Shroom's Experimente: Gelbstieliger Muschelseitling

  • Guten Abend zusammen!


    Einige, die meine Beiträge lesen, dürften ja mittlerweile wissen, dass ich eine Vorliebe fürs Verkosten von Pilzarten habe, die einen umstrittenen Speisewert haben oder auch als ungenießbar betitelt werden - zumindest so weit keine unschönen Stoffe enthalten sind.


    Eine Art, die ich bisher ausgenommen hatte, war der Gelbstielige Muschelseitling. Bisher war ich der Meinung, die Art sei krebserregend und hätte Giftstoffe, die sich im Fettgewebe anreichern können. Jüngst wurde ich allerdings darauf aufmerksam gemacht, dass diese Informationen mittlerweile überholt sind. Und da mir die Art gerade immer wieder über den Weg läuft, habe ich es heute mal gewagt ein paar Exemplare zur Kostprobe zu entführen.



    Vorab hatte ich in den letzten Tagen die Weiten des Internets nach Meinungen und Zubereitungsarten durchforstet. Dabei lag der Fokus vor allem auf den englischsprachigen und asiatischen Bereichen des Netzes. International ist die Kreativität und Experimentierfreudigkeit in der Pilzküche m.E. deutlich ausgeprägter als bei uns in Deutschland. So findet man dort häufig interessante Ideen - auch zu Arten mit umstrittenem Speisewert.


    Über den Gelbstieligen Muschelseitling lässt sich so einiges in Erfahrung bringen.
    Die Japaner kennen offenbar neben der eng verwandten als Mukitake (Sarcomyxa Edulis) bezeichneten Art auch den bei uns vorkommenden Gelbstieligen Muschelseitling (Sarcomysa Serotina / Panellus Serotinus). Allgemein als Speisepilz geschätzt wird dort nur der Maitake, allerdings wird von einigen Wildpilz-Sammlern durchaus auch der Gelbstielige Muschelseitling gesammelt und gegessen.
    In den USA hat der Gelbstielige Muschelseitling ebenfalls einen strittigen Speisewert, scheint dort allerdings trotzdem recht häufig gesammelt und von vielen auch sehr gemocht zu werden. Fun Fact: Die aus Deutschland stammende Info, der Pilz sei giftig, hat auch dort in diversen Foren für hitzige Diskussionen gesorgt.

    Einig ist man sich bei den Essern der Art in beiden Nationen an einem Punkt: Der Pilz will geröstet werden. Gerne auch mit Druck von oben. Asiatische Würzung passt zu der Art am besten. Einige rösten ihn sogar auf Holzfeuer - die Raucharomen sollen gut passen.


    Na, mit den Infos kann man doch was anfangen oder? Los geht's!


    Ich habe die Pilzhüte abgebürstet und eine Pfanne mit etwas Sesamöl angesetzt. Die Pilzhüte wurden zunächst mit den Lamellen nach unten gebraten und dabei mit einem Topf angedrückt. Ziel: Guter Pfannenkontakt und schnelleres Austreiben des recht hohen Wassergehalts der Art. Nach 7 Minuten braten von einer Seite wurden die Pilze gewendet und nochmals (wieder angedrückt) auf der Hutseite 7 Minuten gebraten. Das Ergebnis ist dann eine schöne goldbraune Farbe.


    Sieht doch recht appetitlich aus. Und der Geruch war auch nicht schlecht. Erinnert irgendwie entfernt an den Geruch beim Anbraten von Putenfleisch.


    Zeit für einen ersten Geschmackstest ohne Würzung! Ergebnis: Deutliche, angenehme Röstaromen. Sehr angenehme und feste Konsistenz. Durch das Ausbraten des Wassers nicht glubschig wie oft beschrieben. Erinnert ein wenig an die Konsistenz des Samtfußkremplings, welchen ich aufgrund dieser festen, fleischigen und recht einzigartigen Konsistenz als Speisepilz sehr schätze.
    Der Geschmack ist so pur aber durchaus problematisch. Neben den angenehmen Röstaromen gibt es nämlich ein deutlich herbes Aroma, das vor allem im Abgang zu spüren ist. Die Intensität lässt sich in etwa mit der von Jever Pilsener vergleichen. Sie vergeht allerdings nicht so schnell und ist noch eine ganze Weile im Abgang zu spüren. Wer Herb bzw. leichte Bitterkeit nicht mag, wird dann an der Stelle auch raus sein.


    Doch ich bin an der Stelle noch nicht fertig. Nur weil ein Pilz sich nicht für puristische Zubereitung eignet, ist er für mich noch nicht ungenießbar. Also ran an den Tipp mit der asiatischen Würzung. Etwas Teriyaki Sauce, etwas Sweet-Chili Sauce und ein paar Sesamkörner kamen zu den Pilzen in die Pfanne. Darin wurden sie dann kurz bei hoher Hitze glasiert, bis sie mit der Sauce ummantelt waren. Das Ergebnis sah dann so aus:


    Und was soll ich sagen? Tatsächlich schmeckt mir der Gelbstielige Muschelseitling so richtig gut. Die Teriyaki Sauce harmoniert wunderbar mit den Röstaromen des Pilzes und hebt diese sogar nochmal hervor. Gleichzeitig puffert die Sweet Chili Sauce das Herbe etwas ab. Dabei bleibt das Herbe aber durchaus noch wahrnehmbar und liefert einen interessanten Kontrast zu der Süße der Sauce und auch eine Ergänzung zu den Röstaromen. Insgesamt ein rundes Geschmackserlebnis und tatsächlich auch einzigartig. Habe bisher noch nichts gegessen, das so geschmeckt hat.


    Mein Fazit zum Gelbstieligen Muschelseitling: Für den Durchschnitts-Deutschen, der seine Pilze puristisch zubereitet (maximal mit Speck und Ei), ist die Art m.E. tatsächlich ungenießbar. Abgesehen von wirklich schönen Röstaromen kein besonderer Eigengeschmack und eine deutliche herbe Note.

    In die asiatische Richtung aber tatsächlich geschmacklich ganz spannend, sofern man sich an einem herben Geschmacksprofil nicht stört. Wichtig sind dabei ausreichend Röstaromen und langes Braten, um das Wasser zu entfernen, sowie eine Würzung mit deutlich süßer Komponente als Gegenspieler zur herben Note.


    Hin und wieder wird die Art wahrscheinlich wieder in meinem Korb landen. Als Topping für Asia-Gerichte wie gebratenen Nudeln, Miso Suppe / Ramen oder auch direkt als Komponente darin kann ich mir das gut vorstellen. Auch das mit dem Rösten auf Holzfeuer muss ich unbedingt mal probieren. Zur Verträglichkeit werde ich noch Rückmeldung liefern. Bisher zwei Stunden nach Verzehr jedoch keine Auffälligkeiten.


    LG Christopher