Genetik. Es ist einfach eine neue Methode, und wir müssen/werden uns mittelfristig an die neuen Namen gewöhnen.

    Das braucht seine Zeit, aber dass sich die meisten Namen irgendwann durchsetzen sieht man an Beispielen wie "Coprinopsis", "Gymnopus" oder "Rhodocollybia". Diese Gattungen haben erst etwa 20 Jahre auf dem Buckel, und wir haben uns daran gewöhnt. Natürlich muss nicht jeder Hobbypilzler jeden neuen Namen sofort lernen. Da kann man sich beliebig Zeit lassen. Das hat den Vorteil, dass man Namen, die sich nicht durchsetzen, nicht zu lernen braucht.


    LG Raphael