Flockiger Rindenhelmling?

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 256 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Bihlerben.

  • Guten Tag,


    ich habe am 19. Januar und am 25. Januar weiße Pilze gefunden. Ich gehe davon, daß sie alle zur selben Art gehören, sicher kann ich das nicht sagen.


    Fundort: auf modrigen Haselästen unter einer Laubschicht neben einem Haselstrauch

    Wuchs: ein Fruchtkörper war einzeln, die meisten aber gesellig

    Hut: 3 mm Durchmesser, weiß

    Blätter: entfernt, etwa 14 Blätter erreichen den Stiel, mit Zwischenlamellen

    Stiel: im Vergleich zum Hut sehr lang (60 mm), fadenartig dünn

    Stielfarbe: weiß, teilweise durchscheinend

    Stielbasis: weiß oder etwas bräunlich, striegelig


    Bilder 1 bis 3:



    Bilder 4 bis 7:



    Bilder 8 und 9:



    Die Lamellen stehen für mich entfernt. Das spricht laut Winkler für Marasmius. Dort gibt es aber nichts, was auch nur annähernd passen würde. Deshalb gehe ich gleich zu Mycena und den ähnlichen weiter.


    Ich habe versucht, mir die Mikromerkmale anzusehen. Die Bilder sind mit einer Bresser MikrOkular-Kamera entstanden. Die schlechte Qualität und vermutlich dilettantische Vorgehensweise bitte ich zu entschuldigen. Helfen die Daten dennoch weiter?


    Die Sporen sind fast kugelförmig. Gemessen habe ich

    8 x 6 mu

    8 x 6 mu

    8 x 7 mu

    8,5 x 6 mu

    8,5 x 6,5 mu

    8,6 x 6,5 mu.



    Mit solchen Sporen sortieren sich schon ganz viele Helmlinge aus, da die meisten Helmlinge eiförmige Sporen haben.


    Ich bleibe im Winkler beim Flockigen Rindenhelmling (Mycena cornyephora) hängen.


    Feinflockigkeit des Hutes und breit angewachsene Blätter kann ich bei so kleinen Fruchtkörpern nur schlecht beurteilen, da ich schon Schwierigkeiten habe, überhaupt etwas zu sehen. Ich hab daher Bilder mit dem Mikroskop gemacht und versucht, durch Brennebenenstapelung ein bißchen Schärfe zu gewinnen.


    Hier ein Hut von unten abgebildet (man blickt auf den abgetrennten Stiel). Die Blätter scheinen für mich schon breit angewachsen zu sein:



    Am unteren Teil des Stiels sieht man unter dem Mikroskop Haare, am ganzen Stiel etwas flockiges, das allerdings auch Verschmutzung sein könnte.


    Laut Winkler wäre der Pilz 4-sporig und die Sporen amyloid. Mein Sporenabwurf hat zu einigen wenigen Sporen geführt. Ich hab dann Melzers hinzugegeben und zweimal mit Wasser gespült. Danach habe ich leider keine Sporen mehr gefunden. Vermutlich hab ich diese einfach weggespült. Um die Amyloidität festzustellen, bin ich dann etwas unorthodox vorgegangen. Ich habe einen Hut mit Melzers benetzt, unter dem Wasserhahn abgespült und dann ein Quetschpräparat eines Blatts angefertigt. Eine Spore davon sieht man auf dem folgenden Bild. Die Spore scheint durchsichtig zu sein, höchstens der Öltropfen hat sich verfärbt. Das kann man doch nicht "amyloid" nennen (laut Winkler für Mycena cornyephora zutreffend), oder?



    Wie überprüft man Sporen auf Amyloidität, wenn nur ganz wenige davon hat?


    Mein Problem mit dem Flockigen Rindenhelmling ist, daß ich keine eindeutige Beflockung gesehen habe, nur unter dem Mikroskop etwas Flockenähnliches vor allem auf dem Stiel.


    Kann man mit dieser Datenlage eine Bestimmung festmachen? Mycena cornyephora? Wegen der Sporen? Oder was kann man mit solchen winzigen, weißen Helmlingen überhaupt machen, wenn man keine so gute Ausrüstung hat und am Mikroskop nicht so erfahren ist?


    Herzlichen Dank für alle Antworten und das großzügige Hinwegsehen über Anfängerfehler.


    Viele Grüße,

    Benjamin

  • Hi Benjamin,


    da müssen wir mal etwas sortieren, um da weiter zukommen:

    Die Bilder 4-7 sind auf jeden Fall was anderes als die auf den Bildern davor. Die letzten beiden dann könnten identisch zu den Exemplaren auf dem ersten sein.

    Zitat

    Die schlechte Qualität und vermutlich dilettantische Vorgehensweise bitte ich zu entschuldigen. Helfen die Daten dennoch weiter?

    Deine Ergebnisse sind deutlich besser als meine ersten Versuche mit einem solchen Helmling.

    Auf dem Schirm haben muss man auch noch die Gattung Hemimycena s.l., die hier auch vorliegen könnte. Wie man jetzt weiterkommt: Zunächst mal müsste ich wissen, von welchen Exemplaren stammen die Mikros, von denen auf den ersten Bildern? Dann bräuchte man Cheilozystiden, also falls Du noch was hast von denen, mal versuchen die Lamellenschneide zu untersuchen (ja, das kann beim ersten Mal sehr pfriemelig werden). Die Cheilos sind sehr vielgestaltig, das grenzt sehr stark ein. Es kann trotzdem sein, dass man noch die Zellen der Hutdeckschicht und/oder Kaulozystiden braucht, bis Klarheit herrscht, aber das kommt drauf an, was bei den Cheilos rauskommt.

    Wenn Du ein Exsikkat hast, kann ich die mir bei Interesse auch mal anschauen, dann können wir vielleicht die Art klären, aber wenn es Dir primär uns Lernen geht, dann macht das natürlich weniger Sinn.

    Zitat

    Die Sporen sind fast kugelförmig

    Naja, die Spore auf dem letzten Bild mit den Basidien hat einen L/B-Quotienten von 1,5, die auf dem reinen Sporenbild rechts 1,3, die beiden links stehen leicht nach oben, erscheinen dadurch runder als sie sind. Wie Du schon festgestellt hast, ist M. corynephora makroskopisch deutlich bereift/körnig, davon seh ich nichts, und hätte dazu Sporen mit einem Quotienten von 1,1-1,2, da liegt Dein Fund deutlich drüber.

    Zitat

    Die Spore scheint durchsichtig zu sein, höchstens der Öltropfen hat sich verfärbt. Das kann man doch nicht "amyloid" nennen

    Ich seh hier nichts Amyloides, allerdings würde ich nach dem Bild noch nicht mal erkennen, dass es nicht in Wasser aufgenommen wurde, auch die Basidien zeigen keine Gelbfärbung o.Ä., obs am Bild liegt kann ich von hier nicht sagen. Grundsätzlich kann das knifflig werden, wenn man nur sehr wenige Sporen hat, die Amyloidität festzustellen, weil manche Arten nur schwach amyloid sind und man das erst bei mehr Sporen oder gar am Sporenpulver eindeutig sehen kann. I.d.R. kann man bestimmen ohne die Amyloidität zu kennen, ggf. dann in Schlüsseln beide Wege gehen und die Ergebnisse vergleichen.


    Viele Grüße

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Matthias,


    zuerst einmal bewundere ich deinen Blick. Auf den Bildern 4-7 ist der Einzelfund abgebildet. Bilder 1-3 zeigen den geselligen Fund vom 19. Januar, Bilder 8 und 9 den geselligen Fund von heute. Ich hab auch schon überlegt, ob es sich um unterschiedliche Arten handeln könnte, aber die waren sich bis auf die Geselligkeit halt sehr ähnlich. Woran machst den denn fest, daß es etwas anderes ist?


    Alle Mikrobilder stammen vom Einzelfruchtkörper, der auf den Bildern 4-7 zu sehen ist.


    Hemimycena ist mir ein Begriff, Winkler hat die aber unter "Helmlinge und ähnliche" aufgenommen, so daß ich die beim Schlüsseln automatisch mit in Betracht ziehe.


    Morgen kuck ich nach den Cheilozystiden. Die Fruchtkörper sind vorhanden, wenn auch jetzt stark eingeschrumpelt. Der Stiel des Einzelfruchtkörpers hat sich fast schwarz verfärbt, die der anderen sind heller geblieben.


    Ich versuche, in der Originalnachricht eine Nummerierung einzufügen...


    Danke schon mal und viele Grüße,

    Benjamin

  • Hallo,


    so, ich hab mein Bestes gegeben.


    Normalerweise, wenn ich Cheilozystiden finden will, versuche ich, mit dem Rasiermesser einen Millimeter vom Lamellenrand abzusäbeln. Auf dem Randstück finde ich dann (auch) die Cheilozystiden im Gegensatz zu den Pleurozystiden, die ich auf dem Nicht-Rand-Stück finde. Gehe ich recht in der Annahme, daß man das bei so kleinen Fruchtkörpern nicht macht/machen kann, da ja die ganze Lamelle vielleicht nur einen Millimeter breit ist?


    Ich hab Quetschpräparate angefertigt, mal mit und mal ohne Kongorot. Ich sehe halt dann Zellen und kann versuchen, Auffälligkeiten zu finden. Viele Auffälligkeiten habe ich nicht gefunden. :(


    Ein weiterer Versuch war, nicht so stark zu quetschen, damit ich eher eine Chance habe, im Mikroskop den Lamellenrand zu finden und dort gezielt zu suchen. Da ich wenig auffälliges gesehen habe, habe ich Schwierigkeiten, Basidien, Basidiolen und Zystiden zu unterscheiden.


    Das Ergebnis war ernüchternd. Die meisten Zellen sind keulenförmig. Die Sterigmen der Basidien sind relativ lang. An ein paar Zellen sieht man etwas wie knubbelartige Auswüchse, die aber für Sterigmen zu kurz (und zu rundlich) sind. Könnten das Basidiolen sein, die die Sterigmen gerade ausbilden? Oder wären solche Knubbel (in den Mikrobildern mit "?" markiert) sogar bestimmungsrelevant?


    Jetzt zu den Bildern!


    Irgendwas:




    Basidie und Sterigmen:




    Zellen mit Knubbeln:




    Mreul, kannst du mir einen Hinweis geben, was ich besser machen müsste? Oder steckt in den Bildern Information?


    Viele Grüße,

    Benjamin

  • Hallo Benjamin!


    Ich würde an deiner Stelle von vorne anfangen und erst mal die Beschaffenheit der Hutoberfläche und des Stiels mit Lupe analysieren.

    Wenn du es nicht scharf als Foto abgebildet kriegst, kann man es auch zeichnen.

    Ich kann mir z.B. bisher nicht vorstellen, wie der Hut gerieft ist oder ob er weiß "bepulvert" ist.


    Auch wäre erstmal ein Foto von vielen Sporen (eventuell Abwurf) günstig, um sich der Spanne in Form und Größe bewusst zu werden. Die lediglich 2 gezeigten Sporen wären für mich kein Beweis der Fastkugeligkeit, weil sich auch ellipsoide Sporen von hinten fotografiert als kugelig darstellen lassen.


    Dein Favorit Mycena corynephora sollte deutlich bepulvert sein auf Hut und Stiel. Das hat deiner ja (zumindest am Stiel) augenscheinlich gar nicht.

    Ein weiterer (Winter-)Ästchen-Helmling wäre Mycena adscendens, aber auch er sollte einen bepulverten Hut haben durch große Bürstenzellen auf dem Hut, die sich sicherlich leicht darstellen lassen mit Kongorot angefärbt. Der hat allerdings ein kleines Basalscheibchen am Substratanwuchs und ist 2-sporig, sollte also wegfallen..


    VG Ingo W

    ________________________________________________________________
    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    145-15 (Teilnahme APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (Teilnahme APR 2024) = 133+5 Honorar APR = 138+8 (APR-Treppchenwette 2.Pl.) = 146+4 (APR-Früh-Joker-Bonus 1.Pl.) = 150+15 (Phalprämierung 2. + 5. Pl) = 165


    Link: Gnolmengalerie

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  • Hi Benjamin,

    Zitat

    Alle Mikrobilder stammen vom Einzelfruchtkörper, der auf den Bildern 4-7 zu sehen ist.

    Gut, das erklärt schon mal, dass da alles nicht so recht zusammenpasst. Das Einzelexemplar würde ich für eine Mycena s.str. halten. Den Rest wahrscheinlich für Hemimycena, aber ohne die Mikros zu kennen kaum zu sagen. Ich würde prophezeien, dass Du da andere Sporen findest.

    Zitat

    Woran machst den denn fest, daß es etwas anderes ist?

    Die Stielfarbe: Einzelexemplar eher grau, zur Basis hin bräunlich, nach oben einen recht scharfen Übergang zu weißlich bildend, alle anderen einheitlich weiß.

    Der Fruchtkörper wirkt insgesamt kräftiger als die anderen, kann aber vom Bild theoretisch täuschen. Deutlicher Kontrast Stielfarbe zu Lamellenfarbe, bei den anderen recht einheitlich. Die Lamellen sind auch subtil anders, ich tu mich aber schwer das zu beschreiben.

    So wirklich passen will da mit den Daten nix: M. vitilis passt makroskopisch am besten, hat aber schmälere und größere Sporen, galericulata kann so schmächtig sein, hat aber auch bei 4-sporigen Basidien größere Sporen, polgramma wäre makroskopisch sehr atypisch, würde mikroskopisch noch an ehesten hinkommen, fagetorum hat viel schmalere Sporen, ebenso flavescens, mehr fällt mir da grad nicht ein. Allesamt hätten jeweils andere Cheilos, aber hier scheint kaum was da zu sein, komm ich gleich dazu.

    Zitat

    Normalerweise, wenn ich Cheilozystiden finden will, versuche ich, mit dem Rasiermesser einen Millimeter vom Lamellenrand abzusäbeln. Auf dem Randstück finde ich dann (auch) die Cheilozystiden im Gegensatz zu den Pleurozystiden, die ich auf dem Nicht-Rand-Stück finde. Gehe ich recht in der Annahme, daß man das bei so kleinen Fruchtkörpern nicht macht/machen kann, da ja die ganze Lamelle vielleicht nur einen Millimeter breit ist?

    Ich mach das so: Ich leg den Hut mit den Lamellen nach oben auf einen Objektträger und scheide eine komplette Lamelle raus, also zwei Schnitte parallel zur Lamelle, sodass die komplett abgetrennt ist, mit samt Huthaut oben dran. Dann zwei Schnitte, um den Teil mit der Schneide abzutrennen und einen, um den Teil mit der HDS abzutrennen. Bei manchen sehr kleinen oder gelatinösen Arten, kann das haarig werden, dann nehm ich einfach die ganze Lamelle und quetsch die. Muss mir dabei natürlich bewusst sein, was wo im Präparat liegt. Bei Exsikkaten wirds dann noch eine Stufe schwieriger, weil die ja noch kleiner werden, aber hab mittlerweile auch da etwas Übung, das dauerte lange, bis das geklappt hat.

    Zitat

    An ein paar Zellen sieht man etwas wie knubbelartige Auswüchse, die aber für Sterigmen zu kurz (und zu rundlich) sind. Könnten das Basidiolen sein, die die Sterigmen gerade ausbilden?

    Genau das würde ich hier meinen zu erkennen.

    Leider nichts, was bestimmungsrelevant wäre. Meine Ideen zu dieser Art hab ich oben geschrieben, aber da ich von hier aus nicht beurteilen kann, ob Cheilos wirklich fehlen oder unauffällig sind oder übersehen wurden, tu ich mich schwer, hier was einzuordnen, zumal es schon makroskopisch plus Sporen schwierig ist, was zu finden. Mehr Sporen wären natürlich gut, aber wenn nicht mehr zu holen ist, dann ists natürlich schwierig.


    Die anderen Exemplare wären dann nochmal eine eigene Baustelle. Wie Ingo auch schon sagt, kein Vertreter der Sacchariferae (dazu gehören corynephora und tenerrima = adscendens), ich wäre bei einer Hemimycena.


    Mehr kann ich leider nicht sagen, vielleicht klappts beim nächsten Fund besser. Das Angebot die Exemplare zu untersuchen, wenn sie getrocknet sind, insb. die vermeintliche Hemimycena, gilt nach wie vor, natürlich ohne Erfolgsgarantie.


    Viele Grüße

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Vielen Dank Ingo und Matthias. Mir hat das sehr weitergeholfen, auch wenn die Bestimmung nicht geklappt hat.


    An der Fundstelle habe ich schon öfters diese weißen Helmlinge gefunden, insbesondere die möglichen Scheinhelmlinge. Ich versuche deshalb in einer Woche, nochmal Fruchtkörper zu finden. Dann probier ich das nochmal aus, insbesondere das mit dem Schneiden.


    Herzlichen Dank und viele Grüße,

    Benjamin